Torsionsgeschütz

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Torsionsgeschütz ist ein Sammelbegriff für historische Artillerie-Waffen, die die Energie zum Schuss aus der Verdrehung von Seilbündeln beziehen. Die Seile bestehen in der Regel aus Tiersehnen, aber auch die Verwendung von in Öl getränkten Frauenhaaren ist überliefert. Die bekanntesten Waffen dieser Art sind die griechische Palintona (römisch Balliste bzw. Scorpio) und der Onager.

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1 Beschreibung

Es gibt zwei Bauweisen, die einarmige (Onager) und die zweiarmige (Palintona/Balliste/Scorpio). Bei der einarmigen Bauweise wird die Kraft durch einen Wurfarm auf das Geschoss übertragen. Als Geschosse können Steine, Metallkugeln, Brandmittel und dergleichen verwendet werden. Die Flugbahn der Geschosse ist in der Regel eher hoch (vgl.: Steilfeuergeschütz) und besonders für indirekten Beschuss geeignet. Die zweiarmige Bauweise entspricht in etwa dem Aufbau einer Armbrust, indem zwei Arme die Kraft auf eine Sehne übertragen und diese wiederum auf das Geschoss. Auch hier ist die Verwendung von Kugeln möglich, aber in der Regel werden Speere und Bolzen verschossen. Die Flugbahn der Geschosse ist eher flach (vgl.: Flachfeuergeschütz) und besser für direkten Beschuss geeignet.

Im Vergleich zu den auf Hebelwurf basierenden Geschützen (Blide) ist der Bau- und damit auch der Geschossgröße eine sehr viel niedrigere Grenze gesetzt.

Torsionsgeschütze wurden etwa ab 400 v. Chr. von den Griechen in größerem Maßstab verwendet. Später übernahmen die Römer die Technik und entwickelten sie weiter.

2 Römische Kaiserzeit

2.1 Prinzipat

Während der Zeit des Prinzipats oblag die bereits hochspezialisierte Herstellung von Geschützen der Armee. Sie stellte die Fachhandwerker sowie Ingenieure und besaß nicht nur in Rom, sondern auch in den Provinzen Waffenfabriken. Ein Grabstein aus der Zeit um 100 n. Chr. bezeugt einen Ingenieur (architectus) der im kaiserlichen Arsenal (armamentarium imperatoris) in Rom mit der Herstellung von Geschützen beauftragt war. Durch zwei Tagesberichte aus der Provinz Aegyptus, die sich auf einem Papyrus des zweiten oder dritten Jahrhunderts n. Chr. erhalten haben, ist bekannt, dass an diesen beiden Tagen hundert Spezialisten (immunes) in den Legionswerkstätten der Legio II Traiana fortis in Alexandria damit beschäftigt waren, unter anderem Spannrahmen für Torsionsgeschütze (capitula ballistaria) herzustellen.[1] Die Produktion in heereseigenen Werkstätten, die dem Lagerkommandanten (praefectus castrorum) unterstanden und von dem optio fabricae geleitet wurden, unterscheidet sich von der Praxis der Spätantike, als Aufträge an private Waffenfabriken (fabricae) vergeben wurden. Der Oberbefehl über die Legionfabriken in den Provinzen lag nicht in den Händen des Oberkommandierenden der Legion (legatus), sondern stand unter der Kontrolle des jeweiligen Statthalters und seines Stabes. Dort wurde entschieden, wann die Produktion anzulaufen hatte. Der Archäologe Dietwulf Baatz nahm an, daß die Entscheidung für den Bau auf einer so hohen Befehlsebene erfolgte, da der Arbeits- und Materialaufwand sowie die damit zusammenhängenden Kosten für so ein Spezialprodukt erheblich waren.[2]

