Freiwirtschaft
Die Freiwirtschaft ist ein Wirtschaftsmodell, das von Silvio Gesell im Wesentlichen zwischen 1891 und 1916 entwickelt worden ist. Anlass seiner drei ersten Schriften, die sich noch ausschließlich mit einer Geldreform beschäftigten, war eine argentinische Wirtschaftskrise um 1890. Anfang des 20. Jahrhunderts forderte Gesell neben einer Währungsreform auch eine Bodenreform. Im Untertitel seines 1916 erschienenen Hauptwerks Die Natürliche Wirtschaftsordnung heißt es deshalb „durch Freiland und Freigeld“.
Hauptforderungen der Geldreform waren:
- Einführung einer umlaufgesicherten Währung
- Abschaffung des Goldstandards
Nachdem in einigen Ländern Gesells Idee, die auch Negativzinsen für die praktische Umsetzung enthält, als „Schwundgeld“ verunglimpft worden war, geriet das Modell lange Zeit in Vergessenheit - insbesondere in Deutschland. Hinzu kamen ideologische Vorwürfe wegen einer Form des Antisemitismus, den einige Kritiker bei Gesell entdeckt zu haben glaubten.[1] Vor allem in spanischsprachigen Ländern wurden die Ideen von Gesell weiter diskutiert.
John Maynard Keynes kam in seinem 1936 erschienenen Hauptwerk General Theory of Employment, Interest and Money (Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes) zu folgender Einschätzung der Gesellschen Theorie: „Ich glaube, daß die Zukunft mehr vom Geiste Gesells als von jenem von Marx lernen wird.“[2] Marxisten wie der Ökonom Elmar Altvater bezeichneten die Freiwirtschaft als „sozialdarwinistisches Konzept“ und lehnten sie deshalb ab.[3]
Der Goldstandard als Grundlage der Geldwährung wurde Anfang der 1970er Jahre aufgegeben. Erst seit Beginn der Finanzkrise ab 2007 wurde auch Gesells Idee des umlaufgesicherten Geldes in der Öffentlichkeit wieder aufgegriffen.[4] So verwiesen Gregory Mankiw[5] und Willem Buiter[6] auf Silvio Gesell.
EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré hielt am 9. März 2014 vor der Geldmarkt-Kontaktgruppe der EZB die Rede Life below zero: Learning about negative interest rates (Leben unter null: Über negative Zinsen lernen). Darin erklärte er, dass die Idee negativer Zinsen oder der „Besteuerung des Geldes“ auf das 19. Jahrhundert und auf Silvio Gesell zurückgeht.[7]
1 Vergleich zu Wikipedia
2 Einzelnachweise
- ↑ Werner Onken: Für eine andere Welt mit einem anderen Geld. Beitrag zur Attac-Sommerakademie am 1. August 2004 in Dresden (PDF)
- ↑ „I believe that the future will learn more from the spirit of Gesell than from that of Marx.“ In: Keynes, General Theory, Chapter 23 (Notes on Mercantilism, The Usury Laws, Stamped Money and Theories of Under-consumption) – VI
- ↑ Elmar Altvater, „Eine andere Welt mit welchem Geld?“ (PDF; 285 kB)
- ↑ DIE WELT (21. Januar 2014): Der Krieg um das sichere Geld der Zukunft; eingesehen am 21. Januar 2014.
- ↑ It May Be Time for the Fed to Go Negative, The New York Times, 18. April 2009.
- ↑ It is time for the monetary authorities to jump into the liquidity trap, Financial Times, 2. Dezember 2008.
- ↑ Benoît Cœuré: Life below zero: Learning about negative interest rates. 9. April 2014. Abgerufen am 13. September 2014.
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