Markion

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Markion bzw. Marcion (* um das Jahr 85 wohl in Sinope; † um 160 n. Chr.) war ein antiker Gelehrter und Gründer der von der Amtskirche als Häresie bekämpften einflussreichen Kirche des Markionismus, welche damals in der gesamten antiken Welt viele Anhänger hatte. Noch um das Jahr 400 lebten in Rom, Ägypten, Palästina, Arabien, Syrien und auf Zypern Markoniten.

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1 Leben

Markion wurde um das Jahr 85 im heute im Norden Anatoliens am Pontus gelegenen Sinope, eine der wichtigsten griechischen Handelsstadt am Südufer des Schwarzen Meeres, geboren. Sein Vater war Bischof der dortigen Christengemeinde. Vom Bildungsgang des Markion ist nichts bekannt. Seine gelehrte Arbeit und Hieronymus, der ihn „ardens ingenii et doctissimus“ nennt, [1] beweisen aber, dass er nicht nur ein gebildeter, sondern auch ein gelehrter Mann war. Von seinem eigenen Vater wurde er wegen der Vertretung einer der Gemeinde unerträglichen Lehre exkommuniziert. Er ging nach Kleinasien, wurde aber auch hier von den Gemeinden zurückgestoßen. Dann begab er sich nach Rom, dem Zentrum der Christenheit.

In Rom trat er der Christengemeinde bei, die wahrscheinlich von seiner Haltung in Glaubenssachen nichts wusste, und schenkte ihr bei der Aufnahme die nicht unerhebliche Summe von 200.000 Sesterzen. In der Stadt am Tiber arbeitete er heimlich seine neue Lehre und seine Antithesen aus. Als er dies Werk vollendet hatte, trat er vor die römische Gemeinde und forderte ihre Presbyter auf, zu seiner Lehre Stellung zu nehmen. Die Dispute endeten mit einer scharfen Abweisung der Gedanken von Markion und seinem Ausschluss aus der Gemeinde.

Der dennoch weiterhin von der Richtigkeit seiner Lehre überzeugte Markion zog daraus die Konsequenzen und wurde so zu einem Reformator des Urchristentums. Im Bewusstsein der berufene Nachfolger des Apostels Paulus zu sein, stellt er der katholischen Kirche nicht eine Sekte, sondern eine immer größer werdende und aus festgeordneten Teilgemeinden zusammengesetzte eigene Kirche entgegen. [2] So berichtet Justin schließlich um das Jahr 150, dass Markions Evangelium sich über das ganze Menschengeschlecht erstrecke und seine häretische Tradition die ganze Welt erfülle.

2 Lehre

Die Kirchenväter haben Markion und seine Lehre fälschlicherweise auf eine Stufe mit den Gnostikern gestellt. Neben Simon Magus wurde er als zweiter Erzketzer des Urchristentums diffamiert. Dabei war Markion seiner ganzen geistigen Struktur nach kein Gnostiker. Er stand mystischem Denken und Spekulieren fern, war reiner Rationalist und Textkritiker, welcher die Allegorie verwarf und ein Buchgelehrter, der eine ausschließlich biblische Theologie begründete sowie alle mysteriösen Beziehungen zu anderen Religionen und zur Philosophie mied. Markion gründete nicht wie andere gnostische Richtungen eine Geheimorganisation, sondern eine Kirche, die mit dem Anspruch auftrat, die allein wahre christliche Kirche zu sein. [3] Der Theologe Adolf von Harnack schreibt, dass Markion kein System und keinen kosmischen Mythos schaffen wollte, wie das seine gnostischen Zeitgenossen taten. Seine „Verkündigung des Christentums“ habe nichts anderes als „biblische Theologie“ sein wollen. [4]

