Berufsverbot für rechtsextreme Schornsteinfeger

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Bei dem Berufsverbot für rechtsextreme Schornsteinfeger handelt es sich um Einzelfälle in Deutschland. Die meisten Schornsteinfeger, auch wenn sie einer links- oder rechtsextremen Organisation angehören, sind nicht von einem Berufsverbot aus politischen Gründen betroffen.

In Sachsen-Anhalt wurde der Bezirksschornsteinfeger Lutz Battke [1] seines Amtes enthoben, weil er unter anderem für die NPD politisch öffentlich aktiv war.

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1 Ausgangslage

Der 1958 geborene Mann vertritt als Parteiloser im Stadtrat von Laucha sowie im Kreistag des Burgenlandkreises die NPD. Außerdem soll er an mehreren Kundgebungen von Rechtsextremisten aktiv beteiligt gewesen sein. Es ist nichts darüber bekannt, dass Battke seine Funktion als Schornsteinfeger oder als Fussballtrainer jemals für rechtsextreme Agitation nutzte, oder in sonstiger Weise gegen seine beruflichen Pflichten verstoßen hat. Bei der Bürgermeisterwahl in Laucha erhielt Battke 24 Prozent der Wählerstimmen.

2 Begründung

Der Landeswirtschaftsminister Reiner Haseloff begründete das Berufsverbot wie folgt:

"Er hat als Schornsteinfeger vom Staat ein Monopol für seinen Beruf bekommen. Er kann sich überall Zugang verschaffen, kein Bürger kann sagen, ich lasse keinen Rechtsextremisten rein. Das darf nicht sein."

Haseloff machte auch klar, dass ihm im Fall Battke die Grundrechte und die Rechtssprechung gleichgültig seien, und es eher um einen entschlossenen Kampf gegen Rechts gehe:

"Es geht aber darum, dass Politik glaubwürdig handelt. Wir können von Bürgern nicht ein entschlossenes Handeln gegen rechtsextreme fordern und uns selber dann auf formaljuristische Bedenken zurückziehen."

3 Revisionen

Das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg verwarf die Entscheidung. Eine rechtsextreme Einstellung sei bei einem Schornsteinfeger kein ausreichender Grund für ein Berufsverbot. In Deutschland gebe es keine gesetzliche Regelung, die Bezirksschornsteinfegermeister zur Verfassungstreue zwinge, auch nicht das Schornsteinfegergesetz von 1969. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die erste Entscheidung dann wieder für rechtens. Der Mann verlor seinen Kehrbezirk als Schornsteinfeger.[2] [3] Die Bestellung eines Bezirksschornsteinfegers darf widerrufen werden,

„... wenn er sich außerberuflich über mehrere Jahre hinweg an der öffentlichen Ehrung der Mörder des früheren deutschen Außenministers Walther Rathenau aktiv beteiligt hat und dazu weiterhin steht.
...
Durch seine jahrelange aktive Beteiligung an den "Totenehrungen" für die Mörder Walther Rathenaus in Saaleck habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass für ihn selbst schwerste und zudem antisemitische Straftaten billigenswert und die Täter gar verehrungswürdig seien, sofern sie den von ihm für richtig gehaltenen Zielen dienten.“

[4]

4 Lutz Battke als Fussballtrainer

Battke war seit 30 Jahren im örtlichen Fussballverein BSC 99 Laucha und dort auch über 10 Jahre als Trainer aktiv. Der Deutsche Olympische Sport Bund forderte den Landessportbund schriftlich auf, den Lauchaer BSC 99 zu einer Trennung von Battke zu bewegen. Der Landessportbund in Halle übte dann Druck auf den Verein aus, Battke zu entfernen. LSB-Präsident Andreas Silbersack drohte mit der Finanzkeule:

"Im September werden wir eine Satzung mit neuen Passagen für den LSB Sachsen-Anhalt und seinen angegliederten Vereinen auf den Weg bringen. Sollte der Verein die neuen Satzungen nicht akzeptieren, gäbe es Druckmittel wie den Entzug von Fördergeldern" [5]

Dies gefiel dem Verein natürlich nicht. Dennoch beugte dieser sich, obwohl es seit Jahrzehnten noch nie Beschwerden über Battkes Vereinsarbeit gab, und entließ ihn aus seiner Funktion als Trainer. Battke darf das Gelände des Vereins nun nicht mehr betreten.

