Große deutsche Literatur in ihrem politischen Kontext

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Der Artikel versucht, den politischen Kontext der Werke wichtiger deutscher Belletristik-Schriftsteller erkennbar zu machen. Das ist in diesem PP-Rahmen fast zwangsläufig lückenhaft. Es setzt in der Literatur-Epoche der Weimarer Klassik - also etwa um 1800 - ein.

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1 Einzelne Epochen

1.1 Weimarer Klassik

Betrachtet man die beiden Leitfiguren der Weimarer Klassik und zu Teilen der gesamten deutschen Literaturgeschichte, so erscheint Friedrich Schiller deutlich als der am politischen Tagesgeschehen von damals weniger Interessierte; ihn reizten eher historische, ästhetische und philosophische Stoffe. Goethe demgegenüber entpuppt sich - jedenfalls in der Anfangszeit der Periode - als lebhaft interessiert am Zeitgeschehen. Der Bürgergeneral von 1793 etwa ist zugleich Posse und Tendenzstück über die auf die Französische Revolution von 1789 folgenden wirren Jahre der Intrigen und politischen Morde. Reineke Fuchs von 1794 ferner war nach Goethes eigenem Bekunden "eine Verlegenheitsarbeit des aufgeregten Revolutionsjahres". Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter von 1795 wiederum ist die Erzählung über eine deutsche Familie, die aufgrund des Einfalls französischer Revolutionstruppen am linken Rheinufer flüchten musste. Auch Hermann und Dorothea (1797) als bekannteres Werk über die Zeit enthält unter anderem das Flüchtlings-Motiv. Es folgte eine Pause bis ins Jahr 1803, wo Goethe mit Die natürliche Tochter seine skeptische Haltung der Französischen Revolution und ihrer Folgen gegenüber offen legt. Danach schien sein Interesse am Thema etwas zu erlahmen, selbst die Okkupation Preußens durch Napoleon Bonaparte war ihm offenbar keine umfassendere Erwähnung wert. Erst 1815, und zwar auf Bitten des Berliner Theater-Leiters, schrieb er eine allegorische Darstellung von der Selbstbefreiung Deutschlands und der "Niederzwingung des Dämons". 1821 sodann reifte in ihm in Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden unter anderem auch die Erkenntnis der kommenden sozialen Frage. Und in seinem Alterswerk Novelle von 1828 zeigt er etwa auf, dass "das Unüberwindliche oft besser durch Liebe und Frömmigkeit als durch Gewalt bezwungen wird."

1.2 Romantik

Die Romantik scheint der Befreiungkampf gegen Napoleon etwas stärker inspiriert zu haben. Ernst Moritz Arndt jedenfalls dichtete sogar Kampflieder (Lieder für Deutsche, 1813), nebst politischer Prosa wie Geist der Zeit (ab 1806) und Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze (1813). Später, in der Phase der Restauration der alten Kräfte, gelangte bei den Romantikern zumindest teilweise auch die Frage des deutschen Nationalstaats auf den Plan (etwa Heinrich von Kleists Die Hermannsschlacht, 1821). Schwergewichtig war dies jedoch Thema des Jungen Deutschlands (voran Heinrich Heine), dominant war bei den Romantikern eher die Rückwärts-Orientierung auf Religiosität, Christentum und Mystik, etwa auch bei Novalis oder Heinrich von Kleist. Bei letzterem lässt sich z.B. der aufklärerische Heißsporn Michael Kohlhaas von Martin Luther bekehren, dem reinen Rechts-Denken die Idee der Versöhnung entgegen zu stellen.

1.3 Realismus und Naturalismus

Politischer Kontext ist in Werken der Epoche des Realismus relativ spärlich zu finden, sie fokussiert eher auf Naturbeschreibungen oder Beziehungsgeschichten. Dennoch gibt es ihn. Zum Beispiel bei Gustav Freytags Die Journalisten (1852), wo Zufriedenheit mit den verbliebenen Überresten der gescheiterten 1848er Revolution signalisiert wird, im vorliegenden Fall mit der (beschränkten) Pressefreiheit. Friedrich Hebbel seinerseits erkannte in seinem "sozialen Glaubensbekenntnis" Mutter und Kind (1859) Kapitalismus und Kommunismus als entscheidende Faktoren der Zukunft. Und Wilhelm Busch schrieb sein Die fromme Helene (1872) unter dem Eindruck des Kulturkampfes, mit antikatholischem Unterton. Politische Werke des Naturalismus sind z.B. Adjutantenritte und andere Gedichte des Detlev von Liliencron (1883), von der Kritik als "politisch reaktionär" eingestufte Impressionen aus dem Deutsch-Französischen Krieg, sowie Gerhart Hauptmanns den schlesischen Arbeiter-Aufstand schilderndes Die Weber (1892), dessen Aufführung lange Zeit über polizeilich verboten war.

