Buddhismus und Hinduismus

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Moderne Zusammenstellung von Chakren aus dem Buddhismus und Hinduismus

Buddhismus und Hinduismus sind zwei Religionen, die ursprünglich aus demselben Land, nämlich Indien stammen und ähnliche spirituelle Begriffe verwenden. Buddha ist für viele westliche Menschen ein hilfreiches spirituelles Vorbild. Er verkörpert den Weg der Ruhe und der Meditation. Der Hinduismus steht für lebensfrohe Feste, viele Götter und vor allem für Yoga als Entspannungs- und Gesundheitstechnik. Das Zentrum beider Religionen ist die Erleuchtung. In vielen Punkten stimmen der Buddhismus und der Hinduismus überein und in manchen nicht. Dabei ist zu beachten, dass es im Buddhismus und im Hinduismus unterschiedliche Richtungen gibt.

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1 Grundzüge des Buddhismus

Der Buddhismus ist die viertgrößte Religion der Erde. Die Buddhisten berufen sich auf die Lehren von Siddhartha Gautama, der im 5. Jahrhundert v. Chr. in Nordindien lebte. Ein Buddhist nimmt Zuflucht zum Buddha, zum Dharma (zu seiner Lehre) und zum Sangha (zur buddhistischen Gemeinschaft). Das Ziel der buddhistischen Praxis ist es die Erleuchtung zu erlangen.

Buddha“ (wörtlich „Erwachter“) ist ein Ehrentitel, der sich auf die dauerhafte Erfahrung der Erleuchtung ("Erwachen") bezieht. Im Buddhismus versteht man unter einem Buddha ein Wesen, das die vollständige Erleuchtung erreicht hat. Ein Buddha hat das Nirwana verwirklicht und ist damit nach buddhistischer Überzeugung nicht mehr an den Kreislauf der Reinkarnation (Samsara) gebunden.

Die Lehre Buddhas wird Dharma genannt. Basis des Dharma sind die Vier edlen Wahrheiten: 1. Das Leben im Daseinskreislauf beinhaltet Leid. 2. Die Ursachen des Leidens sind Anhaftung an weltliche Genüsse, Ablehnung von unangenehmen Situationen und Unwissenheit vom tieferen Sinn des Lebens (inneres Glück). 3. Werden die Ursachen aufgelöst, verschwindet das Leiden. 4. Der Weg zur Überwindung des Leidens ist der Edle Achtfache Pfad.

Der Achtfache Pfad zur Erleuchtung besteht aus der richtigen Einsicht (im Wesentlichen leben), dem richtigen Entschluss (zum spirituellen Üben), der richtigen Rede (nicht lügen, andere nicht verletzen), dem richtigen Handeln (nicht stehlen, nicht töten), dem richtigen Lebenserwerb (anderen Wesen nicht schaden, Gutes tun), dem richtigen Streben (nach Erleuchtung), der richtigen Achtsamkeit (auf den Körper und die Gedanken) und der richtigen Sammlung (Meditation).

Es gibt heutzutage drei Hauptrichtungen des Buddhismus (Theravada, Mahayana und Vajrayana) und viele Unterformen (zum Beispiel den Amitabha-Buddhismus und den Zen-Buddhismus). Der Theravada-Buddhismus konzentriert sich auf die ursprüngliche Lehre Buddhas. Dabei geht es vor allem um die eigene Erleuchtung. Das Hauptziel ist es ein Heiliger (Arhat) zu werden und im Nirwana (Einheit) zu leben.

Der Mahayana-Buddhismus ist der Weg der umfassenden Liebe. Das Hauptziel ist nicht die eigene Erleuchtung, sondern das Glück aller Wesen. Ein Mahayana-Buddhist sieht sich nicht getrennt von seinen Mitwesen, sondern empfindet sich als Teil der Welt. Er möchte alle Wesen auf dem Weg zur Erleuchtung mitnehmen. Er wünscht eine glückliche Welt und einen glücklichen Kosmos.

Das Ideal im Mahayana ist es als Bodhisattva zu leben. Ein Bodhisattva arbeitet gleichzeitig für die eigene Erleuchtung und für die Erleuchtung aller Wesen. Wenn ein Bodhisattva die Erleuchtung erlangt hat, verzichtet er so lange auf das große Erlöschen im Parinirwana nach dem Tod, bis er alle seine Mitwesen auch gerettet hat. Er inkarniert sich grundsätzlich öfter auf der Erde.

Der Vajrayana („Diamantfahrzeug“) ist im Westen als Tibetischer Buddhismus bekannt. Er beruht auf den philosophischen Grundlagen des Mahayana, ergänzt diese aber um vielfältige Techniken. Dazu gehören Körperübungen (Niederwerfungen), Visualisierungen (Gottheiten-Yoga), Mantras, spirituelle Rituale, spezielle Meditationen, Einweihungen (Energieübertragungen) und die Arbeit mit erleuchteten Meistern (Guruyoga).

Beim Vajrayana finden wir am stärksten eine Vermischung von Buddhismus und Hinduismus. Viele spirituelle Techniken des Vajrayana stammen aus dem Hinduismus und wurden mehr oder weniger verändert in den Buddhismus einfügt. Dieses bezieht sich insbesondere auf die Gottheiten, die Yoga-Techniken (Hatha-Yoga, Mantra-Yoga, Tantra-Yoga) und die Verehrung des erleuchteten Meisters (Gurus).

