Bischofswahl: Vom Investiturstreit zum Kulturkampf

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Die Bischofswahl in der römisch-katholischen Kirche wirft heute keine sehr hohe Wellen mehr. Das war allerdings geschichtlich gesehen wesentlich anders: Sie stand im Zentrum des Investiturstreits im Mittelalter wie auch - indirekter - des Kulturkampfes im 19. Jahrhundert. Grund dieses hohen Stellenwertes war, dass die Kirche damals teils auch weltliche Herrschaftsfunktionen innehatte sowie auch einen deutlich höheren gesellschaftlichen Einfluss ausübte.

Vor dem Investiturstreit war die katholische Kirche seit der Spätantike (konkreter seit Kaiser Konstantin der Große) Reichskirche, sie unterstand fast vollständig den weltlichen Herrschern, d.h. den (überwiegend) Kaisern und (seltener) Königen der jeweiligen Zeit. Das hieß, dass selbst der Papst vom Reichsoberhaupt eingesetzt wurde und von ihm gegebenenfalls Instruktionen zu erfüllen hatte. Der weltliche Herrscher war zugleich der höchste Kirchenherr, der auch die Bischöfe einsetzte.

Dies wurde erstmals um das Jahr 1000 von der Kirche - unter Berufung auf Augustinus' Werk vom Gottesstaat auf Erden - angefochten: Sie erreichte als erstes die noch heute praktizierte Papstwahl durch ein Kardinals-Kollegium, das sog. Konklave. Im Rahmen des Investiturstreites wurde auch die Einsetzung des Bischofs durch den weltlichen Herrscher von Papst Gregor VII. heftig bekämpft. Er forderte die Wahl der Bischöfe durch die Kirche. Was er - erst nach seinem Tod - im Wormser Konkordat von 1122 erreichte, war allerdings nur ein Kompromiss: Die z.B. im Reich breit gestreuten sog. Domherren-Gremien durften die Kandidaten unter der Oberaufsicht des Papstes auswählen (in der Politik heute "nominieren" genannt), der weltliche Herrscher hatte dann allerdings ein Vetorecht, falls ihm die betreffenden Kandidaten nicht in den Kram passten. Ein krasses Beispiel war der Franzosen-König Philipp der Schöne, welcher 1302 sden römischen Papst kurzerhand gefangen setzte und in der Folge die Papst-Residenz nach Avignon verlegte, wo sie dann über Jahrzehnte verblieb.

Das Erstaunliche ist, dass sich dieses Wormser Verfahren zumindest theoretisch bis zum Kulturkampf im 19. Jahrhundert und wohl auch darüber hinaus gehalten hat: Ein 1869 publiziertes Buch trägt den Titel Das Recht der Domkapitel und das Veto der Regierungen bei Bischofswahlen. Allerdings gab es immer wieder Herrscher, die sich über dieses Wormser Prinzip hinweg setzten. Ein Beispiel ist der habsburgische Kaiser Joseph II., ein Vertreter des Aufgeklärten Absolutismus, welcher die Bischöfe im Habsburger Reich selber auswählte (nominierte) und einsetzte, wogegen dem Papst einzig der fruchtlose Protest verblieb.

Quellen

  • K. Schib et al.: Weltgeschichte, Band Mittelalter bis Frühneuzeit
  • U. Dietschi: Das Volksveto in der Schweiz (Dissertation)

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