Arzu Özmen
Arzu Özmen (* 21. April 1993 in Detmold; † 1. November 2011) war eine deutsche Auszubildende mit kurdischer bzw. jesidischer Herkunft. Sie wurde in der Nacht zum 1. November 2011 durch ihre Geschwister aus ihrer Heimatstadt Detmold entführt und anschließend durch mehrere Kopfschüsse ermordet. Sie wurde am 4. Februar 2012 in der Türkei beerdigt. Eine Facebook-Gruppe wurde gegründet, die an Arzus Schicksal erinnern soll, die Initiatoren haben aber Angst vor Drohungen und sind daher anonym. Viele der jesidischen Türken hofften, dass die Geschwister nicht bestraft werden, weil ihre Ermordung eine gerechte Strafe sei.[1]
Inhaltsverzeichnis
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1 Tathergang
Am 1. November 2011, gegen 1.30 Uhr, drangen Arzu Özmens fünf ältere Geschwister bewaffnet in die Wohnung ihres Freundes Alexander K. ein, verletzten diesen schwer und zwangen Arzu, mit ihnen die Wohnung zu verlassen. Der Freund alarmierte unmittelbar nach dem Überfall die Polizei.[2] Die Leiche von Arzu wurde am 13. Januar 2012 auf einem Golfplatz in Großensee (Schleswig-Holstein), etwa 30 km nordöstlich von Hamburg gefunden.
2 Strafverfolgung
Die fünf Geschwister wurden wegen Entführung inhaftiert, drei davon wegen Mordes angeklagt. Der Prozeß begann am 30. April 2012.
Die Schwester Sirin Özmen belastete zwei ihrer Brüder schwer und sagte, dieser habe sich mit Arzu gestritten, danach habe sie zwei Schüsse gehört.[3] Sie gab außerdem zu, die treibende Kraft hinter der Entführung gewesen zu sein. Als Angestellte der Stadt Detmold hatte sie Zugriff auf das Register des Einwohnermeldeamts, welches sie für die Suche nach Arzu verwendete. Die Stadt Detmold hat inzwischen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeleitet.[4]
Ihr Bruder Osman Özmen (* 1989 oder 1990) legte beim Prozessauftakt ein Geständnis ab, er habe auf Arzu geschossen.[5] Am 16. Mai 2012 verurteilte das Landgericht Detmold den 22-jährigen Osman zu lebenslanger Haft. Der Richter Michael Reineke sprach von einem „Ehrenmord“. Gegen die Geschwister Sirin (27) und Kirer (25) verhängte das Gericht Haftstrafen von zehn Jahren wegen Geiselnahme sowie Beihilfe zum Mord. Die Brüder Elvis (21) und Kemal (24) wurden wegen Geiselnahme zu fünfeinhalb Jahre Gefängnis verurteilt.
Der Vater bestritt in einem weiteren Verfahren, den Auftrag zum Mord an seiner Tochter gegeben zu haben. Er räumte ein, seine Tochter mit einem Stock geschlagen zu haben. Die Mutter wurde in diesem Verfahren nicht vorgeladen, weil sie nach Auffassung des Landgerichts aufgrund des kulturellen Hintergrunds der jesidischen Familie "keine reale Möglichkeit" gehabt habe, das von dem Vater und einem der Söhne geplante Verbrechen zu verhindern.[6][7] [8] Der Vater wurde am 4. Februar 2013 vom Gericht – wegen Beihilfe zum Mord durch Unterlassen sowie gefährlicher Körperverletzung – zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.[9][10][11]
Im Juli 2013 verurteilte das Landgericht Detmold die Mutter Adile Özmen im Wege eines Strafbefehls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Außerdem musste die Mutter 80 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Gegenstand des Verfahrens war jedoch nicht der Mord, sondern eine Bestrafungsaktion im Kreise der Familie am 27. August 2011. Adile Özmen hatte sich demnach gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung ihrer Tochter Arzu schuldig gemacht.[12]
3 Hintergründe
- Die jesidische Familie der Getöteten war nicht damit einverstanden, dass die Ermordete ein Verhältnis zu einem Mann hatte, der kein Jeside war.[13] Die Tat gilt daher als Ehrenmord.
- Arzu Özmen hatte Angst vor ihrer Familie und sagte: Wenn ich weg bin, bin ich entweder in der Türkei oder tot.
- Sie war bis 2010 Schülerin an die Detmolder Geschwister-Scholl-Gesamtschule. In einer Bäckerei in Remmighausen arbeitete sie an den Wochenenden; dort verliebte sie sich in den 23-jährigen russlanddeutschen Bäckergesellen Alexander K.[14][15]
- Sie war eines von zehn Kindern der Familie. Ihre Eltern, Fendi und Adile Özmen, sind Kurmandschi sprechende Jesiden aus der südostanatolischen Stadt Midyat in der Türkei.
4 Berichterstattung
Die Lippische Landeszeitung widmete dem Fall eine ganze Themenseite. Am 14. Dezember 2011 wurde in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst zur Mithilfe aufgerufen. Eine Webseite auf ehrenmord.de hat den Fall dokumentiert.[16]
5 Einzelnachweise
- ↑ Bericht zur Prozeßeröffnung
- ↑ „18-jährige Kurdin von Familienangehörigen verschleppt“ (Archivversion vom 22. Mai 2013), Lippische Landes-Zeitung, 2. November 2011.
- ↑ Bericht im Handelsblatt
- ↑ „Stadt Detmold trennt sich von Sirin Özmen“ (Archivversion vom 20. Mai 2012), Lippische Landes-Zeitung, 9. Mai 2012.
- ↑ Bericht im Focus
- ↑ Bericht in der Welt
- ↑ „Ein Mädchen, das glücklich werden wollte“: Richter straft Bruder von Arzu Ö. für „Ehrenmord“ - Focus, 16. Mai 2012
- ↑ Detmolder "Ehrenmord"-Prozess - Geschwister von Arzu Ö. zu langen Haftstrafen verurteilt 16. Mai 2012
- ↑ Lange Haft für Arzus Vater Fendi Özmen (Archivversion vom 8. August 2014), Lippische-Landeszeitung, 4. Februar 2013
- ↑ stern.de: Vater von Arzu Ö. zu langer Haftstrafe verurteilt
- ↑ Spiegel.de, 4. Februar 2013 : Ehrenmord-Prozess: Lange Haftstrafe für Vater der getöteten Arzu Ö.
- ↑ nw-news.de: Arzu Özmens Mutter zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
- ↑ Bericht beim WDR
- ↑ „Polizei stellt Suche nach Arzu Özmen vorläufig ein“ (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: mementoweb.org, archive.org)nicht überprüft , Lippische Landes-Zeitung, 10. November 2011
- ↑ Prozess um Mord an Arzu Özmen: Sechseinhalb Jahre Haft für den Vater (Archivversion vom 7. Februar 2013), wdr.de, 4. Februar 2013
- ↑ https://ehrenmord.de/doku/elf/2011_Arzu.php
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