Wer ist Jude?

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Die Frage Wer ist Jude? (hebräisch מיהו יהודי mihu jehudi) steht für eine innerjüdische Kontroverse, die heutzutage besonders in Israel von Bedeutung ist.[1]

Die Untrennbarkeit religiöser und nationaler Komponenten jüdischer Existenz war bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein nicht in Frage gestelltes Prinzip. Danach rückte die Frage auch im Zuge der jüdischen Emanzipation und Säkularisierung in den Vordergrund.[2][3]

Im Tanach ist die Abstammung vom Vater entscheidend (patrilinear), die Rabbinen haben jedoch ein Abstammungsprinzip in der Mischna eingeführt, die seither als halachisch gilt, wobei die Mutter Jüdin sein muss (matrilinear).

Während das orthodoxe und konservative Judentum nur als Juden von Geburt an akzeptiert, wer eine Mutter hat, die zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes halachisch gesehen Jüdin war, wird zum Beispiel in Gemeinden des Reformjudentums der USA neben der matrilinearen auch die patrilineare Abstammung akzeptiert, vorausgesetzt, das Kind wird jüdisch erzogen.

Im karaitischen Judentum und in der karaitischen Halacha, obgleich es auch dort unterschiedliche Auslegungen gibt, spielt es keine Rolle, ob Vater oder Mutter des Kindes jüdisch sind. Ist ein Elternteil nach karaitischer Halacha jüdisch, ganz gleich ob konvertiert (karaitisch oder rabbinisch) oder geboren, tritt das Kind durch die Beschneidung in den Bund ein. Die rabbinische Halacha hat unter karaitischen Juden keine Autorität.

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1 Debatte in Israel

Die Thematik findet in der Öffentlichkeit spätestens seit 1962 Beachtung, als sich mehrere Gerichte in Israel mit der Zugehörigkeit zum Judentum auseinandersetzten.[4] Betroffen sind Kinder von Personen, die zum Judentum konvertierten, jedoch nicht bei einem orthodoxen Rabbiner.

Die Frage steht hier in engem Zusammenhang mit der Staatsangehörigkeit. 1958 spitzte sich eine Kontroverse im israelischen Kabinett unter Premierminister David Ben-Gurion zu. Ben-Gurion ließ Gutachten von jüdischen Gelehrten einholen, deren Mehrheit sich dafür aussprach, der halachischen Definition zu folgen.[5]

2 Entwicklung in Deutschland

In Deutschland spielte die Religionzugehörigkeit spätestens seit der Reichsgründung 1871 keine Rolle mehr bei der Staatsangehörigkeit. Das galt auch für Österreich-Ungarn. Von diesem Grundsatz wurde nur mit den Nürnberger Rassengesetzen ab 1935 abgewichen, die mit dem Reichsbürgergesetz das Abstammungsprinzip einführten und ab 1938 auch in Österreich galten. Dies führte im Judentum auch zu erneuten Diskussionen, da neue Begriffe wie „Halbjude“ eingeführt wurden. Demnach war Halbjude, wer einen deutschen und einen jüdischen Elternteil hat, wobei die rabbinische Auslegung zunächst überhaupt nicht maßgebend war. Vielmehr wurden auch Rassemerkmale herangezogen. Damit waren jedoch nicht nur Juden von der Ausgrenzung betroffen, sondern auch alle anderen Menschen mit nichtdeutscher Herkunft. Mit der Zwölften Verordnung vom 25. April 1943 wurde eine Staatsangehörigkeit auf Widerruf sowie eine Schutzangehörigkeit eingeführt, wobei überdies bestimmt wurde, dass „Zigeuner“ und Juden weder Staatsangehörige noch Schutzangehörige werden konnten.[6] Nach 1945 spielte die Frage in Deutschland kaum noch eine Rolle, da die überlebenden Juden nach dem Holocaust mehrheitlich nach Israel auswanderten. Erst durch das Aufkommen des Antijudaismus vor allem in islamischen Staaten hat sich hierzulande wieder eine gewisse Problematik entwickelt, die sich jedoch auf innerjüdische Diskussionen beschränkt.[7]

3 Einzelnachweise

  1. S. Zalman Abramov: Perpetual dilemma. Jewish religion in the Jewish State. Cranbury/New Jersey: Associated University Press 1976, Kap. 9: Who is a Jew, S. 270 ff: „One of the many contoversities periodically agitating public opinion in Israel, none is more acute and more fraught with emotion than the legal, religious, and historical definition of a Jew. No other issue has engendered so much dissension and public debate as this one.“
  2. S. Zalman Abramov: Perpetual dilemma. Jewish religion in the Jewish State. Cranbury/New Jersey: Associated University Press 1976, Kap. 9: Who is a Jew, S. 271
  3. Lawrence H. Schiffman: Who was a Jew? - Rabbinic and Halakhic perspectives on the Jewish-Christian Schism, Ktav Publishing House, 1985, Vorwort, S. IX
  4. Vgl. z. B. Ephraim Tabory: The Israel Reform and Conservative Movements and the Market for Liberal Judaism, in: Uzi Rebhun / Chaim Isaac Waxman (Hgg.): Jews in Israel. Contemporary Social and Cultural Pattern, Lebanon, NH, Brandeis / University Press of New England, 2. Auflage 2004, S. 285–314, hier S. 296 ff.
  5. Vgl. die Dokumentation in Sidney B. Hoenig, Baruch Litvin (Hrsg.): Jewish Identity: Modern Responsa and Opinions on The Registration of Children of Mixed Marriages – David Ben-Gurion’s Query to Leaders of World Jewry. Philip Feldheim, New York 1965.
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsb%C3%BCrgergesetz
  7. https://www.zeit.de/kultur/2021-09/judentum-vaterjuden-identitaet-josef-schuster-meron-mendel-streitgespraech

4 Vergleich zu Wikipedia




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