Ausweisung straffälliger Ausländer aus Deutschland (Meinungsartikel)

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Aus Deutschland werden jedes Jahr Ausländer, die straffällig geworden sind, ausgewiesen.

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1 Rechtslage

  • Ein Ausländer kann aus Deutschland ausgewiesen werden, wenn er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Dies kann bereits beim Begehen einer einzelnen vorsätzlichen Straftat (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) erfüllt sein. Zu den wichtigsten Gründen gehören zum Beispiel der Konsum oder der Handel von Drogen, das Begehen von Straftaten, der illegale Aufenthalt in Deutschland oder auch Obdachlosigkeit oder der Verdacht auf die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation.
  • Die rechtlich zwingenden Ausweisungsgründe sind in § 53, Regelausweisungsgründe in § 54, Ermessensausweisungsgründe in § 55 AufenthG festgelegt.
  • In § 53 heißt es:
Ein Ausländer wird ausgewiesen, wenn er
1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
2. wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz, wegen Landfriedensbruches unter den in § 125a Satz 2 des Strafgesetzbuches genannten Voraussetzungen oder wegen eines im Rahmen einer verbotenen öffentlichen Versammlung oder eines verbotenen Aufzugs begangenen Landfriedensbruches gemäß § 125 des Strafgesetzbuches rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist oder
3. wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 oder § 97 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. [1]
  • Bei einer Ausweisung kann nach Verbüßung der Hälfte der Haftstrafe von einer weiteren Strafvollstreckung abgesehen werden. Der Bundesjustizminister hat im Jahr 1997 dazu verfügt:
"In Strafverfahren gegen ausländische Verurteilte, deren Auslieferung an eine ausländische Regierung bewilligt oder deren Ausweisung verfügt worden ist, gibt § 456 a StPO die Möglichkeit, von der (weiteren) Strafvollstreckung abzusehen." [2]

1.1 Unterschied zwischen Ausweisung und Abschiebung

EU-Bürger und türkeistämmige Ausländer (hier bei einem Umzug am Brandenburger Tor) genießen einen zumindest teilweisen Schutz vor Ausweisung
  • Umgangssprachlich wird oft nicht zwischen den Begriffen "Ausweisung" und "Abschiebung" unterschieden.
  • Ausgewiesen wird, wer einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel besitzt und trotzdem das Land verlassen soll. Die Ausweisung ist also der Verwaltungsvorgang, durch den einem Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ein bestehendes Aufenthaltsrecht entzogen wird.
  • Bei denjenigen, die sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhalten, bedarf es vor der Abschiebung keiner gesonderten Ausweisung. Dies ist etwa der Fall bei Flüchtlingen, die in Deutschland nur geduldet sind, da sie formal keine Erlaubnis zum Aufenthalt in Deutschland besitzen.

2 Ausweisungspraxis

In den Jahren 1991 bis 2009 wurden von der Ausländerverwaltung über 280.000 Ausweisungen erlassen, davon viele im Anschluss an eine bereits verbüßte Haftstrafe. [3]

In den den Jahren 1990, 1994 und 1997 wurde das Ausweisungsrecht formell verschärft. In der Praxis wurde die Ausweisungspraxis durch die Novellierung des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts durch die rotgrüne Bundesregierung im Jahr 2000 –die in Deutschland geborenen Kindern den defakto bedinguslosen Erwerb der automatischen deutschen Staatsbürgerschaft garantiert– in erheblichem Maße eingeschränkt.

Einen zumindest teilweisen Schutz vor Ausweisung bietet die EU-Staatsangehörigkeit. Gegen EU-Angehörige muss aufgrund der Regelungen der EU-Freizügigkeit jede Ausweisung immer an eine umfassende Einzelfallbetrachtung sowie an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit geknüpft sein. Dieselben Regeln gelten für türkische Staatsangehörige, sobald diese oder ihre Eltern mehrere Jahre in Deutschland gearbeitet haben.

