Heinrich von Zütphen

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😃 Profil: Heinrich von Zütphen
Heinrich von Zütphen.jpg
Namen Heinrich Müller (Moller)
Beruf Prior
Persönliche Daten
1488 oder 1489
Zutphen (Herzogtum Geldern)
10. Dezember 1524
Heide/ Dithmarschen jetzt: Heide (Holstein)


Heinrich von Zütphen (* um 1488 in Zutphen; † 1524 in Heide/Dithmarschen) war ein Reformator zu Anfang des 16. Jahrhunderts. Über seine Kindheit und Jugend legt sich die Dunkelheit der Geschichte. Sein ursprünglicher Name soll Heinrich oder Hendrik Gelrie gewesen sein. Historiker fanden bisher wenig Informationen. Sie wissen lediglich, dass Heinrich in Zutphen, das heute in den Niederlanden liegt, vermutlich um die Jahreswende 1488 oder 1489 geboren wurde.

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1 Lebenslauf

Heinrich wandte sich bereits in frühen Jahren dem christlichen Lebenswandel zu und trat in eines von drei Augustinerklöstern in den Niederlanden ein. Ab Sommer 1508 studierte er zeitgleich mit dem Reformator Martin Luther in Wittenberg.[1]

1514 verließ Heinrich nach erfolgreichem Studium Wittenberg und wurde in Köln Subprior, ein Jahr später zudem Prior in Dordrecht. In der zweiten Jahreshälfte 1520 kehrte er nach Wittenberg zurück und lernte dort Philipp Melanchthon und Martin Luther kennen. Am 11. Januar 1521 promovierte er dort zum Baccalaureus biblicus. Seine Arbeit handelte über die Rechtfertigung aus dem Glauben heraus, welcher sich in der Liebe auswirken muß. Im Oktober desselben Jahres promovierte er zum Sententiarius, sein Thema: Thesen über Priestertum und Meßopfer. Während eines Augustinerkapitels in Grimma disputierte er über dieselben Themen, die er am 11. Januar in seiner Arbeit zugrundlegte: Die Rechtfertigung aus dem Glauben und die daraus entstehende (Nächsten-)Liebe. Heinrich hörte von den Verfolgungen der Protestanten in den Niederlanden und begab sich 1522 nach Antwerpen. Dort wurde er Nachfolger des Augustinerpriors Jakob Probst, welcher bereits im Dezember 1521 verhaftet wurde.

2 Verfolgung und Flucht/ Wirken in Bremen

Heinrich predigte so, wie er es von Luther und Melanchton gelehrt bekommen hatte: Das "Evangelische". Er wurde daraufhin, am 29. September 1522 durch die Statthalterin der Niederlande, Margarete[2], verhaftet. Vermutlich auf Anraten einiger Dominikaner.
Heinrich sollte vor das Brüssler Inquisitionsgericht. Er konnte jedoch aufgrund eines Volksaufstandes befreit werden und reiste über Wittenberg nach Bremen. Dort blieb er und konnte unter dem Schutz des Bremer Stadtrates in der Ansgari-Kirche und zusammen mit Jakobus Probst die evangelische Lehre verbreiten.

3 Ruf nach Meldorf/ dortiges Wirken

Nikolaus Boie, Pfarrer im dithmarischen Meldorf schrieb Heinrich dringlich und bat ihn, doch auch in Meldorf die evangelische Lehre zu predigen.
Er sollte dort, am 28. November 1524 im Meldorfer Dom predigen. [3] Vergeblich versuchten die ebenfalls in Meldorf ansässigen Dominikaner dieses zu verhindert. Die Dominikaner verbündeten sich mit dem Franziskanerkloster in Lunden (nördlich von Heide gelegen).

