Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter/ Hochmittelalter Teil 1

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Die Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter befasst sich hier mit dem ersten Teil des Hochmittelalters in der Zeit von etwa 1050 bis 1150.


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1 Ein Stadtteil für die Juden

Im Laufe der Jahre erkannte man zunehmend, dass die Städte, in denen Juden ihre Geschäfte betrieben, immer wohlhabender wurden. Bischof Rüdiger von Speyer erhob 1084 die kleine Ansiedlung Speyer zu einer Stadt und lud die Juden ein, in einem eigenen Stadtteil zu leben [1]:

„Ich, Rüdiger ...
Als ich den Weiler Speyer in eine Stadt verwandelte, glaubte ich, die Ehre unseres Ortes noch zu vergrößern, wenn ich die Juden vereinigte ... damit sie Übermut des Pöbels nicht beunruhigt würden, umgab ich sie mit einer Mauer."“[2]

Rüdiger verbriefte ihnen die volle Freiheit in der Stadt, Wehrrechte und -Pflichten und einen Begräbnissplatz.[3]

2 Papst Urban bereitet den Weg vor für den ersten Kreuzzug

Ein Jahr später, 1085, erstarkte die Macht des Papstes Urban II. Er sah sich zur Herrschaft über die Welt berufen. So kam es, im November 1095, zu einem Aufruf an alle Christen in Europa. Jerusalem sollte von den Heiden befreit werden:

„Sie beschneiden die Christen und das Blut der Beschneidung gießen sie auf den Altar oder in die Taufbecken. Es gefällt ihnen, andere zu töten, indem sie ihnen die Bäuche aufschneiden, ein Ende der Därme herausziehen und an einen Pfahl binden. Unter Hieben jagen sie sie um den Pfahl, bis die Eingeweide hervordringen und sie tot auf den Boden fallen. Ihr solltet von dem Umstand berührt sein, dass das Heilige Grab unseres Erlösers in der Hand des unreinen Volkes ist, das die heiligen Stätten schamlos und gotteslästerlich mit seinem Schmutz besudelt.“[4]

Hierbei ging es allerdings nicht um die Juden, sondern um die Muslime, welche in Jerusalem herrschten.

Allerdings berichtet der Chronist Salomo bar Simeon über Herzog Gottfried von Bouillon über die Juden:

„Er tat den bösen Schwur, nicht anders seinen Weg zu ziehen, als indem er das Blut seines Erlösers an dem Blute Israels rächen und von jedem, der den Namen Jude trägt, weder Rest noch Flüchtling übrig lassen werde...“[5]

Die Juden baten Deutschlands Kaiser Heinrich IV. um Hilfe. Heinrich wies Bouillon an, die Juden nicht zu verfolgen. Für diesen Schutz jedoch forderte Heinrich den Juden eine hohe Geldzahlung ein. Daraufhin baten die Juden Deutschlands Kaiser Heinrich IV. um Hilfe. Dieser wies Bouillon an, sie ungeschoren zu lassen, erlegte ihnen dafür aber eine hohe Geldzahlung an ihn auf. Verschuldete Adlige ergriffen die Gelegenheit, ihre verhassten Gläubiger und jüdischen Geldverleiher zu beseitigen.[5]

3 Papst Urban ruft zum Kreuzzug auf

Am 26.11.1095 ruft Papst Urban II. vor dem Konzil in Clermont (Südfrankreich) in einer Predigt zu dem ersten Kreuzzug auf:

„Zieht nach Jerusalem...
Jerusalem ist geknechtet von unseren gottlosen Feinden...
Gewinnt das Land von den Heiden zurück! Fürchtet euch nicht! Denen, die auf dieser Fahrt ihr Leben lassen, sind ihre Sünden vergeben. Das verspreche ich kraft des Amtes, das Gott mir verliehen hat...“[6]

4 Der "Kreuzzug der Armen"

Von Frankreich her zogen 1096 Tausende von verarmten Bauern, Bettler und Handwerker unter der Leitung des Eremits Peter von Amiens[7] im "Kreuzzug der Armen" über den Nierrhein in Richtung Jerusalem. Sie begannen ihren Kreuzzug im eigenen Land mit Pogromen gegen die Juden, die sie als "Feinde Christi" und "Christusmörder" bezeichneten.

