Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»
Die eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» war eine Volksinitiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Sie will die Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz durch jährliche Höchstzahlen begrenzen, die sich nach den gesamtgesellschaftlichen Interessen der Schweiz richten. Sie verlangt auch die Änderung EU-weiter, teilweise widersprechender Staatsverträge, also namentlich der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU, welche die Personenfreizügigkeit vorsehen.
Unterstützt wurde die Initiative von der SVP und den Schweizer Demokraten. Zur Ablehnung empfohlen wurde sie von der CVP, JCVP, BDP, FDP, GLP, EVP, SP und den Grünen sowie vom Nationalrat (mit 140 zu 54 Stimmen), vom Ständerat (37 zu 5) und vom Bundesrat. Dem Volksbegehren hatten sowohl die Regierung in Bern, als auch alle anderen Parteien und die Wirtschaftsverbände widersprochen. [1]
Am 9. Februar 2014 nahmen Volk und Stände die Initiative an. Bei einer aussergewöhnlich hohen Stimmbeteiligung erzielte das Begehren ein Volksmehr von 50,3 Prozent und ein Ständemehr von 17 Kantonen.
Wie üblich in Demokratien, durften nur Menschen mit Schweizer Staatsbürgerschaft an der Wahl teilnehmen. Die über 23 Prozent Ausländer mit Erstwohnsitz in der Schweiz hatten kein Wahlrecht.
Die Forderungen der Initiative wurden nur teilweise umgesetzt, weil alle damals ablehnenden Parteien befürchten, die EU kündige wegen der so nicht einzuhaltenden Personenfreizügigkeit die bilateralen Verträge mit dem Nicht-Mitglied Schweiz. Die Bundesversammlung beschloss im Dezember 2016 eine Gesetzesänderung, welche eine Stellenmelde- und Interviewpflicht der Unternehmen zugunsten inländischer Arbeitnehmer vorsieht, aber auf die von der Initiative verlangten Höchstzahlen und Kontingente verzichtet.[2] Die SVP lancierte daraufhin die Begrenzungsinitiative, um die Personenfreizügigkeit zu verbieten. Das Volk verwarf diese Folgeinitiative im September 2020 mit 62 % Nein-Stimmen.
Inhaltsverzeichnis
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1 Abstimmung
Die Initiative wurde am 9. Februar 2014 von 50,3 Prozent der Stimmenden und von 17 der 26 Kantone angenommen.
Während die mehrheitlich deutschsprachigen Kantone ausser Basel-Stadt, Zürich und Zug die Initiative annahmen, lehnten die Westschweizer Kantone sie ab. Die höchste Zustimmung erhielt die Initiative im Tessin. Die Stimmbeteiligung war mit 55,8 Prozent aussergewöhnlich hoch.[3]
Kanton | Ja (%) | Nein (%) | Beteiligung (%) |
---|---|---|---|
Aargau | 55,2 | 44,8 | 55,2 |
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden | 54,4 | 45,6 | 57,7 |
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden | 63,5 | 36,5 | 52,3 |
Basel-Landschaft | 50,6 | 49,4 | 55,0 |
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt | 39,0 | 61,0 | 56,5 |
Bern | 51,1 | 48,9 | 54,1 |
Freiburg | 48,5 | 51,5 | 56,0 |
Genf | 39,1 | 60,9 | 57,4 |
Kanton Glarus Glarus | 59,4 | 40,6 | 50,9 |
Kanton Graubünden Graubünden | 50,6 | 49,4 | 52,2 |
Kanton Jura Jura | 44,1 | 55,9 | 51,4 |
Kanton Luzern Luzern | 53,3 | 46,7 | 57,7 |
Neuenburg | 39,3 | 60,7 | 55,4 |
Kanton Nidwalden Nidwalden | 58,8 | 41,2 | 60,3 |
Obwalden | 59,1 | 40,9 | 60,3 |
Kanton Schaffhausen Schaffhausen | 58,1 | 41,9 | 70,5 |
Kanton Schwyz Schwyz | 63,1 | 36,9 | 60,8 |
Solothurn | 54,6 | 45,4 | 55,4 |
St. Gallen | 55,9 | 44,1 | 55,5 |
