Genossenschaft
Eine Genossenschaft (oder auch Kooperative) ist eine Form der Kapitalgesellschaft mit dem Ziel, sich gemeinsam unternehmerisch zu betätigen (genossenschaftlicher Geschäftsbetrieb).
Inhaltsverzeichnis
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1 Beschreibung
Die Genossenschaft hat mit politischen Bestrebungen nichts zu tun, auch nicht mit Sozialismus, was häufig vermutet wird. Dieses Missverständnis ergibt sich meist aus der Geschichte der Genossenschaften vor allem im 20. Jahrhundert und verursacht manchmal Berührungsängste mit dieser Rechtsform, die in den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften bis vor einigen Jahren kaum behandelt wurde. Zu einer größeren Gründungswelle sozialistischer Genossenschaften kam es ab 1890,[1][2] der Sozialist Ferdinand Lassalle orientierte sich in seinen Vorstellungen stark an der Genossenschaftsidee.[3] Genossenschaften sollen im Gegensatz zu anderen Kapitalgesellschaft nicht in erster Linie Gewinn erwirtschaften; ihre Aufgabe ist ausschließlich die Förderung ihrer Mitglieder.[4] Im Vordergrund steht die Hilfestellung bei der Erreichung von Zielen oder Vorteilen, die dem Einzelnen nicht möglich sind. Dazu gehören beispielsweise Wohnungsbaugenossenschaften, Verkehrsgenossenschaften und Einkaufsgenossenschaften.
In verschiedenen Bereichen existieren Organisationen, die ähnlich wie eine Genossenschaft organisiert sind und teilweise auch als „Genossenschaft“ bezeichnet werden. Diese Organisationen haben jedoch nicht alle eine Rechtsform gemäß dem Genossenschaftsgesetz, teilweise besteht eine Zwangsmitgliedschaft. Hierzu gehören z. B. die Jagdgenossenschaften, Deichverbände und Realgemeinden. Die Emschergenossenschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft. Eine Zwangsmitgliedschaft besteht in Deutschland bei den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Mitgliedschaft alle Unternehmen nach festgelegter Branchenzuteilung haben müssen.[5]
2 Entwicklungen
Seit der Reform des Genossenschaftsgesetzes 2006 steht die eingetragene Genossenschaft (eG) auch als Rechtsform für soziale und kulturelle Zwecke zur Verfügung und wurde zunehmend für die Realisierung von Bürgerprojekten neben dem eingetragenen Verein (e.V.) entdeckt: dies gilt für alternative Energieunternehmen, einige öffentliche Einrichtungen, aber auch Krankenhäuser und Gemeinschaftspraxen (insbesondere in ländlichen Regionen). Im Bereich der Betriebswirtschaft gehört das Genossenschaftswesen nach wie vor zu den vernachlässigten Themen. So werden zwar im Zusammenhang mit dem Thema Bilanz auch spezielle Fragen wie Aktienkurs und Aktienoptionen behandelt,[6] der Begriff der Genossenschaft kommt aber im Gegensatz zur Aktiengesellschaft selten vor.
Die genossenschaftlichen Unternehmen waren 2016 die stärksten Wirtschaftsorganisation in Deutschland mit 7.700 Einzelunternehmen, 22 Mio. Mitgliedern und rund einer Million Mitarbeitern.[7] Die Rechtsform eG gehört heute zu den wichtigsten der deutschen und europäischen Wirtschaft, wird als solche aber nicht bewusst wahrgenommen, obwohl ca. 70 % der Einzelhandels-, 90 % Handwerks- und Agrarbetriebe und 65 % aller Steuerberater genossenschaftlich organisiert sind. Zudem ist die eG die krisensicherste aller Unternehmensformen; die Insolvenzzahl betrug 2015: "0". Die bedeutendste Gruppe genossenschaftlicher Unternehmen, die auch in der Öffentlichkeit als solche in Erscheinung tritt, ist der genossenschaftliche Bankenverbund (Volks- und Raiffeisenbanken, Spardabanken). 2015 wurden 12.260 Bankstellen, 30 Mio. Kunden, 505 Mrd. Kreditvergaben und 818 Mrd. Bilanzvolumen der Gesamtgruppe verzeichnet.[8]
3 Organe einer Genossenschaft
- Generalversammlung (= Mitgliederversammlung), sie wählt den Aufsichtsrat
- der Aufsichtsrat ist Kontrollorgan und Treuhänder der Mitglieder
- Vorstand (= Geschäftsführungsorgan), wird meist vom Aufsichtsrat berufen
In vielen Fällen entscheidet letztlich die Generalversammlung. Bei größeren Genossenschaften können zum Beispiel Delegierte (Vertreter) gewählt werden, was aber nicht immer nach den Grundsätzen der Demokratie erfolgt.[9] In der Regel tritt die Generalversammlung nur einmal im Jahr zusammen.
