Nationalstaat

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Der Nationalstaat ist eine Form des Staates und ein Staatsmodell,[1][2] das auf der Idee und Souveränität der Nation beruht. Im Begriff Nationalstaat fallen die Begriffe Staat und Nation zusammen,[3] wobei ein bestimmtes Begriffsverständnis vorausgesetzt wird. In der Coronakrise hat sich gezeigt, dass gerade die Nationalstaaten die beste Gewähr vor einer Ausbreitung der Pandemie bieten.[4]

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1 Geschichte

Nationalstaaten sind eine Entwicklung der europäischen Neuzeit, finden sich aber auch in Ideen wie Eretz Israel. Voraussetzung war stets die Bildung eines Nationalbewusstseins. Die meisten Nationalstaaten entstanden jedoch im 20. Jahrhundert, insbesondere nach dem Ende des Kolonialismus, auch wenn diese Staaten in aller Welt nicht immer dem europäischen Verständnis entsprechen. Führende Nationalstaatspolitiker wollten häufig eine wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen.

Kennzeichnend für den Nationalstaat waren zu Beginn bestimmte Symbole wie Nationalhymne und Nationalflagge sowie gemeinsame kulturelle Gemeinsamkeiten wie eine Sprache, die zur Amtssprache erhoben wurde. Eine frühe Form nationalstaatlichen Handelns bildete der Westfälische Friede von 1648, auf dessen Grundlage sich später das Völkerrecht entwickelte.

Zeitlich ist in Europa eine sehr große Spanne zu beobachten. Spanien und Portugal gehören zu den ersten Ländern, in denen sich sehr früh ein Nationalgefühl herausbildete. In Frankreich gab es zwar ebenfalls bestimmte Traditionen wie die gemeinsame Sprache und Religion, doch erst die Französische Revolution 1789 bildete die bis heute als wesentlich angesehene Grundlage der Nation. In anderen Staaten lief der Prozess sehr viel später ab, zum Beispiel in Italien erst um das Jahr 1900. Es können aus heutiger Sicht drei große Phasen unterschieden werden:

Häufig war eine Ablösung der Monarchie damit verbunden, weil die Könige der verschiedenen Länder teilweise miteinander verwandt waren und keinesfalls immer national handelten. Viele Nationalstaaten durchlaufen eine Phase der Diktatur. Die Religion spielte nicht in allen Ländern eine entscheidende Rolle, wie das Beispiel der Schweiz zeigt. Demgegenüber ist der Staat Israel zwar eine sehr alte Idee, aber in seiner heutigen, eher europäischen Prägung, ein junger Nationalstaat.

Die Modelle der großen Vielvölkerstaaten wie Osmanisches Reich, Österreich-Ungarn, Sowjetunion, Vereinigte Arabische Republik und Jugoslawien sind gescheitert. Der Prozess zur Herausbildung eines Nationalstaates ist von vielen Faktoren abhängig. So stellt sich gegenwärtig in der Türkei die Frage, wie lange dieser Staat die kulturelle Identität der Kurden ignorieren kann, die in anderen Ländern erste Ansätze zur Bildung eines neuen Nationalstaates zeigen.

2 Rezeption und Kritik

Der deutsche Sozialwissenschaftler und Friedensforscher Dieter Senghaas kritisierte 2007, dass die heutige Politikwissenschaft nicht mehr auf Standardwerke wie das des aus der Tschechoslowakei stammenden US-amerikanischen Autors Karl W. Deutsch zurückgreift.[5] Sofern die Ideen der Nation nur als Konstrukt bezeichnet wird, ist eine weitere Diskussion nicht mehr zielführend, sondern eine Scheindiskussion, um letztlich auch den Nationalstaat als Konstrukt zu bezeichnen, den es angeblich in der Realität nicht geben könne.

Im Marxismus werden Nationalstaaten als „Hebel zur Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise“ angesehen.[6] Die deutsche Wikipedia sieht die Entwicklung der Nationalstaaten daher unter negativen Vorzeichen wie Staatsverschuldung, hohen Steuern (Absolutismus, Merkantilismus) und heftiger Kriege, welche die Situation der Bevölkerung stark verschlechtert hätten. Dies verkennt die historische Entwicklung völlig. Richtig ist vielmehr - und insofern liegen auch die Wikipedia-Autoren nicht ganz falsch, dass Kriege bei der Bildung der Nationalstaaten ein entscheidende Rolle spielten. Diese Kriege dienten der Abgrenzung und der Verteidigung des eigenen Staatsgebietes, wobei immer wieder ein Aufflammen des Nationalismus zu beobachten war. Nach dem Scheitern des revolutionären Marxismus im 20. Jahrhundert sind die politischen Linken dazu übergegangen, mittels des Kulturmarxismus die Traditionen, Rechtsordnungen und Souveränität einzelner Nationalstaaten direkt anzugreifen.

Verschiedene Autoren vertreten die These, dass Nationalstaaten ein Hindernis zur Durchsetzung der internationalen wirtschaftlichen Machtinteressen „des Kapitalismus“ darstellen. Dabei wird nicht gesagt, was genau dieser Kapitalismus sein soll. Stattdessen werden Begriffe wie Globalisierung, Wirtschaftslobby und Digital-industrieller Komplex verwendet. Teilweise handelt es sich dabei um Verschwörungstheorien. Der Publizist und Sozialwissenschaftler Manfred Kleine Hartlage schreibt: „Es geht [den globalistischen Großkapitalisten und ihren Interessensvertretern in der Politik] also um die Entkernung der Nationalstaaten, um die Errichtung eines faktisch unabänderlichen globalen Systems aus Rechtsnormen, in denen sich eine Ideologie niederschlägt, die die Auflösung von Völkern und Familien postuliert und praktiziert, die zu ihrer Aufrechterhaltung auf global vereinheitlichte Geschichtsbilder und Religionen angewiesen ist, und den Grundmodus menschlicher Vergesellschaftung austauschen will: von der Solidarität zum Markt.“[7]

3 Literatur

  • Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Berlin 1988
  • Karl W. Deutsch: Nationalism and Social Communication. An Inquiry into the Foundations of Nationality. Cambridge, London 1953

4 Vergleich zu Wikipedia



5 Einzelnachweise

  1. Rüdiger Voigt: Weltordnungspolitik. Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14859-1, S. 177 f.
  2. Stefan Heyms, Doris Lindner: „Schreiben für ein besseres Deutschland“. Nationenkonzepte in der deutschen Geschichte und ihre literarische Gestaltung in den Werken. Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2257-2, S. 21.
  3. Vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Auflage, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2003, Stichwort „Nationalstaat“
  4. Der Nationalstaat als stabilste und funktionsfähigste Instanz in Die Welt am 18. Mai 2020
  5. Steffen Kailitz (Herausgeber): Schlüsselwerke der Politikwissenschaft, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, Seite 91
  6. Politische Ökonomie des Kapitalismus und des Sozialismus, Dietz Verlag, Berlin 1979, Seite 56
  7. Manfred Kleine Hartlage:"NWO – eine Verschwörungstheorie" in: Korrektheiten.

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