Ludmila Peškarová

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Gezeichnetes Porträt von Ludmila Peškarová
Ludmila Peškarová (* 4. Februar 1890 im heute tschechischen Sobotovice; gest. 22. Juni 1987 im ebenfalls tschechischen Rajhrad [1]) war eine jüdische Musiklehrerin, Sängerin, Komponistin und Überlebende des Holocaust.
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1 Vita

Sie wurde 1890 im damals noch zu Österreich-Ungarn gehörenden und 16 Kilometer südlich des Stadtzentrums von Brünn gelegenen Sobotovice als Ludmila Kadlecova geboren. In Brünn lebte um das Jahr 1900 eine zu 63% deutschsprachige Bevölkerung, während die Vororte außerhalb des Stadtkerns überwiegend tschechischsprachig waren. [2] Im Jahr von Ludmila Peškarovás Geburt lebten knapp über 7000 jüdische Bürger in Brünn. [3] Sobotovice lag nahe der Sprachgrenze und gehörte bereits zum tschechischen Sprachgebiet. In vielen Schulen war Deutsch dennoch Unterrichtssprache. So dürfte auch Ludmila Peškarová in beiden Sprachen bewandert gewesen sein.

Zwangsarbeiterinnen im KZ Ravensbrück
Sie wuchs in einer liberalen Künstlerfamilie auf, absolvierte von 1921 bis 1923 eine Ausbildung an einem Lehrerkolleg im circa 130 Kilometer nördlich gelegenen Litomyšl und arbeitete von 1912 bis 1933 als Lehrerin im nur sechs Kilometer von ihrem Geburtsort entfernten Rajhrad. [4] 1921 heiratete sie Jan Peskar, der ein passionierter

Musik- und Kunstliebhaber, versierter Cellist, Amateurkomponist, Romanautor und Dichter war. Das Ehepaar trat auch gemeinsam musikalisch vor Publikum auf, denn Ludmilla Peškarová verfügte über eine gute Gesangsstimme. [5]

Im Mai 1939 besetzte die deutsche Wehrmacht Teile der Tschechoslowakei und zu den besetzten Regionen gehörte auch der Wohnort der Peškarovás. 1941 schloss sich Jan Peškar einer Untergrundbewegung des Widerstands an. Seine Frau war wahrscheinlich auch daran beteiligt, obwohl keine Einzelheiten über eventuelle politische Aktivitäten von ihr bekannt sind. 1942 wurde Jan Peškar verhaftet und beschuldigt, als Verbindungsmann für Untergrundorganisationen aktiv zu sein. Er wurde in Kaunitz ins Gefängnis gesteckt und dort noch im selben Jahr hingerichtet. Im Mai 1943 wurde auch seine Frau verhaftet, weil sie zum Andenken an ihren ermordeten Mann zwei schwarze Fähnchen ins Fenster gestellt hatte, was die Gestapo als Hochverrat wertete. Sie wurde zunächst in ein örtliches Gefängnis gebracht, wo sie sich eine Zelle mit 22 anderen Frauen teilte, und im Oktober des Jahres in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. [6] [7]

In Ravensbrück arbeite sie zuerst im Kommando Handstrickerei und später in der Waschküche. Im Gefängnis sangen die Frauen wenn sie unbewacht waren. Dafür schrieb Ludmila Peškarová auch neue Texte auf Melodien von Smetana und Dvořák. Es sind eindringliche Klagelieder, die vom Verlust von Freiheit und Heimat berichten. Ihren erster Text setzte sie auf eine Melodie aus Dvořáks Biblischen Liedern op. 99, Nr. 7 über die Leiden der Juden in der babylonischen Gefangenschaft. Zum Todestag ihres Mannes komponierte sie ihr erstes eigenes Lied, eine Anklage gegen den als Reichsprotektor für Böhmen und Mähren für die Ermordung ihres Mannes verantwortlichen SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich. Ludmila Peškarová war nach Aussage von Aleksander Kulisiewicz, einem Überlebendem des KZ Sachsenhausen, die produktivste "Dichterin und Lagersängerin" von Ravensbrück.
Autograph von Ludmilla Peskarovas 1945 im KZ Ravensbrück geschriebenen Lied Mene, tekel, fares
Ihre Lieder lernte sie meist auswendig, was sie nach eigener Aussage "geistig über Wasser" gehalten habe. Teilweise notierte sie die Verse und Melodien auch auf Papierfetzen. So entstanden in der Zeit ihrer Gefangenschaft etwa hundert Kompositionen und Gedichte, damit sie nach eigenen Worten Dokumente ihrer Erfahrungen habe, falls sie je "aus dieser Hölle zurückkehre". [8] [9] Davon sind 25 Lieder, wie z.B. Osudne koleje kaunicovy, Modlitba z vlast, Htadcany krasne, Mene Tekel Fares, Černé vlajky, Kdybych mela aero oder Slunce vychazi a zapada überliefert, [10] weil sie in den 1960er-Jahren einem Aufruf für eine Ausstellung über Musik in Konzentrationslagern folgte und die Lieder an das Arbeiterliedarchiv der Akademie der Künste der DDR schickte.