König Heinrich IV. versuchte aus Italien heraus mit Schutzedikten für die Juden dem bösen Treiben Einhalt zu gebieten. Es half nichts: Wenn sich die Juden nicht Zwangstaufen ließen, so wurden sie ermordet.
Die Juden verteidigten sich in ihren Ghettos, so gut sie es konnten. Doch gelang das nur selten. In manchen Orten versammelten sich die Juden, sprachen das "Schma Israel" und töteten sich gegenseitig in der Tradition des "Kiddusch Haschem".[8][9]

5 Der Kreuzzug gegen die Juden beginnt unter einem Grafen im eigenen Land

Das Gefolge des Grafen Emicho von Leiningen ließ sich dadurch nicht von Raub, Plünderung und Massenmord abhalten. Am 3. Mai 1096 erreichte er mit seinem Heer die Stadt Speyer. Es misslang ihm die jüdische Synagoge während eines Gottesdienstes zu umstellen, da die jüdische Gemeinde Bischof Johann I. von Speyer rechtzeitig um Hilfe gebeten hatte. Er nahm viele Speyerer Juden unter seinem Schutz in seinem Palast auf. Emicho's Gefolge verwüstete daraufhin wütend das Judenviertel. Elf aufgefundene Juden wurden erschlagen. Andere mussten sich, um dem Tod zu entgehen, Zwangstaufen lassen. Eine jüdische junge Frau, die an ihrem Glauben festhielt, beging Kiddusch-ha-Schem, Selbstmord zur Heiligung des göttlichen Namens.[10]
Bischof Johann griff jetzt militärisch ein und ließ Emicho und sein Heer aus der Stadt werfen. Einige der Mörder konnten gefangengenommen werden. Als Strafe für ihre Morde wurden ihnen die Hände abgehackt.[11][6]

Am 18. Mai kam Emicho nach Worms. Die Stimmung war dort gegen die Juden schon angeheizt. Es ging das Gerücht um, die Juden hätten eine Frau ertränkt und ihre Leiche gekocht. Mit der Brühe wollten sie die Brunnen der Stadt vergiften. Auch in dieser Stadt flüchteten die meisten Juden in den Bischofspalast. Bischof Albrand ließ sich den Schutz bezahlen. Viele Juden die keinen Einlass in den Palast gefunden hatten, töten sich selbst. Am 23. Mai stürmten Emichos Männer, verstärkt durch viele Einwohner von Worms, Albrands Palast. Zwischen 400 und 800 Juden wurden dort ermordet.[11][6]

Dann ritt Graf Emicho nach Mainz. Auch Erzbischof Ruthard von Mainz versuchte, die Juden zu schützen. Ebenso ohne Erfolg. Wieder gab es Zwangstaufen, wieder begingen viele Juden Kiddusch-ha-Shem. Zwischen 1.000 und 1.200 (andere Quellen berichten von 1300) Menschen starben. Oberrabbiner Kalonymos fand mit 62 Gemeindemitgliedern Schutz im Dom. Ruthard ließ sie nach Rüdesheim bringen.[11][6]

In Köln und Trier wiederholten sich die Judenpogrome.[11]

Anschließend zog er weiter nach Bamberg, wo er "mit der Schärfe des Schwertes von der Religion der Liebe" den dort lebenden Juden das Christentum predigte. Er zwang sie, sich taufen zu lassen. Im darauffolgenden Jahr durften die so getauften Juden, mit Billigung des damaligen Bamberger Bischofs Rupert und des Kaisers Heinrich IV. zu ihrem Glauben zurückkehren.[12]

Emicho wandte sich anschließend in Richtung Jerusalem. Insgesamt haben er und seine Männer über 4000 Juden allein im Rheinland ermordet.[11] Aber auch andere haben Judenpogrome durchgeführt. Insgesamt sollen während der Monate April und Mai 1096 12000 Juden ermordet worden sein.[10] Fast überall versagte zudem der Schutz der christlichen Bischöfe.[11]

6 Die Böhmischen Juden versuchen sich zu wehren

In Böhmen, wo die Kreuzfahrer hindurchzogen, herrschte Krieg. Dadurch hatten sie ein leichtes Spiel. Wer sich nicht Zwangstaufen ließ, wurde getötet[10]. Auch Gottlieb Bondy berichtet darüber, wobei er auch berichtet, dass sich Juden gewehrt haben:

„Ein Teil der Wallfahrer, welcher durch Böhmen zog, überfiel die Juden und taufte sie; diejenigen, welche sich widersetzten, wurden getödtet. Bischof Kosmas, durch seine Gerechtigkeitsliebe bewogen, versuchte vergeblich zu verwehren, dass die Juden wider ihren Willen getauft werden; denn er hatte niemand, der ihm Beistand geleistet hätte, indem Herzog Bretislaw mit seinem Heere in Polen weilte. Nach kurzer Zeit legten die Juden das Christentum wieder ab und kehrten zum mosaischen Glauben zurück. In derselben Zeit wollten die nach Böhmen gekommenen Kreuzfahrer von den Juden Geld erpressen oder sie gefangennehmen. Der König widmete der Sache nur wenig Aufmerksamkeit, er meinte, jeder solle sich selbst wehren; infolge dessen wurden die Kreuzfahrer von den Juden überfallen und an zweihundert Deutsche dabei erschlagen.“

Gottlieb Bondy: Zur Geschichte der Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien von 906 bis 1620, HG: Gottlieb Bondy, Prag 1906; ebd. S. 5; Abschn. 10
s.a.: "Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter/ Böhmisches Reich (bis 1400)#1096"

Die Kreuzfahrer kamen nach drei Jahren in Jerusalem an. Auch dort wurden Männer, Frauen und Kinder von den Kreuzfahrern hingemetzelt. Juden wurden in eine Synagoge getrieben und verbrannt. Zehntausend Menschen wurden in der al-Aqsa-Moschee geköpft.[13]

7 Nach dem ersten Kreuzzug

1103 benannte Kaiser Heinrich IV. im sogenannten Mainzer Reichslandfrieden die Juden zu besonders schutzbedürftigen Personen und entzog ihnen das Recht, Waffen zu tragen. Auch Geistliche, Frauen, Witwen und Kinder waren in der Urkunde als schutzbedürftige Personen aufgelistet. Ein Verbrechen gegen ein Mitglied dieser Gruppe war zugleich ein Verbrechen gegen das Reich. Es wurden hohe Strafen angedroht.[14]

Zehn Jahre später, 1113, kommt es auch in dem heutigen Russland unter dem Großfürsten Wladimir II. Monomach (1113 - 1125)[15] zu einer Judenverfolgung in Kiew[16]. 1114 werden die Juden aus der Stadt verweisen.[17]

8 Die Anschuldigungen gegen die Juden werden konkreter

Immer wieder, hauptsächlich seit Mitte des 12. Jahrhunderts, wurden die Juden satanischer Verbrechen beschuldigt: Ritualmord (auch Blutbeschuldigung genannt, oft mit vorangegangener Kindesentführung)[18], Hostienfrevel[19], Gotteslästerung und Brunnenvergiftung[20].

9 In der Zeit des zweiten Kreuzzugs

Zu Beginn des Zweiten Kreuzzuges (1147-1149) hetzte der Mönch Rudolph im Rheinland erneut gegen die dort lebenden Juden. Die Vorwürfe waren, wie bei vielen Pogromen zuvor, Blutbeschuldigung[18] und Hostienschändigung[19]. Papst Eugen II versuchte durch einen Erlass ("Bulle") ("Sicut Judaeis") die Juden zu schützen. Dieser Erlass verbot die Zwangtaufen, Übergriffe ohne Rechtsverfahren, erpresste Dienstleistungen. Er erlaubte ausdrücklich das ungestörte Feiern jüdischer Feste. Er schützte die jüdischen Friedhöfe. Wer dagegen verstieß, sollte exkommuniziert werden.[21][22]

Petrus Venerabilis von Cluny drängte den fränkischen König Ludwig II., die Juden zwar leben zu lassen, sie aber vollständig zu enteignen. Ihre Besitztümer sollten dazu verwendet werden, die Kreuzfahrer zu verpflegen und auszurüsten. Er begründete dieses damit, dass die Juden weit schlimmere Feinde Gottes wären, als die "Sarrazenen" (Muslime).[22]
Das der 9. Abt von Cluny[23] eindeutig ein Judenhasser war, geht auch aus einer Anmerkung Günter Sternbergers hervor. So sei der Talmud...

