Genossenschaftsbank

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Genossenschaftsbanken sind Kreditinstitute, die sich in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG) organisiert haben. Sie bekennen sich zu den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung.

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1 Begriff und Historie

Die historischen Wurzeln der Genossenschaftsbanken liegen in den Selbsthilfeeinrichtungen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818–1888). Die Sammlung von Mitgliederkapital und anderen Ressourcen führte 1848 zur Gründung des Flammersfelder Hilfsvereins, zunächst für unbemittelte Landwirte, 1864 zur Gründung des Heddesdorfer Darlehenskassenvereins. Damit war der Grundstein der Raiffeisenbanken und gelegt. Etwa zeitgleich entstanden die Spar- und Konsumvereine von Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883), die späteren Volksbanken. Mit dem Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz - GenG) vom 1. Mai 1889 wurde der gesetzliche Rahmen für wirtschaftliche Selbsthilfeorganisationen geschaffen, der bis auf wenige Änderungen noch heute mit seiner ursprünglichen Intention besteht.

2 Grundsätze

Ein entscheidendes Merkmal der genossenschaftlichen Banken, die im Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) zusammengeschlossen sind, ist die mitgliederorientierte Förderung. Der Anteilseigner einer Genossenschaftsbank hat nicht nur Mitbestimmungs- und Auskunftsrechte, sondern auch Anspruch darauf, dass sein Finanzierungsanliegen sorgfältig und individuell, möglichst unbürokratisch geprüft, und nach Möglichkeit auch realisiert wird. Der genossenschaftliche Hilfegrundsatz, die aus § 1 GenG resultierende gesetzliche Förderpflicht jedes einzelnen Mitglieds, galt Jahrzehnte lang nicht mehr als zeitgemäß.

3 Organe und Mitwirkungsmöglichkeiten

Wie bei anderen Genossenschaften ist das Unternehmen nicht gewinnorientiert, aber „basisdemokratisch“ organisiert: „ein Mitglied = eine Stimme“. Das oberste Organ ist demzufolge die Generalversammlung, bei größeren Volksbanken werden Delegierte (Vertreter) gewählt; Entscheidungen werden dann in Vertreterversammlungen, die häufig für verschiedene Ortsteile eingerichtet sind, getroffen. Die Mitglieder als Anteilseigner wählen den Aufsichtsrat; der bei Banken hauptamtliche Vorstand wird vom Aufsichtsrat bestellt und bekommt von diesem seinen Dienstvertrag. Bei Sorgfaltspflichtverletzungen kann der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder suspendieren und/oder den Dienstvertrag (fristlos) kündigen, bis die Mitglieder in außerordentlich einzuberufender Versammlung eine endgültige Entscheidung getroffen haben. Wegen vieler gravierender Entscheidungen sichern sich viele Genossenschaftsbanken des fachkundigen Beistands durch Berufung kompetenter Fachleute in einen Beirat, der auch ohne formelle Entscheidungsbefugnis wesentliche Verantwortung für die Bank trägt und für die Mitglieder der Bankorgane vertrauensvoller Ansprechpartner in dienstlichen und persönlichen Angelegenheiten sein kann. Anders als bei Groß- oder Privatbanken, die ihre Kunden per se nach „Wertvolumen“ behandeln, kann ein Volks- oder Raiffeisenbankmitglied sein „finanzielles Schicksal“ mitbestimmen, beispielsweise durch

  • Einfordern der Mitarbeit beim Unternehmenskonzept, auch bei Marktproblemen und anstehenden Umstrukturierungen;
  • partnerschaftliche, gemeinsame Beratung vor und in Unternehmenskrisen.

Bei Unstimmigkeiten mit dem Kundenberater steht der Weg zum Vorstand unproblematisch offen; ggf. hilft eine Eingabe an den Aufsichtsrat. Davon abgesehen kann sich jedes Mitglied in der Generalversammlung zu Wort melden, Auskünfte erbitten, Anliegen zur Sprache bringen und Entscheidungen herbeiführen.

4 Aufsicht und Prüfung

Und damit alles seine Richtigkeit hat, unterliegen auch Genossenschaftsbanken der Bankenaufsicht, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin = obere Bundesbehörde mit dem Bundesfinanzminister als Vorgesetztem) gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank ausgeübt wird.Hauptnormen sind das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) sowie das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), ergänzt durch das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG). Dabei ist § 6 KWG die "Hauptermächtigungsklausel", die weitreichendste Eingriffe in den Bankbetrieb gestattet. Das gilt insbesondere für "Maßnahmen bei Gefahr (§ 46 KWG) oder das Verlangen, Vorstandsmitglieder oder Aufsichtsratsmitglieder von den Anteilseignern abberufen zu lassen. Letzteres kann zu einem lebenslangen Berufsverbot im Bankenbereich führen.

