Adolf Hitler in anthroposophischer Deutung

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Die Beziehung zwischen Adolf Hitler und der Anthroposophie ist bis heute nur teilweise wissenschaftlich untersucht. Gleichwohl ist bekannt, dass sich Adolf Hitler mit der Anthroposophie beschäftigt hat. Kritik und mögliche Zusammenhänge bzw. eine geistige Nähe gibt es beim Rassismus.[1]

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1 Rassismus

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vor allem Äußerungen zur Rassenfrage und zum Judentum kritisiert.[2] In Rudolf Steiners Büchern finden sich an vielen Stellen Aussagen über Menschenrassen. Dabei handelt es sich einerseits um anthropologische Untergliederungen der heutigen Menschheit in drei, vier oder fünf Rassen und andererseits um die theosophische Lehre von den „Wurzelrassen“, welche aufeinanderfolgende Stadien der Entwicklung der ganzen Menschheit darstellen sollen. Bei den anthropologischen Untergliederungen der Menschheit griff Steiner rassentheoretische Ansätze von Carl von Linné, Immanuel Kant, Johann Friedrich Blumenbach, Carl Gustav Carus und Ernst Haeckel auf.[3] Die Wurzelrassen-Lehre übernahm er vor allem von dem Theosophen William Scott-Elliot,[4] wobei er die Bezeichnung „Wurzelrasse“ aber bald aufgab und durch „Epoche“, „Hauptzeitraum“ oder „Zeitalter“ ersetzte.

Jan Badewien, Beauftragter der Evangelischen Landeskirche in Baden für weltanschauliche Fragen, sieht einen strukturellen Antijudaismus und Rassismus in Steiners Werk: „Steiner verwendet antijüdische Stereotype, wie sie aus anderer antijüdischer Polemik bekannt sind, begründet sie aber anthroposophisch. […] Steiners Antijudaismus ist strukturell bedingt – wie auch sein Rassismus. Es geht nicht um physische Vernichtung, aber um Elimination der kulturellen und religiösen Identität. Solche Lehren gab es aus unterschiedlichen Richtungen zu seiner Zeit – sie haben den Antisemitismus in Nazi-Deutschland ideologisch mit vorbereitet.“[5] Der Historiker Clemens Escher sieht in Steiners Äußerungen bis 1918 einen für den Wilhelminismus typischen Hang zur Abgrenzung von Deutschlands angeblichen „Reichs- und Erbfeinden“, zu denen für Steiner neben Franzosen, Jesuiten und Sozialisten eben auch Schwarzafrikaner und Juden gezählt hätten.[6]

2 Interpretation Hitlers durch die Anthroposophie

Nach Ansicht einiger Vertreter der Anthroposophie trat 1933 Hitler auf den Plan der Weltpolitik, weil ein Dämon von ihm Besitz ergriffen habe. Diese anthroposophische Deutung Hitlers und des Nationalsozialismus wird von der Wissenschaft nicht ernst genommen. Der Vorwurf des Rassismus und der ideolgischen Nähe zu Hitler wird mit teilweise abenteuerlichen Behauptungen zurückgewiesen. So sei 1922 „aus völkischen Kreisen in München ein Attentatsversuch auf Steiner unternommen“ worden.[7]

Hitler war ein ehemaliger Gefreiter aus dem Ersten Weltkrieg, dem man seinerzeit mangelnde Führungseigenschaften attestiert hatte. Seine anschließende Wandlung vom Gefreiten zum volksverhetzenden, antisemitischen, das deutsche Volk zum Rassenhass aufstachelnden Führer ist nach anthroposophischer Auffassung nur durch dämonische Besetzung zu erklären. Hitler wurde demzufolge ein so genanntes Sorat-Medium. Er wird von einigen Anthroposophen als ein dämonisch besessener Mensch angesehen. Sie sprechen vom Auftauchen des „Tiers aus dem Abgrund“, welches Rudolf Steiner im Priester-Apokalypse-Kurs (GA 346, Vortrag vom 20.09.1924) bereits 1924 für 1933 angekündigt hatte.

Johannes Tautz (Der Eingriff des Widersachers, 1977, S. 14) spricht von dem Reichstagsbrand „als der Ouvertüre zu den zwölf Jahren. Sie enthält in zeichenhafter Einzelerscheinung das Motiv der Feuersbrunst, das im letzten Akt des Dramas den ganzen Horizont des Schauplatzes beherrschen wird. (...) Ein Ventil ist gezogen, und eine ganze Welt lauernder Untergangsgeister bricht herein, bemächtigt sich der getrübten Bewußtseine und wirkt vernichtend in unkontrollierten Triebhandlungen und halb-schizophrenen Zwangstaten.“

Das getrübte Bewusstsein bei gleichzeitiger Heilseuphorie ist nach anthroposophischer Ansicht bezeichnend für den Einbruch dämonischer Kräfte zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Das deutsche Volk habe ein schwaches Immunsystem gegen solche Verführungen, behaupteten Rudolf Steiner und andere im Rahmen einer Volksseelenkunde, und sei wie geschaffen für den Einbruch des „Tiers aus dem Abgrund“, welches Hitler dämonisch besetzt halte. Nach der Machtergreifung ermögliche es, dass Deutschland, das Land der Dichter und Denker, kulturell, politisch und kriminell in den Abgrund driftete. Dem Holocaust machten erst die Alliierten ein Ende. Denn eigene Versuche aus dem deutschen Volk, Hitler unschädlich zu machen, scheiterten auf „rätselhafte“ Weise.

