Orendel

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Der Orendel-Epos ist eine vermutlich gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstandene mittelalterliche Versdichtung in mittelfränkischer Sprache. Der Epos wird der Spielmannsepik zugerechnet.

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1 Entstehung und historischer Hintergrund

Das Orendel-Epos ist nur in einer einzigen Handschrift aus dem Jahr 1477 und in zwei Drucken aus dem Jahr 1512 überliefert. Dennoch dürfte es, wie vor allem die Reimformen zeigen, weit früher abgefasst worden sein. Vermutlich entstand es um das Jahr 1196 in Trier. In jenem Jahr wurde nämlich der sogenannte heilige Rock aus dem Nikolausaltar des Trierer Doms in den Hauptaltar überführt, und dieses Ereignis könnte sehr wohl der Anlass des Orendel-Epos gewesen sein. Man vermutet, dass das Werk - wenn auch sehr vordergründig - Propaganda für die Trierer Reliquie und ihre Echtheit machen sollte und mit viel Aufwand versuchte, den Trierer Rock als den einzig echten Rock Jesu Christi vorzustellen. Die Trierer Reliquie konnte Werbung gur tatsächlich gebrauchen, denn sie hatte zahlreiche Konkurrenten, behaupteten damals doch auch Mainz, Argenteuil und Rom, diesen echten Rock zu besitzen.

Obwohl es das Thema nahelegt, kommt ein Geistlicher als Autor des Orendel nicht in Frage. Dafür waren die theologischen Kenntnisse des Orendel-Verfassers doch zu mangelhaft. Vielleicht kam der Kirche diese dick aufgetragene Propaganda sogar recht ungelegen. Einen Beleg dafür gibt es allerdings erst aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, als der Trierer Rock 1512 zum erstenmal öffentlich ausgestellt und der Orendel gleich zweimal gedruckt wurde. Dass der ganze Kult um den Trierer Rock in Wahrheit ein Schwindel war, sprach aber erst Martin Luther im Jahr 1530 offen aus, als er in seiner Schrift An die ganze Geistlichkeit über einen "meisterlichen Beschiß mit unseres Herrn Rock" sprach.

2 Inhalt

Es wird erzählt, wie Orendel, der Sohn des Königs von Trier, sich aufmacht, Bride, die Königin von Jerusalem zu heiraten. Sein Weg und mit ihm auch der damit verbundene abenteuerliche Weg des Heiligen Rocks - des angeblichen Gewandes von Jesus Christus - ist eine Reise voll wunderträchtiger Ereignisse, die uns von Trier nach Palästina und zurück führen. Es ist die Geschichte einer Heldenreise voller gefahrvoller Abenteuer, auf dem sich ein Trierer Königssohn mit Rittern, Riesen, Zwergen und Monstern messen muss.

Die Geschichte beginnt damit, dass Orendel mit 72 Schiffen, acht Königen mit jeweils 1000 Rittern als Begleitung auf Brautfahrt geht. Seine Flotte rammt jedoch auf dem Weg nach Jerusalem einen Eisberg und versinkt. Nur Orendel überlebt. Er strandet und wird von einem Fischer gefunden, der in für einen Seeräuber hält. Orendel dagegen gibt sich als Fischer aus. Um das zu beweisen verlangt der Fischer Meister Eise von Orendel, ein großes Schiff voller Fische zu fangen. Mit der Hilfe von Sankt Peter, dem Patron der Fischer, gelingt es ihm dann auch, viereinhalb tausend Fische zu fangen. Im Bauch eines gefangenen Walfischs findet er einen grauen Rock, den er für das Gewand eines Herzogs hält. Der graue Rock ist das Gewand Christi, um das Jesu Häscher gewürfelt haben. Es stellt sich hier die Frage, wie das Gewand in den Bauch des Walfischs gelangt ist. Darüber berichtet der Epos: Nach der Kreuzigung Jesu ging das Gewand Christi an Herodes. Da es diesem nicht gelungen war, die Blutflecken heraus zu waschen, gab er den Auftrag, ihm das Gewand aus den Augen zu schaffen. Also versenkte ein Diener das Gewand in einem steinernen Sarg im Meer. Der Sarg jedoch wurde trotz seines Gewichtes bis nach Zypern gespült. Dort findet ihn ein gewisser Tragemund, der erkennt, dass kein Sünder den Rock des Heilands tragen dürfe. Also wirft er das Kleid zurück ins Meer, wo es von einem Walfisch verschlungen wird.

