§ 44a AufenthG

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§ 44a AufenthG ist ein Paragraph des deutschen Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz).

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1 Allgemeines

  • Er steht in Kapitel 3 zur Integration (§§ 43 - 45).
  • § 44a regelt die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs.

2 Der Gesetzestext

  • Der Gesetzestext lautet:
§ 44a
Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs
(1) Ein Ausländer ist zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn
1. er nach § 44 einen Anspruch auf Teilnahme hat und
a) sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann oder
b) zum Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 30 nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt oder
2. er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht und die Teilnahme am Integrationskurs in einer Eingliederungsvereinbarung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vorgesehen ist oder
3. er in besonderer Weise integrationsbedürftig ist und die Ausländerbehörde ihn zur Teilnahme am Integrationskurs auffordert.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 stellt die Ausländerbehörde bei der Erteilung des Aufenthaltstitels fest, dass der Ausländer zur Teilnahme verpflichtet ist. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 ist der Ausländer auch zur Teilnahme verpflichtet, wenn der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ihn zur Teilnahme auffordert. Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende soll in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 und 3 beim Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Maßnahmen nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch der Verpflichtung durch die Ausländerbehörde im Regelfall folgen. Sofern der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Einzelfall eine abweichende Entscheidung trifft, hat er dies der Ausländerbehörde mitzuteilen, die die Verpflichtung widerruft. Die Verpflichtung ist zu widerrufen, wenn einem Ausländer neben seiner Erwerbstätigkeit eine Teilnahme auch an einem Teilzeitkurs nicht zuzumuten ist.
(1a) Die Teilnahmeverpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlischt außer durch Rücknahme oder Widerruf nur, wenn der Ausländer ordnungsgemäß am Integrationskurs teilgenommen hat.
(2) Von der Teilnahmeverpflichtung ausgenommen sind Ausländer,
1. die sich im Bundesgebiet in einer beruflichen oder sonstigen Ausbildung befinden,
2. die die Teilnahme an vergleichbaren Bildungsangeboten im Bundesgebiet nachweisen oder
3. deren Teilnahme auf Dauer unmöglich oder unzumutbar ist.
(2a) Von der Verpflichtung zur Teilnahme am Orientierungskurs sind Ausländer ausgenommen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzen, wenn sie nachweisen, dass sie bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Erlangung ihrer Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigte an Integrationsmaßnahmen teilgenommen haben.
(3) Kommt ein Ausländer seiner Teilnahmepflicht aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht nach oder legt er den Abschlusstest nicht erfolgreich ab, weist ihn die zuständige Ausländerbehörde vor der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis auf die möglichen Auswirkungen seines Handelns (§ 8 Abs. 3, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 9a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 dieses Gesetzes, § 10 Abs. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes) hin. Die Ausländerbehörde kann den Ausländer mit Mitteln des Verwaltungszwangs zur Erfüllung seiner Teilnahmepflicht anhalten. Bei Verletzung der Teilnahmepflicht kann der voraussichtliche Kostenbeitrag auch vorab in einer Summe durch Gebührenbescheid erhoben werden.

3 Rechtsprechung zu § 44a

  • Im Jahr 2012 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage einer heute 59-jährigen Türkin und Analphabetin abgewiesen, die sich gegen ihre durch die Ausländerbehörde ausgesprochene Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs wehrte. Anlässlich einer Vorsprache der Klägerin stellte die Ausländerbehörde fest, dass sie sich nach 28 Jahren Aufenthalt in Deutschland nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen konnte. Sie verpflichtete die Klägerin daher zur Teilnahme an einem Integrationskurs. Dagegen wandte die Klägerin ein, sie habe ihre Integration durch ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland ausreichend unter Beweis gestellt. Der Argumentation der Klägerin folgte das Verwaltungsgericht Karlsruhe nicht. Es befand, die Ausländerbehörde habe die Klägerin zu Recht zur Teilnahme am Integrationskurs aufgefordert, da sie, wie es das Gesetz voraussetze, in besonderer Weise integrationsbedürftig sei. Die Klägerin könne sich nicht einmal auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen, was sich auch in der mündlichen Verhandlung vor Gericht gezeigt habe, in der sie kein Wort Deutsch gesprochen habe. Es bestehe ein besonders hohes staatliches und gesellschaftliches Interesse daran, dass sich alle auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer zumindest auf einfache Art sprachlich verständigen könnten. [1]
  • Das VGH Baden-Württemberg hat am 12. Juni 2013 festgestellt, dass es im Ermessen der Ausländerbehörde steht, ob sie einen Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, und dass Ausländer, die bereits vor dem 1. Januar 2005 einen legalen Aufenthaltsstatus hatten, selbst für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nur einfache mündliche Deutschkenntnisse und keinen Besuch eines Orientierungskurses vorweisen müssen. [2]

4 Durchführung von § 44a

5 Kritik an der Durchführung der Integrationskurse nach § 44a

"Nun ist nicht nur der Sinn von willkürlich erscheinenden Regelprozeduren und nationalkulturellen Verbohrtheiten höchst umstritten, sondern auch ihre Wirkungen. Wenn diese erzwungenen „Orientierungskurse“ schon nicht zu verhindern sind, dann sollten sie sich zumindest der Frage stellen, inwieweit es republikanischen Prinzipien entspricht, dass der Gesetzgeber ausschließlich gesellschaftlich marginalisierten Gesellschaftsgruppen Sprach- und Gesinnungsprüfungen auferlegt, die weiter zu ihrer Stigmatisierung und Entrechtung beitragen. Es mag dem Zeitgeist oder auch nur den gegenwärtigen Machtverhältnissen geschuldet sein, dass selektiv angewandte Gesetze die früher als institutionelle Diskriminierungen oder als verwandte Formen der Apartheid wahrgenommen wurden, heute als Integrationspolitik verkauft werden können. (...) Um Sanktionen auszusprechen, müssen die Ausländerbehörden nach geltenden Recht nicht einmal den Gesetzgeber böswillig auslegen. Nach § 44a Abs. 3 AufenthG sind nicht nur „verweigerte“, sondern bereits „unzureichende Integrationsleistungen“ wie ein nicht bestandener Abschlusstest strafwürdig. Als Disziplinierungsinstrument wird der Zwang zur vermeintlichen Integration durch legale Drohungen und Bestrafungen institutionalisiert. Das kann Verweigerung der Staatsbürgerschaft (§ 11 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz) und der Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG), Kürzung der sozialen Grundsicherung bis zu einem Drittel (§ 31 SGB II) bis hin zu aufenthaltsrechtlichen Sanktionen (§ 8 Abs. 3 AufenthG) wie etwa der Ausweisung bedeuten." [3]

6 Querverweise auf § 44a

  • § 44a steht in Beziehung zu § 43, § 44 und § 45 des Aufenhaltsgesetzes.

7 Vorherige Gesetzesfassungen von § 44a

  • In der aktuellen Fassung wurde es am 29. Januar 2013 rechtswirksam.

8 Links und Quellen

8.1 Siehe auch

8.2 Weblinks

8.2.1 Bilder / Fotos

8.2.2 Videos

8.3 Literatur

  • Kay Hailbronner: Asyl- und Ausländerrecht, Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2008, S. 45 ff.

8.4 Einzelnachweise

  1. Integrationskurs für eine Analphabetin
  2. Urteil des VG Baden-Württemberg vom 12. Juni 2013 auf www.asyl.net
  3. "Integration kann nicht verordnet werden“. Ohne gleiche Rechte und Selbstbestimmung keine Integration

9 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (§ 44a AufenthG) vermutlich nicht.




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