2 Grundzüge des Hinduismus

Der Hinduismus ist eine Religion aus vielen Einzelreligionen mit jeweils speziellen Vorbildern (Göttern) und spirituellen Techniken. Für den persönlichen Glauben haben religiöse Lehrer (Gurus) oft einen großen Stellenwert. Nur einzelne Richtungen gehen auf einen bestimmten Begründer zurück. Trotz aller Unterschiede können Hindus der verschiedenen Richtungen weitgehend gemeinsam feiern und beten. „Einheit in der Vielfalt“ ist eine oft verwendete Redewendung zur Selbstdefinition im modernen Hinduismus.

Die wichtigsten Strömungen innerhalb des Hinduismus sind der Vishnuismus, der Shivaismus und der Shaktismus. Vishnuiten glauben, dass ihr höchster Gott Vishnu sich in mehreren Inkarnationen (Avatara) in der Welt manifestiert hat. Vishnu inkarniert sich vor allem dann in der Welt, wenn die kosmische Ordnung (Dharma) gefährdet ist und der Rettung bedarf. Zu den klassischen zehn Inkarnationen zählen Rama und Krishna.

Shivaiten halten Shiva für den höchsten Gott, der alle anderen Götter an Macht überragt. Shiva gilt als Gott der Asketen, der im Himalaya meditiert. Shivaiten können Dualisten (Gott und die Welt sind getrennt), Monisten (es gibt nur Gott) im Sinne Shankaras oder auch Tantriker (Gott ist männlich und weiblich) wie im Shivaismus Kaschmirs, sein. In manchen Strömungen des Shivaismus spielt Yoga eine große Rolle.

Im Shaktismus werden weibliche Gottheiten wie Durga, Lakshmi, Sarasvati, Kali oder Devi als wichtigste Hauptgottheit angesehen. Devi gilt als Mahadevi (große Göttin), die alle anderen Göttinnen in sich vereint. Der Shaktismus betont die Rolle der Mutter als wichtiges Symbol für Gott. Wie die Kinder aus der Mutter so sind alle Wesen aus Gott (der höchsten kosmischen Dimension) entstanden. Die Verehrung der göttlichen Mutter kann ein hilfreicher Weg in ein Erleuchtungsbewusstsein sein.


2.1 Moksha

Moksha ist das Zentrum des Hinduismus. Es bedeutet Erlösung und wird oft auch als Erleuchtung bezeichnet. Moksha beinhaltet die Befreiung aus der Kette von Geburt, Tod und Wiedergeburt (Samsara) und stellt das letzte Ziel des menschlichen Lebens dar. Zwar gibt es auch im Hinduismus eine Vorstellung vom Himmel, den eine Person mit gutem Karma nach dem Tod des Körpers genießen kann, dieser ist jedoch nur vorübergehend.

Viele Traditionen beschreiben Erleuchtung als einen Zustand der Losgelöstheit vom 'Ich' und von der Anhaftung an die Welt. Der Mensch gelangt ins Sat-Chit-Ananda. Sat bedeutet in einem Zustand des Seins zu leben (in der anhaftungslosen Ruhe). Chit bezieht sich auf das Bewusstsein und wird meist im Sinne eines reinen unpersönlichen Bewusstseins verstanden (Einheitsbewusstsein, Gottesbewusstsein). Ananda ist die Glückseligkeit der Erleuchtung. Wer das anhaftungslose Sein und das Einheitsbewusstsein (kosmisches Bewusstsein) übt und verwirklicht, in dem entsteht von allein (durch Gnade) das innere Glück (die heitere Gelassenheit der Erleuchteten). Die Person, die während des Lebens vollkommende Erlösung erlangt hat, nennt man Jivan Mukta (befreite Seele).

Die Traditionen des Hinduismus empfehlen drei, gelegentlich auch vier, verschiedene Wege, Moksha zu erreichen: Bhakti-Yoga (den Weg der Gottesliebe), Jnana Yoga (den Weg des Wissens) sowie Karma-Yoga (den Weg der selbstlosen Tat). Der vierte Weg ist der Raja Yoga. Der Raja Yoga besteht aus „acht Gliedern“ (Ashtanga) und ähnelt dem achtfachen Pfad Buddhas: 1. Yama (Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, nicht Stehlen, im Wesentlichen leben, nicht nach äußerem Reichtum streben) 2. Niyama (Reinheit, Zufriedenheit, Selbstdisziplin, Selbstbesinnung, Hinwendung zum höheren Sinn des Lebens). 3. Asana (Yogastellung) 4. Pranayama (Atmung) 5. Pratyahara (Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt) 6. Dharana (Konzentration) 7. Dhyana (Meditation) 8. Samadhi (Erleuchtung).


2.2 Dharma

Dharma ist ein zentraler Begriff sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus. Dharma beinhaltet im Hinduismus Gesetz, Recht und Sitte, ethische und religiöse Verpflichtungen. Hindus sehen die Beachtung des Dharmas nicht nur als Voraussetzung für soziales Wohlergehen, sondern auch für eine gute persönliche Entwicklung. Von der Erfüllung des Dharmas hängt für sie das zukünftige Karma ab.

Das in den Schriften des Hinduismus beschriebene Ideal der vier Lebensstadien (Ashrama) teilt das Leben in vier Phasen ein: Brahmacharin (Schüler), Grihastha (Haushälter), Vanaprastha (in die Waldeinsamkeit Gehender) und Samnyasin (die Welt Aufgebender). Die Pflicht des Schülers ist, zu lernen und soziale Dienste zu leisten. Als „Haushälter“ soll man heiraten, Kinder haben, die Familie versorgen, den Bedürftigen geben, den sozialen und politischen Bedürfnissen der Gemeinschaft dienen. In die „Waldeinsamkeit“ soll man erst gehen, wenn die familiären Pflichten erfüllt sind. Dann kann man sich von materiellen Dingen lösen. Daraus entsteht dann als letzte Phase die Welt aufzugeben und erleuchtet in Brahman (im Sat-Chit-Ananda) zu leben.