4 Verhaftung/ Märtyrertod

Das "Alte Pastorat" in Meldorf/ Dithmarschen.
Hier wurde Heinrich von den Dominikanern und Franziskanern "verhaftet".
St. Georg-Brunnen in Heide/ Holstein im Kreis Dithmarschen:
Darstellung der Folterung des Reformators Heinrich von Zütphen
Zütphens Denkmal auf dem Nord- (Zütphen-) Friedhof in Heide

Dominikaner und Franziskaner suchten weitere Verbündete und brachen in der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember 1524 in das alte Pastorat in Meldorf ein. Sie verhafteten Heinrich und trieben ihn mit nackten Füßen durch die Nacht bis nach Heide.
Sie folterten ihn. Am nächsten Tage planten sie ihn als Ketzer zu verbrennen. Doch das Holz war zu durchnässt, es brannte nicht. So wurde Heinrich mittels eines Fausthammers erschlagen. Am darauffolgenden Tag wurden Kopf, Hände und Füße abgeschlagen und verbrannt. Sein Körper wurde verscharrt.

5 Ehrung durch Martin Luther

Martin Luther erfuhr durch den Bremer Pastor Jakob Probst von den Geschehnissen und veröffentlichte daraufhin im Frühjahr 1525 ein Traktat mit der Überschrift: "Von B. Henrico ynn Diedmar verbrand, sampt dem zehenden Psalmen ausgelegt".

6 Antiquariatisches Wissen über Heinrich von Zütphen

6.1 Johann Arnold Kanne:

Detail am Denkmal Heinrich von Zütphens auf dem Nord- (Zütphen-) Friedhof in Heide (Holstein)


„Heinrich Müller von seinem Geburtsorte Zütphen in Geldern, gewöhnlich Heinrich von Zütphen genannt, gehört unter die Schlachtopfer, die in der Reformationszeit der Verfolgungsgeist der Päpstler dem Wahnglauben brachte. Er war im Augustinerkloster zu Antwerpen Prior gewesen, und mit sämmtlichen Mönchen des Klosters der Reformation beigetreten. Dieser Schritt zog ihm eine harte Gefangenschaft zu, aber glücklich entkam er aus derselben, und predigte nun zwei Jahre lang das Evangelium in Bremen. Seine Predigt fand hier so viel Eingang, daß die Geistlichkeit, darüber äußerst aufgebracht, den Rath ersuchte diesen Ketzer aus der Stadt zu verweisen. Da sie hiermit nichts ausrichtete,; klagte sie beim Bischöfe worauf nun Heinrich seine Glaubensartikel aufsetzte und sie dem Bischofe mit der Erklärung übergab, daß er alles dasjenige gerne widerrufen wolle, was ihm darin aus der heiligen Schrift als irrig nachgewiesen werden könnte, eine Erklärung die schon Johann Huß und viele andere seiner Nachfolger fruchtlos gethan hatten und in der Folge noch thaten. Auch Heinrich that sie umsonst, indem er statt eine Antwort zu bekommen, die päpstliche Bulle und das Wormser Edict an den Kirchthüren angeschlagen fand.

