Thilo Sarrazin

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😃 Profil: Sarrazin, Thilo
Beruf Volkswirt, Politiker
Persönliche Daten
12. Februar 1945
Gera (damals Deutsches Reich)


Thilo Sarrazin (* 1945 in Gera) ist ein deutscher Politiker (ehemals SPD) und Buchautor. Seit 1975 war er im öffentlichen Dienst tätig. Von 2002 bis April 2009 war er Finanzsenator in Berlin und wurde anschließend Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Der Fall Sarrazin beendete seine Tätigkeit bei der Bundesbank im September 2010.

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1 Leben

Sarrazin wuchs in Recklinghausen auf und machte 1965 am dortigen altsprachlichen Gymnasium Petrinum das Abitur.[1][2][3][4][5] Nach dem Wehrdienst studierte er von 1967 bis 1971 Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn. In den 1970er Jahren trat er der SPD bei.

1.1 Berufliches

Von 1975 bis 2010 war Sarrazin im öffentlichen Dienst in verschiedenen Ministerien tätig. So war er im Bundesfinanzministerium zeitweise für den Bereich Schienenverkehr zuständig.[6] Im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bahn war er von 2000 bis 2001 dort Vorstandsmitglied. Der damalige Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn behauptete später, Sarrazin sei der einzige im Vorstand gewesen, das sich nicht an gemeinsame Beschlüsse gehalten habe.[7] Von 2002 bis April 2009 war er Finanzsenator im Berliner Senat und anschließend bis Ende September 2010 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Aufgrund seiner öffentlich bekanntgewordenen Äußerungen verweigerte der Bundesbankvorstand ihm internationale Aufgaben; er wurde nur zuständig für die Bereiche Bargeld, Controlling und Informationstechnologie.[8] Später erzählte Sarrazin: „Als Bundesbanker war die Arbeit der Woche nach eineinhalb Tagen dienstagmittags getan.“[9]

1.2 Privates

Sarrazin wurde in der Endphase des Zweiten Weltkriegs in Gera geboren, wo seine Mutter als Flüchtling aus den deutschen Ostgebieten vorübergehend bei Verwandten untergekommen war.[10] Er soll nach unbestätigten Gerüchten einen Schlaganfall erlitten haben. 2004 musste sich Sarrazin einer Tumor-Operation unterziehen. Seitdem ist Sarrazins rechte Gesichtshälfte teilweise gelähmt.[11]

Er ist verheiratet mit der ehemaligen Grundschullehrerin Ursula Sarrazin.

2 Rezeption

Boris Fernbacher ist ein begeisteter Leser von Sarrazins Büchern

Sarrazin wurde zudem mit Ratschlägen an Hartz-IV-Empfänger überregional bekannt. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nannte Sarrazins Thesen in dessen Buch Deutschland schafft sich ab provozierend, er habe während seiner Tätigkeit im Bundesbank-Vorstand damit eine Grenze überschritten.[12] Die Journalistin Mely Kiyak beleidigte Sarrazin in der Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschen-Karikatur“. Der Verlag entfernte die Passage aus den Online-Ausgaben der beiden Zeitungen, und Mely Kiyak entschuldigte sich für diese Äußerung. Der Verlag wurde wegen dieser Veröffentlichung vom Deutschen Presserat gerügt.[11]

Zeitweise beherrschte er mit seinem Buch Deutschland schafft sich ab die Schlagzeilen.[13] Sarrazin gilt als maßgeblicher Entwickler des Modells einer Volksaktie für die Deutschen Bahn, das zusätzlich die Ausgabe von stimmrechtslosen Aktien (sogenannte Vorzugsaktien) vorsah, um das Mitspracherecht privater Investoren zu begrenzen. Er wird eher als Befürworter einer Ausrichtung der Bahn gemäß einer Kosten-Wirksamkeits-Analyse wahrgenommen. Sein Verhältnis zu Mehdorn wird als „Dauerfeindschaft“ beschrieben.[6]

Im April 2013 erklärte die UN, dass die Aussagen von Sarrazin aus 2009 rassistisch seien.[14] Daher wurde Deutschland durch die UN gerügt. „Die Fronten sind also klar: politisch korrekte Eiferer gegen liberale Rechtsstaatsvertreter, Gedankenpolizei gegen Meinungsfreiheit,“ fügte Die Zeit hinzu.[15]

Im Jahr 2018 lehnte der Verlag Random House eine Publikation eines islamkritischen Buches von Sarrazin ab.