„... ein Werk des Antichrist; den Juden sei er als Strafe für ihre Sünden gegeben worden, um sie vom Alten Testament abzulenken – ein später immer wiederkehrendes Motiv.“

– Günter Sternberger, Der Talmud. Einführung – Texte – Erläuterungen, München 1987, S. 299

Erst Bernhard von Clairvaux[24], seit 1118 Leiter des Zisterzienserordens, bezog 1146 gegen die Judenpogrome etwas eindeutiger Stellung:

„Töte sie nicht, damit mein Volk es nicht vergesse; lass sie umherirren durch deine Macht, und stürze sie nieder, Herr, unser Schild!“

– Psalm 59, Vers 12 - "Elberfelder Übersetzung"

Er war der Ansicht, dass die Juden in der ganzen Welt zerstreut sind, um als lebendiges Zeichen für das Leiden Jesu Christi zu dienen und die Völker auf die kommende Erlösung hinzuweisen. Auch die Juden würden dann, gemäß dem Römerbrief Kap. 11, Vers 25f. erlöst werden.

„Meine Brüder und Schwestern, ich muss euch jetzt mit Gottes geheimnisvollem Plan bekannt machen. Wenn ihr euch auf eure eigene Klugheit verlasst, könnt ihr leicht zu falschen Schlüssen kommen. Gott hat verfügt, dass ein Großteil des jüdischen Volkes sich gegen die Einladung zum Glauben verhärtet. Aber das gilt nur so lange, bis alle, die er aus den anderen Völkern erwählt hat, den Weg zum Heil gefunden haben.
Wenn das geschehen ist, dann wird das ganze Volk Israel gerettet werden, wie es in den Heiligen Schriften vorhergesagt ist: "Vom Zionsberg wird der Retter kommen und alle Auflehnung gegen Gott von den Nachkommen Jakobs nehmen.
Dann werde ich ihnen ihre Verfehlungen vergeben, sagt Gott; und so erfüllt sich der Bund, den ich mit ihnen geschlossen habe."“

– Römer 11, Vers 25-27 ("Gute Nachricht")

Sie müssten dazu verschont werden, so Bernhard. Sie sollten jedoch auf die Zinsen für ihre Kredite verzichten. Wenn man die Juden töte, so könne es den Kreuzfahrern ähnlich gehen, wie denen in Ungarn. Bernhard von Clairvaux konnte durch diese Äußerungen Gemetzel, wie im Jahre 1096 geschehen, verhindern.[22]


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10 Einzelnachweise und Quellen

  1. "hagalil.com: Die Geschichte der Juden in Deutschland - Speyer
  2. Nachum Tim Gidal: "Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik"; ISBN 3-89508-540-5; S. 30f.
  3. Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. zweinulleins
  4. "Deutsche Welle: "Wir Europäer" - Gott will es – der erste Kreuzzug 1097 - 1099
  5. 5,0 5,1 Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. zweinulleins
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. zweinullzwei
  7. "Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz e.V.: Judenverfolgung im rheinischen Raum zur Zeit des 1. Kreuzzuges (1096)"
  8. Nachum Tim Gidal: "Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik"; ISBN 3-89508-540-5; S. 34f.
  9. "hagalil.com: Projekte im jüdischen Religionsunterricht: Themenbeispiele zum Jom haSchoah; ebd.: "Kiddusch Haschem kann im Deutschen mit "Märtyrertum" oder "Aufopferung für Gott" übersetzt werden."
  10. 10,0 10,1 10,2 Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. zweinulldrei
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 11,5 "suite101.de: Die Judenpogrome des ersten Kreuzzuges - Anti-jüdische Ausschreitungen in den rheinischen Städten"
  12. "juden-in-bamberg.de: Ein kurzer historischer Abriss der Geschichte jüdischen Lebens im Fürstbistum Bamberg"
  13. Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. 204
  14. "Universität Salzburg: DIE JUDEN IN DER MITTELALTERLICHEN STADT - 6. Stellung der Juden in der Zeit der Kreuzzüge"
  15. "retrobibliothek.de: Meyers Konversationslexikon: Russisches Reich (Geschichte 1054-1340).
  16. Nicht zu verwechseln mit der heutigen Stadt Kiew.

    „Kiewer Rus - Die Kiewer Rus war ein mittelalterliches Großreich mit Zentrum in Kiew. Es wird als Vorläuferstaat der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Weißrussland angesehen. Der Begriff wurde erst in der Neuzeit vom russischen Historiker Nikolai Karamsin als Bezeichnung jener Epoche der Rus geprägt, die Zeitgenossen nannten das Land schlicht "Rus" oder "russische Erde".
    ...
    Dieses frühmittelalterliche Großreich, dessen riesiges Gebiet von Ostslawen, Finnen und Balten, sowie (marginal) von iranischen und turkstämmigen Völkern bewohnt wurde, wurde von den hauptsächlich aus Schweden stammenden Warägern oder Rus beherrscht, die den Großteil der Adels-, Händler- und Kriegerschicht bildeten. Die dominierende Kultur und Sprache war jedoch die Slawische, und die Waräger erfuhren bereits nach wenigen Generationen die vollständige Slawisierung.“