Dennoch trafen das von ihm entworfene Weltbild und die von ihm aufgebrochenen geschichtlichen Perspektiven, seine Stellung zum Alten Testament und vieles mehr mit den Ergebnissen der gnostischen Denker über weite Strecken zusammen. So hat er selbst, ohne es zu wollen, die Ausbreitung der Gnosis gefördert, und eine Reihe von gnostischen Lehren wird erst wirklich verständlich, wenn man die Religionsphilosophie von Markion zu ihrer Deutung heranzieht. Da Markion im Gegensatz zur Mehrzahl der Christen, Gelehrten und Philosophen der damaligen Zeit einen Sinn für philologische Redlichkeit besass, ging er in seiner Lehre vom Studium der Breife des Paulus und hier besonders des Galater- und Römerbriefes aus. Dabei erkannte er, dass das hier verkündigte Evangelium nicht nur aus rein philologischer Sicht im schärfsten Gegensatz zu Alten Testament steht. Das Evangelium von Christus lehre die barmherzige Liebe, das Alte Testament aber eine übelwollende und hartherzige Stragerechtigkeit. Christus ist der Sohn eines Gottes der Liebe, das ganze im Alten Testament geschilderte Weltgeschehen von Adam bis zu Christus erscheint Markion aber als ein schlechtes und widerliches Drama, inszeniert von einem Gott, der diese Welt so schlecht wie möglich geschaffen hat und darum selbst nicht besser als seine elende Schöpfung sein könne. Folglich kann Christus für Markion unmöglich der Sohn dieses im Alten Testament offenbarten Weltschöpfers sein, da dieser Schöpfer gerecht und grausam, Jesus aber die Liebe und Güte selber sei. So kann Jesus aus Sicht Markions nur der Sohn eines ganz anderen Gottes als des im Alten Testament verkündigten sein. Er sei der Sohn eines guten Gottes, welcher den Menschen bisher unbekannt und dieser ganzen Welt fremd war, weil er überhaupt nichts mit ihr zu tun hatte. [5] Adolf von Harnack schreibt zur großen kirchengeschichtlichen Bedeutung Markions:

„Marcion reicht uns den Schlüssel, um die Mehrzahl der schwierigen Probleme zu erschließen, die der Übergang der Kirche aus dem nachapostolischen in das altkatholische Zeitalter bietet. Man kann hier jeden einzelnen Gnostiker ohne Schaden wegdenken, aber Marcion kann man nicht beiseite lassen, wenn man die gewaltige Entwicklung, ja die Metamorphose verstehen will, die in die Zeit jenes Übergangs fällt - nicht nur weil der Katholizismus gegen Marcion erbaut worden ist, sondern in noch höherem Grade, weil er Grundlegendes von diesem Häretiker übernommen hat. Noch größer ist Marcions bisher schwer vernachlässigte Bedeutung in der allgemeinen Religionsgeschichte; denn er ist der einzige Denker in der Christenheit, der mit der Überzeugung vollen Ernst gemacht hat, daß die Gottheit, welche von der Welt erlöst, mit der Kosmologie und der kosmischen Teleologie schlechterdings nichts zu tun hat.“ [6]

Damit ist das Alte Testament als heilige Urkunde der Christen aufgegeben. Es kennt den guten Gott nicht, und es weiß nichts von Jesus. Die Worte der Propheten und Psalmen, die man als Weißsagungen auf Christus deutete, sind weder wörtlich noch buchstäblich zu verstehen, und außerdem gehen sich nicht bis auf Jesus. Das Gesetz und die Propheten reichen nur bis zu Johannes dem Täufer. Er ist der letzte jüdische Propeht, der wie alle anderen Propheten Israels nur von dem grausam gerechten Weltschöpfer kündet, aber von dem guten Gott, der allen Juden fremd geblieben ist, nichts weiß. Diese Ansicht Markions wird auch von Jesus bestätigt. Dieser hat das alttestamentarische Gesetz wiederholt in Worten und Taten gebrochen und so dem Gott nicht gehhorcht, der es erlassen hat. Er hat gerade den Gesetzeslehrern, den Schriftgelehrten und Pharisäern den Krieg erklärt, die Sünder aufgenommen und sich von denen abgewendet, die im Sinne des Alten Testament als gerecht galten. Er hat vor allem gesagt, dass nur der Sohn den Vater kennt und folglich alle, die vor ihm da waren, nichts von ihm wussten, sondern einen anderen Gott gepredigt haben. [7]