Lange muss Orendel noch vollkommen ohne Kleidung dem Fischer und seiner Frau dienen. Erst dann darf er auf den Markt gehen, wo der graue Rock für 30 Goldstücke zum Verkauf angeboten wird. Doch kein Käufer findet sich, denn immer wenn jemand das Kleidungsstück anfasst, zerreißt es. Doch als Orendel den Rock anlegt, wird dieser wie ein neuer. Orendel erhält nun von seinem Meister Erlaubnis zum Heiligen Grab zu pilgern und nach Bride zu suchen. Auf seinem Weg wird er von einem Riesen gefangen genommen und eingekerkert. Auf Bitte der Gottesmutter Maria befreit der Erzengel Gabriel ihn aus seinem Gefängnis. In Jerusalem angekommen trauert er am Grab Christi und weiht diesem sein Leben. Währenddessen feiert man in Jerusalem ein großes Fest. Hier trifft er die Heidenkönige Marzian und Sudan, die gekommen sind, um ebenfalls um die Königin Briede zu werben. Orendel bittet sie um ein Pferd und Waffen, damit er an den abgehaltenen Ritterspielen teilnehmen kann. Während des Turniers tötet er 24 Ritter, darunter der König Sudan, der ihn zuvor dem Spott der Menge aussetzen wollte. Sein Bruder Merzian sinnt auf Rache. Er stiftet den Riesen Mettwin an, der auf einem prächtig geschmückten Elefanten reitet, Orendel im Turnier zu töten. Doch am Ende siegt der Trierer Ritter und tötet den Riesen.

Jetzt erweist die Königin von Jerusalem dem Ritter ihren Respekt und bietet ihm Gruß und Kuss. Das wiederum erzürnt die heidnischen Könige, die mit ihren Soldaten gegen Orendel in die Schlacht ziehen. Doch bekleidet mit dem heiligen Rock Christi ist Orendel unverwundbar, und mit der Hilfe der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael, der Goldkrone des biblischen Königs David und seines Wunderschwertes bleibt er am Ende Sieger in den nun folgenden Kämpfen. Königin Breide erwartet den Sieger, lässt ein schönes Bett bereiten, badet Orendel und will nach einem Festmahl mit ihm Hochzeit feiern. Doch ein Engel verbietet dem Helden dies für neun Jahre. Während dieser Zeit besteht Orendel eine Vielzahl von kriegerischen Auseinandersetzungen und Intrigen. Auch Königin Breide erscheint als Heeresführerin, die Orendel als Kriegerin in der Schlacht beisteht. Erst gegen Ende seiner zahlreichen Abenteuer gibt er sich als König von Trier zu erkennen und feiert mit Breide standesgemäß Hochzeit.

3 Literatur

  • Gretel und Wolfgang Hecht (Hrsg.): Deutsche Spielmannsdichtungen des Mittelalters / Nacherzählt und herausgegeben von Gretel und Wolfgang Hecht, Insel-Verlag Anton Kippenberg, Leipzig, 1977
  • Hans Steinger: Orendel, Max Niemeyer Verlag, Halle an der Saale, 1935
  • Sarah Bowden: Bridal-quest Epics in Medieval Germany, Modern Humanities Research Association, 2012

4 Weblinks

5 Vergleich zu Wikipedia




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