Robert Ljudwigowitsch Bartini
Robert Ljudwigowitsch Bartini (kyrillisch Роберт Людвигович Бартини; ursprünglich Roberto Oros di Bartini, * 14. Mai 1897 in Fiume, heute Rijeka; † 6. Dezember 1974 in Moskau) war ein sowjetischer Flugzeugkonstrukteur italienischer Abstammung.
Inhaltsverzeichnis
Übrigens: Die PlusPedia ist NICHT die Wikipedia. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, PlusPedia ist werbefrei. Wir freuen uns daher über eine kleine Spende! |
1 Leben
Bartinis nicht näher bekannte Mutter starb kurze Zeit nach seiner Geburt und das Kind wurde von seiner Verwandtschaft zu einer Bauernfamilie in Pflege gegeben. Im Alter von drei Jahren wurde es vom Vizegouverneur von Fiume, dem Baron Lodovico Oros di Bartini, und seiner Frau als Adoptivsohn angenommen. Während des Besuchs einer Militärschule kam Bartini im Ersten Weltkrieg als Offiziersanwärter an die Ostfront, wo der 19-jährige im Juni 1916 während einer russischen Offensive in Gefangenschaft geriet und in einem Lager bei Chabarowsk interniert wurde. 1920 kehrte Bartini aus der Gefangenschaft entlassen in seine Heimat zurück und ging im darauffolgenden Jahr nach Rom, um eine Flugschule zu besuchen. Während seines Lageraufenthalts war Bartini mit dem bolschewistischen Gedankengut in Kontakt gekommen und während seines Aufenthalts in der italienischen Hauptstadt trat er als Folge davon 1921 der kommunistischen Partei Italiens (PCI) bei. 1922 wechselte er nach Mailand und begann am dortigen Polytechnikum ein Studium für Flugzeugbau, das er nach Mussolinis Marsch auf Rom im Oktober gleichen Jahres wieder abbrechen musste.
Nachdem die Faschisten 1923 in Italien die Macht übernommen hatten, floh er mit Unterstützung der PCI in die Sowjetunion, wo er seinen Namen in Robert Ljudwigowitsch Bartini änderte und im September die sowjetische Staatsbürgerschaft annahm.
2 Berufsweg
Anfangs erhielt Bartini eine Beschäftigung am Moskauer Flughafen, wechselte aber auf Anweisung des Chefs des Forschungsinstituts der Luftstreitkräfte am in dessen technische Abteilung, wo er für die Einführung eines Jagdflugzeugs (Polikarpow IL-400) verantwortlich wurde. Als nächstes begleitete er die Produktion des in Fili gebauten deutschen Bombenflugzeugs JuG-1, wofür er zum Hauptingenieur befördert wurde. Er beschäftigte sich ab 1928 mit dem Entwurf des unter der Leitung von Dmitri Grigorowitsch in der Abteilung OPO-3 entwickelten Flugboots ROM-1, bei dessen Erprobung Bartini mit Sergei Iljuschin zusammentraf, der zu dieser Zeit im wissenschaftlich-technischen Komitee der Luftstreitkräfte tätig war und ihn für die Vorbereitungen des vorgesehenen Langstreckenflugs der ANT-4 Strana Sowjetow von Moskau nach New York beauftragte. Nach dessen erfolgreicher Durchführung kehrte Bartini in die OPO-3 zurück und entwickelte 1929 das Doppelrumpf-Aufklärungsflugboot ANT-22. 1930 wurde er zum Chefkonstrukteur der OPO-3 ernannt, aber nach heftiger Kritik bei deren Übernahme von einer anderen Abteilung im gleichen Jahr von seinen Aufgaben als Konstrukteur von Militärflugzeugen entbunden.