Nach jenen zwei Jahren bekam er eine Einladung das Evangelium zu Meldorf in den Ditmarsen zu verkündigen. Die Bremer baten ihn zwar, sie nicht zu verlassen, aber er hielt es für seine Schuldigkeit, diesem Rufe zu folgen, und sagte zu den Bremern: "Ihr habt das Evangelium nun zwei Jahre lang unter euch gehabt; aber die Ditmarsen sind noch mitten unter den Wölfen und haben keinen Hirten." Er gieng also nach Meldorf und wurde hier mit Freuden aufgenommen, aber noch ehe er zu predigen an fieng, brach die Wuth des Satans schon gegen ihn loß. "Was ist zu thun," sagte der Prior des dortigen Augustinersklosters zu seinen Ordens-Brüdern, "wir werden unser ganzes Ansehen verlieren, und müssen anders zu Werke gehe,n als unsere Brüder in Bremen." Das that er denn freilich auch, und es gelang ihm, zwei und vierzig Personen aus einer benachbarten Stadt zu einer Verschwörung zu verleiten, um den aufrührerischen Mönch von Bremen, -- denn so pflegte er Heinrichen zu nennen. -- zu ermorden; indem er sie überredete daß sie dadurch die Gunst des Bremer Bischofs gewinnen würden. Das erste, was diese Verschworenen thaten, war, daß sie den Meldorfern eine Strafe von tausend Gulden ankündigten, wenn sie Heinrichen würden predigen lassen. Aber diese Drohung wurde verachtet; Heinrich predigte und wurde mit Verwunderung, Freude und Dank angehört. Der Prior darüber ungeduldig, rief seine vornehmsten Ordens-Brüder zusammen, und zog auch die Franziscaner zu diesem Rathe. Jetzt beschloß man beim Magistrate über Heinrichs Lehren zu klagen, und zu erklären, daß wenn ein solcher Ketzer nicht hingerichtet würde, die Anbetung der Jungfrau Maria und der andern Heiligen bald aufhören und die Klöster beider Orden bald eingerissen werden würden. Als dieß dem Magistrate vorgetragen wurde, bemerkte ein Glied desselben daß Heinrich und seine Anhänger bereits schriftlich bedrohet worden wären, und dieser Versuch noch einmal wiederholt werden könnte. "Nein, nein," antwortete der Prior, "so müssen wir nicht verfahren denn wenn ihr den Ketzer schriftlich bestraft, so wird er euch antworten und ihr werdet ihm nichts abgewinnen: ja es steht zu fürchten, daß ihr selbst noch von der Ketzerei angesteckt werdet."

Hierauf kam man überein daß Heinrich mit Gewalt verhaftet, und ohne ein Verhör zu bekommen, bei Nacht verbrannt werden sollte. Es wurden daher eines Abends fünfhundert Bauern aus den Dörfern zusammen gebracht, um Heinrichen zu ergreifen. Anfangs sträubten sie sich zwar dagegen, ließen sich aber dann dennoch durch einige Tonnen von gutem Hamburger Bier gewinnen, und nun folgten sie den Geistlichen, die ihnen mit brennenden Fackeln voranzogen, nach Meldorf. Sie langten um Mitternacht an und griffen zuerst einen Mann an, der Heinrichs hauptsächlichster Anhänger war, zogen ihn bei den Haaren aus seinem Bette, und wälzten ihn nackt im Kothe herum. Daun machten sie sich an Heinrich selbst, und schleppten ihn fort bis er vor Ermüdung und vor wunden Füßen, die ihm das scharfe Eis verursachte, nicht mehr weiter konnte. Einer von den Anführern fragte ihn nun ob er gleich in Meldorf gestraft, oder dem Bischofe von Bremen zugeschickt werden wollte? Heinrich antwortete: "Habe ich falsche Lehre gepredigt, oder sonst ein Verbrechen begangen, so habt ihr mich jetzt in eurer Gewalt." - "Er will lieber hier sterben," rief jener Anführer aus; und der Haufe, durch starke Getränke erhitzt, schrie laut: "Verbrennt ihn, verbrennt ihn!"

So wurde er denn zu den Flammen verdammt ohne daß er irgend verhört worden war. Als er zum Scheiterhaufen geführt wurde hob er seine Hände empor und sprach: "Vergieb ihnen, o Herr, denn sie wissen nicht, was sie thun!" Ein Meldorfer Frauenzimmer, von Heinrichs Schicksale gerührt, versprach dem Pöbel tausend Gulden, wenn der Mißhandelte ins Gefängniß geliefert und ordentlich verhört würde. Aber augenblicklich trat man dies Frauenzimmer mit Füßen, und fiel mit Keulen über Heinrich her. Das für ihn bereitete Feuer wollte beinahe zwei Stunden lang nicht brennen; in der Zeit fuhren die Bauern fort, ihn zu schlagen und auf alle Weise zu mißhandeln. Endlich banden sie ihn an eine lange Leiter und da er anfieng zu beten, schnürten sie ihn, damit sein Gebet nicht gehört würde, mit einem Stricke so fest an eine der Leiterstufen, daß ihm aus Mund und Nase häufig Blut herausfloß. Jetzt suchte man die Leiter mit dem an ihr befestigten Martyrer ganz senkrecht aufzustellen, und sie durch einen scharf zugespitzten Pfahl zu unterstützen; aber sie fiel um, und Heinrich gerieth auf den scharfen Pfah,l so daß sein Leib ganz durchbohrt und seinem Leiden ein Ende gemacht wurde. Die Barbaren warfen seinen Körper ins Feuer und schlugen so lange mit Keulen darnach, als sie glaubten, daß noch Leben in ihm wäre.

