Jesus in Indien
Unter dem Stichwort Jesus in Indien werden Hypothesen zusammen gefasst, wonach Jesus von Nazareth nicht den Kreuzestod gefunden habe, sondern nach Indien gegangen oder zuvor in Indien gewesen sei.
Diese These stellten zuerst Reiseschriftsteller des 19. Jahrhunderts wie der Franzose Louis Jacolliot und der Russe Nikolaj Notowitsch auf. Ihnen folgte dann Mirza Ghulam Ahmad, Gründer der islamischen Ahmadiyya, der sich selbst mit dem wiedergeborenen Mahdi (Messias) identifizierte. Im 20. Jahrhundert hielten Autoren wie Mathilde Ludendorff, Kurt Berna, Siegfried Obermeier, Erich von Däniken, Elmar R. Gruber und Holger Kersten an der These fest.
Inhaltsverzeichnis
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1 Geschichte der These
Die These eines Indien- bzw. Tibet-Aufenthalts Jesu vor oder nach seiner Kreuzigung fußt auf populären Reiseberichten des 19. Jahrhunderts und wird seitdem regelmäßig erneuert. Für esoterische Kreise bietet die These Attraktvität, weil sie einen Synkretismus repräsentiert, der religiöse Motive aus dem Gnostizismus vom Scheintod des Erlösers mit Elementen des Hinduismus, Buddhismus und Islam zu verbinden versucht. Bis 2006 erschienen dazu weltweit 18 Bücher und sechs Filmdokumentationen sowie einige Zeitungsartikel, darunter:[1]
1869 veröffentlichte der Franzose Louis Jacolliot (1837-1890) sein La Bible dans l'Inde, ou la Vie de Iezeus Christna. Dieser französische Bezirksrichter gab sich nach seiner Rückkehr aus Indien als Indologe aus und wollte originale Jesuszitate, -schriften und Wunderberichte in alten religiösen Schriften Indiens entdeckt haben, die Jesu Aufenthalt dort beweisen sollten. 1894 erschien in Paris ein Bericht des russischen Journalisten Nikolaj Notowitsch über seine Tibetreise: "La vie inconnue de Jésus-Christ", deutsch "Die Lücke im Leben Jesu". Der Autor behauptete, man habe ihm im Kloster von Hemis in Ladakh (Distrikt im Nordosten von Kashmir im Himalaya) uralte Schriften gezeigt, in denen Jesu Ankunft und Aufenthalt in Tibet zwischen seinem 12. und 30. Lebensjahr erwähnt sei. Dies widerlegten der Indologe Friedrich Max Müller und der englische Historiker John Archibald Douglas 1894 und 1895: Notowitsch war weder in Hemis noch anderen Klöstern der Region gewesen, und die Buddhisten dort – die gar keine gebundenen Bücher besaßen – hatten erst durch die Begegnung mit europäischen Missionaren von Jesus gehört. Gleichwohl wurden alle drei Versionen später immer wieder zitiert. So berief sich Mathilde Ludendorff ab 1930 auf Jacolliot. Sie verfasste Werke wie "Erlösung von Jesus Christo" und "Von neuem Trug zur Rettung des Christentums". 1939 berief sich J.D. Shams, Imam der Londoner Moschee, in seinem Buch "The tomb of Jesus Christ in India" auf Ghulam Ahmad. 1957 veröffentlichte Kurt Berna eine Schrift mit dem Titel "Jesus ist nicht am Kreuz gestorben", die wiederum auf den Thesen von Jacolliot aufbaute. 1973 erschien in der deutschen Illustrierten STERN (Nr. 16) der Artikel "Jesus starb in Indien": Darin wurde der Sufi-Mystiker, Fida Mohammed Hassnain, zitiert. 1976 erschien das Buch "Jesus died in Kaschmir" von Andreas Faber-Kaiser. Auch er berief sich auf J.D. Shams und F.M. Hassnain. 1981 interviewte von Däniken Professor Hassnain persönlich und zitierte ihn mit den Worten: "Die Beweiskette ist lückenlos. Sie kann vor jedem Gericht bestehen." ("Reise nach Kiribati" S. 219) 1983 veröffentlichte Siegfried Obermeier sein Buch: "Starb Jesus in Kaschmir? Das Geheimnis seines Lebens und Wirkens in Indien". 1983 kam der Titel "Jesus lebte in Indien" von Holger Kersten auf den Markt. Er berief sich darin wie Däniken auf Hassnain und behauptete wie dieser eine "lückenlose" Beweiskette für Jesu Leben in Indien. 2004 strahlte 3sat eine Dokumentation des US-amerikanischen Ethnologen Jeff Salz aus, der sich zum Beweis der These auf eine Forschungsreise begeben hatte.[2]
2 Argumente
2.1 Jesu erste Reise nach Indien
Im Alter von 12 oder 13 Jahren soll Jesus auf Einladung von Prinz Ravanna von Orissa mit einer Karawane das Land verlassen haben. Für vier Jahre soll er am Jagannath Tempel gelernt haben, ehe er mit 17 Prinz Ravanna von Orissa verließ und nach Benares (Varanasi) ging. Weil es dort für ihn nicht sicher gewesen sei, soll er weiter nach gereist sein nach Kapilavastu (heue Lumbini), wo er für mehrere Monate studiert haben soll. Von dort sei es nach Lhasa in Tibet gegangen. Nach fünf Jahren sei Jesus dann in seine Heimat zurückgekehrt, indem er Tibet, Kaschmir, Persien und Assyrien durchquerte.