Im Buddhismus beinhaltet Dharma die Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten und vom Achtfachen Pfad zur Erleuchtung. Im Mahayana und Vajrayana verweist der Begriff neben der Lehre Buddhas zudem auf die Lehren der großen Bodhisattvas und aller Meister, die in der Nachfolge Buddhas Erleuchtung erlangt haben.

Der tiefere Sinn des Lebens liegt sowohl nach dem Buddhismus als auch nach dem Hinduismus in der Erleuchtung. Der Weg dorthin ist die richtige Ausübung des Dharma. Dabei zentriert sich der Buddhismus auf das Leben als Mönch oder Nonne. Es ist aber auch möglich als Laienanhänger (weltlich lebender Mensch) ein Buddhist zu sein. Im Hinduismus wird meistens die Verbindung von Leben und Spiritualität betont. Es gibt aber auch das Leben in einem Ashram oder als abgeschiedener Yogi.


2.3 Karma

Karma bezeichnet ein spirituelles Konzept, nach dem jede Handlung – physisch wie geistig – unweigerlich eine Folge hat. Diese muss nicht unbedingt im aktuellen Leben wirksam werden, sondern kann sich möglicherweise erst in einem der nächsten Leben manifestieren. Die Lehre des Karma ist eng mit dem Glauben an Samsara, den Kreislauf der Wiedergeburten, verbunden und an die Gültigkeit des Ursache-Wirkungs-Prinzips auf geistiger Ebene auch über mehrere Lebensspannen hinweg.

Zu der Frage, wie sich die Früchte der Taten realisieren, gibt es mehrere Auffassungen: (1) die Seele verlässt nach dem Tod den Körper und wird in einem neuen, durch das Karma bedingten Leib neu geboren. (2) Die Vergeltung findet teils im Jenseits, teils in der neuen Existenz statt. (3) Gutes Karma kann eine zeitlich begrenzte Seligkeit im „Himmel" erwirken, schlechtes Karma dagegen einen Aufenthalt in der „Hölle“, jedoch nicht als endgültiger Zustand, sondern z. B. im Wechsel mit einer Tiergeburt. Alle guten Werke können religiöse Verdienste (punya) schaffen, die Karma abbauen.

Eine gegensätzliche Strömung im Hinduismus betont die „Nichttätigkeit“ (nivritti). Sie wird insbesondere von den Yogis und Asketen vertreten. Ihr Weg besteht darin, sich aus der Welt zurückzuziehen, um alle Anhaftungen abzubauen und in ein glückseliges Sein zu gelangen. Auch gute Taten können zu Anhaftungen an andere Menschen oder an den Erfolg führen. Deshalb lehrt Krishna in der Bhagavad Gita den Weg des anhaftungslosen Tuns. Ein Mensch tut Gutes (Arjuna kämpft für die Guten), haftet aber nicht am Ergebnis seines Handelns an. Er trägt mit Gleichmut Sieg oder Niederlage. So wächst man durch positive Taten zur Erleuchtung. Die Bhagavad Gita akzeptiert aber auch den Weg des Yogis, der durch ein Leben in der Ruhe seine Anhaftungen (sein Karma) auflöst.

Buddha lehrte als Asket den Weg des Nichtstuns (als Yogi/Mönch leben). Er empfahl aber auch den Weg des Tuns. Er sprach: "Von allem Bösen abzusehen, das Gute zu tun und seinen eigenen Geist zu läutern, das ist die Lehre Buddhas. Wer andere Wesen quält, der hat kein Glück im nächsten Leben. Die Geizigen steigen nicht zur Götterwelt auf. Wer Gutes tut, erfährt Gutes im Jenseits und auch im nächsten Leben. Besser als die Geburt im Götterreich ist aber der Weg der Erleuchtung. Die glücklichen Buddhas werden auch von den Göttern verehrt." [1]

Der Mahayana-Buddhismus gibt dem positiven Handeln sogar den Vorzug vor dem erleuchteten Nichtstun, solange es noch Leid auf der Welt gibt und nicht alle Wesen erleuchtet sind. Daraus entwickelte sich der sozial engagierte Buddhismus (Thich Nhat Hanh), für den soziales Handeln ein wichtiger Teil der spirituellen Praxis ist. Auch der Dalai Lama stellt das Glück aller Wesen in den Mittelpunkt seiner Lehre und führt ein aktives Leben. Dabei praktizieren der Dalai Lama und Thich Nhat Hanh jeder auf seine Art einen mittleren Weg. Sie handeln aus der Ruhe heraus für eine glückliche Welt. Sie leben im Gleichgewicht von Meditation und Gutes tun.


3 Gott

Der Begriff Gott bezeichnet ein höheres Prinzip im Kosmos. Dieses Prinzip ist mit dem normalen dualistischen Verstand nicht vollständig zu erfassen. Gott ist ein Mysterium, das man in der Erleuchtung sieht und erfährt. Der Erleuchtete fühlt sich in einer Art Licht. Dieses Licht sieht er in der ganzen Welt und in allen Wesen. Er spürt es in sich. Er fühlt Liebe, Frieden und Glück in sich. Er wird eins mit dem Licht. Er empfindet es als höchste Wahrheit. [2]

Es gibt in den Religionen den persönlichen und den abstrakten Gottesbegriff. Manche Erleuchtete (Mystiker) erfahren Gott eher als Person und manche als höhere Dimension im Kosmos. Manche Menschen gelangen durch die Vorstellung von Gott als Person und manche durch die Vorstellung einer höheren Dimension zur Erleuchtung, die wiederum mit verschiedenen Worten beschrieben wird (Licht, das Absolute, höheres Bewusstsein). Im Buddhismus und im Hinduismus dominiert die abstrakte Gottesvorstellung. Im Buddhismus wird das oberste Prinzip Nirwana und im Hinduismus Brahman genannt. Um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Buddhismus und Hinduismus zu erkennen, müssen die Begriffe genau analysiert werden.