    http://www.lehnswesen.de/page/html_reiche.html#reiche7

  17. Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. 206
  18. 18,0 18,1 Ritualmord (auch Blutbeschuldigung genannt):
    Juden sollen, besonders um die Osterzeit herum christliche Jungen entführt und geschlachtet haben, um deren Blut zu trinken. Erstes namentlich bekanntes Opfer soll 1144 William aus Norwich gewesen sein. In Deutschland ist eines der bekanntesten die Geschichte um den 16jährigen Werner aus Oberweichsel (Bacharach):
    Am Gründonnerstag des Jahres 1287 soll er erschlagen (nach anderer Überlieferung mit Stichwunden übersät) aufgefunden worden sein. Zweifelhaften Zeugenaussagen nach, soll sein Blut von Juden für das Passah-Fest benötigt worden sein. Andere Quellen berichten, dass er an den Füßen aufgehängt wurde, damit die Juden in den Besitz der Hostie gelangen, welche er geschluckt habe. Seine Leiche soll in den Rhein geworfen worden sein, wo sie gefunden wurde.
    Die beschuldigten Juden wurden nicht lange befragt; sechsundzwanzig Juden wurden ohne Prozess ermordet.
    Die jüdischen Gemeinden des Umlandes empörten sich und wandten sich an den Kaiser Rudolf von Habsburg (1218 -1291). Dieser war von der Unschuld der Juden überzeugt. Er legte den Mördern eine Geldbuße auf und befahl den Leichnam des Werner zu verbrennen.
    Seinem Befehl wurde nicht Folge geleistet. Im Gegenteil: Man errichtete für den ermordeten Werner eine Kapelle, denn viele Christen pilgerten nach Bacharach, sein Leichnam wurde verehrt. Bis in das Jahr 1963 feierte man das Fest des heiligen Werner.
    Quelle: "Ökumenisches Heiligenlexikon: Werner von Oberwesel (von Bacharach)"
    Im Jahr 2001 brachte man an der Kapelle eine Tafel mit dem Text eines Gebetes Papst Johannes XXIII. an:

    „Wir erkennen heute, daß viele Jahrhunderte der Blindheit unsere Augen verhüllt haben, so daß wir die Schönheit Deines auserwählten Volkes nicht mehr sehen und in seinem Gesicht nicht mehr die Züge unseres gestorbenen Bruders wiedererkennen.
    Wir erkennen, daß ein Kainsmal auf unserer Stirn steht. Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel in dem Blute gelegen, das wir vergossen, und er hat Tränen geweint, die wir verursacht haben, weil wir Deine Liebe vergaßen.
    Vergib uns den Fluch, den wir zu Unrecht an den Namen der Juden hefteten.
    Vergib uns, daß wir Dich in ihrem Fleische zum zweitenmal ans Kreuz schlugen.
    Denn wir wußten nicht, was wir taten.“

    "Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e.V.: Bacharach und die Geschichte der Viertälerorte - Leseprobe: Die Wernerkapelle"

    Bis in die heutige Zeit wird immer wieder ein Bezug zwischen Juden und Ritualmorde hergestellt. Zuletzt im Januar 2010, als an der Kölner (Papplakat-)Klagemauer vom Betreiber ein Hetz-Plakat aufgehängt wurde. Dieses zeigte einen an einem Tisch sitzenden Mann, der mit Gabel und Messer ein totes ausgeblutetes palästinensisches Kind zerstückelt. Der Brustlatz des Mannes schmückt ein blauer Davidstern.
    Quelle: "Zentralrat der Juden in Deutschland: Ritualmord - Kölner Plakat greift in die Rüstkammer alten Judenhasses"

