Gerhard Löwenthal

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Gerhard Löwenthal (* 8. Dezember 1922 in Berlin; † 6. Dezember 2002 in Wiesbaden) war ein deutscher Journalist. Von 1969 bis 1987 leitete und moderierte er das ZDF-Magazin.

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1 Leben

1.1 Jugend und Ausbildung

Löwenthal wurde am 8. Dezember 1922 als Sohn des jüdischen Kaufmanns Julius Löwenthal und einer zum jüdischen Glauben konvertierten evangelischen Christin in Berlin geboren. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren er und sein Vater zeitweise im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Seine Großeltern – Emil Löwenthal (1857-1943), Möbelhändler aus Flensburg und dort Vorsteher der jüdischen Gemeinde; Johanna Löwenthal (1861-1944) – wurden ins Ghetto Theresienstadt deportiert und in der Shoa ermordet. Durch Glück und verwandtschaftliche Verbindungen der Mutter überlebte er als Mitarbeiter eines kriegswichtigen Optikbetriebes. [1] Den Einmarsch der Roten Armee empfand er als Befreiung und Rettung. Als ein Soldat der Roten Armee ihn als vermeintlichen SS-Angehörigen erschießen wollte, konnte er durch Singen des Kaddisch seine jüdische Abstammung glaubhaft machen.[1]

1.2 Journalist in Berlin

1946 begann Löwenthal ein Medizinstudium an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und arbeitete zugleich für den Rundfunksender im amerikanischen Sektor (RIAS), bei dem er eine eigene Ratgeber- und Reportagensendung erhielt. Die Machtübernahme kommunistischer Funktionäre im Ostsektor der Stadt empfand er als eine zweite Gleichschaltung. So schränkte z. B. die SED-Jugendorganisation FDJ seine wissenschaftliche Arbeit zunehmend ein. 1948 berichtete er kritisch von der kommunistischen Einflussnahme auf die Universität Unter den Linden, woraufhin die „SED-Verwaltungsdirektorin“ Anna von Pritzbuer ihm während der Reportage das Mikrofonkabel durchtrennte.[1] Nachdem er wegen seiner Reportertätigkeit verbal und körperlich bedroht worden war, brach er das Studium im Ostteil Berlins ab. In West-Berlin wurde er einer der studentischen Mitbegründer der Freien Universität Berlin. Ab 1951 war er stellvertretender Programmdirektor des RIAS und des SFB. Fünf Jahre lang arbeitete er bei der OECD in Paris. 1963 kam er, zunächst als Redaktionsleiter in Brüssel, zum ZDF.

1.3 Journalist in Mainz und Leitung des ZDF-Magazins

1968 übertrug ihm der Fernsehrat einstimmig die Leitung des ZDF-Magazins, das er vom 8. Januar 1969 bis zum 23. Dezember 1987 moderierte. Im Zuge der aufkommenden Außerparlamentarischen Opposition (APO) und Willy Brandts neuer Ostpolitik entfernte er sich innerlich von der SPD.[1]

Das ZDF-Magazin gilt als das letzte konservative Politmagazin im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In der Sendung befasste es sich unter Löwenthals Leitung vor allem mit Menschenrechtsverletzungen in der DDR. Viele TV-Beiträge befassten sich mit den harten Verfolgungsmaßnahmen des SED-Regimes gegen Ausreiseantragssteller, politische Gegner und Dissidenten sowie mit den harten Haftbedingungen für politische Häftlinge in der DDR. Die Berichterstattung über innenpolitische Themen der Bundesrepublik wandte sich meist gegen die regierende SPD-FDP-Koalition. Deren Ostpolitik bezeichnete er unter Anderem als „Wandel durch Anbiederung“. APO-Studenten sah er als „marxistische Wirrköpfe, die einem neuen Totalitarismus (und Terrorismus) den Boden bereiten“.[1] Seine Vorträge an Universitäten wurden von Störmanövern und tätlichen Angriffen begleitet.

Vielfach wurde er von links als Inbegriff eines vermeintlich konservativ dominierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeprangert. Sein ZDF-Magazin wurde von dieser Seite gerne als westliches Gegenstück zu der Propagandasendung des DDR-Fernsehens, dem Schwarzen Kanal, diffamiert.