Nirwana ist das buddhistische Heilsziel. Es wird erreicht durch die Erleuchtung (Bodhi) und bewirkt einen Austritt aus dem Samsara, dem Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburten (Reinkarnation). Nirwana bedeutet „Erlöschen“ (wörtlich „Ver-wehen“) und bezeichnet das Auslöschen des Ich-Bewusstseins. Der Erleuchtete nimmt sich nicht mehr als getrennt von seiner Umgebung wahr. Er lebt mit seinem Bewusstsein in einer höheren Dimension aus Leere (Nichts) und Einheit (Fülle, Glück). Nirwana kann letztlich mit Worten nicht beschrieben werden, es kann nur erlebt und erfahren werden, zumeist als Folge intensiver meditativer Schulung.

Nirwana ist nicht etwas, das sich erst mit dem Tod einstellt, sondern kann schon im Leben erreicht werden (Zustand des Arhat). Nirwana ist gleichbedeutend mit einem Leben in der Ruhe und im Glück: "Ein Buddha lebt sanftmütig in einer Welt des Kampfes. Er verweilt suchtlos in einer Welt der Süchte. Er ruht leidbefreit in einer Welt des Leidens. Nirwana ist das höchste Glück. Gut ist es einen Erleuchteten zu treffen. Sein Licht erhellt die Welt. Seine Weisheit weist den Weg zum Glück."[3]

Buddha Shakyamuni betonte den Weg der Ruhe, des Loslassens und der Nichtswerdung. Im Mahayana-Buddhismus wird dagegen oft mit positiven Vorstellungen gearbeitet (Götter, transzendente Buddhas, Bodhisattvas, Paradiese). Auch im Hinduismus gibt es den Weg der Ruhe (Jnana-Yoga, Raja-Yoga) und den Weg des Bhakti-Yoga mit personifizierten Gottesbildern. Alle Götter im Hinduismus sind aber Wesensheiten, die aus der Ursubstanz Brahman hervorgegangen sind. Gott ist in seinem Zentrum "Brahman", die höchste Dimension im Kosmos.

Brahman bezeichnet in der hinduistischen Philosophie eine unveränderliche und transzendente Realität, aus der alle Materie hervorgeht. Brahman ist das Unsterbliche, das noch über den Göttern steht. Abgeleitet von der Wurzel brh, wachsen, sich weiten, bedeutet Brahman das Weite, das Unendliche, das Absolute. Brahman ist ein unpersönliches Konzept vom Göttlichen, das keinen Schöpfer und keinen Lenker beinhaltet, ein Urgrund des Seins, eine höhere Dimension, ohne Anfang und ohne Ende. Brahman ist nicht definierbar in Raum und Zeit.

Obwohl attributlos wird es doch als Sat-Chit-Ananda beschrieben und erfahren. Sat-Chit-Ananda ist im Hinduismus ein Begriff für einen Bewusstseinszustand, den man durch die Erleuchtung erlangt. Ein Erleuchteter lebt in der Ruhe, im Einheitsbewusstsein (kosmischen Bewusstsein) und im Glück. Sat bezieht sich auf das anhaftungslose Sein. Das Ich-Bewusstsein erlöscht und der Mensch gelangt in das Einheitsbewusstsein (Chit). Aus der Verbindung des Seins mit dem Einheitsbewusstsein entsteht dann von alleine (aus Gnade) das innere Glück (Ananda).

Swami Sivananda schrieb über Brahman: "Wer Brahman verwirklicht hat, wird still. Absolutes Glück ist die höchste Wirklichkeit. Erhebe dich Schritt für Schritt zur transzendenten Erfahrung, wo alle Namen und Formen verschwinden und nur noch die Freude im Selbst existiert. Die göttliche Gnade ist der größte Schatz im Leben. Unwissenheit besteht so lange, wie das Ichdenken vorhanden ist. Ichdenken ist große Verwirrung. Gott ist die Quelle allen Glücks. Alle Wesen sind in ihm. Gott ist reiner Geist. Gott ist der Weg und das Ziel. Denke daran, dass Gott immer mit dir, in dir und um dich herum ist. Du wirst dadurch große Kraft, inneren Frieden und inneres Glück haben."[4]

Der Unterschied zwischen dem Buddhismus und dem Hinduismus in Bezug auf das höchste Ziel besteht nur darin, dass der Begriff Nirwana die Leerheit (die Ich-Auflösung) und der Begriff Brahman die Einheit (das Einheitsbewusstsein) betont. In der Erleuchtung existieren beide Wahrnehmungen gleichzeitig. Es sind zwei Seiten derselben Münze. Das ergibt sich bereits aus den Aussagen Buddhas zur Erleuchtung.[5] Der erleuchtete Hindu-Meister Swami Sivananda sagte dasselbe.[6] Manche Menschen müssen sich auf die eine Seite und manche auf die andere Seite der Münze konzentrieren, um in den Zustand der Erleuchtung zu gelangen. Es gibt verschiedene Wege zum Ziel der Erleuchtung, aber das Ziel ist das gleiche.[7]

4 Atman und Anatman

Atman ist ein Begriff aus der indischen Philosophie. Er bezeichnet das individuelle Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes und wird häufig als Seele übersetzt. Nach hinduistischer Vorstellung ist der Mensch in seinem innersten Wesen eine unsterbliche Seele (Atman), die sich nach dem Tode des Körpers in einem neu in Erscheinung tretenden Wesen wieder verkörpert. Folglich ist der Tod nicht der Abschluss des Lebens, sondern lediglich der Übergang zu einer neuen Daseinsform. Das Verhältnis zwischen Atman, Gott und der Welt wird von den einzelnen philosophischen Schulen unterschiedlich beschrieben. Der Advaita-Vedanta des Shankara erklärt in seiner monistischen Lehre (alles ist Gott), dass der Atman kein wirkliches Sein habe, da das Göttliche unteilbar sei. Für diese Lehre ist die Seele (Atman) mit Gott (Brahman) identisch, jedoch hindern Nichtwissen, Begierde, Karma usw. den Menschen daran dies zu erkennen.

