Prinzipien von Studentenverbindungen
Bei den Prinzipien von Studentenverbindungen ist außer den wesentlichen Merkmalen vor allem die Tradition zu berücksichtigen. Die drei wesentlichen Merkmale einer Studentenverbindung sind das Lebensbundprinzip, das Conventsprinzip (Verbindung) und das akademische Prinzip. Die Mitglieder stehen auf dem Niveau des Abiturs (Matura) im Gegensatz zu Fachschulen und anderen Schulen, und sind Studenten an einer Hochschule.
Studentenverbindungen, vor allem solche aus der Burschenschafts- und der christlichen Tradition, geben sich aber oft bestimmte zusätzliche Prinzipien. Es handelt sich in der Regel um tradierte Grundsätze, die oft mündlich überliefert und meist in eine Satzung aufgenommen werden. Aus ihnen sind einzelne Regeln des Verbindungslebens abgeleitet, die die obersten Grundsätze mit konkretem Inhalt füllen.
Diese treten meist als „Dreiklang“ von einander zugeordneten Idealen auf, zum Beispiel: Ehre, Freiheit, Vaterland bei der Deutschen Burschenschaft (DB), Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland beim Coburger Convent (CC), Gott, Freiheit, Vaterland beim Schwarzburgbund (SB) oder Religion, Freundschaft, Wissenschaft beim Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV). Der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) hat die vier Prinzipien religio, scientia, amicitia, patria.
Das Bekenntnis zu bestimmten Grundsätzen will diese besonders betonen, ohne damit andere Grundsätze auszuschließen. Die Reihenfolge beinhaltet eine Gewichtung, so dass das erstgenannte Prinzip meist das Hauptanliegen ausdrückt, das das Verständnis der übrigen Grundsätze bestimmt. Wie die Prinzipien genau interpretiert werden, und inwieweit eine Verbindung sie wirklich lebt und ernst nimmt, kann von Verbindung zu Verbindung unterschiedlich sein.
Inhaltsverzeichnis
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1 Häufig vorkommende Prinzipien
1.1 Gott und Religion
Dieses Prinzip bedeutet in der europäischen korporierten Tradition oftmals das Bekenntnis zum Christentum oder zu einer bestimmten Konfession bzw. Religion, etwa der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche. Studentenverbindungen anderer Religionen wie Judentum und Islam haben andere Bezeichnungen dafür. In religiös ausgerichteten Verbindungen werden Angehörige anderer Religionen nur in Ausnahmefällen aufgenommen.
Bei einigen konfessionellen Korporationen mit theologischer Geschichte (wie z. B. dem Unitas-Verband) wird das Prinzip Religion nicht extra erwähnt, da es implizit ist bei einem Verband, der früher nur aus katholischen Priesteramtskandidaten bestand.
In weniger starker Ausprägung kann mit dem Prinzip auch die Akzeptanz der christlichen Ethik als Grundlage der westlichen Werteordnung gemeint sein (z.B. im Schwarzburgbund).
Das Ausfüllen dieses Prinzips kann sich als gemeinsamer Besuch von Gottesdiensten, Ausrichtung wissenschaftlicher Vortragsabende zu diesem Themenkreis oder dem Besuch von Fortbildungs-Veranstaltungen äußern, etwa von kirchlichen Trägern wie der Karl Rahner Akademie, der Katholischen Akademie Bayern, der Evangelischen Akademie Tutzing, dem Stift Loccum oder anderen. Die Mitgliedschaft in einer Kirche (Organisation) ist jedoch oft keine Voraussetzung.
1.2 Freiheit
Dieses Prinzip gehört zu den häufigsten, das auch ansonsten verschiedene Verbindungsarten und -traditionen eint. Es meint in der Regel ein Bekenntnis zur Freiheit des Einzelnen, Toleranz und Pluralismus. Es stützt sich historisch auf die Ideale der französischen Revolution, die im deutschen Vormärz als nationale Befreiung und Einigung interpretiert wurden.
Ebenso gehört jener Teil der Freiheit dazu, den der Theologe Karl Rahner wie folgt beschrieb (Grundkurs des Glaubens 6, 1991, S. 49) : „Dort, wo Freiheit wirklich begriffen wird, ist sie nicht das Vermögen, dieses oder jenes tun zu können, sondern das Vermögen, über sich selbst zu entscheiden und sich selbst zu tun.“ Freiheit als Fähigkeit zur Selbstbestimmung ist immer mit der Verantwortung verknüpft, diese Freiheit nicht zu missbrauchen.
