Trois poèmes juifs (Komposition von Ernest Bloch)

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Der jüdische Komponist Ernest Bloch auf einer israelischen Briefmarke.
Die Trois poèmes juifs (dt.: Drei jüdische Gedichte) sind ein Orchesterwerk des jüdischen Komponisten Ernest Bloch aus dem Jahr 1913.
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1 Enstehung und Uraufführung

  • Bloch komponierte die Trois poèmes juifs zwischen August und Oktober 1913 im Schweizerischen Satigny. Den ersten Satz (Danse) beendete er im August 1913. Am 7. Oktober 1913 stellte er das gesamte Werk fertig. [1] Die Trois poèmes juifs sind seinem kurz vorher am am 31. März 1913 verstorbenen Vater Maurice Bloch gewidmet.
  • Der erste Satz des Werkes wurde am 28. Februar 1914 in Genf unter Blochs Dirigat uraufgeführt. Die Trois poèmes juifs als Gesamtwerk wurden allerdings erst am 23. März in Boston vom Boston Symphony Orchestra uraufgeführt. [2]

2 Die Trois poèmes juifs als Werk Jüdischer Musik

  • Die Trois poèmes juifs sind das erste Werk in einer Reihe von Kompositionen Blochs, dies sich explizit auf das Themenfeld Judentum beziehen, wie Prelude es deux Psaumes 137 et 114 (1912-1914), die Israel Symphony (1912-1916), Adonai Elohim für fünf Stimmen und Klavier (1912-1916), dem sehr bekannt gewordenen Werk Schelomo (1915-1916), Baal Shem für Violine und Klavier (1923), From Jewish Life für Violoncello und Klavier (1924), Méditation hébraïque (1924) und Avodath Hakodesh (1930-1933). Bloch selber bezeichnete diese Werke als sein "jewish cycle". [3]
    Obwohl sich Ernest Bloch spätestens ab 1906 positiv auf seine jüdischen Wurzeln bezog, blieb er religiös indifferent, d.h. schwankend zwischen Agnostizismus, Pantheismus sowie jüdischem und christlichem Glauben, und hatte keine Probleme mit Vorstellungen und Symbolen anderer Religionen. Auf Anregung des mit ihm befreundeten Robert Gode kaufte er sich im Jahr 1906 bei einem Antiquariat in Bern ein großes Kruzifix, [4] dass in seinem Arbeitszimmer in der Schweiz und später auch den USA hing. [5]
  • Bloch hatte - obwohl sein Großvater ein bekannter Baal Tefillah und Leiter einer kleinen jüdischen Gemeinde in Legnau war und sein Vater im Chor der Synagoge sang und eine Rabbinerausbildung angefangen aber nicht abgeschlossen hatte - [6] [7] anfänglich kein besonderes Interesse an jüdischer Religion und Kultur. Circa ab 1906 begann er sich allerdings doch für seine Beziehung zu jüdischer Kultur und seine jüdische Wurzeln, sowie das Verhältnis zwischen jüdischer und europäischer Kultur zu interessieren. Er diskutierte diese Fragen u.a. in Korrespondenz mit dem jüdischen Historiker und Schriftsteller Edmond Fleg, dem Librettisten seiner Oper Macbeth, und mit dem mit ihm befreundeten Journalisten und Musikschriftsteller Robert Gode. [8] Im Jahr 1906 schrieb Bloch an Fleg über seine Begeisterung für das Alte Testament, und sein Ziel, seine jüdische Herkunft in seiner Musik auszudrücken. Bald darauf erlernte Bloch zu diesem Zweck auch die hebräische Sprache. [9]
  • Bloch bezog sich erstaunlicherweise auf die musikphilosophischen und rassistischen Gedanken des antisemitischen Komponisten Richard Wagner, der meinte, dass Juden in der ihnen angeblich fremden abendländisch-europäischen Sprache und auch Musiksprache nichts wirklich kreatives schaffen könnten. [10] [11] Dieses angebliche Dilemma wollte Bloch mit der Komposition von Musik in der eigenen Musiksprache der jüdischen Rasse überwinden. Er meinte dazu u.a.:
"I am a Jew. I aspire to write Jewish music because racial feeling is a quality of all great music which must be an essantial expression of the people as well as the individual." [12]
  • Er merkte an anderer Stelle allerdings auch an, dass er selber nicht genau sagen könne, was die Merkmale jüdischer Musik seien. Er schreib hierzu u.a.:
"You ask me what ist that which is Jewish in music. That I can`t tell you. But it is something that both you and I can recognize and feel, even if we cannot analyze it, and it is something more then a mere quotation of a folk theme." [13]
  • Dabei verwendete Bloch nach eigenen Worten nicht Elemente jüdischer Musik im streng musikethnografischen Sinn, sondern ließ sich von einer "inneren Stimme seiner jüdischen Herkunft" leiten. Er schrieb dazu u.a.:
"In all those compositions of mine which have be termed Jewish, I have not approached the problem from without, i.e. by employing more or less authentic melodies, or more or less sacred oriental formulas, rhythms, or intervals! No! I have hearkened to an inner voice, deep, sacred, insistent, burning, an instinct rather than any cold, dry reasoning process (...) It was this Jewish heritage as a whole which stirred me, and the music was the result. [14] (...) It is not my purpose, not my desire, to attempt a 'reconstitution' of Jewish music, or to base my work on melodies more or less authentic. I am not an archaeologist. I hold it of first importance to write good, genuine music, my music. It is the Jewish soul that interests me, ..." [15]
  • Über die Frage, inwieweit es Bloch in den Kompositionen seines "jewish cycle" gelungen ist, wirklich Jüdische Musik zu schaffen gehen die Meinungen der Experten auseinander. Der jüdische Komponist Abraham Wolf Binder bescheinigte den Werken aus Blochs "jewish cycle" authentischen jüdischen Melos. Bloch habe mit rhythmisch freien Melodien und einer Harmonisierung jenseits der westlichen Dur-Moll-Tonalität wesentliche musikalische Merkmale jüdischer Musik verwandt. [16] Die Musikwissenschaftler Abraham Zevi Idelsohn und Alfred Einstein bescheinigen der Musik von Bloch dagegen nur einen vagen orientalischen Touch. Mit wirklicher Jüdischer Musik habe die Musik Blochs wenig gemein. Idelsohn schreibt in seinem Buch Jewish Music - Its Historical Development dazu u.a.
"Ernest Bloch`s music is designated "Jewish". Its Jewishness, however, consists in an abundance of augmented steps, and according to the opinion of some, in a certain heavy melancholy. But, these characteristics are NOT exclusively Jewish, for all the Semitic and Tartarian peoples have the same characteristic step (...) At best, Bloch`s music may be said to have a touch of Orientalism." [17]
  • Alfred Einstein urteilte im Jahr 1926, dass Bloch sich in seinen Kompositionen nicht wirklicher orientalischer oder jüdischer Musik zuwende. Er versuche jüdische Musik zu komponieren, wie wenn z.B. ein im Orient geborener und aufgewachsener Engländer, Deutscher oder Russe ohne aktuelle Kenntnisse über europäische Musik, dennoch versuche, authentische engliche, deutsche oder russische Musik zu schreiben. [18]