Die jährlichen Unternehmensprüfungen werden von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband durchgeführt, der faktisch die Unterstufe der Bankenaufsicht bildet. Freien vereidigten Wirtschaftsprüfern ist die Prüfung von Genossenschaftsbanken historisch bedingt gesetzlich untersagt, was seit Jahrzehnten zu einem heftigen Meinungsstreit in Bezug auf das Prüpfungsmonopol der Genossenschaftsverbände führt.

5 Aktuelle Entwicklung

In der Bankenkrise haben sich allerdings nur die Genossenschaftsbanken - neben den Sparkassen - als verlässliche Säule des Bankensystems und der deutschen Volkswirtschaft erwiesen. Seitdem ist eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werte eingekehrt: Treuhänderschaft für anvertrautes Vermögen, Förderung von Existenzgründern und Begleitung mittelständischer Unternehmen mit Rat und Tat, auch in schweren Zeiten. So können beispielsweise Kredite, die Geschäftsbanken als nicht Gewinn bringend oder riskant erscheinen, von Genossenschaftsbanken vergeben werden. Die Finanzierung ist sogar Pflicht, wenn das Risiko nicht schlichtweg unvernünftig ist.

Dazu gehören:

  • Existenzgründungshilfen
  • Investitionsfinanzierung
  • Engpassüberbrückung
  • Beteiligungsfinanzierungen
  • Krisensichere Nachfolgeregelungen
  • Kapitalanlagen bei sorgfältigster Kosten-Nutzen-Abwägung.

Damit sind die genossenschaftlichen Kreditinstitute wieder verstärkt Partner der ersten Wahl für Privatkunden und kleine und mittelständische Unternehmen sowie Freiberufler. In jüngster Zeit fördern Genossenschaftsbanken verstärkt "Schüler- und Studentengenossenschaften" zwecks gemeinschaftlichen Einkaufs, Betrieb von Gastronomie in Eigenregie, und stehen zur Förderung zahlreicher Bürgerprojekte in Form der eG zur Verfügung.

6 Heutige Bedeutung

Im Geschäftsjahr 2015 verzeichneten die deutschen Genossenschaftsbanken 18,3 Mio. Mitglieder und somit nochmals 258.00 Anteilseigner mehr als im Vorjahr. Damit hat, statistisch gesehen, jeder vierte Bundesbürger in einer Volks-, Raiffeisen- oder Spardaban Sitz und Stimme. Die 1.021 deutschen Genossenschaftsbanken mit 12.260 Bankstellen, dem dichtesten in Europa, haben im Geschäftsjahr 2015 einen vorläufigen Jahresüberschuss nach Steuern von 2,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. 505 Milliarden EURO Kreditvergaben standen 608 Milliarden Euro gegenüber. Das Bilanzvolumen des Verbundes erhöhte sich 2015 um 3,8 Prozent auf 818 Milliarden Euro (Quelle: Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken - BVR).

7 Literatur

7.1 Buchhinweise

  • Standardwerk: Glenk, Hartmut, Kreditgenossenschaft und Aufsichtsbehörde sowie Beispiele für bankaufsichtliche Maßnahmen gegenüber Vorständen von Kreditgenossenschaften. In: Genossenschaftsrecht – Systematik und Praxis des Genossenschaftswesens. 2. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2013, ISBN 78-3-406-63313-3.
  • Resultate des Bundesbank-Symposiums 2016: Dombret, Andres (Hrsg.), Bankenaufsicht im Dialog 2016- ISBN 978-3-8314-0869-6

7.2 Zeitschriften

  • BKR- Bank- und Kapitalmarktrecht, Verlag C.H. Beck; Schriftleiter: RA Dr. Volker Lang, Bonn.
  • ZfgK - Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. Pflichtblatt der Frankfurter Wertpapierbörse. Verlagsgruppe Knapp/Richardi, Frankfurt/Main; Schriftleiter: Dr. Berthold Morschhäuser, Frankfurt/Main.
  • Bi - Bank intern. Wöchentlicher Nachrichtendienst für Bankinsider mit wöchentlicher Beilage zu Spezialthemen des Bankmanagements und des Bankrechts. Verlagsgruppe Markt intern, Düsseldorf. Schriftleiter: RA Dr. Axel Prümm, Düsseldorf.

7.3 Beachtenswert

  • Marcus Pfeil: Raiffeisen-Wunder. Bei den Genossenschaftsbanken wächst die Kundschaft – mit jedem Skandal bei anderen Geldinstituten. In: Die Zeit Nr. 5/2013.

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