3 Politische Positionen

Den deutschen Sozialstaat bezeichnet Sarrazin als „pervers“,[16] da von den Leistungsempfängern nichts verlangt werde und diese in einer Erwartungshaltung verharrten. Im politischen Spektrum vertrat er eine sparsame Marktwirtschaftliche Politik. Sarrazin war von 1973 bis 2020 Mitglied der SPD.[17][18][19] Er wurde wegen seiner kritischen Ansichten bezüglich des Islams und der Masseneinwanderung aus der SPD ausgeschlossen.

Er rechnete nach:[20] „...Ich finde, ich habe bis heute ziemlich viel gearbeitet. Ich habe mal ausgerechnet: Dem Land Berlin habe ich über sieben Jahre als Finanzsenator 870 000 Euro Personalkosten verursacht und dafür den Haushalt saniert. Ich war für den Staat ein Schnäppchen.“

In einem Interview mit Henryk M. Broder für die taz ließ er sich über die vielen Meinungsmacher aus, die offensichtlich sein Buch gar nicht gelesen hatten, aber trotzdem kommentieren wollten.[21] Dort finden sich auch etliche Ausflüge in die Geschichte wie: „Hätten die Indianer eine strikte Einwanderungspolitik betrieben und jeden Weißen unverzüglich wieder ins Meer geworfen, dann stünde es heute anders um die indianischen Nationen.“

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 28. Januar 2012 sprach sich Sarrazin für eine ersatzlose Abschaffung des Länderfinanzausgleichs aus. Dieser sei ein ordnungspolitischer Fehler gewesen.[22]

In der Sendung Hart aber fair unterstrich er, dass man schon stark sein müsse, um den Druck aushalten zu können. Er fühle sich jedoch stark genug. Sollte er diese Schlacht verlieren, werde er jedoch keine neue Partei gründen, obwohl er durchaus mit 20 % rechnen könne.

Sarrazin gehörte zu den Erstunterzeichnern der Gemeinsamen Erklärung 2018.

4 Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Ökonomie und Logik der historischen Erklärung. Zur Wissenschaftslogik der New Economic History. Bonn 1974.
  • Reform der Finanzverfassung. Bonn 1998.
  • Der Euro. Bonn 1998.
  • Gestaltung der Zukunftsfähigkeit Berlins in Zeiten knapper Kassen. Berlin 2004.
  • Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen. DVA 2010
  • Europa braucht den Euro nicht. Wie uns politisches Wunschdenken in die Krise geführt hat. DVA 2012
  • Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht. FBV 2018
  • Der Staat an seinen Grenzen, 2020

5 Auftritte

6 Auszeichnung

Im November 2012 wurde Thilo Sarrazin mit dem von der Verlagsgruppe "Markt intern" gestifteten Deutschen Mittelstandspreis ausgezeichnet. Die Auszeichnung erfolgte wegen seiner publizistischen Auseinandersetzung mit der Eurokrise, die auch vor unbequemen Wahrheiten und heftigen Repressalien seiner Partei SPD nicht zurückschreckte. Er habe die Konstruktionsfehler des Euro fundiert und allgemeinverständlich herausgearbeitet und klar formulierte Handlungsalternativen zur Lösung der Krise aufgezeigt.[29]

