Leugnung und Relativierung des Holocausts

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Leichenverbrennung durch das Sonderkommando KZ Auschwitz-Birkenau, heimliche Aufnahme vom August 1944[1]

Die Leugnung und Relativierung des Holocaust ist in einigen Staaten, darunter allen deutschsprachigen (Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Liechtenstein, Luxemburg und Schweiz), eine Straftat.

Holocaust ist ein Begriff für den nationalsozialistischen Völkermord. Es war ein planmäßiges Vorgehen, das auf völlige Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens und sogenannter minderwertiger Rassen zielte. Nach offiziellen Angaben wurden rund 6 Millionen europäische Juden ermordet. Deutsche und ihre Helfer führten diese Vernichtung von 1941 bis 1945 systematisch durch, ab 1942 auch mit industriellen Methoden. Dieses Menschheitsverbrechen gründete auf dem staatlich propagierten Antisemitismus und der entsprechenden rassistischen Gesetzgebung des nationalsozialistischen Regimes.

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1 Einleitung

Holocaustleugner bzw. Holocaustrelativierer berufen sich oft auf Thesen aus der historischen Forschung oder zitieren prominente Personen, welche meist ebenfalls durch Leugnung und Relativierung des Holocaust bekannt geworden sind. Zu den grundsätzlichen Aussagen gehören folgenden Behauptungen:

  • die Massenmorde in den eigens dazu gebauten Vernichtungslagern, ihre zielgerichtete Planung und systematische Durchführung werden angezweifelt
  • ihre technisch-industrielle Machbarkeit, besonders die der Vergasungen und Verbrennungen, wird bestritten
  • die Opferzahlen der im Kriegsverlauf und in den Lagern gestorbenen Menschen werden als weit übertrieben bezeichnet
  • die Echtheit der vorliegenden Dokumente (Berichte, Bilder usw.) wird angezweifelt bzw. die Dokumente werden als Fälschungen bezeichnet
  • der Holocaust wird als jüdische Propaganda bezeichnet

Die Übergänge zwischen Holocaustleugnern und Holocaustrelativierern sind fließend. Eine klare Abgrenzung ist teilweise schwierig.

2 Holocaustleugner

Kennzeichen der Argumentation von Holocaustleugnern ist, dass durch einzelne Aspekte der Holocaust insgesamt in Frage gestellt wird. Ein bekanntes Stichwort ist der Begriff Auschwitzlüge.[2] Ein besonders propagandistisch geschickter Holocaustleugner war der Engländer David Irving. 1993 behauptete Irving bei einem Treffen von Holocaustrevisionisten in München, „dass die den Touristen in Auschwitz gezeigte Gaskammer eine Attrappe ist, die nach dem Kriegsende von den Polen gebaut wurde“. Weiterhin behauptete Fred A. Leuchter, er könne aufgrund von chemischen Analysen in den Resten der Gaskammern von Auschwitz nachweisen, dass kein Zyklon B verwendet und somit keine Juden in Auschwitz vergast wurden.

Es gab mehrere Prozesse gegen David Irving,[3] wobei er aber von seinen Anhängern weiter in Schutz genommen und verteidigt wird. Bereits in den 1970er Jahren hatte es in Deutschland einige Gerichtsverfahren gegeben, zum Beispiel im Fall des Heinz Roth (Autor). In neuer Zeit wurde vor allem Ursula Haverbeck bekannt.

Ein oft verwendetes Argument ist auch, die „internationale jüdische Lobby“ bzw. das Judentum habe ein wirtschaftliches und politisches Interesse, um zum Beispiel hohe Entschädigungszahlungen an die Überlebenden bzw. die Opferverbände zu fordern.

Zu den Grundlagen einer Leugnung des Holocaust gehören Statistiken. So behauptet etwa Ernst Zündel, die jüdische Weltbevölkerung sei von 15,3 Millionen vor 1933 auf 17,8 Millionen nach 1946 angestiegen, so dass schon deshalb gar kein Holocaust stattgefunden haben kann.[4]

Behauptet wird auch, die jüdische Gesamtbevölkerung sei vor und nach dem Krieg gleich gewesen. Der Weltalmanach hat bis 1947 die Bevölkerungsstatistik von 1933 weiter veröffentlicht und erst in der Ausgabe von 1948 die Angabe aktualisiert.[5]

3 Holocaustrelativierer

Zu den Argumenten zählen Relativierungen, dass außer den Juden auch Angehörige vieler anderer Völker gestorben seien, wie etwa Sinti und Roma, Polen, Russen, Ukrainer und sogar Deutsche. Die nationalsozialistische Verfolgung habe sich nicht allein gegen die Juden gerichtet, und daher seien die angegebenen Zahlen der jüdischen Oper übertrieben.

