§ 43 AufenthG

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§ 43 AufenthG ist ein Paragraph des deutschen Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz).

Frage aus einem Test des nach § 43 AufenthG vorgeschriebenen Integrationskurses
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1 Allgemeines

  • Er steht in Kapitel 3 zur Integration (§§ 43 - 45).
  • § 43 fördert und fordert Integrationskurse für im Bundesgebiet lebende Ausländer.
  • § 43 wird durch § 44 AufenthG, der die Berechtigung zur Teilnahme an einem Integrationskurs regelt, § 44a AufenthG, der die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs regelt, und § 45 AufenthG, der Regelungen zu weiteren Integrationsangeboten enthält, ergänzt.

2 Der Gesetzestext

In Integrations- und Einbürgerungstest kommt auch die Frage nach dem Maler des Gemäldes Kreidefelsen auf Rügen vor, das anscheinend als besonders Deutsch gilt. Mal ehrlich! Hätten Sie gewusst, wer der Maler des Bildes war.
  • Der Gesetzestext lautet:
§ 43
Integrationskurs
(1) Die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland wird gefördert und gefordert.
(2) Eingliederungsbemühungen von Ausländern werden durch ein Grundangebot zur Integration (Integrationskurs) unterstützt. Ziel des Integrationskurses ist, den Ausländern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland erfolgreich zu vermitteln. Ausländer sollen dadurch mit den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet so weit vertraut werden, dass sie ohne die Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln können.
(3) Der Integrationskurs umfasst einen Basis- und einen Aufbausprachkurs von jeweils gleicher Dauer zur Erlangung ausreichender Sprachkenntnisse sowie einen Orientierungskurs zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland. Der Integrationskurs wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge koordiniert und durchgeführt, das sich hierzu privater oder öffentlicher Träger bedienen kann. Für die Teilnahme am Integrationskurs sollen Kosten in angemessenem Umfang unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit erhoben werden. Zur Zahlung ist auch derjenige verpflichtet, der dem Ausländer zur Gewährung des Lebensunterhalts verpflichtet ist.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Einzelheiten des Integrationskurses, insbesondere die Grundstruktur, die Dauer, die Lerninhalte und die Durchführung der Kurse, die Vorgaben bezüglich der Auswahl und Zulassung der Kursträger sowie die Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen für die ordnungsgemäße und erfolgreiche Teilnahme und ihre Bescheinigung einschließlich der Kostentragung sowie die erforderliche Datenübermittlung zwischen den beteiligten Stellen und die Datenverarbeitung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 88a Absatz 1 durch eine Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu regeln. Hiervon ausgenommen sind die Prüfungs- und Nachweismodalitäten der Abschlusstests zu den Integrationskursen, die das Bundesministerium des Innern durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates regelt. [1]

3 Rechtsprechung zu § 43

  • Im Jahr 2012 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage einer heute 59-jährigen Türkin und Analphabetin abgewiesen, die sich gegen ihre durch die Ausländerbehörde ausgesprochene Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs wehrte. Anlässlich einer Vorsprache der Klägerin stellte die Ausländerbehörde fest, dass sie sich nach 28 Jahren Aufenthalt in Deutschland nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen konnte. Sie verpflichtete die Klägerin daher zur Teilnahme an einem Integrationskurs. Dagegen wandte die Klägerin ein, sie habe ihre Integration durch ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland ausreichend unter Beweis gestellt. Der Argumentation der Klägerin folgte das Verwaltungsgericht Karlsruhe nicht. Es befand, die Ausländerbehörde habe die Klägerin zu Recht zur Teilnahme am Integrationskurs aufgefordert, da sie, wie es das Gesetz voraussetze, in besonderer Weise integrationsbedürftig sei. Die Klägerin könne sich nicht einmal auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen, was sich auch in der mündlichen Verhandlung vor Gericht gezeigt habe, in der sie kein Wort Deutsch gesprochen habe. Es bestehe ein besonders hohes staatliches und gesellschaftliches Interesse daran, dass sich alle auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer zumindest auf einfache Art sprachlich verständigen könnten. [2]

