David Bouzaglo

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Der Rabbiner, Dichter, Sänger und Musiklehrer David Boulzaglo
David Bouzaglo (* um 1903 in Zawiya bei Marrakesch; gest. 31. Juli 1975 in Haifa [1] [2] [3]) war ein jüdischer Rabbiner, Dichter, Sänger, Kantor und Musiklehrer.
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1 Vita und Werk

David Bouzaglo studierte bereits als Jugendlicher Tora und Talmud, zog 1919 mit seiner Familie nach Casablanca, setzte dort seine religiösen Studien fort und ließ sich auch in Dichtung und arabisch-andalusischer Musik unterweisen. Da er aufgrund einer starken Sehschwäche zunächst nicht Rabbiner werden konnte, wirkte er als Lehrer für Hebräisch, Kantorialmusik und religiöse Dichtung. Er war ein wichtiger Vertreter der arabisch-andalusischen Musik (al-Ala). [4] In Casablanca leitete er ein Musikschule, auf der sowohl Juden wie auch Muslime in arabisch-andalusischen Musikgenres trainiert wurden. Zusammen mit seinen Schülern entwickelte er eine neue Form der traditionellen religiösen Dichtung (piyyutim). Diese, später matruz genannte Form wechselte zwischen Hebräisch und Arabisch und verband die beiden Sprachen auch miteinander. [5]
David Bouzaglo (Mitte) in geselliger Runde in Marokko
In diesen Piyutim, waren die Verse bei gleicher metrischer Gliederung abwechselnd in Hebräisch und Arabisch gehalten. Dabei drückten die arabischen Verse Inhalte in Form der Liebeslyrik aus, während die hebräischen Verse rein religiöser Natur waren. Diese Gegenüberstellung von Liebeslyrik und religiöser Lyrik verlieh Bozalgos Piyutim den Charakter eines besonders intimen Kontaktes zu Gott. [6]

Bouzaglo, der ein großer Liebhaber arabischer Musik war, sang seine Piyutim auch auf bereits bestehende Melodien arabischer oder jüdischer Komponisten, wie z.B. auf die Melodie des Liedes Enta Omri von Mohamed Abdel Wahab oder des vom jüdischen Komponisten Shmuel Fershko geschriebenen Bab el Wad. [7] [8] Bouzaglo war bereits in Marokko sehr populär und viele Juden die es sich finanziell leisten konnten engagierten ihn für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten wie die Bar Mitzwa. Bouzaglo hörte sich Aufnahmen von Oum Kulthoum, Mohamed Abdel Wahab, Farid Al-Atrash und anderen arabischen Musikern im Radio oder auf Schallplatte an und verfasste zu diesen Melodien hebräische Texte, die er dann am Sabbat in der Synagoge, die wegen seinen Auftritten restlos voll war, darbot. Sogar viele Muslime setzten sich auf die Stufen der Synagoge um Bouzaglos Gesang zu lauschen. [9] [10] In Marokko heiratete Bouzaglo und hatte mit seiner Frau vier Kinder. Er sang in der Synagoge aber auch bei weltlichen Anlässen, trat dabei auch mit Orchestern auf und war den weltlichen Genüssen wie Partys, Geselligkeit und Alkohol nicht abgeneigt und war recht wohlhabend.

Nachdem sein ältester Sohn Absalom in jungen Jahren unerwartet verstarb, beschloss Bouzaglo sich mehr von weltlichen Dingen abzuwenden, und schwor sich u.a. nie mehr mit weltlichen Orchestern aufzutreten. Bouzaglo heiratete eine weitere Frau, ließ sich aber nicht von seiner ersten Frau scheiden, was ihm ein rabbinisches Gericht auch erlaubte. Gegen Ende der 1940er-Jahre nahm Bouzaglos Sehkraft immer mehr ab bis er schließlich vollständig erblindete. [11]
Text von David Bouzaglos Piyut Ashreni Ki Nahalotenu
In Folge verfiel Bouzaglo nach Aussagen von Weggefärten und Verwandten in Trauer und Depression, und frage sich ob seine Erblindung eine Strafe Gottes für eigene Sünden wie Eitelkeit, Hochmut oder Selbstsucht sein könne. Schließlich überwand er diese Phase aber, und nahm seine Erblindung als unerforschlichen aber dennoch zu akzeptierenden Wille seines Gottes hin, als Läuterung und Festigung seines Wesens, [12] wofür im Judentum der Begriff Tikkun verwendet wird. [13] Nach Aussagen von Weggefährten machte diese Krise Bouzaglo zu einem leidenschaftlicherem, einfühlsameren und ernsthafterem Menschen als er es davor war. [14]

