Kulturökologie

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Kulturökologie ist ein Forschungsansatz an der Schnittstelle zwischen Kultur- und Geowissenschaften sowie den mehr an der Biologie orientierten Anthropologie und Ökologie. Sie untersucht, inwieweit menschliche Kulturformen durch die Auseinandersetzung mit der natürlichen Umwelt geprägt werden und inwiefern die menschlichen Kulturformen wiederum ihre natürliche Umwelt prägen. Dabei entwickelten sich verschiedene Ansätze in der Kulturanthropologie, Ethnologie und Kulturgeographie.

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1 Begriff

Eine Definition lautet:

„...wie weit menschliche Kultur- und Gesellschaftsformen durch die Art der Auseinandersetzung mit ihrer natürlichen (belebten und unbelebten) Umwelt geprägt werden und wie weit Kultur und Gesellschaft wiederum auf die natürliche Umwelt zurückwirken.“

Walter Hirschberg (Hrsg.): Neues Wörterbuch der Völkerkunde[1]

Julian Haynes Steward (1902–1972) definierte den Begriff wie folgt: „Kulturökologie ist die Erforschung der Prozesse, durch die eine Gesellschaft sich ihrer Umwelt anpaßt.“[2] Der englische Begriff Cultural Ecology versuchte zu erklären, warum zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten strukturell vergleichbare Formen der Umweltanpassung vorkommen.

2 Theorien

Steward fragt, ob die Anpassung an die Umwelt bestimmte Verhaltensweisen bedingt oder verändert. Er orientiert sich bei seiner Analyse an drei Bereichen, die er in dem Begriff Kulturkern (Cultural Core) zusammenfasst:

  • Umweltbedingungen / Wirtschaftsquellen (Ressourcen, Flora, Fauna, Klima, Krankheiten, Krankheitserreger)
  • Beschaffenheit der Kultur / Geräte und Wissen / potentielle Nutzbarkeit (ausbeutende und anpassende Technik, interne und externe gesellschaftliche Umgebung)
  • Sozialorganisation, die aus der Interaktion der ersten beiden Komponenten hervorgeht / Formen der Arbeitsorganisation / reale Nutzbarkeit (Landnutzungsrechte, Bevölkerungsdichte, Dauerhaftigkeit und Zusammensetzung von Agglomerationen, kulturelle Wertvorstellungen)

Er kommt zu dem Ergebnis, dass die verschiedene Anwendung

  • gleicher Technik in unabhängigen Kulturen,
  • abhängig nach deren geographischen Umweltbedingungen zu einer
  • unterschiedlichen Sozialorganisation führt.

Steward gibt also die Vorstellung von der Umwelt als lediglich prohibitiv (verhindernd, abhaltend) bzw. permissiv (nachgiebig, durchlässig) auf und sieht in den kulturökologischen Anpassungsvorgängen schöpferische Prozesse.

Weitere von Steward geprägte Begriffe sind: Kultur(areal)typ (culture [area] type), transkultureller Typ (cross-cultural type), Integrationsebene, Organisationsebene, Multilineare Evolution.

3 Kritik

Gerhard Hard kritisiert die Kulturökologie am Beispiel von Paul Vidal de la Blache. Hard kam 1973 auf drei wesentliche Schwachstellen des kulturökologischen Ansatzes:

  • Der Ansatz suggeriere, dass man die Handlungsnormen, nichtmateriellen und nichtlandschaftlichen Kulturelemente außer Acht lassen könne und dass die Relation Gruppe – Milieu genüge.
  • Weiter führt Hard aus, dass die geographische Kulturökologe zu einem vagen Determinismus tendiere – einer, wie Claval sagte douce nostalgie du determinisme. Es sei festzustellen, dass Gruppen nicht verlässlich und über längere Zeit auf dieselbe Weise auf Naturgegebenheiten reagieren. Ebenso sei, laut Hard, eine Widersprüchlichkeit im Allgemeinen wie im Detail in der Literatur der Kulturökologen zur erkennen.
  • Die dritte und entscheidende Schwäche sei, dass sich kulturökologische Probleme bei jeder anspruchsvolleren Analyse in mehrere Ansätze aufteilten. In jeder Fragestellung fände man mindestens einen naturwissenschaftlich-ökologischen Problemteil und ein Problem der Umweltwahrnehmung.[3]

Steward wurde stark kritisiert, so zum Beispiel von dem Kulturmaterialisten Marvin Harris, der eher den techno-ökologischen, oder techno-ökonomischen Determinismus vertritt. Er argumentierte damit, dass gleiche Techniken selbstverständlich zu ähnlichen Ausprägungen in Arbeitsteilung, sozialen Strukturen und Wertsystemen führen (Kulturmaterialismus).

4 Vergleich zu Wikipedia



5 Einzelnachweise

  1. Walter Hirschberg (Hrsg.): Neues Wörterbuch der Völkerkunde. 1988, S. 273.
  2. zit. nach Cultural ecology: 337, in: Wolfgang Marschall: Klassiker der Kulturanthropologie. Von Montaigne bis Margaret Mead. München 1990, S. 260.
  3. G. Hard: Die Geographie. Eine wissenschaftstheoretische Einführung. Walter de Gruyter, Berlin 1973, S. 195–200.

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