4 Durchführung von § 43

  • § 43 AufenthG, § 44 AufenthG, § 44a AufenthG und § 45 AufenthG definieren die Grundsätze der staatlichen Integrationsmaßnahmen. Die Durchführung wird durch die Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler (Integrationskursverordnung - IntV) geregelt. [3]

4.1 Kritik an der Durchführung der Kurse nach § 43

Ob es sinnvoll ist, die Integration von Ausländern aus fremden Kulturen (hier ein türkischer Umzug am Brandenburger Tor in Berlin) per Gesetz (§ 43 bis 45 AufenthG) auch gegen deren Willen zu erzwingen, ist in der deutschen Öffentlichkeit auch umstritten.
  • Die Integrationskurse nach § 43 stehen auch in der Kritik. Anspruch und Wirklichkeit würden oft weit auseinanderklaffen. Es gäbe keine einheitlichen Qualitätsstandards der verschiedenen Kursanbieter. Die Zusammensetzung der Kurse sei wilkürlich. Teilweise würden Analphabeten neben Akademikern im selben Kurs sitzen. Durch das schlechte Finanzierungskonzept leide die Unterrichtsqualität. Nur 40% der Kursteilnehmer würden die Abschlusstests bestehen. [4]
  • Die Heinrich Böll-Stiftung kritisiert die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen u.a. mit folgenden Worten:
"Nun ist nicht nur der Sinn von willkürlich erscheinenden Regelprozeduren und nationalkulturellen Verbohrtheiten höchst umstritten, sondern auch ihre Wirkungen. Wenn diese erzwungenen „Orientierungskurse“ schon nicht zu verhindern sind, dann sollten sie sich zumindest der Frage stellen, inwieweit es republikanischen Prinzipien entspricht, dass der Gesetzgeber ausschließlich gesellschaftlich marginalisierten Gesellschaftsgruppen Sprach- und Gesinnungsprüfungen auferlegt, die weiter zu ihrer Stigmatisierung und Entrechtung beitragen. Es mag dem Zeitgeist oder auch nur den gegenwärtigen Machtverhältnissen geschuldet sein, dass selektiv angewandte Gesetze die früher als institutionelle Diskriminierungen oder als verwandte Formen der Apartheid wahrgenommen wurden, heute als Integrationspolitik verkauft werden können. (...) Um Sanktionen auszusprechen, müssen die Ausländerbehörden nach geltenden Recht nicht einmal den Gesetzgeber böswillig auslegen. Nach § 44a Abs. 3 AufenthG sind nicht nur „verweigerte“, sondern bereits „unzureichende Integrationsleistungen“ wie ein nicht bestandener Abschlusstest strafwürdig. Als Disziplinierungsinstrument wird der Zwang zur vermeintlichen Integration durch legale Drohungen und Bestrafungen institutionalisiert. Das kann Verweigerung der Staatsbürgerschaft (§ 11 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz) und der Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG), Kürzung der sozialen Grundsicherung bis zu einem Drittel (§ 31 SGB II) bis hin zu aufenthaltsrechtlichen Sanktionen (§ 8 Abs. 3 AufenthG) wie etwa der Ausweisung bedeuten." [5]
  • Die Sanktionen bei Verstoß gegen § 43 scheinen in praxi allerdings nicht weit verbreitet zu sein. In den Jahren 2010 und 2011 wurde keine einzige Ausweisung mit angeblich integrationsfeindlichem Verhalten begründet. Bei vier Personen, das sind 0,01% der Integrationskursverpflichteten, wurde die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht abgelehnt. Bei 26 Personen, das sind 0,07% der Verpflichteten, wurden Mittel des Verwaltungszwangs zur Durchsetzung des Kursbesuchs angewandt. 115 Personen, das sind 0,4%, traf ein Bußgeldnen). In 1.552 Fällen wurde die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis angedroht. In 1.548 Fällen davon, das sind 99,7%, führte dies zur Kursteilnahme. Rechnet man die Zahl der Personen zusammen, gegen die letztlich aufenthaltsrechtliche Sanktionen wegen der Nicht-Teilnahme am Integrationskurs ergriffen wurden, ergibt sich ein Prozentsatz von gerade einmal 0,5% aller Teilnahmeverpflichteten. [6]