Zu den bekannten Vertretern, die den Holocaust zu relativieren, gehört der NPD-Funktionär Udo Voigt. Er sagte: „Sechs Millionen kann nicht stimmen. Es können maximal 340.000 in Auschwitz umgekommen sein. Dann sagen zwar die Juden immer: Auch wenn nur ein Jude umgekommen ist, weil er Jude ist, ist das ein Verbrechen. Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob wir für sechs Millionen zahlen oder für 340.000. Und dann ist auch irgendwann die Einmaligkeit dieses großen Verbrechens – oder angeblich großen Verbrechens weg.“[6]

Grundlage solcher Aussagen ist, dass im Zugriffsbereich der Nationalsozialisten gar nicht so viele Juden gelebt hätten, wie offiziell ermordet wurden. Über eine Million deutsche Juden seien vor dem Weltkrieg u. a. nach Palästina, in die USA oder ins Vereinigte Königreich ausgewandert; weitere Millionen osteuropäischer Juden hätten sich nie im deutschen Machtbereich befunden und seien nach 1941 in entfernte Regionen der Sowjetunion wie Sibirien geflohen. So behauptete Walter N. Sanning (Wilhelm Niederreiter) 1983, die meisten osteuropäischen Juden hätten den Machtbereich der Nationalsozialisten verlassen, so dass es keinen Massenmord gegeben haben könne. 750.000 Juden seien „verschollen“. Dazu berief er sich auf angebliche Volkszählungen und unbestätigte Nachkriegsberichte.[7] Unberücksichtigt bleibt, dass solche Bevölkerungsbewegungen unter Stalins Diktatur unmöglich waren und die demographische Struktur der Sowjetunion nach dem Krieg keine Anhaltspunkte für solche Massenwanderungen gibt.

Zudem wird darauf verwiesen, dass eine Gedenktafel des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, mit einer Angabe von 4 Millionen Juden 1990 entfernt und durch eine Gedenktafel in Jahre 1993 mit einer Opferzahl von 1,1 bis 1,5 Millionen ersetzt wurde. Dies gaben die Holocaustrelativierer als Erfolg ihrer Bemühungen aus und behaupteten, die Opferzahlen würden künftig weiter reduziert werden, so dass eine Massenvernichtung grundsätzlich ausgeschlossen werden könne. Ignoriert wird dabei, dass westliche Historiker wie Gerald Reitlinger und Raul Hilberg die jüdischen Opferzahlen von Auschwitz schon in den 1960er Jahren nur auf 800.000 bis eine Million schätzten.[8]

Die traditionelle Argumentation der Holocaustrelativierer bestand darin, dass sie sich nur auf Auschwitz beziehen und die vielen anderen Orte der Vernichtung völlig ausblenden. Neuere Ansätze ignorieren oder bestreiten die historische Judenfeindlichkeit und verschweigen wissenschaftliche Forschzungsergebnisse wie die von Wolfgang Benz, um gezielte Desinformation zu betreiben.

4 Rechtsfragen

In Deutschland gelten insbesondere der § 189 (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) und der § 130 (Volksverhetzung) des Strafgesetzbuches (StGB). In einer Urteilsbegründung des Landgerichts in Mannheim von 2007 heißt es:[9]

„Der Angeklagte hat sich [...] der Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in zwei Fällen [...] schuldig gemacht.

Er hat nämlich aufgrund jeweils gesonderten Willensentschlusses durch ein und dieselbe Handlung

- indem er behauptete, der Holocaust sei u.a. von den Juden erfunden worden, um politische Ziele zu erreichen und die nichtjüdischen Deutschen finanziell auszubeuten, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung - die in Deutschland lebenden Juden - aufgestachelt sowie die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen, dass er Teile der Bevölkerung - die in Deutschland lebenden Juden - beschimpfte,

- eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art - den vor allem in den Gaskammern von Konzentrationslagern begangenen staatlich organisierten Massenmord an den Juden während des Zweiten Weltkriegs - in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich geleugnet,

- andere - die in Deutschland lebenden Juden, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wegen ihrer jüdischen Abstammung verfolgt wurden und die Verfolgung überlebt haben - beleidigt und

- das Andenken Verstorbener - der in den Konzentrationslagern ermordeten Juden - verunglimpft.“

Auch bestimmte Vergleiche mit dem Holocaust können strafbar sein.

5 Wissenschaftliche Problemstellung

Aufstellung der zur Vernichtung vorgesehenen Juden in Europa; Dokument der Wannseekonferenz, 20. Januar 1942

Aufgrund der Denkschule der Holocaustrelativierer gebe es eine Neigung in der Öffentlichkeit, die Opferzahl von rund 6 Millionen als absolut gültig darzustellen. Vielfach hat diese Zahl eine symbolische Bedeutung. Ein entscheidendes Problem ist dabei von Anfang an gewesen, wieviele von den Opfern des Nationalsozialismus als „jüdisch“ definiert werden können. Einen Streit um die Zahlen gab es bereits bei der Befreiung des Konzentrationslager Bergen-Belsen, wobei es jedoch mehr um eine angemessene Bestattung der Toten ging, worauf sich die religiösen Vertreter zunächst nicht einigen konnten. Der Rabbiner Zvi Asaria berichtete in seinem Buch Die Juden in Niedersachsen: von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (erschienen 1979) ausführlich darüber. Eine genaue Zahl der ermordeten Juden wird sich aufgrund der Quellenlage jedoch vermutlich niemals ermitteln lassen. Die ersten Historiker, die sich genauer mit der Zahl der jüdischen Opfer befassten, setzten die Zahl der ermordeten Juden insgesamt mit 4,2-4,7 Millionen (Gerald Reitlinger) und 5,1 Millionen (Raul Hilberg) an. Diese Angaben beruhten ausschließlich auf deutschen Akten. Nach Wolfgang Benz, der auch osteuropäische Dokumente berücksichtigte, liegt die Spanne zwischen 5,29 und 6,3 Millionen. Andere seriöse Schätzungen liegen bei einer Opferzahl von 5,5-5,8 Millionen (Enzyklopädie des Holocaust) und 5,6 Millionen (Dieter Pohl). Nach offiziellem Rechtsverständnis liegt keine Verharmlosung des Holocausts nach § 130 StGB (Holocaustleugnung) vor, wer von einer jüdischen Opferzahl zwischen 5,5 bis 6,3 Millionen ausgeht.[10]