Kanton Tessin Tessin | 68,2 | 31,8 | 57,0 |
Thurgau | 57,8 | 42,2 | 53,3 |
Kanton Uri Uri | 58,2 | 41,8 | 49,7 |
Waadt | 38,9 | 61,1 | 58,0 |
Wallis | 48,3 | 51,7 | 61,5 |
Zug | 49,9 | 50,1 | 61,1 |
Zürich | 47,3 | 52,7 | 57,7 |
Eidgenössisches Wappen Schweizerische Eidgenossenschaft | 50,3 | 49,7 | 55,8 |
2 Reaktionen
- 13. Februar 2014: Thomas Straubhaar: " Bald also wird sich zeigen, dass die Eidgenossen mit ihrer Abstimmung gegen die Masseneinwanderung zwar auf die Deutschen gezielt, letztlich aber das eigene Bein getroffen haben."[5]
- Der Landesvorsitzende Schleswig-Hollsteins Ralf Stegner von der SPD den 77-Prozent demokratischen [6] demokratischen Entscheid der Schweizer. Stegner bezeichnete die Befürworter u.a. als "Spinner" und "unzurechnungsfähige" Personen. [7]
- Die Welt meinte zu einer implizit Anti-Deutschen Initiative und zur Errungenschaft der Freizügigkeit u.a.:
- "Die Mehrheit der Schweizer hat sich in einer Volksabstimmung dafür ausgesprochen, die Einwanderung in die Alpenrepublik zu beschränken. Gäbe es die direkte Demokratie Schweizer Machart in allen Staaten der Europäischen Union – es gäbe vermutlich in nahezu allen Staaten ebenfalls eine einwanderungskritische Mehrheit, die bisweilen sogar höher ausfiele als in der Schweiz, wo 50,3 Prozent der Abstimmenden für die Beschränkung plädiert haben. Das sollten gerade jene Freunde der Einwanderungsgesellschaft bedenken, die keine Gelegenheit auslassen, eine direktere Demokratie zu fordern." [8]
- SPD-Politiker Martin Schulz: fordert in der Rheinischen Post "wohl überlegte Reaktionen" der EU.[9]
- Der Landesvorsitzende der NRW-CDU Armin Laschet meint:
- "Wer gegen Deutsche und andere EU-Bürger Stimmung macht, kann nicht gleichzeitig von Geschäften in Deutschland profitieren." [9] Unklar bleibt, was Armin Laschet mit der Bezeichnung "Deutsche" und "EU-Bürger" meint: Armin Laschet war zuvor mit deutlichen antideutsch-rassistischen Aussagen aufgefallen, in denen er nicht nur Stimmung gegen sie machte, sondern sie zu einem Relikt der Geschichte erklärte. Ferner begrüßt er ausdrücklich die demograhische Marginalisierung der Deutschen und Europäer. Es ist daher fragwürdig, ob Laschet wirklich von einem Interesse am Wohl der Deutschen und EU-Bürger hat zu diesen Aussagen motiviert ist.
- Die Zeitschrift Junge Freiheit meinte dazu u.a.:
- "Natürlich wehrt sich die Schweiz, völlig zu recht, mit dem gefaßten Beschluß auch gegen das EU-intern üblich gewordene Durchreichen von Sozialpilgern, für das die Lampedusa-Linie mittlerweile ein Symbol geworden ist. (...) Brüssel reagiert sehr, sehr allergisch auf Nadelstiche gegen seine Umvolkungsphantasien, und so hat man dort unmittelbar nach Bekanntwerden des Schweizerischen Votums schon mal die verbalen Krallen ausgefahren." [10]
- Aus Enttäuschung über das Abstimmungsergebnis gingen in Zürich, Bern und Luzern viele Menschen auf die Straßen, um weiterhin für eine ihrer Ansicht nach "offene Schweiz" zu werben. [11]
- Frankreichs Außenminister Laurent Fabius meinte u.a.:
- "Das ist ein besorgniserregendes Votum, weil es bedeutet, dass die Schweiz sich auf sich selbst zurückziehen will." [12]
- Angela Merkel nahm das Ergebnis der Volksabstimmung schlicht zur Kenntnis.[13]
- Verständnis für die Schweizer zeigte hingegen der britische Premierminister David Cameron. Das Ergebnis der Abstimmung zeige "die wachsende Sorge über die Folgen der Personenfreizügigkeit in Europa".
