Zinsverbot

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Zinsverbot bezeichnet das gesetzliche bzw. religiöse Verbot, Zinsen zu verlangen. Ein solches Verbot findet sich im Alten Testament der Bibel und im Koran. Das Verbot galt über lange Zeit auch im Christentum, wurde später jedoch abgeschwächt bzw. ganz aufgehoben.

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1 Geschichte

Für ein Zinsverbot traten bereits Platon und sein Schüler Aristoteles ein. Platon war der Auffassung, dass die Zinseinnahme den Staat schädige,[1] für Aristoteles galt das Zinsennehmen als moralisch schlechtes wirtschaftliches Handeln (Chrematistik).[2] Aristoteles empfand den Zins gesamtwirtschaftlich als Illusion, weil die Geldmenge durch den Zins nicht vermehrt werde, denn dem Zinsertrag des Gläubigers stehe der gleiche Zinsaufwand des Schuldners gegenüber.[3]

Das Zinsverbot erstreckt sich vom Alten Testament, im Buch Exodus und Levitikus, bis hin zu Aussagen des Heiligen Stuhls. Noch 1745 wandte sich Papst Benedikt XIV. in der an die hohe Geistlichkeit Italiens adressierte Enzyklika Vix pervenit entschieden gegen den Zins und hielt dies In § 3, Absatz I fest.

Das Zinsverbot hatte im Mittelalter zur Folge, dass Juden, die den Verboten der christlichen Kirche nicht direkt unterlagen, zeitweise die einzigen waren, die gewerbsmäßig Geld verleihen durften. Da ihnen außerdem die Ausübung eines Handwerks verboten war, waren sie häufig als Geldverleiher aktiv. Der Geldverleiher ist beim Schuldner natürlich selten beliebt, was in Folge einer der Gründe für den mittelalterlichen Antijudaismus und späteren Antisemitismus war.

Die hebräische Bibel („Altes Testament“ bzw. Tanach) schreibt ein Verbot des Zinsnehmens lediglich teilweise fest, und zwar in mehrfach belegten Varianten.[4][5][6][7][8]

Der älteste biblische Text entstammt dem so genannten Bundesbuch. Hier findet sich folgendes Gebot:

„Falls du (einem aus) meinem Volk, dem Elenden bei dir, Geld leihst, dann sei gegen ihn nicht wie ein Gläubiger; ihr sollt ihm keinen Zins auferlegen.“

Ex 22,24 ELB

Der Islam forderte nach 622 n. Chr. dazu auf, nicht Zins (arabisch ribā = „Zuwachs, Vermehrung“) zu nehmen, indem die Gläubiger in mehrfachen Beträgen wiedernehmen, was sie ausgeliehen haben (Koran, Sure 3:130).[9] Gleich mehrere Suren befassen sich mit dem Zinsverbot. In Sure 2:275 erklärt Allah den Kaufvertrag (arabisch bayʿ') für zulässig (halāl) und den Zins für verboten (harām). Nach Sure 2:279 hat der Kreditnehmer dem Kreditgeber nur das Kapital zurückzuerstatten. Sure 30:39 klärt auf, dass das mit Zins Verliehene zwar die Vermögenswerte der Menschen vermehre, nicht aber bei Gott.

Karl der Große erklärte in seiner „Allgemeinen Ermahnung“ (lateinisch Admonitio generalis) im März 789 das Zinsverbot zum weltlichen Verbot.[10]

Die Übersetzung zu Dtn 23,20 EU „Du sollst nicht wuchern, weder mit Geld noch mit Speise“ stammt aus der zwischen 1522 und 1542 von Martin Luther erstellten Bibelübersetzung (Lutherbibel), so dass man unter „Wuchern“ den Zins selbst verstand. Zu jener Zeit gab es ein christliches Zinsverbot.

Beim islamischen Zinsverbot ist es bis heute in der Scharia geblieben. Das Zinsverbot des Koran trifft die Kreditgewährung (ribā n-nasīʾa), während sich die Sunna mehrfach für das Zinsverbot bei Handelsgeschäften (ribā l-fadl) ausspricht.[11]

2 Siehe auch

3 Vergleich zu Wikipedia




4 Einzelnachweise

  1. Platon, Nomoi 5, 742 C-E
  2. Aristoteles, Politik 1, 9 (1257a ff.)
  3. Aristoteles, Politik, 1-8 (1258b)
  4. Miroslav Varšo: Interest (usury) and its variations in the biblical law codices. In: Communio Viatorum 50/3, 2008, S. 323–338.
  5. Mark E. Biddle: The biblical prohibition against usury. In: Interpretation. 65,2 (2011), S. 117–127. (e-Text (Archivversion vom 5. November 2013) bei HighBeam Research.)
  6. Bernard J. Meislin/Morris L. Cohen, Backgrounds of the Biblical Law against Usury, in: Comparative Studies in Society and History 6/3, 1964, S. 250–267 (Digitalisat bei jstor).
  7. Isac Leo Seeligmann, Darlehen, Bürgschaft und Zins in Recht und Gedankenwelt der hebräischen Bibel, in: ders., Erhard Blum (Hrsg.), Gesammelte Studien zur Hebräischen Bibel, Mohr Siebeck, Tübingen 2004, S. 319–348.
  8. Haim Hermann Cohn u. a.: Artikel Usury. In: Encyclopaedia Judaica. 2. Auflage, Bd. 20, S. 337–444 (e-Text (Archivversion vom 5. November 2013) bei HighBeam Research).
  9. Steffen Jörg: Das Zinsverbot in der islamischen Wirtschaftsordnung. 2015, S. 54
  10. Christian Braun: Vom Wucherverbot zur Zinsanalyse (1150–1700). 1994, S. 36 ff.
  11. Volker Nienhaus: Islam und moderne Wirtschaft. 1982, S. 205

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