Fraglich ist, wie die Stellung von Personen ist, die Holocaustrelativierer oder Holocaustleugner unterstützen - wie etwa im Fall von Ursula Haverbeck, die auf der Prominenz ihres Ehemannes Werner Haverbeck aufbauen konnte, der sich jedoch zu seinen Lebzeiten - also bis 1999 - zu diesem Thema nicht öffentlich positionierte.

6 Darstellung in verschiedenen Ländern

Eine Recherche eines Engländers, der nicht namentlich bekannt ist, zeigt, dass eine symbolische Zahl von 6 Millionen schon im Vorfeld des Holocaust genannt wurde. Laut Berichten in Tageszeitungen wird ab 1915 mehrmals über die Verfolgung von 6 Millionen Juden in Europa berichtet. Demnach berichteten die Tageszeitungen The Sun, The New York Times, The Atlanta Constitution und The Gazette von der Verfolgung von 6 Millionen Juden:[11][12]

  • The Sun, 6. Juni 1915 (Seite 1)
  • The New York Times, 18. Oktober 1918 (Seite 12)
  • The New York Times, 8. September 1919 (Seite 6)
  • The New York Times, 12. November 1919 (Seite 7)
  • The Atlanta Constitution, 23. Februar 1920 (Seite 1)
  • The New York Times, 7. May 1920 (Seite 1)
  • The New York Times, 20. Juli 1921 (Seite 2)
  • The Gazette, 20. September 1931 (Seite 6)
  • The New York Times, 31. May 1936 (Seite 14),
  • The New York Times, 23. Februar 1938 (Seite 23)
  • The New York Times, 6. Oktober 1940 (Seite 10)

Die Gefahr für die Juden wurde also offenbar schon sehr früh erkannt, auch wenn dies zunächst mit der bevorstehenden Revolution in Russland in Zusammenhang gebracht wurde. Umso erstaunlicher ist es, dass zum Beispiel von Seiten der USA trotz dieser Hinweise wenig zur Rettung der Juden in Europa unternommen wurde. Obwohl es Luftbilder von Auschwitz gab, wurde dieses Lager im Zweiten Weltkrieg nicht gezielt bombardiert - möglicherweise weil das Ausmaß der Massenvernichtung falsch eingeschätzt wurde oder die Hoffnung auf Rettung für die Juden schon aufgegeben worden war.

Holocaustleugner finden in Ländern, in denen die Leugnung und Relativierung des Holocaust nicht strafbar ist, leichter Gehör. Dazu gehören zum Beispiel Staaten in Osteuropa, arabische Länder und der Iran.

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

7 Einzelnachweise

  1. Zuerst veröffentlicht in: Stanislaw Wrzos-Glinka, Tadeusz Mazur and Jerzy Tomaszewski, 1939–1945: Cierpienie i walka narodu polskiego, Zarząd Główny Związku Bojowników o Wolność i Demokrację, Warschau 1958, Seite 80
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Holocaustleugnung
  3. Der Prozess um David Irving, Der Holocaust vor Gericht, Siedler Verlag, Berlin 2000, ISBN 9783886807130
  4. Wolfgang Benz: Realitätsverweigerung als antisemitisches Prinzip: Die Leugnung des Völkermords. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils. München 1995, S. 129.
  5. Ken McVay (Nizkor Project): The World Almanac Gambit
  6. SWR, Sendung Monitor, Juni 2007
  7. Walter N. Sanning: The Dissolution of Eastern European Jewry. (Vorwort von Arthur Butz) Noontide Press 1986, ISBN 0-939484-11-0.
  8. Opferzahlen der Konzentrationslager Auschwitz bei Wikipedia
  9. Landgericht Mannheim, Az.: 2 KLs 503 Js 17319/01, Urteil vom 15. März 2007.
  10. Wie viele Juden wurden im Holocaust ermordet?, geschichtscheck, abgerufen am 20. Mai. 2017
  11. Gewollter und geplanter Holocaust von The New York Times[1] Fourier077, Youtube, abgerufen am 20. Mai 2017
  12. Das Orginal Video wurde bei Youtbe gelöscht[2]

8 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Leugnung und Relativierung des Holocausts) vermutlich nicht.




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