- Der Euro- und EU-Kritiker Bernd Lucke forderte umgehend populistischim Namen der AfD, dass auch Deutschland eine Volksabstimmung durchführe. Auch mit dem Wissen, dass damit grundlegende Prinzipien der EU auf der Kippe stünden. [13] Lucke meinte u.a.:
- "In der Schweiz hat das Volk gesprochen und das Votum sollte ernst genommen werden. Volksabstimmungen zeigen, wo dem Volk der Schuh drückt und welche Probleme von der Regierung sträflich vernachlässigt wurden." [14]
- Der Schweizer Journalist Roger Köppel erklärte, dass eine vergleichbare Volksabstimmung in Deutschland sogar noch deutlicher ausfallen würde.
- 20 Minuten feiert Roger Köppel als strahlenden Sieger, bei hart aber fair.[15]
- Nach dem Schweizer Votum hat die EU-Kommission die Gespräche über einen grenzüberschreitenden Stromhandel ausgesetzt. [16]
- Wolfgang Schäuble (CDU) meinte u.a.:
- "Es zeigt natürlich ein bisschen, dass in dieser Welt der Globalisierung die Menschen zunehmend Unbehagen gegenüber einer unbegrenzten Freizügigkeit haben. Ich glaube, das müssen wir alle ernst nehmen. Wir bedauern diese Entscheidung. Das wird eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen." [17]
- Bernd Riexinger von der Linkspartei forderte die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen gegen die Schweiz und meinte u.a.:
- "Was Europa als Letztes braucht, sind neue Mauern. Wenn die Schweiz ihre Grenze für Menschen schließt, dann ist es nur gerecht, wenn auch das Geld draußen bleibt." [18]
3 Links und Quellen
3.1 Siehe auch
- Burka-Verbot im Tessin
- Demografie der Schweiz
- Liste von Migrationsgruppen in der Schweiz
- Geschichte der Kosovaren in der Schweiz
- Rassismus in der Schweiz
3.2 Weblinks
- Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» auf der Website der Bundeskanzlei
- Website des Initiativkomitees
- Website des Gegner-Komitees
3.3 Literatur
3.4 Einzelnachweise
- ↑ [1]
- ↑ Bundesversammlung: Ausländergesetz. Steuerung der Zuwanderung und Vollzugsverbesserungen bei den Freizügigkeitsabkommen, Geschäft Nr. 16.027, beschlossener Text (PDF; 107 kB)
- ↑ Vorläufige amtliche Endergebnisse
- ↑ Volksinitiative vom 14.02.2012 'Gegen Masseneinwanderung'. Schweizerische Bundeskanzlei. Abgerufen am 10. Februar 2014.
- ↑ http://www.welt.de/wirtschaft/article124787234/Schweiz-fuehlt-sich-von-den-Deutschen-provoziert.html
- ↑ Nur 77 Prozent der Schweizer Bevölkerung durften abstimmen
- ↑ [2]
- ↑ [3]
- ↑ 9,0 9,1 http://www.bild.de/politik/ausland/schweiz/und-eu-nach-der-abstimmung-ueber-einwanderung-34631788.bild.html
- ↑ [4]
- ↑ [5]
- ↑ [6]
- ↑ 13,0 13,1 http://www.faz.net/aktuell/politik/votum-fuer-begrenzte-einwanderung-merkel-sieht-erhebliche-probleme-mit-der-schweiz-12793738.html
- ↑ [7]
- ↑ http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Deutsche-feiern-Koeppel---jetzt-legt-Moergeli-nach-16438051
- ↑ [8]
- ↑ [9]
- ↑ [10]
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