2.2 Spätantike

Das gesamte Arsenal der römischen Kriegsmaschinen blieb auch während der Spätantike in Verwendung. Insbesondere die spätrömischen Torsionsgeschütze gehören zu den kompliziertesten mechanischen Maschinen der Antike.[3] Ihre bedeutendsten Typen stellten im Besonderen die Balliste, welche Bolzengeschosse und Brandpfeile verschießen konnte. Dazu zählten sowohl die Standgeschütze, als auch die Varianten auf Rädern (carroballista). Nachdem die Produktion während der Spätantike aus den Händen des Militärs an Privatunternehmen gegangen war, gelangten römische Waffen auch in Hände, die sie nicht erhalten sollten. Daher erließen verschiedene Kaiser – wie etwa Justinian I. im Jahr 539 n. Chr. – Erlasse, um die Produktion zu beschänken.[4] Wie die Notitia dignitatum, ein römisches Staatshandbuch aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts verzeichnet, gab es zu dieser Zeit einen oberkommandierenden Artillerieoffizier (praefectus militum ballistariorum), der dem Heerführer des Mainzer Militärbezirks (Dux Mogontiacensis) unterstand.[5] Andere Ballisteneinheiten unterstanden dem jeweiligen Heermeister (magister militum) der Diözesen. In der Diözese Gallien wurde die Artillerie durch den Oberbefehlshaber der Kavallerie (magister equitum per Gallias) befehligt. Diesem Kommandeur unterstand in diesem Zusammenhang offensichtlich nur einer legio pseudocomitatensis mit eine Einheit von ballistarii.[6] Der Heermeister der östlichen Diözese (magister militum per Orientem) hatte den Befehl über die ballistarii seniores – einer legio comitatensis[7] – sowie über eine legio pseudocomitatensis der ballistarii Theodosiaci.[8] Dem Heermeister der thrakischen Diözese (magister militum per Thracias) waren zwei legiones comitatenses anvertraut, bestehend aus den ballistarii Dafnenses[9] beziehungsweise den ballistarii iuniores.[10] Der Heermeister der Diözese Illyrien (magister militum per Illyricum) konnte im Ernstfall nur eine Artillerietruppe, die ballistarii Theodosiani iuniores, ins Feld schicken.[11] Die Notitia dignitatum erwähnt außerdem zwei fabricae ballistariae die beide in der Diözese Gallien lagen. Eine in Augustodunum (Autun), die andere in Triberorum (Trier).[12]

3 Literatur

  • Dietwulf Baatz: Bauten und Katapulte des römischen Heeres. Mavors XI, Steiner, Stuttgart 1994, ISBN 3-515-06566-0.
  • Dietwulf Baatz: Katapult-Spannbuchsen vom Auerberg. In: Günter Ulbert: Der Auerberg I. Beck, München 1994. ISBN 3-406-37500-6. S. 173–189.
  • Dietwulf Baatz: Recent Finds of Ancient Artillery. In: Britannia, Bd. 9 (1978), S. 1–17.
  • Dietwulf Baatz: Das Torsionsgeschütz von Hatra. In Antike Welt, 9/4 (1978), S. 50–7.
  • Nicolae Gudea, Dietwulf Baatz: Teile spätrömischer Ballisten aus Gornea und Orsova (Rumänien). In: Saalburg-Jahrbuch, Band 31, 1974, S. 50–72.
  • Erwin Schramm: Die antiken Geschütze der Saalburg. Nachdruck der Ausgabe von 1918. Beiheft zum Saalburg-Jahrbuch, Saalburgmuseum, Bad Homburg v.d.H. 1980, S. 40–46.
  • Alexander Zimmermann: Zwei ähnlich dimensionierte Torsionsgeschütze mit unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien — Rekonstruktionen nach Originalteilen aus Cremona (Italien) und Lyon (Frankreich)." In: Journal of Roman Military Equipment Studies, 10 (1999) (= Roman Military Equipment 11), S. 137–140.

4 Weblinks

5 Anmerkungen

  1. Oliver Stoll: „Ordinatus Architectus“ – Römische Militärarchitekten und ihre Bedeutung für den Technologietransfer. In: Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft. Steiner, Stuttgart 2001. ISBN 3-515-07817-7. S. 300–368; hier: S. 306.
  2. Dietwulf Baatz: Katapult-Spannbuchsen vom Auerberg. In: Günter Ulbert: Der Auerberg I. Beck, München 1994. ISBN 3-406-37500-6. S. 173–189; hier S. 185.
  3. Nicolae Gudea, Dietwulf Baatz: Teile spätrömischer Ballisten aus Gornea und Orsova (Rumänien). In: Saalburg-Jahrbuch, Band 31, 1974. S. 50–72; hier: S. 69.
  4. Alexander Demandt: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55993-8. S. 308.
  5. Notitia dignitatum, Occ. 41, 23.
  6. Notitia dignitatum, Occ. 7, 97.
  7. Notitia dignitatum, Occ. 7, 8 = 43.
  8. Notitia dignitatum, Occ. 7, 21 = 57.
  9. Notitia dignitatum, Occ. 8, 14 = 46.
  10. Notitia dignitatum, Occ. 8, 15 = 47.
  11. Notitia dignitatum, Occ. 9, 47.
  12. Notitia dignitatum, Occ. 9, 33.

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