7 Siehe auch

8 Weblinks

9 Videos

10 Einzelnachweise

  1. Edo Reents:Ein Star: Die Messe des Thilo Sarrazin. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Oktober 2010.
  2. Thilo Sarrazin. In: B.Z. Sonntags-Spaziergang. 15. Januar 2006.
  3. Thilo Sarrazin: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen. DVA, 2010, ISBN 3-421-04430-9, S. 192 ff.
  4. Constanze von Bullion: Sarrazin geht zur Bundesbank – Rechnen und abrechnen. In: Süddeutsche.de. 17. Mai 2010.
  5. Ulrich Zawatka-Gerlach: Thilo Sarrazin: Eitelkeit und Fegefeuer. In: Der Tagesspiegel. 28. August 2010.
  6. 6,0 6,1  Alexander Neubacher: Der Weichen-Steller. In: Der Spiegel. Nr. 39, 2007, S. 74–76 (Online).
  7. Despoten funktionieren nicht mehr. In: Brand eins. Heft 5/2011, S. 102–107.
  8. Mark Schieritz: Thilo Sarrazin. Fremdeln im Vorstand. In: Die Zeit. 9. September 2010.
  9. Christina Brüning: Als Bundesbanker war die Arbeit dienstags getan. In: Die Welt. 11. Februar 2011.
  10. Marin Majica: Probleme mit dem h. In: Berliner Zeitung. 2007-09-18. Archiviert vom Original am 2016-03-11. Abgerufen am 8. Juni 2014.
  11. 11,0 11,1 „lispelnde, stotternde, zuckende Menschen-Karikatur“ Diese Journalistin muss sich bei Sarrazin entschuldigen - bild,
  12. Sarrazin legt gegen Minderheiten nach
  13. http://www.zeit.de/wirtschaft/2010-09/sarrazin-buch-honorar
  14. http://www.welt.de/politik/deutschland/article115421898/UN-finden-Sarrazins-Aeusserungen-rassistisch.html
  15. http://www.zeit.de/2013/18/un-ruege-deutschland-sarrazin
  16. Thilo Sarrazin: Deutschland schafft sich ab, 3. Auflage, Seite 323.
  17. Sarrazin aus SPD ausgeschlossen. In: tagesschau.de. 2020-07-31. Abgerufen am 31. Juli 2020.
  18. Bundesschiedskommission der SPD: Entscheidung. In: Webseite. SPD Parteivorstand. Abgerufen am 29. Dezember 2020.
  19. SPD: Bundesschiedsgericht bestätigt Parteiausschluss von Thilo Sarrazin. In: Der Spiegel. 2020-07-31. Abgerufen am 31. Juli 2020.
  20. http://www.welt.de/politik/deutschland/article9255898/Moegen-Sie-keine-Tuerken-Herr-Sarrazin.html
  21. Henryk M. Broder interviewt Thilo Sarrazin: "Es war ein langer und lauter Furz", taz 07.12.2010
  22. „Der Länderfinanzausgleich war ein Fehler“. In: 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'. 2012-01-28. Abgerufen am 20. Mai 2012. (Interview Jan Grossarth)
  23. Markus Lanz Sendung - ZDF, 7. September 2011
  24. Flüchtlinge vor unseren Grenzen - wen wollen wir reinlassen? - Sendung vom Sonntag, 17.04.2011
  25. Markus Lanz Sendung - ZDF, 24. Februar 2011
  26. "Die Sarrazin-Debatte: Ist Deutschland wirklich in Gefahr?" - SENDUNG VOM DIENSTAG, 30. NOVEMBER 2010
  27. Rechthaber oder Rechtsausleger - Deutschland streitet über Sarrazin - WDR, 1. September 2010
  28. Lifeticker
  29. http://www.markt-intern.de/presse/newsdetails/datum/2012/11/06/deutscher-mittelstandspreis-thilo-sarrazin-und-lisa-fitz-ausgezeichnet

11 Vergleich zu Wikipedia




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