3 Die Musik

Notenbeispiel 1: Anfang des 1. Satzes der Trois poèmes juifs. [19]

3.1 Erster Satz (Danse)

  • Bloch selber charakterisierte den ersten Satz in einer kurzen Erläuterung für die Uraufführung in Boston als "ganz in Farbe - eher düster, mystisch und matt/verträumt". [23] Für eine Aufführung des Werkes im Jahr 1939 beschrieb er den Satz u.a. als rituellen Tanz einer Frau um ein nächtliches Feuer bei einem althebräischen Stamm:
"Night. Round multicolored fires, members of the tribe are squatting; the musicians improvise. A woman, halfdressed, suggests the movements of a dance. Suddenly she stops, hesilating ... as though listening to an inner voice and then in silence she begins her real dance, at once languorous and mysterious, then somber and ardent, as though perfoming a rite ..." [24]
  • Der im mittleren bis schenellen Tempobereich angesiedelte Satz (die Tempoangaben in der Partitur wechseln oft, und reichen von 88 bis 112 bpm) beginnt mit fließenden, mäandernden Arabesken der Flöten, die dabei von den Oboen, Klarinetten und dem Englisch Horn unterstützt werden. Ab Takt 5 gehen die Flöten in eine chromatische 16-Bewegung über. Kurz darauf greifen Oboen, Klarinetten und Englisch Horn das Thema auf. Die Instrumentierung wird dann durch das Hinzutreten der Violinen, Blechbläser und Schlaginstrumente dichter. Bloch schafft bereits zu Anfang des Stückes, auch durch raffinierte Instrumentation, eine leidenschaftliche und exotische bzw. "orientalische" Stimmung. [25]
  • Ein Einwurf der Posaunen mit dem dissonanten Sekundintervall f - g in Achteltriolen ab Takt 25 markiert einen ersten Wendepunkt im Satz. Es folgen rhythmische Einwürfe, gewürzt mit schnell auf- und abwärts stürzenden Skalenausschnitten der Flöten und Klarinetten unte Einsatz der Schlaginstrumente. Die Musik erinnert hier an Werke von Carl Orff und Igor Strawinsky.
  • Wenige Takte später wird die Musik wieder ruhiger. In Takt 41 setzt dann die Oboe mit einer kantablen, aus Vierteln und Vierteltriolen gebildeten Melodie ein, zu der sich ab Takt 45 die Flöten in Quint- und Quartintervallen gesellen bevor die Flöten ab Takt 52 das Thema fortführen. Diese idyllische Stimmung wird in Folge aber immer wieder von nachdenklich, bedrohlich und archaisch wirkenden Elementen durchbrochen. Ein ab Takt 58 im Fagott auftretendes, einfaches Viertonpattern ist fast identisch mit einer Figur aus Strawinskys Le Sacre du printemps. [26] Ab Takt 68 wird das aus Takt 41 bekannte Oboenmotiv von den Streichern aufge-griffen und dann zusammen mit den Flöten mit dem Motiv aus Takt 45 ff. fortgesetzt. Bedrohlich wirkt ein ab Takt 82 im tiefen Streicher- und Bläserbereich auftretendes Motiv. Wieder dünnt der Klang aus und ab Takt 106 setzt eine orientalisch anmutende Kantilene in den Flöten und Klarinetten ein. und wird dann von anderen Instrumentenkombinationen bei zunehmender instrumentatorischer Dichte und Dynamik bis zum ff weitergeführt. Bis zum Abschluss des Satzes tauchen noch weitere, bereits vorgestellte Motive auf. Nach circa sieben Minuten Spieldauer erfolgt durch Aufgreifen des Satzanfangs quasi eine Reprise, bevor sich die Musik zu einem bedrohlich wirkenden Höhepunkt steigert und im Unisono-Schlag aller Instrumente endet.