5 Querverweise auf § 43

6 Vorherige Gesetzesfassungen von § 43

  • Die Sprachförderung für Ausländer war früher im Sozialrecht (§ 419 ff. SGB III – Arbeitsförderung) geregelt.
  • Ab dem 1. Januar 2005 sind diese Regelungen des neu geschaffenen Aufenthaltsrechts (AufenthG).
  • Es gab seit dem 1. Januar 2005 verschiedene Fassungen von § 43.
  • Die neueste Version von § 43 stammt vom 29. Januar 2013.
  • Wichtig war die Änderung vom 28. August 2007. Während bis dahin Integrationskurse nur gefördert wurden, also optional waren, ("Die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland wird gefördert."), wird die Teilnahme an diesen Kursen nun vom Ausländer auch zwingend gefordert ("Die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland wird gefördert und gefordert.").
  • Während es bis 2007 nur Ziel war die Kursteilnehmer an Inhalte heranzuführen ("... die Ausländer an die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland heranführen."), müssen die Kurse nun erfolgreich abgeschlossen werden ("den Ausländern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland erfolgreich zu vermitteln.").
  • Außerdem ist folgender Zusatz enthalten:
"Die erfolgreiche Teilnahme wird durch eine vom Kursträger auszustellende Bescheinigung über den erfolgreich abgelegten Abschlusstest nachgewiesen."
  • Nach der Änderung des § 8 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes müssen die Ausländerbehörden seit Mitte 2011 bei Verlängerungen einer Aufenthaltserlaubnis prüfen, ob einer Verpflichtung zur Integrationskursteilnahme nachgekommen wurde. Dies ist erforderlich, obwohl empirische Belege für die Behauptung, es gebe eine bedeutende Zahl von Integrationsverweigerern in Bezug auf die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nicht vorlagen und vorliegen. [7]
  • Seit 2013 dürfen Aufenthaltserlaubnisse von zur Integrationskursteilnahme verpflichteten Personen solange nur für längstens ein Jahr verlängert werden, bis ausreichende schriftliche und mündliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 nachgewiesen werden oder ein anderer Nachweis einer erfolgten Integration erbracht wird.

7 Links und Quellen

7.1 Siehe auch

7.2 Weblinks

7.2.1 Bilder / Fotos

7.2.2 Videos

7.3 Literatur

  • Jürgen Bast: Aufenthaltsrecht und Migrationssteuerung, Mohr Siebeck, Tübingen, 2011
  • Kay Hailbronner: Asyl- und Ausländerrecht, Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2008, S. 45 ff.
  • Daniel Thym: Migrationsverwaltungsrecht, Mohr Siebeck, Tübingen, 2010

7.4 Einzelnachweise

  1. Der Gesetzestext von § 43 auf www.dejure.org
  2. Integrationskurs für eine Analphabetin
  3. Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler (Integrationskursverordnung - IntV)
  4. Integrationskurse für Ausländer in der Kritik
  5. "Integration kann nicht verordnet werden“. Ohne gleiche Rechte und Selbstbestimmung keine Integration
  6. Regierung bleibt Belege für “Integrationsverweigerung” schuldig
  7. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Ulrich Maurer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 17/4599 – Die Konstruktion sogenannter Integrationsverweigerung

8 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (§ 43 AufenthG) vermutlich nicht.




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