Die buddhistische Lehre von Anatman (Anatta) erklärt das Nichtvorhandensein eines permanenten und unveränderlichen Selbsts, eines festen Wesenskernes oder Seele. Was normalerweise als das „Selbst“ betrachtet wird, ist danach nur eine Ansammlung von sich konstant verändernden, physischen und psychischen Bestandteilen („Skandhas“). Durch das Anhaften an die Vorstellung, dass der jeweils erlebte, temporäre Zustand eine Art von unveränderlicher und dauerhafter Seele bildet, entsteht Leiden. Die Lehre von „Anatta“ versucht die Menschen zu ermutigen, sich vom unangebrachten Anklammern an das zu lösen, was als fester Wesenskern betrachtet wird. Dadurch - unterstützt von ethischem Verhalten und Meditation - kann der Weg zur Befreiung („Nirwana“) erfolgreich gegangen werden.[8]

Nach dem Buddhismus ist die Vorstellung, es gäbe ein „Ich“, eine abgegrenzte Person, ein Selbst und eine Seele, bereits eine grundlegende Täuschung über das Wesen der Wirklichkeit. [9] Was die Menschen als ihr Selbst oder ihre Seele bezeichnen, ist ein ständig im Wandel begriffenes Zusammenspiel von Sinnesorganen und Geistesformationen (Interessen, Willensregungen, Sehnsüchte und Tatabsichten). Aus diesem ständigen Wandel ergibt sich die Gesetzmäßigkeit des „bedingten Entstehens“: jede Handlung gestaltet demnach die Welt neu.[10]

Für Buddhisten besteht keine Identität vom jeweils jetzigen Selbst mit dem Selbst, das es noch vor einigen Minuten gab; und es gibt auch keine Identität des Selbst, das gerade jetzt existiert, mit dem Selbst, das noch vor einigen Leben existierte. Verbunden sind sie nur durch eine Kontinuität der Veränderung, nicht jedoch durch eine feste Substanz. Das Selbst ist wie ein fließender Fluss, der schon eine Minute später ein anderer ist.[11]

Im Mahayana wird ebenso gelehrt, dass die fünf „Skandhas“ (Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistesformationen, Bewusstsein) kein festes Selbst haben, weil sie der Veränderung und dem Verfall unterworfen sind. Andererseits gibt es aber in jedem Wesen das ewige Buddha-Prinzip (die Buddhanatur). Tief in jedem Wesen verborgen ist demnach ein unvergängliches Wahres Selbst. Hier nähern sich Buddhismus und Hinduismus wieder an.[12]

Wenn es nach dem Buddhismus kein festes Selbst gibt, keine dauerhafte Essenz einer Person, was wird dann wiedergeboren? Es ist der karmische Impuls, der die Verbindung zwischen den einzelnen Leben herstellt. Es gibt keine Substanz, die übertragen wird. Das Selbst ist wie eine brennende Kerze. Im Moment des Verlöschens wird eine neue Kerze an der Flamme entzündet. Die Flamme (Gedankenstruktur) bleibt erhalten, die Kerze (Selbst) ist eine neue.[13]

Die große Frage ist, was mit einem Buddha (vollständig erleuchteten Wesen) nach dem Tod geschieht. Buddha Shakyamuni (Siddhartha Gautama) hat diese Frage als spekulativ angesehen und nicht beantwortet. [14] Wenn alle Bewusstseinsschwingungen (Gedankenimpulse) zur Ruhe kommen, müsste die Seele (Bewusstseinsflamme) sich in das große Bewusstseinsmeer der höchsten kosmischen Dimension auflösen (wenn die Idee stimmt, dass der Kosmos im Zentrum aus Bewusstsein besteht). Nur noch die Lehre eines Buddhas, sein symbolisches Vorbild und seine Anhänger (Sangha) bleiben auf der Erde zurück.

Swami Sivananda hat als erleuchteter Hindu die Frage mit einem Gebet beantwortet: "Möge meine Seele ewig bestehen bleiben, um den Wesen im Kosmos zu helfen."[15] Andererseits lehrte er aber auch das Ziel des Nirwana. [16] Nach seiner Sicht kann eine erleuchtete Seele vollständig eins mit Brahman (Gott, dem Bewusstseinsmeer) werden und sich so buddhistisch gesehen auflösen. Ein Hindu würde sagen, dass die erleuchtete Seele jetzt als Urseele (Brahman) ewig weiterexistiert. Ein Erleuchteter kann aber die Entscheidung treffen, nicht vollständig ins höchste Sein (ins höchste Glück) einzugehen, sondern entweder im Jenseits aus Liebe zu seinen Mitwesen weiter zu existieren oder sich sogar wieder auf der Erde zu inkarnieren (Nitya Siddha). Ein Mahayana-Buddhist hat diese Entscheidung bereits getroffen. Solange es leidende Wesen gibt, wird er als Helfer (Bodhisattva) weiterleben.