Eine Nachricht von diesem seinem Märtyrer-Tode gab nicht lange hernach Luther selbst, und schrieb sie allen Freunden Gottes und Auserwählten in Christo in Bremen zu. Er habe, hieß es in der Zuschrift, die Geschichte und Marter des seeligen Bruders Heinrich, ihres Evangelisten, des wegen bekannt machen wollen, damit man die göttliche Gnade erkenne, ehre, und lobe, die nunmehr so reichlich gegeben worden, daß man nicht nur das lautere Wort Gottes hören und lesen, sondern auch den Geist Gottes fühlen, und es spüren könne, wie er sein Wort mit kräftigen Thaten beweise und bestätige; sonderlich dadurch, daß er so muthige und freie Herzen mache, indem einige ihr Leben lassen für die Wahrheit, andere Gefangenschaft leiden, oder verjagt werden und so sämmtlich die Schmach des Kreuzes Christi tragen. Es sey jetzt also das ehristliche Leben in seiner wahren Gestalt wieder erschienen, in der es wegen der Leiden und Verfolgungen vor der Welt greulich anzusehen, aber vor Gottes Augen köstlich und theuer sei nach Davids Worten: "Der Tod seiner Heiligen ist werthgehalten vor dem Herrn," oder: "Ihr Blut wird Heuer geachtet vor ihm." Am allerhellsten freilich leuchte unter diesen Martyrern Heinrich von Zütphen hervor, der eine so schändliche Marter um Gottes willen erlitten und das Evangelium mit seinem Blute so mächtiglich bestatigt habe.

Nach Heinrichs Tode riefen die Meldorfer den Bergischen Evangelisten Adolph von Clarenbach zu sich, aber auch dieser edle Zeuge der Wahrheit ließ bald darauf zu Köln auf dem sein Leben.“

Johann Arnold Kanne aus:
"Fortsetzung der zwei Schriften: Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erweckter Christen aus der protestantischen Kirche, und Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi und für dasselbe. Viel noch Ungebrucktes enthaltend von Johann Arnold Kanne. -- Frankfurt a. M. 1824, in der Andreäischen Buchhandlung."; ebd: S. 198-203

6.2 Dr. Johann Konrad Irmischer

GG01.jpg
In der Neocorus-Handschrift (ca. 1598) wird ein Hinweis auf die Hinrichtungsstätte gegeben.

„Darnach auf Montag der ersten Wochen im Advent zog Heinricus mitten durch das Stift von Bremen in Diomar und kam gen Meldorf, da er denn hin berufen war, da er auch mit großen Freuden von dem Pfarrer, sampt andern frommen Christen empfangen ward. Alsbald er darkommen war, wiewohl er noch kein Predig gethan hatte, ward der Teufel zornig mit seinen Gliedmassen, und insonderheit erregt er Augustinum Torneborch, Prior des schwarzen Klosters, die man nennet Jacobiter oder Prediger, welcher von Stund an lief zu seinen Mitgesellen M. Johann Snicken, des Officials von Hamburg Vicarien oder Commissarien, und hielt Rath, was zu thun stünde, damit ihr Reich nicht unterginge.