3 Kritik

Die Ausweisungspraxis steht unter der Kritik von Vertretern der politischen Linken: So argumetieren die linken Kritiker, durch die Ausweisungspraxis würden Menschen, die oft die fast ihr ganzes Leben in Deutschland sozialisiert wurden, in eine angebliche Heimat abgeschoben werden, die ihnen vollkommen fremd sei. Außerdem würden häufig bestehende Familienstrukturen durch eine Ausweisung brutal auseinandergerissen. Auch die Ungleichbehandlung von Menschen wird kritisiert. Die taz meint dazu u.a.:

"Das geltende deutsche Recht betont, dass die Ausweisung wie die ihr folgende Abschiebung keine Strafe sei, sondern eine ordnungsrechtliche Maßnahme, eigentlich dem Polizeirecht zugehörig. So auch das Bundesverfassungsgericht. Diese Rechtsauffassung ignoriert die einschneidenden menschlichen Folgen von Ausweisung oder Abschiebung und statuiert die Abschiebung als Verwaltungsakt. Auf diese Weise muss man zwei unbequeme Frage nicht vorlegen: Handelt es sich bei der Abschiebung nicht um eine doppelte Bestrafung des jungen Ausländers, der ja vorher schon inhaftiert war? Und: Verletzt man nicht die im Grundgesetz verbürgte Gleichheit vor dem Gesetz, wenn man junge ausländischer Straftäter nach der Haft abschiebt, während ihre deutschen straffälligen Altersgenossen nur eine Haftstrafe absitzen müssen." [4]

Die Argumentation linker Kritiker der Ausweisung migrantischer Strafftäter ist typischerweise charaktierisert durch eine Betrachtung des Themas Ausweisung aus einer reinen „Täter-Perspektive“ - bis hin zu einer offenen Verherrlichung der Täter als vermeintliches Opfer der Gesellschaft- gepaart mit einer generellen Sympathie- und Mitleidslosigkeit gegenüber den Opfern. Darüber hinaus ist die linke Ausweisungskritik nicht selten geprägt von antideutsch-rassistischen bzw. antieuropäisch-rassistischen Einstellungen und Argumentationsmustern. Dies zeigt unter anderem der linke Aktivist Tobias Schwarz mit seinem Artikel Leben auf Probe? - Zur Logik des Ausweisens in Deutschland. Schwarz imaginiert darin u. a. eine „Ausgrenzung von Migrantinnen“ durch die autochthonen Deutschen bzw. den Deutschen Staat, unterstellt damit in pauschalisuerender Weise den Deutschen kollektiv Rassismus. Schwarz behauptet ferner, dass selbst Migranten und Migrantinnen der zweiten und dritten Generation immer noch als Gäste behandelt, die ihr „Gastrecht verwirken“ könnenignoriert damit vollkommen die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits über 10 Jahre in Kraft getretene Novellierung des Staatsbürgerschaftsrecht, das Migranten der zweiten und dritten Generation die deutsche Staatsbürgerschaft garantiert. Die Fokkussierung auf die Perspektive des Täter -- das Wohl und die Interessen der migrantischen Täter -- in Schwarzes Argumentation steht im scharfen Kontrast zur völligen Mitleidslosigkeit gegenüber den Opfern ausländischer Gewalt. Die Lage und das Leiden der Opfer migrantischer Straftaten werden in Schwarz Arbeit mit keinem Wort Erwähnung.

"In Deutschland hat die Ausgrenzung von Migrant_innen eine lange Tradition. Nicht erst durch die gesetzlichen Verschärfungen im Zuge tagespolitischer Debatten etwa um „ausländische Straftäter“ der vergangenen Jahre ist das deutsche Ausweisungsrecht so streng wie kaum eines in anderen europäischen Ländern. Um dieser repressiven Logik etwas entgegen zu setzen, bedarf es einer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber der Ausschlusstechnik Ausweisung. Wieso werden selbst Migranten und Migrantinnen der zweiten und dritten Generation immer noch als Gäste behandelt, die ihr „Gastrecht verwirken“ können? Warum dient Strafe als „Resozialisierung“ für deutsche Staatsangehörige, aber nicht für Menschen ohne deutschen Pass, die hier geboren wurden oder schon lange hier leben?" [5]

Der 53. Deutsche Juristentag im Jahr 1980 forderte einen absoluten Ausweisungsschutz für im Lande geborene und aufgewachsene Ausländer. Im Jahr 2001 empfahl die Zuwanderungskommission unter dem Vorsitz Rita Süssmuths in ihrem Bericht Zuwanderung gestalten – Integration fördern einen "vollständigen Ausweisungsschutz für im Inland geborene oder aufgewachsene Kinder, Jugendliche und Heranwachsende aus Migrantenfamilien."