3.2 Zweiter Satz (Rite)

Notenbeispiel 3: Thema zu Anfang des 2 Satzes der Trois poèmes juifs in den Violinen.
  • Der zweite Satz wirkt ruhiger, ausgeglichener sowie weniger klangmalerisch als der erste Satz. [27] Er ist mit seinen überwiegend diatonisch gestalteten Themenverläufen auch weniger von Chromatik geprägt als der erste Satz, und hat dadurch nicht dessen "exotisch/orientalischen" Charakter. Bloch sieht ihn als "emotionaler, aber auch etwas ernst und distanziert wie die Zeremonien eines Kultes". [28] In der weiter oben im Artikel schon erwähnten Musikbeschreibung skizziert er seine Assoziationen zum Satz, der eine priesterliche Prozession zur Anbetung Jehovas im Alten Israel darstelle. Er schreibt dazu:
    Jude bläst in Jerusalem das jüdische Kultinstrument Schofar.
"A procession of priests advances serenely to the strains of a broad melody. They arive before the altar; the priestly trumpets announce the sacrifice, at first mysteriously, then little by little more ardently, fanatically: a solemn rite is to be performed, and Jehovah is about to manifest himself in his terrible grandeur. Suddenly, with a peal of thunder, a column of fire kindles the altar. The crowd, terified, prosfiates itself, covering their faces, before the Presence, august and mysterious ... A calm returns. A very sweet and ecstatic melody mingles with the blue fumes of the sacrifice ... A profound mystery spreads over everything ... The priests resume their march ... But, after this communion with God, the human soul is purilied, ennobled. It is suffused by divine love; a great calm and sweet peace reign and the deep faith of the soul expand in a song of gratilude." [29]
  • Der im langsamen Tempo (Andante Moderato) stehende Satz beginnt auftaktig mit einem dreitaktigen, kantablen Thema in Fagott, Oboen und I. und II. Violinen (siehe Notenbeispiel 3). Das Thema verwendet Sekundfortschreitungen, Terzintervalle sowie zwei Quintsprünge. Chrakteristisch ist auch der Wechsel zwischen Achtelwerten und Achteltriolen. Dies Thema wird im weiteren Verlauf variiert und auch in Verkürzung auf einzelne Bestandteile reduziert in den unterschiedlichsten Instrumentalkombinationen verarbeitet. Das wesentliche rhythmische Element des Miteinanders von Achtelwerten und Achteltriolen ist dabei meist deutlich hörbar. Fagotte und Hörner führen das musikalische Geschehen weiter. Ab Takt 6 bringen die Violinen, und ab Takt 9 die Flöten das Thema in leicht variierter Form. Beginnend mit Takt 14 sequenzieren dann die Holzbläser das Kernmerkmal (Achtelwerte und Achteltriolen) des Themas. Vier Takte später greifen die tiefen Streicher (Celli und Kontrabässe) zusammen mit Fagott und Hörnern das Thema erneut auf.
    Notenbeispiel 4: Fanfarenmotiv von Horn, Trompete und Posaune in den Takten 28 bis 30.
  • Der Charakter des Satzes wird nun erregter und düsterer. Auffallend ist ein Fanfarenmotiv der Hörner, Trompeten und Posaunen ab Takt 25 (siehe Notenbeispiel 4), welches mit zu dem in den anderen Instrumenten weitergeführten Anfangsthema einen Kontrast bildet. Man kann dies Fanfarenmotiv - basierend auf Blochs eigener Charakterisierung des Satzes - als Nachbildung des Spiels antiker Blasinstrumente (z.B. Schofar oder Chazozerah) im Rahmen des altisraelitischen Kultes sehen. Die Musik wird nun - auch durch das Hinzutreten der Pauken ab Takt 31 sowie auf- und abstürzende 16-tel-Läufe von Streicher- und Bläsergruppe ab Takt 35 - zunehmend dramatischer. Die Entwicklung kulminiert in einem mächtigen Orchesterschlag in Takt 42. Es folgt ein langsam schreitendes Motiv in den tieferen Registern des Orchesters, bevor die Musik langsam "ausdünnt" und fast im pppp erstirbt.
  • Ab Takt 51 setzt das anfängliche Thema in den Flöten wieder ein. Die Violinen begleiten das Thema mit con sordino gespielten 16-tel-Sextolen. Später beteiligen sich auch die Violinen und die Bläsergruppe an der Motivarbeit. Ab Takt 73 erklingen dann im Hintergrund Glocken, bevor die Violinen und danach die Flöten das Thema erneut aufgreifen. Die Musik erinnert nun an Werke Richard Wagners. Ab Takt 103 erscheint kurz als Andeutung das aus Takt 25 ff. bereits bekannte Fanfarenmotiv der Hörner und Posaunen.