Endlich beschlossen sie, daß sie vor allen Dingen vorkommen müßten, daß er nicht prediget: denn wo er wurde predigen, daß ihn der gemeine Mann hörte so wurd ihre Schalkheit an Tag kommen, und wurden darnach nichts ausrichten können; denn sie wußten wohl wie es zu Bremen zugangen war. Auf diesen Beschluß macht sich der Prior, Predigerorden, des Morgen früh auf denn er vor großer Sorg die Nacht nicht viel schlief, und kam gen der Heide auf Sonnabend vor dem andern Sonntag des Advents, für die acht und vierzig Regenten des ganzen Lands, und beklagt sich höchlich und zeigt an, wie der Münche von Bremen kommen wäre, das ganz Lande Didmar zu verkehren, als er den von Bremen gethan hat; hatte auch zu Hülfe M. Günter, des Landes gemeinen Kanzler, und Peter Hannen, beide große Feind des Wort Gottes. Diese zween hulfen dem Prior mit allem Fleiß, und hielten den andern sechs und vierzig Ungelehrten, Einfältigen für, wie ein groß Lob in ganzem Niederland, und wie großen Dank sie insunderheit bei dem Bischof von Bremen verdienen wurden, wo sie diesen ketzerischen Münch zum Tod bringen wurden. Da sie das horte,n die armen unglehrten Leut, schrieben sie bald und beschlossen ihn zu tödten, den sie doch nicht gesehen, viel weniger gehöret noch uberwunden hätten.

Endlich bracht der Prior einen Brief oder Gebot auf an den Pfarrherrn, von den acht und vierzig Regenten, den Münch zu verjagen, ehe er prediget bei der höchsten Straf, nach Gewohnheit des Lands. Als bald mit Eilen zog der Prior mit dem Gebot gen Meldorf, und überantwortet das dem frommen Pfarrherrn in der Nacht: dann er verhoffet, er wollt verhindern, daß der Henricus nicht predigte, dann er wüßt wohl, was ihm daran gelegen war. Als der Pfarrherr diesen Brief oder Gebot las, verwunder es ihn sehr solchs Gebots, nachdem es ungewohnlich war, daß sich die acht und vierzig Regenten mit den Kirchen bekümmerten, so doch das Regiment noch alter Gewohnheit des Landes der ganzen eingepfarrten Gemeine zugehöret.

Denn es, von einem ganzen Land beschlossenem langen Gebrauch gewesen ist, daß ein jegliche Pfarrkirch noch ihrem guten Willen einen Pfarrherrn oder Prediger setzen und entsetzen Gewalt habe.

...

Und kamen zusammen bei die fünfhundert Baueren. Als sie nun zusammen kummen waren, ward offentlich angezeigt, aus was Ursach sie gerufen wären. Denn niemand, ohn die Hauptleute, weßten, die Ursach und was sie thon sollten. Als der gemeine Mann das höret, wollten sie zuruck ziehen, und solliche böse That nicht begehen. Aber die Hauptleut geboten ihn, bei Leib und Gut fortzuziehen. Hätten auch gesoffen daselbst drei Tunnen Hamburger Bier, daß sie dester müthiger wären. Und kamen in der Mitternacht um 12 Schläge mit gewappneter Hand gen Meldorf.