1.3 Vaterland
Das Vaterlands-Prinzip (lateinisch patria) ist sehr häufig in Studentenverbindungen und wird von verschiedenen Verbindungsarten geführt, darunter fast allen Burschenschaften, den Verbindungen des Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) und den meisten der im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV) zusammengefassten Vereine. In Österreich ist der Vaterlandsbegriff der katholischen Verbindungen (Österreichischer Cartellverband, Mittelschüler-Kartell-Verband) auf den Staat bezogen; Burschenschaften interpretieren ihn eher als Bekenntnis zum deutschen Volks- und Kulturraum.
Der Begriff Vaterland bekam durch die Befreiungskriege eine besondere Bedeutung, da sich viele Studenten und auch die Gründer der Urburschenschaft aktiv in den Freicorps gegen die französischen Armeen Napoleons beteiligten. In der Urburschenschaft manifestierte sich damals der Gedanke, aus den vielen feudalen Kleinstaaten ein einheitliches Deutschland zu errichten. Ein antifranzösischer Reflex einigte viele Gruppen nach innen. Dessen ungeachtet bekämpfte das politische Establishment, allen voran Fürst Metternich, vehement diese Keime nationalstaatlichen Denkens, weil viele Fürsten Einbuße von Macht und Einfluss fürchteten und das Feudalsystem seit 1789 bedroht schien. Der Protest der Burschenschaften im Vormärz führte daher zum Teil zu ihrem Verbot. Allerdings wurde von den Verbindungen im 19. Jh. die Forderung nach einem einheitlichen Deutschland nicht zwingend mit aufklärerischen Ideen und demokratischen Wandel verbunden. Laut Selbstdarstellung haben Verbindungen erkannt, dass aufgrund der deutschen Geschichte im Zwanzigsten Jahrhundert, in der die Überbetonung von Volk und Vaterland wichtiger Faktor für das Aufkommen des Nationalsozialismus und letztendlich des Holocaust wurde. Daher haben nach 1945 viele - jedoch nicht alle - Verbindungen das Prinzip zum Verfassungspatriotismus umfunktioniert. Das zeigt sich etwa in der Integration des Fachs Staatsbürgerkunde in die „Fuxenstunden“ für neue Mitglieder, später auch in der Teilnahme und Durchführung von Fortbildungen zu Themen wie EU oder Vereinte Nationen, eventuell Aufrufe zu Wahlen, Unterstützung von Diensten an der Gesellschaft: z. B. Wehrdienst, Zivildienst, Freiwilliges Soziales Jahr, ehrenamtliches Engagement beim Katastrophenschutz und anderen. Kritiker widersprechen diesen Behauptungen und führten verschiedentlich Beispiele aus Publikationen und Internetauftritten vor.
Einige Verbindungen fassen das „Patria“-Prinzip jedoch nicht als ein Bekenntnis zum aktuellen, sondern zu einem vergangenen politischen System auf: z. B. der Akademische Bund Katholisch-Österreichischer Landsmannschaften (KÖL). Dieser Verband sieht als „Vaterland“ eine konstitutionelle Monarchie mit dem Haus Habsburg als Dynastie und glaubt, dieses System könne Österreich in Zukunft besser dienen als die jetzige parlamentarische Demokratie. Die dort zusammengeschlossenen Korporationen bekämpfen die gegenwärtige Republikform Österreichs jedoch nicht aktiv.
Solche Ausformulierungen des Patria-Prinzips sind heute Ausnahmen. Die Regel ist jedoch, dass die Verbindungen sich die Auslegung ihrer Prinzipien aufgrund ihres Autonomie-Anspruchs selbst vorbehalten und die Prinzipien der Verfassung (Verfassungspatriotismus) anerkennen. In jüngster Vergangenheit gegründete Verbindungen haben den Vaterlandsbegriff oft erweitert in ein Bekenntnis zum geeinten Europa.
1.4 Ehre
Dieses Prinzip gehört zu den schillerndsten Begriffen unter den Verbindungsgrundsätzen. Als generelle Leitlinie kann gelten: Unter „Ehre“ ist die Menschenwürde jedes Mitglieds zu verstehen. Es geht dabei um eine grundlegende Achtung der Persönlichkeit des Einzelnen.