1965 migrierte David Bouzaglo nach Israel und ließ sich in Kiryat Yam im Norden des Landes nieder. Dort übernahm er eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau der jüdisch-marokkanischen Einwanderergemeinschaften und ihres kulturellen Erbes. Buzaglo schrieb in Israel Hunderte von Piyyutim auf Hebräisch und jüdischem Arabisch (Matruz). Einige wenige seiner Piyyutim befassen sich mit aktuellen Ereignisse, wie dem Erdbeben in Agadir im Jahr 1960 oder Israels Sieg im Sechstagekrieg von 1967. Buzaglo schrieb seine Piyyutim nie nieder und lehnte es auch ab Aufioaufnahmen zu machen. Seine Schüler lernten die Piyyutim ihres Meister auswendig und einige transkribierten diese später. [15] Eine Ausnahme waren die Aufnahmen religiöser Gesänge, die er 1957 unter Leitung von Haim Zafrani in Cassablanca aufzechnen ließ. 1984 veröffentlichte das Musikzentrum der Einrichtung Beit Hatefutsot in Tel Aviv unter dem Titel Chants hébreux de la tradition des Juifs marocains - Chantés par Rabbi David Bouzaglo ein Album mit diesen Aufnahmen. [16] [17]

Für die bereits in in Israel lebenden, aus Marokko eingewanderten Juden, die von der damaligen westlich-aschkenasischen Mehrhheitsgesellschaft nicht voll akzeptiert und teilweise auch diskriminiert wurden, wurde Bouzaglo indem er ihre mitgebrachten kulturellen Traditionen förderte eine vereehrte kulturelle Identifikationsfigur, indem er sich für die Aufführung traditioneller jüdisch-marokkanischer Musik einsetzte und Lieder der liturgischen jüdischen Tradition seiner marokkanischen Heimat in Synagogen, Kinos und sogar Privathäusern präsentierte. [18] Der Rabbiner Meir Elazar Attia, der auch einige Werke von Bouzaglo publizierte, beschrieb einen Auftritt von Bouzaglo in folgenden Worten:

"Da kam er, der große Sänger und Hymnenverfasser aus Cassablanca. Die ganze Stadt war auf den Beinen und wartete auf den Sabbat. Ich erinnere mich, wie ich ihn aus der Entfernung - 300 bis 400 Meter von der Synagoge entfernt - sah und jemand rief "Hier kommt Rabbi David!" Jederman stand auf um Rabbi David in seinem Licht und seiner Herrlichkeit zu sehen." [19]

Zu den immer wiederkehrenden Themen in Bouzaglos Piyutim gehören die für marokkanische Piyyutim typischen Themen wie Exil, Erlösung, die Liebe zu Jerusalem und die erhoffte Rückkehr nach Eretz Israel. Seine Piyutim beinhalten auch aktuelle politische Elemente wie die jüdischen Ängste und Hoffnungen angesichts der militärischen Auseinandersetzungen Israels mit seinen arabischen Nachbarn sowie den entschiedenen Selbstbehauptungswillen nicht zu weichen und sich erneut aus Eretz Israel vertreiben zu lassen. Dennoch beschwören einige Piyutim Bouzaglos auch das friedliche Zusammenleben von Juden und Muslimen in Marokko und die Hoffnung auf Aussöhnung mit dem arabischen Feind. [20] Ein Beispiel für die Aussöhnung zwischen Juden und Arabern ist Bouzaglos bekannter Piyut Atem Yotzei Maarav, der für den Festtag Mimouna der marokkanischen Juden bestimmt ist. Im Text werden verschiedene religiöse Aspekte des Feiertages Pesach, der an den Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert, sowie die an ihm zu verzehrenden Lebensmittel genannt. Passend dazu wird von Bouzaglo die Teilung des Meeres durch Gott und die Übergabe des Reichtums der Feinde an Israel in folgenden Worten besungen:

"Gestern hat das Rote Meer vor dem Pharao seine klaffende Mündung geöffnet, ist über all ihre Streitwagen hinweg gegangen und hat sie verschlungen. Israel, die Schar, seine Diener durchquerten den Weg als die Wellen des Meeres von der Hand Mose, des treuen Vaters, aufgeschüttet wurden. Und der Reichtum ihrer Feinde und Peiniger, den Israel zwischen den Wellen des Meeres einsammelte, war ihnen als Geschenk gegeben." [21]

In anderen Versen geht es aber auch um Hass und Feindschaft zwischen Juden und Muslimen und dessen Überwindung. So heißt es gegen Ende des Piyut Atem Yotzei Maarav:

"In dieser Nacht sitzen Hebräer und Araber zusammen und erfreuen sich bei Musik und Gesang. Die Hebräerin trägt die Kleidung einer Araberin, der Mann eine arabische Weste und duftet nach Weihrauch und Parfüm. Man kann nicht mehr zwischen dem Hebräer und seinem arabischen Bruder unterscheiden oder ob sie aus der Stadt oder dem Dorf stammen: Der gute Geist nimmt Besitz von jedem. Die Grenzen zwischen Israel und den Völkern sind verwaschen. Wenn nicht der Blutrünstige die Staaten regieren würde. Es sind diese bösen Könige, die ihr Volk in eine Katastrophe führen. Sie interessieren sich nur für ihren Thron und nicht für die leidenden Seelen." [22] [23]