Die Jacobiter oder Predigermünch gaben ihn Liecht und Facklen, daß sie ja sehen kunnten, und der gute Heinricus nicht entlaufen kunnte. Hätten auch einen Verräther bei sich, mit Namen Henning Hanß, welicher alle Ding verrathen hätt; fielen mit Gewalt in die Pfarr, zerschlugen alles, was da war als der vollen unsinnigen Bauren Gewohnheit ist, kannten, Kessel, Kleider, Becher; was sie aber funden von Silber und Gold, nahmen sie mit. Fielen auch zu dem Pfarrer in mit Gewalt, hieben und stachen und schrien: schlah todt! schlah todt! Einstheils stießen ihn auf die Straße nackend in den Dreck, und nahmen ihn gefangen, er sollt mit ihn gehen. Das ander Theil schrie, man sollt ihn gehen lassen, denn sie hätten kein Befehl, ihn zu fassen. Darnach ls sie ihren Muthwillen mit dem Pfarrer geübet hätten, fielen sie zu dem guten Bruder Heinrich ein und nahmen ihn nackend aus dem Bette, schlugen, stachen wie die unsinnigen vollen Bauren, und bunden seine Hände fast hart auf den Rücken, zohen und stießen ihn also lange, daß auch Peter nannen mit Barmherzigkeit bewegt, der sunst ein giftiger Feind des Wort Gottes war, und sagt, daß man ihn gehen ließe, er wurde wohl folgen; befohlen ihn Balke Johann, zu leiten, der ihn mehr schleipfet denn fuhrte. Als sie ihn gen Hemmingstet brachten, fragten sie ihn, wie er ins Land kommen wäre, und was er da suchte? antwurt er ihn freundlich mit der Wahrheit, daß sie auch bewegt wurden, und ruften: Nur weg mit ihm, wa wir lange ihn horeten, wurden wir mit ihm Ketzer werden. Da begehrte er, daß man ihn auf ein Pferd setzen wollt, denn er sehr müde und matt war, und seine Füße ihm ganz wund waren; denn er in dem Kalten und Eise die Nacht nackend und barfüß gegangen und geführet war.

Als sie das höreten, spotten sie und verlachten ihn, und sprachen: Ob man dem Ketzer Pferde halten soll, er müßte wohl laufen; schleppten ihn also die Nacht bis zu der Heide. Da brachten sie ihn in eines Manns Haus mit Namen Raldenes, und wollten ihm einen Stock mit eisern Ketten angehängt haben. Aber der Hausvater hätte Mitleiden, und wollt solchs nit leiden. Da er ihren Muthwillen nicht wollt statten, brachten sie den guten Heinrich in eins Pfaffen Haus, mit Namen Herr Reimer Hotzecken, ein Diener des Officials von Hamburg, schlossen ihn in ein Keller, gaben ihn den vollen Bauen zu verwahren, die ihn fortan die ganze Nacht vsotteten und verhöhneten. Unter andern kam zu ihm Herr Simon, Pfarrer von Altenworden, und Herr Christian, Pfarrer von der neuen Kirchen, beide fast ungelehrte Verfolger des Wort Gottes: frageten ihn aus was Ursach er das heilige Kleid abgelegt hätte? Wellichen er freundlich aus der Schrift antwurte; aber sie verstunden nicht, was er saget.

...

Des Morgens umb achte gingen sie auf dem Markt zu Rathe, was ihn zu thon stünde? Da ruften die vollen Bauren: Immer verbrennt! zum Feuer zu! so werden wir heute von Gott und von den Leuten Ehre gewinnen; denn je länger wir ihn leben lassen, je mehr er mit seiner Ketzerei verkehrt. Was hilft viel langs Bedenken? Er muß doch sterben. Also ward der gute Heinrich unverhöret zum Feuer verdampt.

Darnach ward ausgerufen: Alle, die ihn hätten helfen sachen, sollten mit ihrer Wehre mit zum Feuer hinaus ziehen. Da waren auch die grauen Münch oder Barfußer, stärkten die arme Leute und sprachen: Jetzund gehet ihr der Sachen recht nach; und hetzten das arm elende trunken Volk. Da nahmen sie ihn und bunden ihn mit Hals, Füße und Händen, führten ihn mit großem Geschrei zu dem Feur. Als dieß geschah, stund ein Frau in ihrer Hausthür, und sah dieses Elend und Jammer, und begunt bitterlich zu weinen; sagt der gute Heinrich zu ihr: Liebe Frau, weinet nicht uber mich. Als er an die Statt kam, da das Feuer bereit war, saß er nieder vor großer Schwachheit. Da kam der Vogt. Schöffer Noers. durch Geld dazu erkauft, als man gläublich saget, verdampt den guten Bruder Heinrich mit diesem Sentenz oder Urtheil zum Feuer: Dieser Böswicht hat geprediget wider die Mutter Gottes und wieder den Christenglauben, aus wellicher Ursach ich ihn verurtheile, von wegen meins gnädigen Herrn, Bischofen von Bremen, zum Feuer. Antwurt der gute Bruder Heinrich: Das Hab ich nicht gethan; doch, Herr dein Wille geschehe; warf auf feine Augen in den Himmel, und sprach: Herr vergieb ihn, denn sie wissen nicht, was sie thon: dein Nam ist alleine heilig, himmlischer Vater!