2.2 Yuz Asaf als Jesus
Die Theorie des Todes von Jesus (Yuz Asaf) in Kaschmir vertrat der Gründer der Ahmadiyya, Mirza Ghulam Ahmad, in seinem Werk Massih Hindustan MeiN i.e. Jesus in Indien seit 1891. Basierend sowohl auf mündlichen Überlieferungen der Kashmiri als auch auf Einträgen im Koran, in einigen Hadithe und Aufzeichnungen von Forschern, soll es sich bei Yuz Asaf (Jesus der Versammler) um Jesus von Nazaret handeln, der nach Srinagar in Kaschmir geflohen sei, wo er bis zu seinem Tod im Alter von 120 Jahren gelebt habe.
Yuz Asaf (Jesus) in asiatischen Geschichtswerken – geographische Bezeichnungen mit Jesus
Arabische, persische und kaschmirische Geschichtswerke der dortigen großen Historiker berichten zum Teil ausführlich von Jesus, der unter dem Namen Yuz Asaf als Mitglied von Karawanen von Palästina nach Indien (erste Reise) bzw. nach der Kreuzigung und seiner Rettung vom Kreuz nach Kaschmir reiste (zweite Reise). Lokale Ortsnamen zeugen ebenfalls von Jesus in Kaschmir, der in lokalen Sprachen auch als „Isa“ bzw. „Issa“ oder „Aisha“ bekannt ist. Am Eingang zu Kaschmir existieren z.B. eine Jesuswiese „Yusmarg“ oder das Kloster Aishmuqam (Aish = Jesus, muqam = Ort).
Weitere Namen in Kaschmir, die sich auf Jesus (Yuz Asaf) beziehen, sind alle Zusammensetzungen mit „Issa“, „Aish“ bzw. „Yusu“: Issa-Brari, Issa-eil, Issa-Kush, Issa Mati, Issa-Ta, Aish Muqam, Yusu-gam, Yusu-hatpura, Yusu-kun u.a.
Das Jesusgrab in Srinagar
Das Grabhäuschen „Roza Bal“ [3] befindet sich in der Khanyar-Straße in der Altstadt und besteht aus einem tiefliegenden rechteckigen Gebäude mit einer erhobenen Plattform, die frontseitig mit Relingen umgeben ist. Das Häuschen hat drei Bögen an der Front, wo sich auch der Zugang befindet, und vier Bögen seitlich. In einer hölzernen Kiste kann man durch ein Sichtfenster in das Grab sehen. Man interpretiert in die Grabplatte gehauene Vertiefungen als Abbild großer Narben, die von einer Kreuzigung stammen sollen. Das Grab sei nach jüdischer Tradition von Ost nach West ausgerichtet. Das Grabmal wird von Angehörigen der Ahmadiyya-Familie bewacht. Diese Familie, die dem muslimischen Glauben angehört, gibt an, dass sie die Nachfahren des Yuz Asaf seien.
Mirza Ghulam Ahmad vertritt jedoch die Ansicht, dass Yuz Asaf im muslimischen Rozabal-Schrein begraben ist, der sich im Mohala Kan Yar-Distrikt von Srinagar befindet. Es wird behauptet, dass in dem Grabmal ein Mann begraben ist, der sowohl ein Prinz als auch ein Prophet gewesen sei (um 100).
In Buddhistischen Aufzeichnungen ist die Rede von einem Grabmal eines Bodhisattva, bei dem es sich um die fünfte Wiedergeburt Buddhas handele. Seine Lehren wurden oft mit denen von Jesus verglichen. Auch soll er den späten Buddhismus beeinflusst haben.
Zeitgenössische Kommentare
Die Ansicht, dass Yuz Asaf (Jesus) in Kaschmir weilte, wurde auch von Anhängern der New Age-Bewegung aufgegriffen.
Vertreter der Theorie weisen auf den Text des Tarikh-i-Kashmir von Khwaja Hassan Malik aus dem 17. Jahrhundert hin, in dem berichtet wird, dass Yuz Asaf im Jahre 78 nach Kashmir gekommen sei. Der Eintrag ist jedoch mittlerweile unlesbar geworden.