Gerade in der Zeit von 1930 bis 1940 sollte sich nach Rudolf Steiner die Möglichkeit ergeben, den „ätherischen Christus“ zu schauen. Der „ätherische Christus“ ist nach anthroposophischer Meinung der Terminus zur Umschreibung der Wiederkunft Christi: „Die ersten Anzeichen von diesen neuen Seelenfähigkeiten, die werden sich in vereinzelten Seelen schon verhältnismäßig bald bemerkbar machen. Und sie werden sich deutlicher zeigen in der Mitte der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts, ungefähr in der Zeit zwischen 1930 und 1940.“ Die Jahre 1933, 1935 und 1937 sollten laut Steiner besonders wichtig sein. Es würden sich am Menschen ganz besondere Fähigkeiten als natürliche Anlagen zeigen (GA 118, S. 25). Aus anthroposophischer Sicht ist damit ein übersinnliches Schauen des anthroposophisch konnotierten Christus als Menschensohn gemeint, nach dem Bibelzitat: „Dann wird der Menschensohn den schauenden Seelen erscheinen in den Wolken des Ätherreiches, umkraftet von den bewegenden Weltenmächten, umleuchtet von den Geistern der Offenbarung“ (Lk 21,27 EU in der Übersetzung von Emil Bock).

Der anti-christliche Impuls des Sonnendämons Sorat sollte danach Hitler inspirieren, dieses Schauen durch die bekannten historischen Ereignisse unmöglich zu machen. Dies sei, behaupten die Anthroposophen, der Impuls des Antichristen, der das Schauen des ätherischen Christus verhindern wolle.

Eine andere anthroposophische Anschauung, insbesondere repräsentiert durch den Autor Christoph Lindenberg, ist der Auffassung, Nationalsozialismus und Okkultismus hätten nichts miteinander zu tun, der Nationalsozialismus sei vielmehr allein aus der wirtschaftlichen und politischen Misere ("politisches Vakuum") jener Zeit erklärbar.

3 Siehe auch


4 Weblinks

5 Literatur

Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen: Beiträge zu Anthroposophie, Dreigliederung und Esoterik, Taschenbuch, Dezember 2010

Affirmativ
  • Pietro Archiati: Die Weltreligionen, 1997, S. 161-164;
  • Wolfgang Garvelmann: Ich bin bei euch. Christuserfahrung heute. Dornach/Schweiz 1994;
  • Albrecht Haushofer: Moabiter Sonette, dtv, 1976, S. 46;
  • Karl Heyer: Wesen und Wollen des Nationalsozialismus, 1991;
  • Michael Kalisch: Das Böse. Polarität und Steigerung, 1998;
  • Robert A. Powell: Das größte Geheimnis unseres Zeitalters". Gedanken zur Wiederkunft des Christus, Stuttgart 1999;
  • Dieter Schäfer: Der Christus-Diener und das Sorat-Medium. In: NOVALIS 12/1 1999/2000, S. 70-75;
  • Hans-Werner Schroeder: Von der Wiederkunft Christi heute. Verheißung und Erfüllung Stuttgart 1991;
  • Sie erlebten Christus. Berichte aus einer Untersuchung des Religionssoziologischen Instituts Stockholm durch G. Hillerdal und B. Gustafsson, Basel 1980.
  • Rudolf Steiner: Apokalypse und Priesterwirken (GA 346);
  • Rudolf Steiner: Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt (GA 118);
  • Rudolf Steiner über den Nationalismus. Geisteswissenschaftliche Hinweise, zusammengestellt und kommentiert von Karl Heyer, 1993;
  • Johannes Tautz: Der Eingriff des Widersachers, 1977;
  • Valentin Tomberg: Die vier Christusopfer und das Wiedererscheinen des Christus im Ätherischen, Schönach/Bodensee 1994;
  • Die Zeit der Wiederkunft. Christus begegnen. Kiel 1988;
Gegenpositionen
  • Jan Badewien: Die Christengemeinschaft, in: Gasper/Müller/Valentin: Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen, Freiburg - Basel - Wien 1995, S. 146-149;
  • Christoph Lindenberg: Die Technik des Bösen. Zur Geschichte und Vorgeschichte des Nationalsozialismus, 1979;
  • Georg Scherer: Anthroposophie, in: Gasper/Müller/Valentin: Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen, Freiburg - Basel - Wien 1995, S. 52-59.

6 Andere Lexika

  • Dieser Artikel wurde in der Wikipedia gelöscht.



Erster Autor: Anima angelegt am 16.12.2009 um 01:26, weitere Autoren: Michael Heinen-Anders, WWSS1, Renekaemmerer, Discordiamus, Adornix, Logograph

7 Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophie#Vorwurf_des_Rassismus
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Steiner#Rassismusvorw%C3%BCrfe
  3. Jana Husmann-Kastein: Schwarz-Weiß-Konstruktionen im Rassebild Rudolf Steiners. In: Berliner Dialog. Band 29, 2006, S. 22–29; auch in einer kürzeren Fassung als Vortragsmanuskript der Tagung Anthroposophie – kritische Reflexionen. Humboldt-Universität zu Berlin, 21. Juli 2006 als (PDF) (Archivversion vom 29. November 2007)
  4. Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 629 f.
  5. Jan Badewien: Thesenpapier zur Veranstaltung: Antijudaismus bei Rudolf Steiner?, Universität Paderborn, 23. Januar 2002.
  6. Clemens Escher: Steiner, Rudolf. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 2: Personen. de Gruyter Saur, Berlin 2009, ISBN 978-3-598-44159-2, S. 796. (abgerufen über De Gruyter Online).
  7. http://www.perseus.ch/wp-content/uploads/2012/02/rassismus-kampagne-gegen-steiner.pdf

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