Oppida-Zivilisation

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Als Oppida-Zivilisation bezeichnet man die ab dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesene Kultur und Siedlungsweise keltischer Stämme in städtischen und befestigten Siedlungen nach mediterranem Vorbild. Keltische Oppida existierten dabei in ganz Frankreich, Belgien, dem südlicheren Deutschland sowie Österreich und zogen sich östlich bis nach Böhmen und Ungarn.

Die Entwicklung der Oppida-Zivilisation steht im Zusammenhang mit der keltischen Expansionsbewegung im 3. Jahrhundert v. Chr., als in den nördlicheren keltischen Stammgebieten Veränderungen erkennbar werden, die zumindest teilweise als Rückwirkung aus den Auswanderungsgebieten, vor allem in Norditalien, erklärt werden. [1] Voraussetzung der Oppida-Zivilisation war eine im keltischen Raum bereits existierende fortschrittliche und spezialisierte Technik mit komplexen Produktionsweisen und einer bereits hochkulturlicher Wirtschaft mit weitverzweigten Handelsbeziehungen. Ausschlaggebend für die Wahl des Standort eines oppidum war neben einer strategisch günstigen Lage die Nähe von Verkehrswegen und das Vorkommen von Bodenschätzen. Auch zunehmende bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Stämmen und mit landsuchenden germanischen Völkern wie etwa den Kimbern und Teutonen begünstigten das Aufkommen städtischer Zentren. [2] Diese Faktoren hatten die Entwicklung zentraler Orte als Herrschafts-, Wirtschafts- und Kulturmittelpunkte zur Folge.

Gaius Iulius Caesar schildert in seinem Bericht über den Gallischen Krieg die Oppida als Landstädte ohne besonderes Stadtrecht, welche als Hauptorte der gallisch-keltischen Stammesterritorien stets Brennpunkte seiner Strategien in den Feldzügen zwischen 58 und 51 v. Chr. waren. Einige große und wichtige Siedlungen bezeichnet er dabei auch als urbs (dt.: Stadt). [3] Da antike Autoren über die Oppida-Zivilisation weitgehend schweigen, müssen weiterführende Schlüsse über den jeweiligen ökonomischen oder sozialen Kontext einer Siedlung fast ausschließlich aus archäologischen Funden abgeleitet werden. [4]

Ob Gergovia oder Alesia, in dem sich Vertingetorix den Römern ergab, es handelte sich bei den Oppida um Städte, die in ihrem Bauptrinzip eng mit der mittelmeerischen Stadtidee und speziell der der griechischen Polis verwandt waren. Keltische Oppida finden wir z.B. in Frankreich beim Mont Beuvray mit Bibracte und weiter südlich mit Uxellodunum, dem Hradist von Stradonitz in Böhmen, in Manching bei Ingolstadt, auf dem Basler Münsterhügel in der Schweiz, bei Velen St. Vid in Ungarn, auf dem Michelsberg bei Kehlheim an der Donau, dem Hunnenring bei Otzenhausen im Saarland oder mit Menosgada auf dem Staffelberg in Oberfranken. [5] Die Oppida können auf Bergen oder im Flachland, in Flussläufen und an Zusammenflüssen oder auf Hochflächen liegen. Ihre Größe kann mehrere hundert Hektar erreichen, wobei dann die Innenstädte wohl nur zum Teil bebaut waren. Sie sind in der Regel mit Konstruktionen aus Holz, Stein und Erde sowie teilweise auch Steinmauern befestigt, wobei im linksrheinischen Gebiet die beliebteste Form der sogenannte murus gallicus war. [6] Im rechtsrheinischen Gebiet ist die sogenannte Pfostenschlitzmauer als Befestigungstechnik vorherrschend. Bei ihrer Anlage errichtete man in regelmäßigen Abständen senkrechte Pfosten, die durch waagerechte Balken mit einer dahinterliegenden Stein- und Erdaufschüttung verbunden wurden. An der Außenfront verkleidete man dann die Zwischenräume zwischen den Pfosten mit Steinblöcken. [7]

Auf dem Mont Beauvray, dem alten gallischen Bibracte, ehemals Hauptstadt der Haedurer, dass Caesar als „oppidum apud Haeduos maximae auctoritates“ bezeichnet, bestand einer der bedeutendsten Handelsplätze in Mittelgallien. An günstiger verkehrsgeografischer Stelle gelegen, wird es auf einem Areal von 135 Hektar von einem fünf Kilometer langen Wall umschlossen. Untersuchungen zeigten, dass es sich um einen murus gallicus handelt, ein mit Geröll verfülltes, auf der Vorderseite mit einer Trockenmauer verblendetes Holzkastenwerk, an welchem auf der Innenseite eine tiefe Erdrampe aufgeschüttet war. Die Zugänge zur Stadt waren mit Zangentoren gesichert. Auf solche Art befestigte Oppida bereiteten selbst den römischen Belagerungsmaschinen Schwierigkeiten. Auf dem Mont Beuvray konnten neben einem Handwerkerviertel ein Wohnbezirk für die Vornehmen und vor allem ein Forum mit Kultbauten nachgewiesen werden. Der Bebauungsplan entspricht somit genau der wirtschaftlichen Struktur der städtisch organisierten Welt des Mittelmeergebietes. [8]

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Dorothee Ade und Andreas Willmy: Die Kelten, Konrad Theiss Verlag GmbH, 2. Aufl., Stuttgart, 2012, Seite 55 und 56
  2. Bernhard Maier: Die Kelten - ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, C.H. Beck, 2000, S. 69
  3. Winfried Menghin: Kelten, Römer und Germanen, Prestel Verlag, München, 1980, Seite 118 und 123
  4. Bert Freyberger: Südgallien im 1. Jahrhundert v. Chr. - Phasen, Konsequenzen und Grenzen römischer Eroberung (125-27/22 c. Chr.), Fritz Steiner Verlag GmbH, Stuttgart, 1999, Seite 42
  5. Winfried Menghin: Kelten, Römer und Germanen, Prestel Verlag, München, 1980, Seite 126
  6. Dorothee Ade und Andreas Willmy: Die Kelten, Konrad Theiss Verlag GmbH, 2. Aufl., Stuttgart, 2012, Seite 56 bis 58
  7. Bernhard Maier: Die Kelten - ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, C.H. Beck, 2000, S. 69 und 70
  8. Winfried Menghin: Kelten, Römer und Germanen, Prestel Verlag, München, 1980, Seite 124 bis 126

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