1.4 Expressionismus versus konservative Erneuerung

Der Expressionismus war nach der Zäsur des Ersten Weltkriegs die Stilrichtung des so gesehenen künstlerischen Fortschritts. Am besten illustriert dies wohl der Dadaismus, welcher dem nachwirkenden Kriegs-Trauma die Dekonstruktion der Sprache entgegensetze, die vorab aus neuartigen, weitgehend unverständlichen Wort-Konstrukten bestand. Ansätze belletristischer Umsetzung dieser gewissermaßen lyrischen Vorgaben sind bei Gottfried Benn ("eruptive Sprachkraft" - er schrieb offenbar unter Drogen-Einfluss)[1] und Alfred Döblin (exemplarisch Berlin Alexanderplatz, 1929) zu beobachten. Ein stark politisch links orientierter Expressionismus wiederum kommt bei Bertolt Brecht zum Ausdruck, eine "expressionistische Empörungsdichtung"[2]

Dem entgegen stand die zeitgleiche Strömung der konservativen Erneuerung. Für sie stand klar die Wiederherstellung der 1918 verlorenen Monarchie mit ihren Werten im Vordergrund. Vertreten war sie etwa durch heute eher weniger bekannte Autoren wie Jochen Klepper und Walter von Molo, aber anderseits auch durch Größen wie Ernst Jünger, der 1929 mit Das abenteuerliche Herz die heroische Lebenshaltung zelebrierte, ganz im Kontrast zum gleichen Jahres erschienen Werk von Erich Maria Remarque Im Westen nichts Neues, dessen realistische Detailbeschreibung der Kriegs-Schrecken allerdings nicht klar dem Expressionismus zuordenbar ist.

1.5 Periode des Nationalsozialismus

Einziges von der Zensur zugelassenes Belletristik-Genre dieser Zeit war die (militaristische) Heimat- sowie Blut- und Boden-Literatur.

1.6 Moderne

Die literarische Moderne, zeitlich zwischen 1945 und 1989/1990 einzuordnen, setzte vorwiegend die vom Expressionismus (siehe oben) herkommenden Linien fort. Merkmal ist eine "Zuspitzung der Sozialkritik bis zur bissigen Satire und Groteske".[3] Auch tritt ein Nihilismus noch deutlicher hervor als in den vorherigen Perioden. Man nahm Anstoß an Tabus (zuvor Unausgesprochenem). Auch wurde z.B. geschäftiges Prosperitäts-Streben in einem anti-kapitalistischen Sinn auf die Schippe genommen. Einige Protagonisten: Heinrich Böll, Günter Grass, Siegfried Lenz, Gisela Elsner.

Exemplarisch seien zwei Werke des nach wie vor unter uns weilenden Martin Walser genannt: Halbzeit (1960) karikiert die Hohlheit und Genuss-Sucht der kapitalistischen Wohlstands-Gesellschaft, Die Gallistlsche Krankheit (1972) Auspowerung und Orientierungslosigkeit der modernen Leistungsgesellschaft. Hoffnung und Heilung davon - hier rückblickend Walsers Trugschluss - wäre der Sozialismus ("Es wird einmal...").

1.7 Postmoderne

Die vielschichtige und komplexe politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Welt spiegelt sich seit dem Ende des Kalten Krieges und insbesondere nach der Zeit der DDR-Literatur in einem ebenso vielschichtigen postmodernen literarischen Schaffen.

2 Literatur

  • H. A. und E. Frenzel: Daten deutscher Dichtung - Chronologischer Abriss der deutschen Literaturgeschichte
  • H. Glaser et al.: Wege der deutschen Literatur

3 Siehe auch

4 Einzelnachweise

  1. die Gedichte Kokain und O Nacht
  2. siehe H. Glaser et al.
  3. siehe Frenzel/Frenzel

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