Es besteht kein großer Unterschied zwischen der hinduistischen und der buddhistischen Seelentheorie, wenn man die Seele als ein Schwingungsfeld aus Gedanken und Gefühlen in einer höheren kosmischen Dimension ansieht. Nach den Erkenntnissen der Quantenphysik gibt es hinter dem materiellen Kosmos eine Dimension aus reinem Bewusstsein (ein reines Informationsfeld).[17] Diese Dimension wird im Hinduismus Gott (Brahman, "Licht", Ursubstanz) genannt. In dieser Dimension existieren die Seelen. Sie sind Wassertropfen oder Wellen in einem großen Meer aus ewigem Bewusstsein. Es gibt sie nur auf der Basis der Ursubstanz ("Licht", Bewusstsein, "feinstoffliche Energie", Informationsfeld). Sie sind Extraeinheiten im höheren Bewusstseinsfeld durch ihre Schwingungen. Sie sind ein Schwingungsfeld in einer höheren Dimension. Kommen die Gedankenschwingungen zur Ruhe, entsteht göttliches Gewusstsein (Frieden, Glück). Der Mensch wird eins mit Gott.

Solange die Schwingungen noch ihr Bewusstsein als abgegrenztes Schwingungsfeld bewahren, existieren sie als eigenstängige Seele. Wenn ein Schwingungsfeld sein Ich-Bewusstsein aufgibt, löst sich die Seele in die höhere Dimension (Brahman, Nirwana) hinein auf. Das ruhende Bewusstsein eines Erleuchteten kann als Schwingungspotential mit der Möglichkeit der Reaktivierung weiter erhalten bleiben. Nach der Lehre des Hinduismus kommt der Kosmos zyklisch ganz zur Ruhe. Am Ende aller Zeiten lösen sich alle Seelen vollständig auf, um nach einer Ruhephase in einem weiteren kosmischen Schwingungstanz wieder neu zu entstehen. Übertragen werden in den Inkarnationen die Schwingungsimpulse, die jeweils in einem eigenständigen Schwingungsfeld existieren. Eine Seele ist deshalb gleichzeitig ein Fließen von Impulsen (Anatman) und eine feste Einheit (Atman).

Der Hinduismus betont die Kontinuität der Seele und der Buddhismus die Eigenständigkeit der einzelnen Inkarnationen. Beides ist gleichzeitig wahr. Es gibt Kontinuität verbunden mit Eigenständigkeit. Buddha hat den Schwerpunkt seiner Lehre auf die Erleuchtung und das Erlöschen des Selbst gelegt. Deswegen betont er die Leerheit (das Nichtselbst, die Egolosigkeit). Im Hinduismus wird die Fülle eines Erleuchteten hervorgehoben (viel Kraft, Liebe, Frieden, Weisheit, Glück). In der Erleuchtung gibt es Leerheit (Nichts, Egolosigkeit) und Einheit (Fülle, Glück) gleichzeitig. Je nach Geistesverfassung muss man sich auf die Leerheit (Ruhe, Sein, Nichts) oder auf die Fülle (Buddhaschaft, umfassende Liebe) konzentrieren, damit man ins große Glück des Nirvanas / der Erleuchtung gelangt.[18]

5 Vorbilder

Der Buddhismus und der Hinduismus unterscheiden sich im spirituellen Vorbild. Das spirituelle Hauptvorbild aller Buddhisten ist Buddha. Wobei es wiederum sehr vielfältige Buddhavorstellungen unter den Buddhisten gibt. In China ist der dicke Buddha sehr beliebt, weil Leibesfülle auf Glück und Wohlstand hindeuten. In Japan und teilweise auch in einigen anderen Ländern wird der Buddha der Liebe und des Lichts Amitabha sehr verehrt. Die Burmesen haben eine sehr spezielle ausdrucksstarke Vorstellung von Buddha erschaffen. Die Theravada-Buddhisten konzentrieren sich auf den historischen Buddha Siddhartha Gautama. Und die tibetischen Buddhisten arbeiten neben Siddhartha Gautama mit fünf transzendenten Buddhas, die verschiedene für die Erlangung der Buddhaschaft wichtige Eigenschaften verkörpern.

Buddha wird als historische Person und als transzendentes Prinzip, als Name für die vollendete Erleuchtung, angesehen. Und dann gibt es im Mahayana-Buddhismus noch viele Bodhisattvas und einige Götter, die aus dem Hinduismus übernommen wurden (Tara, Sarasvati, Ganesha). Trotzdem bleibt der Begriff Buddha ein spirituelles Symbol, das alle Buddhisten verbindet und den Buddhismus von anderen Religionen abgrenzt.

Buddha sah sich weder als Gott noch als Überbringer der Lehre eines Gottes. Er stellte klar, dass er die Lehre, Dhamma (Pali) bzw. Dharma (Sanskrit), nicht aufgrund göttlicher Offenbarung erhalten, sondern vielmehr durch eigene meditative Schau (Kontemplation) ein Verständnis der Natur des eigenen Geistes und der Natur aller Dinge gewonnen habe. [19] Diese Erkenntnis sei jedem zugänglich, der seiner Lehre und Methodik folge. Dabei sei die von ihm aufgezeigte Lehre nicht dogmatisch zu befolgen. Im Gegenteil warnte er vor blinder Autoritätsgläubigkeit und hob die Selbstverantwortung des Menschen hervor.

Im Hinduismus werden viele verschiedene Vorbilder verehrt. Zwar ist Brahman das gemeinsame Ziel, aber aus der absoluten Realität (dem Licht, Gott, der höheren Bewusstseinsdimension im Kosmos) manifestieren sich dann viele Gottheiten und erleuchtete Meister. Diese Gottheiten werden als symbolische Vorbilder für die Erleuchtung und auch als reale Wesen gesehen, die man anbeten kann. Die Gottheiten können sich als reale Personen auf der Erde inkarnieren (Avatara). Der Gott der Liebe Vishnu inkarniert sich zehnmal auf der Erde, um die Welt zu retten und das Gleichgewicht unter den Guten und den Schlechten wieder herzustellen. In seiner siebten Inkarnation kam er als Rama und in seiner achten Inkarnation als Krishna. Viele indische Gurus wie Sathya Sai Baba, Mata Amritanandamayi und Mutter Meera verstehen sich als Avatar.