4 Befürwortung

  • Bayerns Ministerpräsident Günter Beckstein forderte im Jahr 2007 eine raschere Ausweisung von straffällig gewordenen und intergrationsunfähigen Ausländern. Er meinte u.a.:
"Ich meine, wir müssen auch gerade bei Heranwachsenden höhere Strafen verhängen können und wir müssen jede Chance zur Ausweisung nutzen. Wenn die Integration hier nicht gelingt, ist das oft die einzige Möglichkeit." [6]
  • CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid meinte in Zusammenhang mit passdeutschen U-Bahn-Schlägern u.a.:
"Wer solche Straftaten begeht, muss nicht nur mit einer Verurteilung rechnen, sondern auch mit Ausweisung und Abschiebung." [7]
  • Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach unterstützt Forderungen nach einer leichteren Ausweisung ausländischer Straftäter. [8] Er fordert die Ausweisung auch für religiöse Fanatiker, und meint dazu u.a.:
"Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Ausreisepflicht nur für politisch motivierte Gewalttäter gelten sollte, nicht aber auch für religiös motivierte Fanatiker."
"Jeder, der unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt, soll unser Land schnellstmöglich verlassen."
"Wir dürfen nicht so zaghaft sein mit ertappten ausländischen Straftätern. Wer unser Gastrecht mißbraucht, für den gibt es nur eins: raus und zwar schnell." [10]

4.1 Volkes Stimme

  • Die deutsche Bevölkerung befürwortet mehrheitlich eine schnelle Ausweisung straffällig gewordener Ausländer. 68 % der Deutschen sind laut einer Emnid-Umfrage für FOCUS dafür, dass Ausländer, die wegen Schwerverbrechen, Sozialhilfebetrug oder Schwarzarbeit verurteilt wurden, automatisch abgeschoben werden. 26 Prozent sind dagegen. [11]
  • Mit 85 % ist die Befürwortung der Ausweisung krimineller Ausländer bei Anhängern der Linkspartei am größten.[12]

5 Vergleich der deutschen Rechtspraxis mit anderen europäischen Ländern

  • Ein Vergleich mit anderen EU-Ländern zeigt die Strenge des deutschen Ausweisungsrechts.
  • In Frankreich gilt seit 2003 dann ein Ausweisungsschutz, wenn jemand seit dem 13. Geburtstag in Frankreich lebt, seit 20 Jahren ein Aufenthaltstitel besitzt, mit einem französischen Staatsbürger seit drei Jahren verheiratet ist oder ein Kind die französische Staatsbürgerschaft besitzt. Kein Schutz besteht dagegen bei einer "Gefährdung der Grundordnung oder der Sicherheit Frankreichs", bei der Beeinträchtigung sonstiger erheblicher Interessen Frankreichs oder bei Terrorverdacht.
  • In Österreich sind Angehörige von Ländern außerhalb der EU seit 1998 absolut vor Ausweisung geschützt, wenn sie als "langjährig rechtmäßig niedergelassen" gelten. Das ist der Fall, wenn sie in Österreich geboren sind oder ihr halbes Leben in Österreich verbracht haben und die letzten drei Jahre dort gelebt haben.

6 Einzelfälle, die besondere Medienpräsenz erreichten

7 Video

8 Links und Quellen

8.1 Siehe auch

8.2 Weblinks

8.2.1 Bilder / Fotos

8.2.2 Videos

8.3 Quellen

8.4 Literatur

8.5 Naviblock

8.6 Einzelnachweise

  1. $ 52 auf www.dejure.org
  2. Abschiebung ausländischer Straftäter nach Teilverbüßung Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten vom 20. März 1997
  3. Tobias Schwarz: Leben auf Probe? - Zur Logik des Ausweisens in Deutschland
  4. Die Abschiebung von jugendlichen Straftätern ist faktisch eine Verbannung - Abschreckende Heimat
  5. Tobias Schwarz: Leben auf Probe? - Zur Logik des Ausweisens in Deutschland
  6. Beckstein fordert raschere Ausweisung von Straftätern
  7. Beckstein spricht sich für Ausweisung der U-Bahn-Schläger aus
  8. Ausländische Straftäter - Bosbach für leichtere Ausweisung
  9. FDP - Lindner für Ausweisung nicht integrierbarer Zuwanderer
  10. Zitiert nach Norbert Wenning, Martin Spetsmann-Kunkel und Susanne Winnerling: Strategien der Ausgrenzung. Exkludierende Effekte staatlicher Politik und alltäglicher Praktiken in Bildung und Gesellschaft, Waxmann Verlag GmbH, Münster, 2010, S. 27
  11. Umfrage - Mehrheit für schnellere Abschiebung nach Straftaten
  12. Linken-Anhänger befürworten schnellere Ausweisung von Kriminellen am deutlichsten

9 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Ausweisung straffälliger Ausländer aus Deutschland (Meinungsartikel)) vermutlich nicht.




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