In der Bundesrepublik wurde er von seinen politischen Widersachern als „Gegner der Entspannungspolitik“ kritisiert. In der DDR wurde das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) gegen ihn aktiv. Seine Stasi-Akte füllte 25 Aktenordner, von denen 16 erhalten sind. Der Einsatz von gefälschten Dokumenten über eine angebliche Zusammenarbeit Löwenthals mit der Gestapo und von Briefbomben wurde in Betracht gezogen.[1] Man setzte Spitzel im Westen gegen ihn ein. Ziel der Maßnahmen war einerseits, Löwenthal mit Desinformationen zu diskreditieren, andererseits, das von ihm initiierte Hilfs-Netzwerk Hilferufe von drüben für Ausreiseantragssteller und politische Häftlinge in der DDR auszuspionieren und zu behindern. Westliche Geheimdienste vermuteten, Löwenthal sei durch RAF-Terroristen extrem bedroht, und veranlassten nach der Schleyer-Entführung bis über das Ende seiner Sendung 1987 hinaus Personenschutz.

1.4 Politik

Löwenthal betätigte sich auch politisch. In den 1970er Jahren engagierte er sich für den Bund Freies Deutschland, eine Berliner Regionalpartei, die sich gegen die sozialliberale Ostpolitik und kommunistische Unterwanderungsversuche wandte.

In den 1970ern und 1980ern unterstütze er verschiedene konservative Bewegungen, die sich als Vorfeldorganisation der CDU/CSU verstanden und unter anderem gegen den Linkstrend der CDU eintraten.

In den 1980er Jahren war er Kurator der Konservativen Aktion, die aus der Bürgeraktion Demokraten für Strauß hervorgegangen war und Kampagnen gegen die sogenannten „nützlichen Idioten Moskaus“ durchführte; 1982 organisierte sie beispielsweise eine pro-amerikanische Veranstaltung anlässlich des Besuchs von US-Präsident Ronald Reagan. Im Februar 1979 unternahm er mit Lothar Bossle, Heinrich Hellwege, Franz Meyers und Paul Wilhelm Wenger den erfolglosen Versuch, eine konservative Sammlungsbewegung unter dem Titel „Liberal-Konservative Aktion“ zu gründen.

Von 1977 bis 1994 war er Vorsitzender der konservativen Deutschland-Stiftung. Seinen Vorsitz legte er u. a. wegen deren Verbindungen zum Bund freier Bürger, dem eine Nähe zur FPÖ nachgesagt wurde, nieder. Löwenthal war außerdem Kurator des Instituts für Konservative Bildung und Forschung (IKBF). Er war Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, die sich primär gegen Menschenrechtsverletzungen in kommunistischen Ländern einsetzte. 1993 stand er dem Kongress „Mut zur Ethik“ als Ehrenvorsitzender vor. Der Kongress wurde vom Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) organisiert.

Mit Caspar von Schrenck-Notzing, Lothar Groppe, Christa Meves und Hans Graf Huyn organisierte er das „Konservative Büro“ in Bielefeld. Löwenthal, der mit der CSU sympathisierte, sah sich selbst als „Mann der Mitte“. Er beklagte eine zunehmende Verschiebung der Gesellschaft hin zu linken Positionen.

1989 beteiligte sich Löwenthal am Aufbau der Deutschen Sozialen Union (DSU) in Leipzig. Unter anderem schrieb er große Teile der Programmatik für den anstehenden Wahlkampf für den ersten gesamtdeutschen Bundestag. Nebenher beriet er den DSU-Vorstand bei den Vertragsverhandlungen mit der CDU im Vorfeld der Begründung der später siegreichen Allianz für Deutschland. Er vertrat damals den Standpunkt, in Deutschlands Mitte und Osten müsse eine konservative Regionalpartei nach dem Vorbild der CSU entstehen.

1.5 Auszeichnungen und Gedenken

Löwenthal wurde in den 1950er Jahren mit dem Europäischen Literaturpreis Cortina Ulisse, 1969 mit der Silbermedaille der Europäischen Gemeinschaft, 1975 dem Konrad-Adenauer-Preis der Deutschland-Stiftung für Publizistik, 1978 mit der Goldene Kamera für die Reihe Hilferufe von drüben im ZDF-Magazin, 1979 mit dem Bundesverdienstkreuz und 1983 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

2004 wurde in Eisenach die Gerhard-Löwenthal-Gesellschaft gegründet, die allerdings seitdem nicht in Erscheinung getreten ist. Ingeborg Löwenthal, die Zeitung Junge Freiheit und die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) vergeben seit 2004 den Gerhard-Löwenthal-Preis für Publikationen, um an das politische und publizistische Vermächtnis Löwenthals zu erinnern.