3.3 Dritter Satz (Cortège funèbre)

Notenbeispiel 5: Anfang des 3. Satzes der Trois poèmes juifs. [30]
  • Bloch selber sieht den Satz Cortège funèbre (dt.: Trauerzug), den er beinflusst vom Tod seines Vaters am 31. März 1913 [31] komponierte, als Darstellung des Schmerzes und der Trauer angesichts des Todes nahestehender Menschen und der Überwindung dieser Katastrophe. Beim Gedanken an die ewige Trennung bricht man seelisch zusammen, bevor eine einfache und heitere Melodie aus den Tiefen des Orchesters tröstend wirkt. Die Erinnerung an die geliebten Menschen sei nicht ausgelöscht, sondern lebe im Herzen weiter.
  • Einige Jahre später beschrieb er den Satz detaillierter: Man sehe eine eisigkalte und klagende Prozession. Die erschreckenden Posaunenklänge stellten den Tod selber dar, der sein Recht einfordere. Der Mensch versuche sich vergeblich gegen dies Schicksal zu wehren. Dann erklingt ein mystisches, tröstendes Lied, und man möchte hoffen. Aber die verzweifelte Angst behält die Oberhand. Die Todesklänge sind erneut zu hören. Dann aber erhebt sich ein unglaublich süßes Lied, das Trost und Hoffnung spendet. Es verpreche zwar ein Leben nach dem Tode, noch schließe er diese aus, versichere dem Menschen aber, dass keine seiner Anstrengungen auf dieser Welt vergeblich war. Güte, Zärtlichkeit und Lachen der Verstorbenen lebten in unser Erinnerung weiter. Dann hört man in der Ferne den Tanz des 1. Satzes und später das Thema der Prozession vom Anfang des Satzes, was zeige, dass das Leben weiter bestehen wird. [32]
  • Der im langsamen Tempo (zwischen 50 und 72 bpm) gehaltene Satz begint mit einer schreitenden Achtelbewegung von Holzbläsern, Glockenspiel, Celesta, Harfe, Violen und Celli. Durch die häufige Verwendung von leeren Quinten wird eine geheimnisvoll-fremdartige Stimmung erzeugt. Beginnend mit Takt 6 setzt ein fanfarenartiges Motiv in der Tuben und Pauken ein.
  • Durch auf- und abwärts stürzende Figuren in 16-teln und 32-teln sowie verstärkten Einsatz der Blechbläser wird die Musik dramatischer und in der Wikung härter. Eine wiederholt auftretende 16-tel Figur, abwechseln von Bläsern und Streichern vorgetragen, steigert die Erregung zusätzlich. Ab Takt 14 bringen dann die Pauken durchgehende Viertelschläge. Wenige Takte später (Takt 20 ff.) treten Trompeten, Tuben und Pauken mit einem Fanfarenmotiv im fortissimo hervor. In den Takten 28 ff. begegnet uns in den Bläsern der sogenannte "Bloch-Rhythmus", [33] den der Komponist auch in anderen Werken wie z.B. dem Schelomo ausgiebig einsetzt. Dabei handelt es sich um einen Pattern in dem auf eine 16-tel-Note eine punktierte Achtel folgt. [34]
  • Danach wird die Musik wieder ruhiger. Ab Takt 34 treten Flöten und Violinen vor dezenter Begleitung des Orchesters in einen melancholischen Dialog. Die harmonische und ungetrübte Stimmung hält aber nicht lange: Schon ab Takt 51 vermitteln die Pauken ein Bild aufkommender Bedrohung und Unruhe. Der Satz wird nun ab Takt 71 mit der bereits bekannten 16-tel Figur von Bläsern und Streichern wieder dramatischer. Bald tauchen auch wieder die schreitende Achtelbewegung vom Beginn des Satzes und das Fanfarenmotiv aus Takt 20 ff. wieder auf.

4 Rezeption

Die Trois poèmes juifs wurden am 23. März 1917 in der Boston Symphony Hall (hier auf einer Postkarte um 1901-1907) uraufgeführt.
  • Die Trois poèmes juifs wurden in den USA von Publikum und Kritikern positiv aufgenommen. Das Werk wurde im Jahr der Uraufführung auch noch in der New Yorker Carnegie Hall und in Philadelphia gespielt.
  • H. T. Parker berichtete über die Uraufführung der Komposition im Boston Evening Transcript unter folgender Headline:
"Strange and signal music of Ernest Bloch - Three Jewish Poems that evoke a composer of remarkable idiom and procedure, invention, imagination and power - Pieces of a stinging vehemence." [35]
  • Herbert Peyser bezeichnete das Konzert in der New York Times als "the most significant event of the year in New York". [36]
  • Der bekannte Musikkritiker Olin Downes schrieb über das Werk u.a.:
"This music has the warmth, the melancholy, the sensuality, the prophetic fervor of Hebraic literature. It is at moments harsh and austere, of a passionate intensity, or it has Oriental grace and languor." [37]
  • Die Kompositionen von Blochs "jewish cycle" wirkten auf viele Hörer ebenso exotisch, provokativ und revolutionär wie Igor Strawinskys Le Sacre du Printemps. [38] Bloch wurde durch die Trois poèmes juifs und andere Werke seines "jewish cycle" in den USA speziell ein gefeierter Komponist. [39] Mit den Aufführungen des "jewish cycle" hatte er seinen Ruf als Komponist gefestigt, so dass er am 11. Juli 1920 als Musikdirektor an das in Aufbau befindliche Cleveland Institute of Music berufen wurde.