Buddha wird im Hinduismus als der neunte Avatar Vishnus angesehen.[20] Darin kann man den Versuch sehen, den Buddhismus durch den Hinduismus aufzusaugen. Man kann es aber auch positiv als eine Geste der Toleranz deuten. Umgekehrt wurden auch Götter des Hinduismus vom Mahayana-Buddhismus übernommen und den Inkarnationen Vishnus durch die Bodhisattvas (erleuchtete Wesen der umfassenden Liebe) eine Konkurrenz geschaffen.

Manche Hindus glauben, dass der Buddhismus nur eine Reformation des Hinduismus ist. Dass Buddha nur einige Missstände innerhalb des Hinduismus reformieren wollte.[21] Buddha selbst unterstützt diese Ansicht mit den Worten: "Ich lehre nur das, was alle Weisen sagen."[22] Er sah vor allem die Einheit der Religionen und der Erkenntnis aller Erleuchteten.

6 Kastenwesen

Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Hinduismus und dem Buddhismus ist das Kastenwesen. Der Buddhismus lehnt die Einteilung der Menschen in Kasten ab. Für ihn sind alle Menschen gleich, weil alle das Erleuchtungspotential in sich tragen.[23] Diese Auffassung wird auch von vielen hinduistischen Yoga-Meistern vertreten (Patanjali/Yogasutra, Amritanandamayi, Swami Sivananda, Mutter Meera). Im modernen Yoga geht man von der Gleichheit aller Menschen aus. In der indischen Verfassung ist die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit verboten. In der sozialen Realität in Indien spielt sie aber weiterhin eine große Rolle.[24] Viele Hindus sind wegen der Kastendiskriminierung zum Buddhismus übergetreten.[25]


7 Spirituelle Techniken

Die spirituellen Techniken von Buddha und des Yogaweisen Patanjali (Yoga-Sutra, Raja-Yoga) sind ähnlich. Buddha lehrte den achtfachen Pfad, der mit der Gedankenarbeit (richtiges Denken, richtiges Verhalten) beginnt und mit der richtigen Versenkung endet. Patanjali (Hinduismus) lehrte den achtfachen Yogaweg (Ashtanga Yoga) beginnend mit den richtigen Verhaltensweisen (Yama und Niyama) und abschließend der Meditation.

Der Weg der Erleuchtung besteht im Wesentlichen aus konsequenter Gedankenarbeit (die fünf Eigenschaften innerer Frieden, umfassende Liebe, Weisheit, Selbstdisziplin und inneres Glück üben) und regelmäßiger Meditation. Dann kommt der Geist zur Ruhe, der Mensch ruht in seiner wahren Natur (in Gott) und das innere Glück erwacht. Buddha lehrte dazu den Weg der vier Versenkungsstufen. So gelangt man ins Nirwana. Patanjali erklärte, dass Yoga im Zentrum Beruhigung der Gedanken ist (Yogasutra).

Bei Patanjali gibt es dazu den Dreischritt aus Konzentration, Meditation und Samadhi. Erst bringt der Yogi durch Konzentration seine Gedanken bewusst zur Ruhe. Dann beobachtet er die Gedanken nur, läßt sie frei fließen und sich von selbst im Laufe der Zeit weiter beruhigen. Irgendwann gibt es einen inneren Umschwung und der Yogi ist im Glück. Er ruht in Brahman, im Sat-Chit-Ananda (Sein-Einheitsbewusstsein-Glückseligkeit).

Vipassana und Zazen sind die im Westen bekanntesten buddhistischen Meditationsformen. Beide Schulen lehren das nicht wertende und absichtslose Gewahrsein im Hier und Jetzt, ohne an Gedanken, Empfindungen oder Gefühlen zu haften. Ziel der Meditation ist die transzendente spirituelle Erfahrung, die als Auflösung der Dualität beschrieben wird. Bei der Samatha-Meditation, die auch Geistesruhe-Meditation genannt wird, konzentriert sich der Übende auf ein Objekt wie zum Beispiel den Atem, ein Bild, einen Gedanken oder ein Mantra. Die Samatha-Meditation führt dann meistens zur Vipassana-Meditation, bei der die Gedanken kommen und gehen können wie sie wollen.

Die Zen-Meditation ähnelt der Vipassana-Meditation. Sie ist nur stärker ritualisiert. Und vor allem findet normalerweise ein ständiger Wechsel zwischen Gehen und Sitzen statt. Die Gehmeditation ist eine Besonderheit im Buddhismus. Im Hinduismus gibt es vergleichbar dazu die Körper-Übungen im Hatha Yoga und die Technik des Pilgerns. Swami Sivananda praktizierte das tägliche Joggen und bei Swami Vishnu-devananda gab es regelmäßige Waldspaziergänge.

Im 7. Jahrhundert nach Christi entwickelten die Shiva-Anhänger Matsyendra und sein Schüler Goraksha den Weg des Hatha Yoga, der aus einer Vielfalt von Techniken besteht. Es gibt Körperübungen (Yoga) und verschiedene Meditationstechniken, die auf der Aktivierung der Kundalini-Energie durch den Atem, Visualisierungen und Mantras beruhen. Der heutige Yoga ist ein System aus vielfältigen Methoden zur Erweckung der Erleuchtungsenergie (Glücksenergie). Er hat den einfachen Erleuchtungsweg aus Konzentration (Samatha) und Meditation (Achtsamkeit) weit überschritten und ist zu einer vielfältigen spirituellen Praxis übergegangen (Gottheiten-Yoga, Meister-Yoga, Karma-Yoga, Mantra-Yoga, Tantra-Yoga).

