Jüdische Emanzipation
Als jüdische Emanzipation bezeichnet man in Europa den Weg der Juden vom Rand der christlichen Mehrheitsgesellschaft, wo sie eine rechtlich, religiös und sozial diskriminierte Minderheit waren, in die Mitte der Gesellschaft. Die Entwicklung begann mit der Anerkennung als gleichberechtigte Staatsbürger seit dem Zeitalter der Aufklärung.
Der Begriff „Juden-Emanzipation“ taucht ab 1817 auf. Bis dahin wurde die Thematik als „bürgerliche Verbesserung“, „Naturalisation“ oder „Gleichstellung“ der Juden beschrieben. Diskussionen um die bürgerliche Integration der Juden gab es in England schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts. John Toland verfasste 1714 seine Schrift Reasons for Naturalizing the Jews in Great Britain and Ireland.[1]
Unabhängig von religiöser Zugehörigkeit zugestandene Menschenrechte wurden zum Kennzeichen des säkularisierten Nationalstaats: zuerst in den USA mit der Bill of Rights 1776, dann in Frankreich nach der Revolution von 1789. Am 27. September 1791 verkündete die Französische Nationalversammlung die Gleichberechtigung aller französischen Juden. In den durch Napoleon unter französischem Einfluss stehenden deutschen Gebieten wurden die Juden vorbehaltlos emanzipiert,[2] etwa im Großherzogtum Berg, im Königreich Westphalen und in den linksrheinischen Gebieten. In den anderen deutschsprachigen Ländern wurde die rechtliche Gleichstellung der Juden nicht in einem einmaligen staatlichen Hoheitsakt erreicht, sondern allmählich und in vielen Einzelschritten. Im Rahmen der preußischen Staatsreformen erließ Friedrich Wilhelm III. 1812 das Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden. Es gab Juden das Staats- und Gemeindebürgerrecht, Wahlrecht, Gewerbefreiheit und Niederlassungsfreiheit und erlaubte ihnen auch akademische Berufe.
1 Andere Lexika
2 Einzelbelege
- ↑ John Tolands Schrift Reasons for Naturalizing the Jews in Great Britain and Ireland auf www.archive.org
- ↑ Michael Wagner-Kern: Staat und Namensänderung. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Bd. 35). Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147718-9, S. 35 (Zugleich: Bayreuth, Universität, Dissertation, 2000/2001).
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