5 Diskussion

Vom Standpunkt der politischen Linken und eines strammen Kampfes gegen Rechts mag das Vorgehen gegen Battke begrüßenswert erscheinen.

Allerdings muss man sich fragen, was es für Folgen hätte, wenn man jedem, der nicht im politischen Mainstream der Mitte fährt, die Berufsausübung untersagt. Dürfen dann Linksextremisten keine Krankenpfleger mehr werden, weil man einem Kranken nicht zumuten kann, sich von einem Kommunisten den Verband wechseln zu lassen? Dürfen Mitglieder von Scientology keine Lizenz als Taxifahrer mehr erhalten, weil Fahrgäste Angst haben könnten, weltanschaulich beeinflusst zu werden? Soll man Islamisten untersagen, bei der Müllabfuhr zu arbeiten, weil die Bürger Angst haben könnten, dass eine Bombe in ihrer Mülltonne landet? Muss man ein kurdisches PKK-Mitglied, das in einer staatlichen Kantine arbeitet, entlassen, weil sich ein türkischer Kunde durch die von ihm zubereiteten Speisen gefährdet fühlen könnte? Dürfen Menschen mit antisemitischer Einstellung nicht mehr als Landschaftsgärtner den Stadtpark säubern, weil sich jüdische Spaziergänger dadurch verletzt fühlen könnten?

Die daran anschließenden Fragen berühren grundsätzlichere Themen: Haben Extremisten es überhaupt verdient, eine Arbeit zu haben und/oder in Deutschland zu leben? Als Folge müsste man dann wohl an die 500.000 Menschen, die abwegigen Weltanschauungen anhängen, entlassen und dauerhaft mit HartzIV versorgen. Oder sollte man einfach alle Personen, die nicht dem Durchschnitt der Political Correctness entsprechen, ausweisen? Sollte sich Deutschland eine Insel in der Südsee kaufen, auf die man alle unliebsamen Personen abschieben kann? Diese Fragen beantwortet der Landeswirtschaftsminister Reiner Haseloff leider nicht.

Es erscheint auch reichlich inkonsistent, dass eine Partei wie die NPD vom Staat nicht verboten ist und man für sie (wie Battke im Stadtrat) politisch tätig sein darf, aber andererseits derjenige, der diese erlaubten Parteimitgliedschaften und politischen Funktionen ausübt, aus Beruf und Vereinsleben entfernt und damit sozial ausgegrenzt wird. Bürgermeister könnte Battke immer noch werden, aber Schornsteine säubern darf er nicht. Wer ist denn nun für die Demokratie gefährlicher? Ein rechtsextremer Bürgermeister oder ein rechtsextremer Schornsteinfeger?

Müsste Deutschland, das genug historische Erfahrungen gesammelt hat, wo es enden kann, wenn man Menschen aus Beruf- und Vereinsleben drängt, bei solchen Vorfällen nicht hellhörig werden? Fragen über Fragen, welche die ach so gute, moralische und politisch korrekte politische Kaste nicht beantwortet.

Die einzige, nachvollziehbare Begründung ist in diesem Fall, dass ein Bezirksschornsteinfeger besondere Verantwortung trägt. Den Beruf als einfacher Schornsteinfeger könnte er jedoch weiterhin ausüben.

6 Videos

7 Weblinks

8 Einzelnachweise

  1. Rechtsextremismus - Schornsteinfeger kann abberufen werden
  2. "Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG: Bundesverwaltungsgericht Leipzig: Rechtsextremer Schornsteinfeger verliert Job"
  3. "ENDSTATION RECHTS (JungsozialistInnen in der SPD - Landesverband Mecklenburg-Vorpommern): Antisemitische und rassistische Grundhaltung“ – Rechtsextremer Schornsteinfeger kehrt nicht mehr"
  4. "Frankfurter Rundschau: Berufsverbot für Lutz Battke NPD-Mann muss vom Dach" 8. November 2012 - Autoren: Alexander Schierholz, Kai Gauselmann und Hendrik Kranert-Rydzy
  5. Martin Einsiedler: NPD-Abgeordneter als Jugendcoach - Der Trainer mit dem Hitlerbart, im Tagesspiegel

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