Vier Temperamente
Die vier Temperamente (von lateinisch temperamentum „das richtige Maß, die richtige Mischung“) bestimmen einer Theorie zufolge die mehr oder weniger dauerhafte Grundgestimmtheit oder Gemütsart des Menschen. Demnach verfügt jeder Mensch über Anteile aus allen vier Temperamenten, die ganz individuell auf die vielfältigste Weise gemischt sind. In der Regel gibt es Akzentverschiebungen, durch die meist ein Temperament stärker hervorsticht.
Inhaltsverzeichnis
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1 Anthroposophie
Anders als augenblickliche Emotionen oder Gefühle haben die Temperamente aus Sicht der Anthroposophie ihren Sitz im Ätherleib. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die äußere Gestaltung des physischen Leibes hinein, anderseits spiegeln sie sich in inneren Erlebnissen des Astralleibs bzw. der seelischen Wesensglieder wider.
Die vier Temperamente hängen eng mit den vier grundlegenden Wesensgliedern des Menschen zusammen. Dominiert eines der Wesensglieder die anderen, so drückt sich das in den im Ätherleib wirkenden Temperamenten folgendermaßen aus, wobei zugleich auch ganz bestimmte Organsysteme besonders hervortreten. Für den Erwachsenen ergibt sich dabei folgender Zusammenhang:
- Ich - Zentrales Nervensystem
- Astralleib - Blutkreislauf und Herz
- Ätherleib - Vegetatives Nervensystem
- Physischer Leib - Lymphatisches System
2 Antike
Nach Hippokrates (um 460-375 v. Chr.), der die Temperamentenlehre erstmals formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den vier Elementen entsprechen:
Erst Galenos von Pergamon (um 130-200 n. Chr.) verband die Temperamentenlehre mit der ebenfalls schon von Hippokrates aufgestellten Viersäftelehre, indem er den humores, den vier hauptsächlichen Körperflüssigkeiten, jeweils ein Temperament zuordnete:
- Weiße Galle (cholḗ): Choleriker (cholerikós)
- Rotes Blut (lateinisch sanguis, háima): Sanguiniker (háimatodes)
- Schwarze Galle (mélaina cholḗ bzw. chymós melagcholikós): Melancholiker (melagcholikós)
- Grüner Schleim (phlégma): Phlegmatiker (phlegmatikós)
3 Reinkarnation
Es gibt die Vorstellung, dass der Mensch in seiner geistigen Individualität, seinem Wesenskern, bei der Reinkarnation erhalten bleibt. Dabei muss er sich mit dem durch die Vererbungsströmung bereitgestellten vergänglichen Leib verbinden, und es muss ein Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wider.
4 Zusammenhänge
Die folgende Tabelle stellt mögliche Zusammenhänge dar, die jdoch überwiegend aus der [Esoterik]] stammen.
Temperament | |||||
Wesensglied | Ich | Astralleib | Ätherleib | Physischer Leib | |
Körpersäfte | Weiße Galle (Chole) | Rotes Blut (Sanguis) | Schwarze Galle (Melas Chole) | Grüner Schleim (Phlegma) | |
Eigenschaften | warm und feucht | warm und feucht | kalt und feucht | kalt und trocken | |
Element | Feuer | Luft | Wasser | Erde | |
Altersstufe | Jugend | Kindheit | Erwachsenenalter | Alter | |
Richtung | Süden | Osten | Westen | Norden | |
Jahreszeit | Sommer | Frühling | Herbst | Winter | |
Tageszeit | Mittag | Morgen | Abend | Nacht | |
Bewusstsein | Wachen | Träumen | Schlafen | Sterben, Kranksein, Tod | |
Organsystem | Zentrales Nervensystem und Rückenmark, Galle | Blutkreislauf und Herz | Schwarzes Nervensystem, schwarzes Sonnengeflecht | Lymphatisches System | |
Mimik | Nasenwurzel zusammengezogen (Wutfalte), Mund gepresst | gehobene Brauen und Mundwinkel | in der Mitte hochgezogene Brauen und Mittelfalte, Mundwinkel gesenkt | Augenlider und Kiefer locker hängend | |
Gestik | kraftvoll abwärts | mit Leichtigkeit rhythmisch aufstrebend | bequem sinkenlassend | vergebens mühsam aufstrebend | |
Gang | stampfend (Ferse), O-beinig | hüpfend, tänzelnd | X-beinig | schlurfend | |
Tugend | Mut | Liebe, Interesse | Mitleid | Geduld | |
Untugend | Wut | Triebhaftigkeit | Wehleidigkeit | Trägheit | |
Bosheit
|
Gewalttätigkeit |
Lügenhaftigkeit |
Hartherzigkeit |
Grausamkeit |
|
Geisteskrankheit | Tobsucht | Irrsinn, Narrheit | Trübsinn, Wahnsinn | Stumpfsinn | |
Psychologie[1] | emotionale Labilität, Extraversion | emotionale Stabilität, Extraversion | emotionale Labilität, Introversion | emotionale Stabilität, Introversion | |
Wappentier[2] | Löwe | Wassermann (Mensch/Engel) | Adler | Stier |
5 Siehe auch
6 Literatur
- Rudolf Steiner: Wo und wie findet man den Geist?, GA 57 (1984)
- Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1990)
- Rudolf Steiner: Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis, GA 100 (1981)
- Rudolf Steiner: Makrokosmos und Mikrokosmos, GA 119 (1988)
- Rudolf Steiner: Farbenerkenntnis, GA 291a (1990)
- Heinrich Eltz: Die menschlichen Temperamente, 3. Auflage, Verlag Paul Haupt, Bern - Stuttgart - Wien 2000, ISBN 978-3258049540
- Karl Rössel-Majdan: Vom Wunder der menschlichen Stimme. Sprachgestaltung. Troxler, Wien 1975
7 Weblinks
- Das Geheimnis der menschlichen Temperamente - Vortrag gehalten von Dr. Rudolf Steiner in Berlin am 4. März 1909
- Christian Rittelmeyer: Die Temperamente in der Waldorfpädagogik. Ein Modell zur Überprüfung ihrer Wissenschaftlichkeit (alternativer Download)
8 Einzelnachweise
- ↑ nach Hans Eysenck
- ↑ Die Wappentiere entsprechen den vier Sphinx-Tieren bzw. den Evangelisten-Symbolen und auch den entsprechenden Tierkreiszeichen. Dabei ergibt sich allerdings eine andere Zuordnung der Elemente zu den Tierkreiszeichen, als sie heute in der Astrologie üblich ist, indem die Luft- und Wasserzeichen vertauscht sind. Der Adler, der dem Skorpion entspricht, ist hier dem Luftelement zugeordnet und der Wassermann oder Engel dem Wasserelement.
9 Andere Lexika
Wikipedia kennt dieses Lemma (Vier Temperamente) vermutlich nicht.
- Vier Temperamente im AnthroWiki
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