Bartini wechselte anschließend zum Forschungsinstitut der Zivilluftflotte, wo er auf Intervention von Pjotr Baranow eine Anstellung als Chefkonstrukteur im Werk Nr. 240 in Nowosibirsk erhielt. Dort entstand 1933 das für hohe Geschwindigkeiten ausgelegte Experimentalflugzeug Stal-6, das 420 km/h erreichte. Im folgenden Jahr entstand das Flugboot DAR. Als Konkurrenzentwurf zum Verkehrsflugzeug PS-35 entwarf Bartini 1937 mit seinem Konstruktionsteam das Ganzmetall-Passagierflugzeug Stal-7, welches einige sehr erfolgreiche Langstreckenflugtests absolvierte und später als Basis für den Bau des Langstreckenbombers Jer-2 diente.
An der Konstruktion des Bombers war Bartini persönlich nicht mehr beteiligt, denn er wurde 1938 verhaftet und mit dem Vorwurf der Spionage für das faschistische Italien zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Im Anschluss wurde er dem Konstruktionsbüro 29 zugeteilt, in dem auch andere inhaftierte Konstrukteure wie Andrei Tupolew und Dmitri Tomaschewitsch arbeiteten. 1947 wurde Bartini entlassen; seine Rehabilitierung von allen Anschuldigungen erfolgte aber erst 1956 drei Jahre nach Stalins Tod. Danach arbeitete er wieder an der Entwicklung neuer Flugzeugtypen, zunächst im Entwicklungsbüro (OKB-86) von Georgi Berijew in Taganrog. 1952 kam er abermals nach Nowosibirsk, wo er eine Abteilung im Forschungsinstitut der Luftfahrt übernahm. Dort entstand das Projekt des Überschallbombenflugzeugs T-203, das nach Bartinis Wechsel 1956 ins OKB-256 von Pawel Zybin als A-57 weiterverfolgt, aber nicht verwirklicht wurde. Zybins Entwicklungsbüro wurde 1959 geschlossen und Bartini kehrte nach Taganrog zu Berijew zurück, wo als letzter Höhepunkt seines Schaffens das große Amphibium WWA-14 entstand, das 1972 erstmals flog.
Bartini war Präsidiumsmitglied des Allunionsrat für Aerodynamik, in dessen Funktion er besonders zwischen 1932 und 1935 zahlreiche Schriften zu technischen Themen, aber auch über die Grundlagen der Physik und über Elementarteilchen, verfasste. Zahlreiche seiner handschriftlichen Aufzeichnungen sind auf seinen testamentarischen Wunsch hin bis jetzt unveröffentlicht. Nach seinem Tod wurde Bartini auf dem Nowodewitschi-Friedhof beigesetzt. Ihm zu Ehren wurde ein Asteroid des Hauptgürtels mit der Nummer 4982 benannt.
3 Siehe auch
4 Literatur
Horst Materna: Ein Aristokrat als Konstrukteur in der UdSSR: VTOL-Amphibium WWA-14. In: Fliegerrevue X. Nr. 64, S. 76–89.
5 Weblinks
- A57 Entwurf von Bartini (Ausschnitt aus der Serie Planes That Never Flew)
- Technische Details zum A-57-Bomber
6 Andere Lexika
Hast du einen Löschwunsch oder ein anderes Anliegen? Dann nutze bitte unser Kontaktformular
PlusPedia Impressum
Bitte Beachte:
Sämtliche Aussagen auf dieser Seite sind ohne Gewähr.
Für die Richtigkeit der Aussagen übernimmt die Betreiberin keine Verantwortung.
Nach Kenntnissnahme von Fehlern und Rechtsverstößens ist die Betreiberin selbstverständlich bereit,
diese zu beheben.
Verantwortlich für jede einzelne Aussage ist der jeweilige Erstautor dieser Aussage.
Mit dem Ergänzen und Weiterschreiben eines Artikels durch einen anderen Autor
werden die vorhergehenden Aussagen und Inhalte nicht zu eigenen.
Die Weiternutzung und Glaubhaftigkeit der Inhalte ist selbst gegenzurecherchieren.