3 Kirchlicher Kampf gegen Markion

Die Kirche hat Markion und seine Lehre bereits früh entschieden bekämpft. Als wichtigste Kampfschrift gegen Markion und die Markioniten ist hier Tertullians fünf Bücher umfassendes adversus Marcionem [8] zu nennen. Im ersten Buch versucht Tertullian Markions Zwei-Götter-Lehre anhand philosophischer Implikate des Gottesbegriffs zu widerlegen. Das zweite Buch beschäftigt sich mit der alttestamentlichen Grundlegung der christlichen Gotteslehre in Opposition zu Markions Behauptung von der Diskontinuität zwischen dem Gott des Alten Testaments und dem Vater Jesu Christi. Das dritte Buch behandelt die abweichenden Ansätze in der Gotteslehre unter der Perspektive der jeweils dazugehörigen Christologien. Die beiden letzten Bücher befassen sich dann ausführlich mit den markionitischen Schriften. [9]

Auch der zypriotische Bischof Epiphanios von Salamis widmete sich in Buch 42 seiner Schrift Panarion intensiv der Widerlegung der Thesen des Markion. [10]

4 Quellenmaterial

  • Hans Leisegang: Die Gnosis, Alfred Kröner Verlag, 5. Aufl., Stuttgart, 1985, Seite 271 bis 280
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Marcion und seine kirchengeschichtliche Wirkung, in Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Band 150, Walter de Gruyter, Berlin, 2002
  • Adolf von Harnack: Marcion: das Evangelium vom fremden Gott / Eine Monographie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche, J.C. Hinrichs, 1921
  • Ulrich Schmidt: Marcion und sein Apostolos - Rekonstruktion und historische Einordnung der marcionitischen Paulusbriefausgabe, Band 25 der Arbeiten zur Neutestamentlichen Textforschung, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 1995
  • Gerhard May und Katharina Greschat (Hrsg.): Marcion und seine kirchengeschichtliche Wirkung, Walter de Gruyter, Berlin, 2002

5 Einzelnachweise

  1. Adolf von Harnack: Marcion: das Evangelium vom fremden Gott / Eine Monographie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche, J.C. Hinrichs, 1921, Seite 22
  2. Hans Leisegang: Die Gnosis, Alfred Kröner Verlag, 5. Aufl., Stuttgart, 1985, Seite 272 und 273
  3. Hans Leisegang: Die Gnosis, Alfred Kröner Verlag, 5. Aufl., Stuttgart, 1985, Seite 274 und 275
  4. Gerhard May: Marcion ohne Harnack; in Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Marcion und seine kirchengeschichtliche Wirkung; in Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Band 150, Walter de Gruyter, Berlin, 2002, Seite 1
  5. Hans Leisegang: Die Gnosis, Alfred Kröner Verlag, 5. Aufl., Stuttgart, 1985, Seite 274 und 275
  6. Vorwort zur 1. Auflage von Adolf von Harnack: Marcion: das Evangelium vom fremden Gott / Eine Monographie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche, J.C. Hinrichs, 1921
  7. Hans Leisegang: Die Gnosis, Alfred Kröner Verlag, 5. Aufl., Stuttgart, 1985, S. 275
  8. Deutsche Übersetzung von adversus Marcionem
  9. Ulrich Schmidt: Marcion und sein Apostolos - Rekonstruktion und historische Einordnung der marcionitischen Paulusbriefausgabe, Band 25 der Arbeiten zur Neutestamentlichen Textforschung, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 1995, Seite 35
  10. Ulrich Schmidt: Marcion und sein Apostolos - Rekonstruktion und historische Einordnung der marcionitischen Paulusbriefausgabe, Band 25 der Arbeiten zur Neutestamentlichen Textforschung, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 1995, Seite 150 ff.

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