5 Links und Quellen

5.1 Siehe auch

5.2 Weblinks

5.2.1 Bilder / Fotos

5.2.2 Videos auf Youtube

5.3 Literatur

  • David Michael Schiller: Bloch, Schoenberg and Bernstein - Assimilating Jewish Music, Oxford University Press, 2003
  • David Z. Kushner: The Ernest Bloch Companion, Greenwood Press, 2002
  • William Marcellus Jones: The music of Ernest Bloch, Indiana University, 1963
  • Seo Minjung: Ernest Bloch's Musical Shift from Judaic Identity to Modern Identity, LAP Lambert Academic Publishing, 2013
  • Asu Perihan Karadut: Narratives in Music - Schelmo, Hebraic Rhapsody for Cello and Orchestra, Louisiana State University, 2007

5.4 Einzelnachweise

  1. www.ernestbloch.org
  2. Joseph Lewinski und Emmanuelle Dijon: Ernest Bloch (1880-1959) - Sa vie et sa pensée, Band II, Slatkine, 2001, S. 89
  3. Walter Labhart: Der Jüdische Zyklus von Ernest Bloch; in Chris Walton und Antonio Baldassarre (Hrsg.): Musik im Exil - Die Schweiz und das Ausland 1918-1945, Verlag Peter Lang, Bern, 2005, Seite 307 und 308
  4. Suzanne Bloch und Ivan Bloch: THE STORY OF A SCULPTURE
  5. Siehe dazu auch den Pluspediaartikel Dagger-Debatte III.
  6. www.jewishquarterly.org
  7. Jewish Renaissance - Magazine of Jewish Culture, Bände VI-VII, Renaissance Publishing, 2006, S. 34
  8. David Z. Kushner: Religious Ambiguity in the Life and Works of Ernest Bloch
  9. David Michael Schiller: Bloch, Schoenberg and Bernstein - Assimilating Jewish Music, Oxford University Press, 2003, S. 13 und 16
  10. David Michael Schiller: Bloch, Schoenberg and Bernstein - Assimilating Jewish Music, Oxford University Press, 2003, S. 17 ff.
  11. Anm.: Siehe dazu besonders Richard Wagners Schrift Das Judenthum in der Musik aus dem Jahr 1869, in der er u.a. schreibt: "Ungleich wichtiger, ja entscheidend wichtig ist jedoch die Beachtung der Wirkung auf uns, welche der Jude durch seine Sprache hervorbringt; und namentlich ist dies der wesentliche Anhaltspunkt für die Ergründung des jüdischen Einflusses auf die Musik. – Der Jude spricht die Sprache der Nation, unter welcher er von Geschlecht zu Geschlecht lebt, aber er spricht sie immer als Ausländer. (...) Unsre ganze europäische Civilisation und Kunst ist aber für den Juden eine fremde Sprache geblieben; denn, wie an der Ausbildung dieser, hat er auch an der Entwickelung jener nicht theilgenommen, sondern kalt, ja feindselig hat der Unglückliche, Heimathlose ihr höchstens nur zugesehen. In dieser Sprache, dieser Kunst kann der Jude nur nachsprechen, nachkünsteln, nicht wirklich redend dichten oder Kunstwerke schaffen. (...) Würde der Jude bei seinem Hinhorchen auf unser naives, wie bewußt gestaltendes musikalisches Kunstwesen, das Herz und den Lebensnerven desselben zu ergründen sich bemühen, so müßte er aber inne werden, daß seiner musikalischen Natur hier in Wahrheit nicht das Mindeste ähnelt, und das gänzlich Fremdartige dieser Erscheinung müßte ihn dermaßen zurückschrecken, daß er unmöglich den Muth zur Mitwirkung bei unsrem Kunstschaffen sich erhalten könnte." (Richard Wagner: Das Judenthum in der Musik, Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber, 1869; auf de.wikisource.org.)
  12. Irene Heskes: Passport to Jewish Music - Its History, Traditions and Culture, Greenwood Publishing Group, 1994, S. 285
  13. zitiert nach David Michael Schiller: Bloch, Schoenberg and Bernstein - Assimilating Jewish Music, Oxford University Press, 2003, S. 26
  14. Zitiert nach Irene Heskes: Passport to Jewish Music - Its History, Traditions, and Culture, Greenwood Publishing Group, 1994, S. 285
  15. zitiert nach www.milkenarchive.org
  16. Mark Kligman: Reestabling a "Jewish Spirit" in American Synagogue Music - The Music of A. W. Binder; in Barbara Kirshenblatt-Gimblett und Jonathan Karp (Hrsg.): The Art of Being Jewish in Modern Times, University of Pensylvania Press, 2009, S. 278