Da ging hinzu ein gute christliche Fraue, Clauß Jungenfrau mit Weibs-Namen, ein Schwester Peter Nannen, wohnhaftlig zu Mehldorf, für das Feur, erbot sich, man sollt sie zur Staupen schlage, auf daß ihr Zorn gebüßet wurde: darzu wollt sie tausend Guldin geben, man sollt den Mann nur wieder einsetzen bis auf den nächsten Montag, daß er von dem ganzen Lande verhöret wurde, und denn verbrannt. Da sie das horten, wurden sie rasend und unsinnig, und schlugen die Frauen zu der Erden, traten sie mit Füßen, schlugen mit aller Gewalt den guten Martrer Christi. Einer schlug ihn mit einem Stoßdegen in den Hirnschädel. Aber Johann Holm von der neuen Kirchen schlug ihn mit einem Fausthammer; die andern stachen ihn in seine Seiten, in den Rucken, in die Armen, wo sie ihn nur erreichen kunnten; und nicht einmal, sondern als oft er begunt zu reden.

Da ermahnet und hetzten das Volk M. Günter, und ruft sie an und sprach: Frei zu, lieben Gesellen, hie wohnet Gott bei. Darnach brachte derselbige M. Günter einen ungelehrten grauen Münch zu ihm, daß er beichten sollt; sprach aber zu ihm der Märter Christi: Brude,r hab ich dir auch etwas zu leide gethon, oder je erzürnet? Antwurt der Mönch: Nein. Sprach zu ihm der gute Bruder Heinrich: Was soll ich dir denn beichten, daß du mir vergeben solltest? Da schämpt sich der graue Münch und trat zuruck. Das Feuer aber wollt nicht brinnen, wie oft sie es enzündeten. Nichts weniger übten sie ihren Muthwillen an ihm, und schlugen ihn mit Helleparten und Spießen. Das verzog sich wohl zwu Stunde lang, in welcher Zeit er in seinem Hemmet nackend vor den Bauren stund mit aufgehaben Augen in den Himmel. Zuletzt kriegten sie ine große Leiter, auf welche sie ihn fast hart bunden, auf daß sie ihn in das Feuer warfen. Da hub der gute Marterer Christi an seinen Glauben zu sprechen, schlug aber einer her mit einer Faust in sein Maul, und sprach zu ihm: Er sollt erst brinnen darnach mocht er lesen was er wollt. Da trat einer mit eim Fuß auf seine Brust, und band ihn also hart an einem Sprossen an sein Hals, daß ihm Maul und Nase blute, auf daß er ersticken sollt; denn er sahe; daß er von so viel Wunden nicht sterben kunnte.

Darnach richten sie ihn auf mit der Leiter. Da setzt einer die Helleparten an die Leitern, dieselbige helfen aufzurichten; denn das Land keinen Scharpfrichter hat. Da gleit die Hellepart von der Leitern ab, und durchstach den heiligen Märterer Christi mitten durch. Warfen also den guten Mann mit der Leitern auf das Holz. Aber die Leiter sprang zu der Seiten ab. Da lief Johann Holm, und nahm den Fausthammer, und schlug ihn auf seine Brust, also lange, daß er starb, daß er sich darnach nicht regete. Brieten ihn also auf den Kohlen; denn das Holz wollt nicht brinnen.