  19. 19,0 19,1 Hostienfrevel:
    Juden sollen angeblich geweihte Hostien gestohlen und mit Nadeln durchstochen haben. Ihre (angebliche) Überlegung: Wenn die Hostie tatsächlich der Leib Jesu Christi sei, so müsse er ja bluten.
    Johannes von Tilrode (gest. 1298), berichtet von einem Fall, der sich in Paris abgespielt haben soll:
    Ein Jude habe einer christlichen Magd für 10 Pfund Silber eine geweihte Hostie gekauft. Die Judengemeinde habe diese Hostie dann mit einem Messer bearbeitet. Sie ließ sich nicht zerstören. Erst mit einem großen Messer konnte die Hostie zerteilt werden. Dabei sei Blut geflossen. Anschließend seien die Stücke in heißes Wasser geworfen worden, worauf sie sich in ein Stück Fleisch verwandelten. Johannes berichtete, dass durch dieses Wunder viele Augenzeugen sich zum Christentum bekehrt haben.
    Quelle: "Judentum.org: Heiliges Blut: Hinter- und Abgründiges zum "Hostienfrevel""
  20. Brunnenvergiftung:
    Im Jahr 1321 wurden die Juden beschuldigt, sie hätten, um die Christen des Landes zu ermorden, die Brunnen verseucht. Zwei Jahre später, im Jahre 1323, hatten eben aus diesem Grunde, alle Juden das Land verlassen. Zur Zeit der Pest kam erneut der Verdacht der Brunnenvergiftung wieder auf. In den Jahren 1348 und 1349 erreichte die Gewalt gegen die Juden ihren Höhepunkt.
    Quelle: "Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: Juden im Mittelalter - Juden und Christen - 3. Die Brunnenvergiftung"
  21. "Focus-Online: Juden und Christen Hostienfrevel, Ritualmorde, vergiftete Brunnen"
  22. 22,0 22,1 22,2 Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9; S. 207f.
  23. "abaelard.de: Petrus Venerabilis!"
  24. "heiligenlexikon.de: Bernhard von Clairvaux"

11 Verwendete Literatur (über das gesamte Artikelthema "Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter")

  • "Wach auf mein Herz und denke!" - Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg - "Przebudz się, serce moje, i pomyśl" - Przyczynek do historii stosunków między Śląskiem a Berlinem-Brandenburgia; Hrsg.: Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch - Berlin / Stowarzyszenie Instytut Śląskie - Opole; Berlin-Oppeln 1995, ISBN 3-87466-248-9 sowie ISBN 83-85716-36-X
  • Dr. H. Kottek s.A.: Geschichte der Juden - Verlag der Jüdisch-Literarischen Gesellschaft 1915
  • Dr. Hermann Vogelstein und Dr. Paul Rieger: Geschichte der Juden in Rom - Zweiter Band - Berlin Mayer&Müller, 1895
  • Geschichte der Juden in Köln am Rhein von den Römerzeiten bis auf die Gegenwart, Köln 1887
  • Gottlieb Bondy: Zur Geschichte der Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien von 906 bis 1620, HG: Gottlieb Bondy, Prag 1906
  • Hugo Barbeck: Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth; Nürnberg 1878
  • Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9;
  • Nachum Tim Gidal: "Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik"; ISBN 3-89508-540-5
  • Oskar Schwebel: "Geschichte der Stadt Berlin - Erster Band - Berlin - Verlag von Brachvogel & Ranst 1888"
  • PROF. DR. HANS-JOACHIM BARTMUß: Ascher gegen Jahn. Ein Freiheitskrieg? - Antisemitismus und Nationalismus im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. (Vortrag im Rahmen einer Ringvorlesung zur Verabschiedung von Prof. Dr. Harald Braun aus dem Hochschuldienst an der Universität Bremen. Erstveröffentlichung in: Streifzug durch die Sportgeschichte. Festschrift für Prof. Dr. Harald Braun, Red. Klaus Achilles, Bremen 2004)
  • Schweizerische Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 16; ebd. ab S. 93: HANS-JÖRG GILOMEN: Aufnahme und Vertreibung von Juden in Schweizer Städten im Spätmittelalter
  • Studien zur Geschichte der Juden in der Schweiz während des Mittelalters von Augusta Steinberg Dr. phil., Zürich 1902
  • Volkstümliche Geschichte der Juden in drei Bänden von Dr. H. Graetz weiland Prof. an der Universität Breslau - Zweiter Band. Von der zweitmaligen Zerstörung Jerusalems unter Kaiser Vespasian bis zu den massenhaften Zwangstaufen der Juden in Spanien. Fünfte Auflage, Leipzig 1914
  • Vortrag von Dr. Max Grunwald, gehalten am 26. März im "Zentralverein Deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" in Berlin W. und am 2. Mai 1906 in der Greneral Versammlung des „Vereines zur Abwehr des Antisemitismus" in Wien. Druckschrift: Verlag von. Calvary & Gomp. in- Berlin NW./ Druck: Wien 1906



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