Peter Scholl-Latour, einer der Preisträger 2008, würdigte Löwenthal als einen „Mann, der unter den Nazis nun wirklich nicht dazu ermutigt worden ist, für sein Vaterland einzutreten, es dann mit einer Verve und einem Nachdruck getan hat, wie es manche andere, deren natürliche Pflicht es gewesen wäre, nicht getan haben“.[2]

1.6 Privates

Gerhard Löwenthal war seit 1950 mit der Ärztin Ingeborg Löwenthal, geborene Lemmer, verheiratet. Sie ist die Tochter des CDU-Politikers und Bundesministers für Gesamtdeutsche Fragen Ernst Lemmer. Von 1967 bis zu seinem Tod 2002 lebte er in Wiesbaden. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Löwenthal wurde auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin beigesetzt.


2 Rezeption

In Westdeutschland wurde er von seinen politischen Widersachern als Gegner der Entspannungspolitik kritisiert. In der DDR wurde das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) gegen ihn aktiv. Seine Stasi-Akte füllte 25 Aktenordner, von denen 16 erhalten sind. Der Einsatz von gefälschten Dokumenten über eine angebliche Zusammenarbeit Löwenthals mit der Gestapo wurde in Betracht gezogen.

3 Zitate

  • „Es wird zuwenig über die Opfer geredet und zuviel über die Täter. Auch die Entschädigungsregelung für die Opfer des SED-Terrors ist unzulänglich. Ich habe damals – als ehemaliger Verfolgter des Nazi-Regimes – vorgeschlagen, die Entschädigungsgesetze für die Opfer der Nazi-Diktatur zu nehmen und entsprechend zu novellieren: Für mich kann es keinen Unterschied geben zwischen den Opfern der NS-Diktatur und den Opfern der SED-Diktatur.“[3]
  • „In Deutschland gibt es – außer in Bayern – zur Zeit keine als konservativ zu bezeichnende Partei. Wenn man heute eine neue Partei gründen will, dann braucht man zwei Dinge: Erstens einen charismatischen Anführer und zweitens Geld. Beides sehe ich zur Zeit nicht. Eine neue konservative Partei hat nur dann eine Chance, wenn genügend Menschen in Deutschland einsehen, daß die CDU im Kern keine konservative Partei mehr ist.“[3]
  • „Alles, was nicht links ist, war aus Sicht der radikalen Linken schon immer rechtsradikal.“[3]

4 Schriften

  • Ich bin geblieben. Erinnerungen. Junge Freiheit Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-929886-25-1.
  • Reden wir morgen in Sprechblasen? Auf dem Weg zu einer neuen Medienlandschaft. HwK Koblenz, Koblenz 1985, ISBN 3-924871-04-3.
  • Hilferufe von drüben. Eine Dokumentation wider das Vergessen. Hänssler, Holzgerlingen 2002, ISBN 3-7751-3807-2 (mit Helmut Kamphausen, Claus P. Clausen).
  • Wir werden durch Atome leben. Blanvalet, Berlin 1956 (mit Josef Hausen).
  • Die ungarische Revolution. Ein Weissbuch. Die Geschichte des Oktober-Aufstandes nach Dokumenten, Meldungen, Augenzeugenberichten und das Echo der Weltöffentlichkeit. Colloquium Verlag, Berlin 1957 (mit Melvin J. Lasky, Karl Jaspers).

5 Literatur

6 Weblinks

7 Andere Lexika




8 Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Daniel Koerfer: „Der Kerl muss weg“, meinte Mielke: Gerhard Löwenthals leidenschaftlicher Kampf gegen die Verklärung des Ulbricht- und Honecker-Regimes. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Januar 2012, S. 8
  2. Peter Scholl-Latour: Dankesrede zum Gerhard-Löwenthal-Preis, 2008
  3. 3,0 3,1 3,2 Junge Freiheit, 40/00 29. September 2000, Gespräch mit Gerhard Löwenthal

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