Da diese in einer Verbindung besondere Beziehungen zueinander eingehen, überträgt sich die Ehre meist auf die Korporation oder gar ihren Verband insgesamt.
Die jeweilige Ausformung des Ehrbegriffs kann nur den Einzelregeln jeder Verbindung, z. B. ihren Satzungen und Comments, und ihrer konkreten Praxis entnommen werden. Die Neue Deutsche Burschenschaft etwa versteht darunter das „aufrichtige Bemühen, dem Anspruch der menschlichen Verantwortung gerecht zu werden.“ Dazu ordnet sie das „Ansehen“ diesem Ehrverständnis unter und betont eine „Sittlichkeit“ in dem Sinne, dass „Denken, Reden, Handeln und Auftreten“ ihrer Mitglieder „jederzeit mit dem Gebot der Ehre und Selbstachtung in Einklang“ stehen sollen. Hierzu stellt sie fest: „Unveräußerliches und unantastbares Fundament von Ehre und Sittlichkeit ist die Würde des Menschen.“
Oft wird die Ehre in Form bestimmter tradierter Rituale und Forderungen „verteidigt“. Handelt es sich um schlagende Verbindungen, dann gehört das Austragen von Zweikämpfen - meist im Fechten dazu.
Die Ehre heute erscheint als Aufruf zu lauterem und tugendhaften Handeln fast schon wie eine säkularisierte Version des Christentums. Dies war nicht immer so. Im 19. Jahrhundert ging es um die einzelne Standes- und Korporationsehre und das Anstreben von Satisfaktion. Deswegen findet sich in vielen christlichen Verbänden eine strikte Verwerfung einer studentischen Standesehre (beispielsweise im Schwarzburgbund).
1.5 Wissenschaft
Das Wissenschaftsprinzip (auch „Studienprinzip“ oder akademisches Prinzip) verpflichtet zunächst zu einem gewissenhaften Studium an einer Hochschule oder Universität, aber auch zu verantwortlichem Umgang mit dem Erlernten in Forschung und Lehre. In der Tradition zeigt sich das auch durch die Verwendung lateinischer Begriffe. Hierzu können spezielle Fragen zur Ethik der Wissenschaft besonders thematisiert werden (Atomwaffen, Stammzellenforschung, Klon-Problematik).
1.6 Freundschaft
Dieses Prinzip betont die Lebensfreude und den Lebensbund aller Studentenverbindungen besonders. Hiermit sollen auch Menschen verschiedener Ansichten und Interessen im Bund durch gegenseitigen Respekt und Achtung zu einem harmonischen Ganzen zusammengeschweißt werden.
Es wird oft der lateinische Begriff Amicitia verwendet, und es ist das Prinzip, das alle Korporationen auszeichnet, egal ob es in den Satzungen erwähnt wird oder nicht.
Kritiker widersprechen dieser Darstellung insofern, als es sich weniger um Freundschaften als vielmehr ein Prinzip der Bevorzugung zum Beispiel bei Stellenbesetzungen handelt. Des Weiteren wird kritisch angemerkt, dass dadurch von einigen Studentenverbindungen die Frauen systematisch außen vorgehalten werden, was eine Diskriminierung darstelle.
2 Prinzipien der Corps
2.1 Studienprinzip
In der strengen Form bedeutet dieses Prinzip, dass nur derjenige in der Verbindung bleiben kann, der einen akademischen Abschluss erlangt. In der gemäßigten Form bedeutet es, die Inpflichtnahme des Studenten, sein Studium nicht über Gebühr zu verzögern und konsequent einen Abschluss und eine gesicherte Lebensstellung anzustreben.
2.2 Ehrhaftigkeitsprinzip
Das Prinzip der Ehrenhaftigkeit hebt sich von einem altertümlichen Ehrbegriff ab. Es fordert ein ehrbares Verhalten, was in direktester Form bedeutet, nicht straffällig zu werden. Aber auch vermeintliche Kavaliersdelikte, wie z. B. Alkohol am Steuer können aufgrund dieses Prinzips intern als uncorpstudentisch geahndet werden. In früherem Sinne bedeutete die Ehrenhaftigkeit auch unbedingte Bereitschaft, Satisfaktion zu geben.
