Meinungsbildung

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Meinungsbildung bezeichnet den Prozess, wie sich Meinungen von einzelnen Menschen oder auch Gruppen ändern.

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1 Meinungsbeeinflussung

Man greift auf Erfahrungen zurück und versucht anhand der Meinungen anderer, vor allem der Medien, eine eigene zu entwickeln. Ob es sich dann bei der so gebildeten Meinung wirklich um eine eigene Meinung oder eher eine von den Medien vorgegebene und einfach übernommene Meinung handelt muss offen bleiben. Es gilt, Argumente abzuwägen - was zunächst oft vorwiegt. Man muss die Handlungen von Personen beurteilen und oft ein Übel mit einem anderen Übel vergleichen. Es kann sehr schwierig sein, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Meinungsbildung ist oft auch von einer Ideologie beeinflusst. Propaganda und Werbung werden gezielt eingesetzt, um Meinungen zu beeinflussen. Auch die Massenmedien bzw. der sogenannte Mainstream stellt einen starken Einfluss dar. In der Bundesrepublik Deutschland und in vielen anderen Staaten war dies in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Fernsehen, seit Beginn des 21. Jahrhunderts wird immer stärker die Technik des Internet genutzt.

2 Bedeutung der Meinungen

Die Wichtigkeit einzelner Meinungen - zum Beispiel von Politikern und Wissenschaftlern - und der sich daran anschließende Prozess wird oft unterschätzt. Er ist — als öffentliche Meinung — eine Grundlage der Demokratie. Nur eine Meinung zu haben ermöglicht den Dialog in der Gesellschaft und sichert - oder auch verunsichert, je nach dem Inhalt der Meinung - die politische Ordnung. Wägen Menschen nur ab, finden keine Meinung zu einem Thema und versuchen, immer in der Mitte zu stehen, ist ein Zusammenleben kurzfristig erleichtert, eine Weiterentwicklung langfristig erschwert. Am einfachsten ist es, sich einer Person, einer Partei oder einer anderen Gruppe anzuschließen, und dann alles für richtig zu halten, was diese für einen abgewogen haben. Dagegen hatten Leserbriefe in Zeitungen meist nur eine regional begrenzte Wirkung, wobei es Ausnahmen bei bestimmten Themen gab. An die Stelle dieser Leserbriefe sind die Kommentare im World Wide Web getreten. Obwohl der Kommentar im Journalismus auch nur ein Meinungsbeitrag zu einem Thema ist, wird er von vielen Lesern nicht als solcher aufgefasst, sondern oft zur Bestätigung der eigenen Meinung oder sogar zur Bildung der eigenen Meinung genutzt. Insofern haben auch viele Journalisten einen großen Einfluss.

3 Politik

Der politische Meinungsbildungsprozess, wie er beispielsweise im Deutschen Bundestag stattfindet, wird in der Regel innerhalb der einzelnen Parteien und in Fachausschüssen vorbereitet. Nähere Einzelheiten über den innerparteilichen Meinungsbildungsprozess erfährt man meist nicht.

Im Buddhismus, der im Gegensatz zu einer verbreiteten Auffassung keine Religion, sondern eine Weltanschuung und Lebensphilosophie ist, gibt es eine Anleitung zur sorgfältigen Meinungsbildung, die dem Buddha zugeschrieben wird; sie fordert dazu auf, selbst die Verantwortung für die eigene Meinungs- und Überzeugungsbildung zu übernehmen.

Glauben Sie an nichts, nur weil Sie es gehört haben. Glauben Sie nicht einfach an Traditionen, weil sie von Generationen akzeptiert wurden. Glauben Sie an nichts, nur auf Grund der Verbreitung durch Gerüchte. Glauben Sie nie etwas, nur weil es in Heiligen Schriften steht. Glauben Sie an nichts, nur wegen der Autorität der Lehrer oder älterer Menschen. Aber wenn Sie selber erkennen, dass etwas heilsam ist und dass es dem Einzelnen und allen zugutekommt und förderlich ist, dann mögen Sie es annehmen und stets danach leben.

Kalama Sutta

Diese Anleitung wird von vielen Entscheidungsträgern mehr oder weniger bewusst verfolgt, was aber manchmal dazu führt, das diesen wiederum vorgeworfen wird, zu träge und zurückhaltend zu sein.

4 Beispiele

Der Autor Rafael Seligmann und Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, haben in der Jüdischen Allgemeine vom 26. Juni 2008 Argumente für oder gegen eine kommentierte Neuausgabe von Hitler's 'Mein Kampf' niedergeschrieben.[1]

Seligman ist für eine Neuausgabe, er ist davon überzeugt, dass jeder Leser durch die Lektüre verstehen wird, dass Hitler bei seinen politischen Verbrechen geplant und systematisch vorgegangen ist, um vorher festgelegte Ziele zu erreichen.

Benz ist dagegen, weil seiner Ansicht nach aus dem Buch nichts mehr zu lernen ist.

Die Form einer Pro- und Contra-Debatte ohne Reaktion auf die jeweiligen Argumente der Gegenseite lässt eine Veränderung im Meinungsbild nicht erkennen, hat aber zur öffentlichen Meinungsbildung beigetragen

Wie kontrovers die Meinungs- bzw. Überzeugungsbildung innerhalb derselben Familie verlaufen kann, zeigen die Kinder und Enkelkinder von Hanns Ludin bei der Beurteilung seiner politischen Verantwortung und seiner Persönlichkeit. [2]

5 Begriffsumfeld

Als stärkere Form des Meinens wird oft der „Glauben“ angesehen. Dann wird Meinungsbildung oft auch als Suche nach einem Glauben verstanden. Als Gegensatz zum Meinen wird einerseits der Begriff „Wissen“ gebraucht, andererseits aber auch (kritisch) die „Meinungslosigkeit“.

Abweichend davon sah der Soziologe Ferdinand Tönnies (z. B. in „Kritik der öffentlichen Meinung“ oder in „Gemeinschaft und Gesellschaft“) als „gesellschaftlich“ stärkste (stabilste) Form des für wahr haltenden Meinens die Wissenschaft an, als „gemeinschaftlich“ stärkste Form des Fürwahrhaltens hingegen den „Glauben“. Bei ihm reicht die Meinungsbildung also von flüchtigem Fürwahrhalten (in moderner Sprache: für uns-hier ist das cool) bis zum festen Wahrheitsurteil (das weiß die Wissenschaft und wissen wir doch alle). Somit entspricht bei Tönnies die „gesellschaftliche“ öffentliche Meinung der „gemeinschaftlichen“ Religion, in soziologischer Terminologie: Religionsentstehung und Meinungsbildung sind einander funktional äquivalent, sie laufen ähnlich ab.

6 Einzelnachweise

  1. Soll 'Mein Kampf' in einer kommentierten Ausgabe erscheinen? Contra Wolfgang Benz, Pro Rafael Seligman in Jüdische Allgemeine Nr. 26/08 vom 26. Juni 2008 (PDF-Datei; 155 kB
  2. Der unheimliche Vater - Wie Kinder und Enkel nach der Wahrheit über den Nazi Hanns Ludin suchen. Berliner Zeitung vom 28. Juli 2007

7 Siehe auch

8 Literatur

9 Weblinks

10 Vergleich zu Wikipedia



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