Kurz vor Kriegsende wurde Ludmila Peškarová am 28. April 1945 auf einen Todesmarsch von Ravensbrück in Richtung des nordwestlich gelegenen Malchow getrieben. [11] Sie konnte aber zwei Tage später fliehen und sich beim Roten Kreuz in Sicherheit bringen. Ein halbes Jahr später kehrte sie nach Prag zurück und zog später wieder nach Rajhrad. Hier schrieb sie zum ersten Mal ihre Kompositionen nieder und sang weiterhin ihre Lieder aus Ravensbrück. [12] Über Ludmila Peškarová Lebens nach dem Krieg ist wenig bekannt. [13] Sie soll trotz immer wiederkehrender gesundheitlicher Probleme - eine Folge ihrer extremen körperlichen Leiden in Ravensbrück - bis zu ihrem Tod im Jahr 1987 auch politisch aktiv gewesen sein und setzte sich für die Aufarbeitung und Bewahrung der Erinnerungen an die Ereignisse in Ravensbrück ein. [14] Einige ihrer Komposition sind später für die von Francesco Lotoro betreute 24-teilige CD-Reihe KZ Musik eingespielt worden. [15] [16]

2 Literatur

  • Anna-Christine Rhode-Jüchtern und Maria Kublitz-Kramer: Echolos - Klangwelten verfolger Musikerinnen in der NS-Zeit, Aisthesis Verlag, 2003
  • Guido Fackler: Des Lagers Stimme - Musik im KZ, Edition Temmen, 2000
  • Milan Kuna: Musik an der Grenze des Lebens - Musikerinnen und Musiker aus böhmischen Ländern in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und Gefängnissen, Verlag Zweitausendeins, 1998
  • Gabriele Knapp: Frauenstimmen - Musikerinnen erinnern an Ravensbrück, Metropol-Verlag, 2000

3 Weblinks

4 Audio

5 Einzelnachweise

  1. Christel Nies: entdeckt und aufgeführt - Komponistinnen und ihr Werk IV, Kassel University Press GmbH, Kassel, 2010, S. 235
  2. Eva Hahn und Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern - Legenden, Mythos, Geschichte, Schöningh, Paderborn, 2010, S. 370
  3. Brünn (Mähren) auf www.jüdische-gemeinden.de
  4. Christel Nies: entdeckt und aufgeführt - Komponistinnen und ihr Werk IV, Kassel University Press GmbH, Kassel, 2010, S. 235
  5. Personenartikel auf Music and the Holocaust
  6. Waltraud Schwab: Ludmila Peskarova und Gabriele Knapp in der taz
  7. Personenartikel auf Music and the Holocaust
  8. Milan Kuna: Musik an der Grenze des Lebens - Musikerinnen und Musiker aus böhmischen Ländern in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und Gefängnissen, Verlag Zweitausendeins, 1998, S. 188
  9. Waltraud Schwab: Ludmila Peskarova und Gabriele Knapp in der taz
  10. Christel Nies: entdeckt und aufgeführt - Komponistinnen und ihr Werk IV, Kassel University Press GmbH, Kassel, 2010, S. 235
  11. Linde Apel: Jüdische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück 1939-1945, Verlag Metropol, 2003, S. 278
  12. Personenartikel auf Music and the Holocaust
  13. Waltraud Schwab: Ludmila Peskarova und Gabriele Knapp in der taz
  14. Personenartikel auf Music and the Holocaust
  15. Christel Nies: entdeckt und aufgeführt - Komponistinnen und ihr Werk IV, Kassel University Press GmbH, Kassel, 2010, S. 235
  16. Francesco Lotoro - Enciclopedia della Musica scritta nei Lager durante la II Guerra Mondiale

6 Hinweis zur Verwendung

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7 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Ludmila Peškarová) vermutlich nicht.




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