3 Religionswissenschaftliche Rezeption
1985 veröffentlichte der deutsche Indologe und Tibetologe Dr. Günter Grönbold eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung der Indienthesen: Jesus in Indien - Das Ende einer Legende (Kösel-Verlag, München 1985). Er führte die Argumente der genannten Autoren auf wenige stets wiederholte Spekulationen zurück und wies ihnen Widersprüche, Abhängigkeiten und Fehler nach. So führte Kersten auch Notowitschs Buch als angeblich verlässlichen Bericht an, obwohl es schon 1894 als Fälschung erwiesen worden war. Kersten verschwieg auch, dass Notowitsch Jesu Wanderschaft nach Tibet nicht nach, sondern vor dessen Kreuzigung gelegt hatte, und dass Hassnain die Wiederkunft des Messias für den 21. März 1983 (vor Erscheinen seines Buchs) angekündet hatte. Den Namen Yuz Asaf, den viele der genannten Autoren mit dem Namen Jesus identifizierten, erklärte Grönbold aus einer islamisierten Fassung des buddhistischen Begriffs bodhisattva.[4]
4 Literatur
Affirmativ
- Mirza Ghulam Ahmad: Jesus in Indien; Verlag Der Islam; 2. Aufl.; ISBN 978-3-932244-11-7
- Nicolas Notovitch: The Unknown Life of Jesus Christ, Leaves of Healing Publications (1990), ISBN 0960285016 (Nachdruck der Ausgabe aus den 1890er Jahren)
- Kurt Berna: "Jesus ist nicht am Kreuz gestorben", 1957
- Andreas Faber-Kaiser: Jesus lebte und starb in Kaschmir, Lausanne 1986 (Jesus died in Kashmir: Jesus, Moses and the ten lost tribes of Israel. Gordon & Cremonesi (1977), ISBN 0860330419)
- Holger Kersten: Jesus lebte in Indien – Sein geheimes Leben vor und nach der Kreuzigung, Berlin, Ullstein-Verlag 1998 (1. Auflage 1981), ISBN 3-5483-5490-4
- Siegfried Obermeier: "Starb Jesus in Kaschmir? Das Geheimnis seines Lebens und Wirkens in Indien", 1983
- Gene Matloc: Jesus and Moses Are Buried in India, Birthplace of Abraham and the Hebrews. 1991 ISBN 0595127711
- Khwaja Nazir Ahmad: Jesus in Heaven on Earth: Journey of Jesus to Kashmir, His Preaching to the Lost Tribes of Israel, and Death and Burial in Srinagar, Ahmadiyya Anjuman Ishaat, 1999, ISBN 0913321605
- Abubakr Ben Ishmael Salahuddin: Saving the Savior: Did Christ Survive the Crucifixion?, Jammu Pr; 1st Pbk edition 2001, ISBN 0970828012
- Suzanne Olsson: Jesus, Last King of Kashmir, 2005, ISBN 1419611755
Ablehnend
- Oswald Gomis: Jesu Samidun Bharathaye (Jesus in Indien - eine Antwort)
- Norbert Klatt: "Lebte Jesus in Indien? Eine religionsgeschichtliche Klärung." Wallstein-Verlag, Göttingen 1988.
- Salcia Landmann: Jesus starb nicht in Kaschmir: ohne Kreuzestod kein Christentum, München: Herbig 1996, ISBN 3-7766-1963-5
- Günter Grönbold: Jesus in Indien - Das Ende einer Legende, Kösel-Verlag, München 1985
- Paul C. Pappas: Jesus' Tomb in India: The Debate on His Death and Resurrection, Asian Humanities Press (September 1, 1991), ISBN 0895819465 (schlussfolgert, dass Yuz Asaf nicht Jesus war)
- Hugh Schonfield: The Essene Odyssey, Element Books Ltd (1993), ISBN 0906540631 (argumentiert, dass Yuz Asaf ein essäischer Lehrer, jedoch nicht Jesus war)
5 Weblinks
- Heinz Günther Birk: Lebte Jesus in Indien?
- Armin Risi: Ging Jesus nach Indien? in: 'Wegbegleiter' Nr 1/2001, S.2ff
- Josef Tutsch: Jesus in Indien und Buddhisten am Nil. Pseudohistorische Phantasien vor dem Richtstuhl der Geschichtswissenschaft
6 Einzelnachweise
- ↑ vgl. Dr. Tahir Ijaz and Qamar Ijaz Ph.D.: Jesus in India: A Review of the World Literature (1899-1999) (Aufstellung von Jesus-in-Indien-Literatur in The Muslim Sunrise - A Journal of the Islamic Renaissance in America)
- ↑ Jesus im Himalaja, 3sat-Dokumentation
- ↑ Bildergalerie
- ↑ Armin Risi: Ging Jesus nach Indien? Eine Untersuchung der Quellen und Motive dieser Theorie
7 Siehe auch
8 Andere Lexika
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