  17. Abraham Zevi Idelsohn: Jewish Music - Its Historical Development, Henry Holt and Company, New York, 1929, S. 473
  18. Das neue Musiklexikon, (bearbeitet von Alfred Einstein), Verlag Max Hesse, Berlin, 1926, S. 58
  19. Anm.: Harfe und Streicher, die in diesen vier Takten nur wenige, eher unwesentliche Töne bringen, wurden in diesem Notenbeispiel weggelassen.
  20. Partitur des Werkes auf IMSLP, S. 2
  21. Teil II von Bayerische Staatsbibliothek: Katalog der Musikdrucke, Walter de Gruyter, 1989, S. 697
  22. www.musicsalesclassical.com
  23. Per F. Broman im Booklet der CD Ernest Bloch - Trois poèmes juifs / Symphony in e flat major / evocations des Malmö Symphony Orchestra, 2002
  24. Per F. Broman im Booklet der CD Ernest Bloch - Trois poèmes juifs / Symphony in e flat major / evocations des Malmö Symphony Orchestra, 2002
  25. Joseph Reider: A Revival of Jewish Music (1919); in Jonathan L. Friedmann (Hrsg.): Music in Jewish Thought - Selected Writings / 1890-1920, McFarland & Company, 2009, S. 174
  26. Anm.: Bei Strawinsky zuerst in Takt 69 und 70 in 16-teln im Streicherpizzicato, dann in den Takten 78 bis 80 in 32-teln in den Violinen und in den Takten 89-92 und 100 ff. - in Kontrast zu der brutal-monotonen Achtelbewegung des Orchesters - in Achteln im Englisch Horn
  27. Joseph Reider: A Revival of Jewish Music (1919); in Jonathan L. Friedmann (Hrsg.): Music in Jewish Thought - Selected Writings / 1890-1920, McFarland & Company, 2009, S. 174
  28. Per F. Broman im Booklet der CD Ernest Bloch - Trois poèmes juifs / Symphony in e flat major / evocations des Malmö Symphony Orchestra, 2002
  29. Per F. Broman im Booklet der CD Ernest Bloch - Trois poèmes juifs / Symphony in e flat major / evocations des Malmö Symphony Orchestra, 2002
  30. Anm.: In diesem Notenbeispiel fehlen Glockenspiel, Celesta, Harfe, Violen, Trompete und Posaune. Das Glockenspiel spielt analog zu den Flöten in leeren Quinten. Celesta und Harfe folgen den Linien der Klarinetten. Die Violen folgen der Piccoloflöte. Trompete und Posaune bringen wenige, gedämpfte und langgehaltene Töne.
  31. Gustav Mahler and Ernest Bloch – two Jewish musicians; auf www.ernestblochsociety.org
  32. Aus dem Englischen übersetzt und zusammengefasst aus: Per F. Broman im Booklet der CD Ernest Bloch - Trois poèmes juifs / Symphony in e flat major / evocations des Malmö Symphony Orchestra, 2002
  33. Anm.: Den "Bloch-Rhythmus" gab es bereits vor dessen Zeit. Er taucht u.a. in schottischer Fiddle-Musik des 18. Jahrhunderts auf und ist typisch für den schottischen Strathspey. Die rhythmische Abfolge ist "kurz - lang", z. B. in der Form Sechzehntel- mit folgender punktierter Achtelnote. In der Musikwissenschaft nennt man das auch Lombardischer Rhythmus.
  34. Asu Perihan Karadut: Narratives in Music - Schelmo, Hebraic Rhapsody for Cello and Orchestra, Louisiana State University, 2007, S. 14, 19 und 27
  35. zitiert nach: Klara Moricz: Jewish Identities - Nationalism, Racism, and Utopianism in Twentieth-Century Music, University of California Press, 2008, S. 160
  36. zitiert nach: Walter Simmons: Voices in the Wilderness - Six American Neo-Romantic Composers, Scarecrow Press, 2006, S. 29
  37. Klara Moricz: The Confines of Judaism and the Illusiveness of Universality in Ernest Bloch's Avodath Hakodesh (Sacred Service)
  38. Walter Simmons: Voices in the Wilderness - Six American Neo-Romantic Composers, Scarecrow Press, 2006, S. 29 und 30
  39. Walter Simmons: Voices in the Wilderness - Six American Neo-Romantic Composers, Scarecrow Press, 2006, S. 29

6 Hinweis zur Verwendung

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7 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Trois poèmes juifs (Komposition von Ernest Bloch)) vermutlich nicht.




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