Parallel zum Hatha Yoga entstand in Tibet der Vajrayana. Der indische Yogi und Buddhist Padmasambhava brachte die ganze Vielfalt der Yogatechniken nach Tibet. In der Folgezeit wurde daraus das spirituelle System des tibetischen Buddhismus entwickelt. Für den Hinduismus hat Swami Sivananda das indische Yogawissen zusammengefasst und in ein spirituelles System gebracht. [26] Anandamayi Ma hat den kreativen Hatha Yoga und Gottheiten-Yoga entwickelt, bei dem intuitiv die jeweils passenden Übungen gefunden werden.[27] Ramakrishna hat die Einheit aller Religionen erfahren und Übungen aus vielen Religionen praktiziert. Die heutigen Yoga-Meister lehren bei individuellen Unterschieden meistens einen vielfältigen Übungsweg. Im Westen dominiert dabei der Weg der Körperübungen (Yoga).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es im Buddhismus den ruheorientierten Weg des Vipassana und des Zen gibt. Daneben existiert der vielfältige tibetische Buddhismus (Vajrayana). Im Hinduismus findet man parallel dazu den traditionellen Weg von Patanjali (Raja-Yoga) und den vielfältigen Übungsweg der neueren Zeit (Hatha-Yoga, Bhakti-Yoga, Karma-Yoga, Tantra-Yoga, Gottheiten-Yoga, Mantra-Yoga).

Eine große Gefahr auf jedem spirituellen Weg ist das formale Üben, bei dem man leere Rituale praktiziert, die einen spirituell nicht wirklich voranbringen. Buddha wandte sich gegen diese Form des spirituellen Übens. Er riet den Brahmen statt äußerlich perfekter Rituale lieber die Erleuchtung (Vereinigung mit Brahma) zu verwirklichen. Ohne eine eigene Erleuchtungserfahrung (Brahma von Angesicht sehen) blieben alle ihre spirituellen Unterweisungen nur leeres Gerede.[28]

Es ist hilfreich spirituelle Bücher (Jnana Yoga, Svadhyaya) zu lesen und eine gute spirituelle Ausbildung zu machen. Letztlich kann man der Gefahr des formalen Übens nur entgehen, wenn man einen erleuchteten Meister hat. Ansonsten bringt man alle Übungsanweisungen immer in das persönliche System des rationalen dualistischen Denkens. Erleuchtung besteht aber gerade darin, die dualistische Weltsicht zu überschreiten und in eine höhere Bewusstseinsebene (Nirwana, Brahman) zu gelangen.[29]

Dabei kann einem nur jemand helfen, der das spirituelle Ziel bereits kennt. Insofern ist es gut, dass der tibetische Buddhismus ebenso wie der hinduistische Yoga (Swami Sivananda, Amritanandamayi, Mutter Meera) die Bedeutung eines erleuchteten Meisters hervorheben (Guru, Guruyoga, Lamaismus).[30] Andererseits gibt es gerade im Hinduismus und manchmal auch im tibetischen Buddhismus kritikwürde Gurus. Der Dalai Lama empfiehlt deshalb jeden Meister genau zu prüfen, bevor man sich auf den Weg mit ihm begibt. [31] Es gibt viele Fallen auf dem spirituellen Weg, die man am besten mit einer klaren Verankerung in seiner persönlichen Wahrheit und Weisheit überwindet. [32]

8 Literatur

9 Einzelnachweise

  1. Nyanatiloka Mahathera: Dhammapada, Seite 53 ff.
  2. Nils Horn: Erleuchtung, Gott und Gottesbeweis (Knol-Artikel 2009)
  3. Nach Nyanatiloka Mahathera: Dhammapada, Seite 57 ff.
  4. Swami Sivananda: Sadhana", Seite 404 f.
  5. Nyanatiloka Mahathera: Dhammapada, Seite 57 ff.
  6. Swami Sivananda: Sadhana", Seite 404 f.
  7. Ramakrishna
  8. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 162.
  9. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 214.
  10. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 140.
  11. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 162.
  12. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 185.
  13. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 163.
  14. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 163.
  15. Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 172.
  16. Swami Sivananda: Sadhana", Seite 348.
  17. Hans-Peter Dürr: Am Anfang war der Quantengeist. In: PM Magazin 05/2007]. Amit Goswami: Das bewusste Universum. Seite 74 ff.
  18. Nils Horn: Erleuchtung, Gott und Gottesbeweis. Kapitel Die Einheit aller Religionen.
  19. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 92.
  20. Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 60.
  21. Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 57.
  22. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 212 f.
  23. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 366.
  24. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 29 ff.
  25. Hans Wolfgang Schumann: Die großen Götter Indiens. Seite 36.
  26. Swami Sivananda: Sadhana", Seite 179.
  27. Bithika Mukerji: Matri Lila, Seite 61 ff.
  28. Hermann Oldenberg: Reden des Buddha. Seite 366 ff.
  29. Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 20.
  30. Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 58.
  31. Dalai Lama: Dzogchen. Seite 40.
  32. Padmasambhava: Der Führer auf dem Weg zur Wahrheit, Seite 34 ff.

10 Weblinks

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12 Andere Lexika

  • Dieser Artikel wurde in der deutschen Wikipedia gelöscht.

Erster Autor: Nobody60 angelegt am 10.01.2011 um 09:51, weitere Autoren: Vollbio, Uoeia, Rufus46

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