Das ist kurzlich die wahre Historien von dem Leiden des heiligen Märteres Heinrici von Sudphen.

“Dr. Martin Luther's reformations-historische deutsche Schriften. Nach den ältesten Ausgaben kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Johann Konrad Irmischer, Privatdocenten der Geschichte und Literatur, stabilem Stadtvikar und Universitäts-Bibliothek-Secretär zu Erlangen. Dritter und letzter Band. Erlangen, Verlag von Carl Hender. 1830";
(Anm. des Erstautors: ebd. ab S. 327 in Auszügen)

7 Die wahrscheinlichste Hinrichtungsstätte/ Das vermutete Grab

In ihrer "Neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein" von 1652 verorteten Johannes Meyer und Caspar Danckwerth die Hinrichtungsstätte Zütphens als "Mönckeberg".
Der Mönckeberg/ Galgenberg in Heide/ Dithmarschen heute. Kaum etwas weist auf den ersten lutherischen Märtyrer auf deutschem Boden hin.

Bereits kurz nach der Errichtung des Obelisken (s. obiges Detail-Foto) wurde, seitens einiger Historiker, Kritik an der Verortung der Hinrichtungsstätte laut.

Der wahrscheinlichere Ort ist, nach Meinung von vielen Historikern (u.a. auch dem "Verein für Dithmarscher Landeskunde"), die damalige offizielle Hinrichtungsstätte "Galgenberg". Heute im Nordosten Heides zwischen "Am Galgenberg" und der Waldschlößchenstr. gelegen.

Begründet wird dieses mit der Ortbezeichnung "Mönckeberg" im Neocorus-Manuskript von 1598. Der Dithmarscher Historiker Neocorus/ Johann Adolf Köster (ca. 1550 bis 1630) stellte um ca. 1600, aus div. dithmarscher Quellen, die "Geschichte Dithmarschens" zusammen. Erst im Jahr 1827 gab der Kieler Historiker Prof. Fr. C. Dahlmann das Druckwerk heraus.

8 Literatur

  • Dose, Johannes: "Die Schlacht von Hemmingstedt und der Märtyrertod des Heinrich von Zütphen" - Neuauflage von Johannes Doses Roman "Ein Stephaneus in deutschen Landen"; Verlag: Schmitz, Manfred G.; ISBN: 978-3-938098-47-9

9 Weblinks


10 Einzelnachweise

  1. "Biograophisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Verlag T. Bautz: HEINRICH von Zutphen
  2. Tochter von Herzog Karl V. (Regierungszeit: 1506 - 1555:, geb.: 24. 2. 1500, gest. 21. 9. 1558)
  3. Anm. d. Hauptautors:
    J. Hanssen/ H. Wolf berichten in ihrer "Chronik des Landes Dithmarschen" ebenfalls darüber. Es findet sich dort aber ein bemerkenswertes Detail, welches - bislang - nur dort wiedergegeben wird (Hervorhebung durch d. Hauptautor):

    „Darnach verließ der fromme Heinrich Montags nach dem 1sten Advent, am 28 Novbr. 1524, Bremen, und kam über Brunsbüttel und Windbergen, wo ihm in der Capelle zum heil. Kreuz besondere Ehre von dem Geistlichen erwiesen seyn soll, nach Meldorf.“

    J. Hanssen/ H. Wolf: "Chronik des Landes Dithmarschen von J. Hanssen und H. Wolf; Langhoffsche Buchdruckerei; Hamburg 1833"; ebd.: S. 170

    Es ist somit, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, zu vermuten, dass Heinrich von Zütphen das Heilige Kreuz zu Windbergen gesehen, vielleicht gebetet oder sogar einen Gottesdienst gefeiert hat.
    Weitere Informationen: s.a. im PlusPedia-Artikel "Kirche zum Heiligen Kreuz zu Windbergen/ Kreis Dithmarschen".

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