2 Literatur

3 Weblinks

4 Video und Audio

5 Andere Wikis

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6 Einzelnachweise

  1. Eintrag zu David Bouzaglo auf www.geni.com
  2. David Bouzaglo - The Rabbi Poet in Moroccoa Jewish Times
  3. Joseph Chétrit: Les pratiques poético-musicales juives au Maroc et leurs rapports avec les traditions andalouso-marocaines; in Centre de recherche sur les juifs du Maroc: Perception & réalités au Maroc - Relations judéo-musulmanes, Centre de recherche sur les juifs du Maroc, 1998
  4. Mark Kligman: Bouzaglo (Buzaglo), David in der Encyclopedia of Jews in the Islamic World, Band I, Brill Academic Publishing, 2010
  5. Haim O. Rechnitzer: Haim Guri and Rabbi David Buzaglo - A Theo-Political Meeting Place of Zionist Sabra Poetry and Jewish Liturgy, The Journal For The Study Of Sephardic & Mizrahi Jewry, Juni 2008, S. 44
  6. Joshua Levitt: The Moroccan Jewish Piyyut - A Judeo-Arabic Cultural Synthesis, Skidmore College, 2001, S. 59
  7. MBS with the cultural redeemer for the North African Jews in Israel, Rabbi David Bouzaglo
  8. Anm.: Das Text des Liedes Bad El Wad stammt vom jüdischen Schriftsteller und Journalisten Haim Gouri. In dem Titel geht es um die Kämpfe zwischen Arabern und Juden an der vom Mittelmeer nach Jerusalem führenden Landstraße 1 im Jahr 1948. An der Verengung Bab El Wad (dt.: Tor zum Tal) beschossen arabische Milizen immer wieder israelische Konvois und schnitten Jerusalem so von der Versorgung ab. In erbitterten Kämpfen gelang es den Israeli diesen Schlüsselpunkt frei zu kämpfen. Das Lied Bab El Wad wurde in Israel sehr populär und u.a. von Yafa Yarkoni, Shoshana Damari, Shlomo Gronich oder Harel Skaat eingespielt.
  9. David Bouzaglo - The Rabbi Poet in Moroccoa Jewish Times
  10. Nach Rafael Balulus Dokumentarfilm A Song of Loves aus dem Jahr 2005 über das Leben von David Bouzaglo, Minute 9`30 bis 11`10
  11. BOUZAGLO, DAVID auf www.encyclopedia.com
  12. Nach Rafael Balulus Dokumentarfilm A Song of Loves aus dem Jahr 2005 über das Leben von David Bouzaglo, Minute 26`30 bis 28`10
  13. Joel Berger: Tikkun - Das hebräische Wort »Tikkun« bedeutet »Festigung«, »Nachbesserung« oder »Reparatur«; in Jüdische Allgemeine vom 21. Mai 2012
  14. Nach Rafael Balulus Dokumentarfilm A Song of Loves aus dem Jahr 2005 über das Leben von David Bouzaglo, Minute 29`15 bis 29`50
  15. Haim O. Rechnitzer: Haim Guri and Rabbi David Buzaglo - A Theo-Political Meeting Place of Zionist Sabra Poetry and Jewish Liturgy, The Journal For The Study Of Sephardic & Mizrahi Jewry, Juni 2008, S. 45
  16. MBS with the cultural redeemer for the North African Jews in Israel, Rabbi David Bouzaglo
  17. Eintrag zu Chants hébreux de la tradition des Juifs marocains - Chantés par Rabbi David Bouzaglo auf www.worldcat.org
  18. Samuel Sami Everett und Rebekah Vince: Jewish-Muslim Interactions - Performing Cultures between North Africa and France, Oxford University Press, 2020, S. 192
  19. Meir Elazar Attia in Rafael Balulus Dokumentarfilm A Song of Loves aus dem Jahr 2005 über das Leben von David Bouzaglo, Minute 2`30 bis 3`00
  20. Joshua Levitt: The Moroccan Jewish Piyyut - A Judeo-Arabic Cultural Synthesis, Skidmore College, 2001, S. 58 und 59
  21. Übersetzung nach Joshua Levitt: The Moroccan Jewish Piyyut - A Judeo-Arabic Cultural Synthesis, Skidmore College, 2001, S. 60
  22. Übersetzung nach Joshua Levitt: The Moroccan Jewish Piyyut - A Judeo-Arabic Cultural Synthesis, Skidmore College, 2001, S. 60 und 61
  23. Zum Text siehe auch המימונה: חג השכנות הטובה - The Mimouna: The Holiday of Good Neighbors

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