4 Rechtliche Fragen
Nachdem die Genossenschaft im Genossenschaftsregister des jeweiligen Amtsgerichts eingetragen ist, führt sie den Zusatz eG = eingetragene Genossenschaft und haftet ausschließlich mit ihrem Vermögen. Eine persönliche Haftung der Mitglieder kommt heute nicht mehr in Betracht. Nur noch historisch von Bedeutung sind die eGmbH = eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht und die eGmuH = eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht. Die Mitgliedschaft wird durch Beitrittserklärung und Zeichnung eines Geschäftsanteils, der auch in Raten einzahlbar ist, erworben. Sacheinlagen sind jedoch auch möglich. Inwieweit Genossenschaften Gewinn erwirtschaften dürfen, ist umstritten, wobei die Generalversammlung über die Verwendung des Gewinns nach dem Jahresabschluss entscheidet.
Das Recht der Genossenschaft leitet sich ab aus dem Genossenschaftsgesetz (GenG),[10] das Statut (Satzung), die Geschäftsordnung (insbesondere für Aufsichtsrat und Vorstand ) sowie Richtlinien für die Mitgliedschaft (Lieferbedingungen, Nutzungsbedingungen) bestimmen weitere Einzelheiten. Der Genossenschaftsgrundsatz lautet: Selbstverwaltung, Selbstverantwortung, Solidarität. Des weiteren gilt der Grundsatz: ein Mitglied - eine Stimme. Damit wird verhindert, dass - wie bei der Aktiengesellschaft (AG) oder GmbH - die Kapitalmehrheit einzelner Personen über das Unternehmen bestimmen kann.
5 Literatur
- Glenk, Hartmut: Die eingetragene Genossenschaft. Systematische Darstellung, Verlag C.H. Beck München 1995 (vergriffen, nur antiquarisch erhältlich).
- Glenk, Hartmut: Genossenschaftsrecht - Systematik und Praxis der Genossenschaftswesens. Verlag C.H. Beck 2. Aufl. München 2013 - ISBN 978-3-406-63313-3.
- Beuthien: Genossenschaftsgesetz (Beck'sche Kurzkommentare). Verlag C.H. Beck 16. Aufl. München 2016 - ISBN 978-3-406-68984-0.
- Lang/Weidmüller: Genossenschaftsgesetz - Kommentar. Verlag De Gruyter Berlin/Boston 38. Auflage 2016 - ISBN 978-3-11-025061-9.
- Kaltenborn, Wilhelm: Schein und Wirklichkeit. Genossenschaften und Genossenschaftsverbände. Eine kritische Auseinandersetzung. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2014 - ISBN 978-3-360-02189-2.
- Mittelstand und Bürgerprojekte: Genossenschaften im Aufwind, NWB Nr. 25 (16.06.2014), 1874
- Rechtsvorschriften (Textband): GenR - Genossenschaftsrecht. Beck-Texte im dtv Nr. 5584, 5. Aufl. München 2013 - ISBN 978-3-423-005584-0.
- Müller, Klaus: Kommentar zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1976
6 Siehe auch
7 Weblinks
- Umfassendes Kompendium zum Genossenschaftsrecht (Universität Münster) (PDF-Datei; 513 kB)
- Information über die GenG Novelle 2006
- Christian Lucas, Universität Münster: Recht der Kooperation (PDF, 565 kB)
- Die Bestimmungen zur Genossenschaft im Schweizerischen Obligationenrecht
8 Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Genossenschaft#Deutschsprachiger_Raum
- ↑ Marco Althaus: Genossen gegen Genossen. In: Politik & Kommunikation, Februar 2012, S. 42–43 (online).
- ↑ Ralf Hoffrogge: Vom Sozialismus zur Wirtschaftsdemokratie? Ein kurzer Abriss über Ideen ökonomischer Demokratie in der deutschen Arbeiterbewegung. In: Marcel Bois, Bernd Hüttner (Hrsg.): Geschichte einer pluralen Linken (= Band 3). Berlin 2011 (PDF; 56 kB).
- ↑ Klaus Müller: Kommentar zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Bielefeld 1976, Seite 86 ff.
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Genossenschaft#Zwangsgenossenschaften
- ↑ Manfred Wünsche: Prüfungsvorbereitung Bilanzbuchhalter, 6. Auflage, Springer - Gabler, Wiesbaden 2012, Seite 223 und 422
- ↑ Quelle Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband 2016
- ↑ Quelle: Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband
- ↑ Die Auswahl der Vertreter erfolgt bei Green Planet Energy durch einen Wahlausschuss
- ↑ siehe § 1 GenG
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