2.3 Demokratieprinzip
In ihrer Selbstdarstellung haben alle Verbindungen das Demokratieprinzip aus den studentischen Orden übernommen. Es zähle sowohl für die innere Gemeinschaft als auch für die Gesellschaft. Kritiker bewerten diesen Punkt differenzierter. So sei bei manchen Verbindungen die innere demokratische Struktur schwer so zu bezeichnen. Außerdem lassen Publikationen mancher Verbindungen darauf schließen, dass diese der Ansicht sind in einer Gesellschaft sollte nur eine elitäre Schicht die eigentliche Entscheidungsgewalt haben.
2.4 Toleranzprinzip
Das Toleranzprinzip bedeutet, dass jeder männliche Student aktiv werden kann, gleichgültig welcher sozialen Herkunft, Religion, Nationalität, Hautfarbe, ... er ist. Dieses Toleranzprinzip unterscheidet die Corps von vielen anderen Verbindungen.
2.5 Gesellschaftsprinzip
Das Gesellschaftsprinzip verpflichtet die Corpsstudenten, sich in Gesellschaft adäquat zu verhalten, Umgangsformen zu beherrschen. Die durchgeführten Veranstaltungen sollen sich auf einem angemessenen Niveau bewegen und auch den übrigen Studenten etwas bieten.
2.6 Lebensbundprinzip
Das Lebensbundprinzip steht für die auf Lebenszeit geschlossene Freundschaft der Mitglieder. Eine noch strengere Form des Lebensbundes üben die Lebenscorps, deren Mitglieder es nicht gestattet ist, ein zweites Band aufzunehmen.
2.7 Fechtprinzip
Das Fechtprinzip legt fest, dass ein neues Mitglied am Paukunterricht teilgenommen und zur Bewährung gefochten haben muss. Die Mensur soll den Charakter festigen und die Aufnahme bloßer Nutznießer ausschließen.
2.8 Verschwiegenheitsprinzip
Zum Verschwiegenheitsprinzip gehört, dass bestimmte Conventsangelegenheiten und Beschlüsse nicht öffentlich verbreitet werden dürfen, auch nicht gegenüber anderen Corpsstudenten geäußert werden sollen. Auch dient das Verschwiegenheitsprinzip dazu, Alten Herren, die im öffentlichen Leben bekannt sind, auf dem Corpshaus eine Rückzugsmöglichkeit zu geben, einen Ort an dem man unverkrampft an Feierlichkeiten teilnehmen kann. Gäste sind jedoch jederzeit willkommen, mit Ausnahme des Paukunterrichts und der Convente.
3 Weniger häufig vorkommende Prinzipien
3.1 Monarchie (Österreich)
(lateinisch monarchia)
Das „Monarchia-Prinzip“ ist zusätzlich zum „Patria-Prinzip“ zu sehen und nur vorhanden im Akademischen Bund Katholisch-Österreichischer Landsmannschaften sowie bei einigen anderen Verbindungen außerhalb dieses Bundes. Es bedeutet eine besondere Verbundenheit mit dem Haus Habsburg im Bezug zu Österreich.
3.2 Waidgerechtigkeit
Das Prinzip der Waidgerechtigkeit wird vornehmlich von Jagdcorps und anderen studentischen Jagdverbindungen geführt.[1] Waidgerechtigkeit nennt man einen gewissen Kanon an Normen und Regeln, die für jeden verantwortlichen Jäger gelten sollten. Die Jagdverbindungen in Deutschland und Österreich sind in zwei Dachverbänden organisiert. Die meisten gehören dem Wernigeroder Jagdkorporationen-Senioren-Convent (WJSC) an, weitere dem Kongreß Akademischer Jagdcorporationen (KAJC).
4 Wahlsprüche
Die grundlegenden Verbindungsprinzipien sind nicht mit Wahlsprüchen zu verwechseln, wie sie auch die Corps und andere, außerhalb der Burschenschaftstradition stehende Verbindungen haben. Solche Wahlsprüche sind häufig Literaturzitate. Beliebt sind Schiller - Ewigkeit geschwornen Eyden oder Horaz - Fortiter adversis opponite pectora rebus (Haltet dem Unglück tapfer die Brust entgegen).
Weitere Beispiele wären die bei mehreren Verbindungen üblichen amico pectus, hosti frontem und gladius ulter noster und In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas (CV, ÖCV und UV) oder DI` HENOS PANTA (Durch den Einen - Jesus Christus - Alles) (Wingolfsbund).
5 Einzelnachweise
6 Weblinks
7 Andere Lexika
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