Dithmarscher Sagen

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Wie in allen Gegenden Deutschlands gibt es auch in Dithmarschen lokale Sagen und Märchen, die fast vergessen sind.
Dieser Artikel fasst einige, jeweils in Orginalzitaten, aus den referenzierten Quellen zusammen.

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1 Die Räuber in der Engelsburg (Der Engelsberg)

„Zwischen Nindorf, Bargenstedt und Varenwinkel bei Meldorf liegt die Engelsborg. Die ist so hoch, daß man von da ins Land Wursten jenseit der Elbe sehen kann. Früher haben da einmal Mörder gewohnt in der Kuhle, aus der man meint der Berg herausgetragen sei. Viele Jahre haben sie da ihr Gewerbe getrieben und viel Schaden ringsumher angerichtet. Ein Mädchen hatten sie geraubt und lange bei sich gehabt; die aber hat endlich mit Wolle Zeichen gegeben, wo sie sich aufhielten. Und da man ihnen nun nicht anders beizukommen wuste, hat man sie mit siedend heißem Wasser aus der Höle herausgeschmort. Zwei wurden gefangen und bei Meldorf hingerichtet. - Es ist aber das Land hier vor Hölzungen und Wald gewesen, also daß ein Eichhörnchen von der Singel in Meldorf an bis zu Osten an des Landes Grenze auf eitel Bäumen springen konnte, ohne den Boden zu berühren. Daher überall Spelunken und Mörderkuhlen im Lande gewesen sind, sonderlich zu der Zeit ehe Karolus Magnus den christlichen Glauben einführte.
Neocorus I. 255. Hans Detleff Mser. Fol. 32 b. S. zu R. 102
[1]

Blick in eine kleine Schlucht des Engelsberges bei Farnewinkel/ Kreis Dithmarschen

Verortung des Engelsberges bei Farnewinkel/ Kreis Dithmarschen

2 Klaes Steen

„Wer von Schalkholz nach Tellingstedte geht, findet auf halbem Wege einen Stein aufgerichtet, mit alten verwitterten Buchstaben, den die Leute in der Umgebung Kleas Steen nennen und bei dem sie folgende traurige Geschichte erzählen.
Zwei Brüder, Klaes und Karsten Groth in Schalkholz, waren beide in ein hübsches Mädchen in Tellingstedte verliebt. Sie war beiden gleich gut, aber keiner der Brüder wollte freiwillig vor dem anderen zurücktreten. Endlich zog sie den jüngeren Karsten vor, und als Klaes es merkte, erwachte in ihm die furchtbarste Eifersucht. Sein glücklicher Bruder kam einmal an einem Abend von Tellingstedt zurück, da lauerte er ihm auf halbem Wege auf und erschlug ihn. Zur Erinnerung an diese That ward der Stein gesetzt, und man will darauf die Worte lesen:
Klaes Groth
sloeg hyr synen Broder doet.
Durch H. Schulss. Gudenrath.
[2]

1580 wurde dieser Sühnestein an der Landstrasse von Schalkholz nach Tellingstedt aufgestellt.
Verortung des Sühnesteins an der Landstrasse von Schalkholz nach Tellingstedt ("Klaes Steen") in Dithmarschen

3 Die Fünffingerlinde im Riesewohld [3]

Vor vielen Jahren, es muss wohl über 250 Jahre her sein, durchbrach der Sprössling der Fünffingerlinde den Waldboden und begann zu wachsen.

Just an diese Stelle ist ein unschuldiger Bettelstudent hingerichtet worden.
In dem Dorf Oderrade lebte ein junges Mädchen. Viele junge Burschen machten ihr Anträge, doch sie war wählerisch: Keiner war ihr gut genug.

Eines Abends kam sie nicht von einem Tanzvergnügen zurück nach Hause. Ihr Vater und die Nachbarn suchten sie und fanden sie schließlich im Riesewohld. Sie lag tot unter einem Baum. Die Hände gefaltet und darin einen Blumenstrauß.
Während der Vater und die Männer traurig das Mädchen ansahen, kam einer junger Mann vorrüber. Es war ein wandernder Bettelstudent in schlechter Kleidung. Er bekam einen Schrecken, als er die Männergruppe sah und lief davon. Er hielt sie für Räuber, die ihm auflauern wollten.
Die Männer liefen ihm hinterher, sie rissen ihn zu Boden, da sie glaubten, den Mörder gefasst zu haben. Allein, dass er die Flucht ergiffen hatte, war für sie Beweis genug. Wie damals üblich zerrten sie ihn zur Leiche und beschuldigten ihn der Tat. Er würde nur frei kommen, wenn er "bei Gott und allen Heiligen" schwören könne, dass er nicht der Mörder sei.
Der Bettelstudent hob seine Hand und schwörte ihnen, dass er nicht der Mörder sei. In seiner Angst hob er jedoch die linke und nicht, wie es seinerzeit üblich war, die Schwurhand, also die rechte Hand.
Die umherstehenden Männer erkannten das als Gottesurteil und hängten ihn am nächsten Baum auf.
Die letzten Worte des jungen Mannes waren: "Diese Hand hat vor Gott die Wahrheit beschworen und zum Zeichen meiner Unschuld soll eine Hand aus meinem Grabe wachsen."

Er hatte die Wahrheit gesprochen: Jahre später lag ein Nachbar des toten Mädchens im Sterben und verlangte nach einem Pastor. Doch er kam nicht. Da erleichterte er der Schwiegertochter sein Herz: Das tote Mädchen hatte ihn, als er noch jung war, an jenem Abend immer wieder zum Tanz aufgefordert. Sie machte ihm, wie man früher sagte, "schöne Augen". Sie lief in den Riesewohld. Er hinterher. Im Wald spottete und verhöhnte sie ihn jedoch und wollte von ihm nichts mehr wissen. Da bekam er Wut. Er drückte ihren Hals zu, bis sie sich nicht mehr bewegte.
Er bettete sie unter dem Baum, und gab ihr einen Blumenstrauß in die gefalteten Hände. Dann ging er wieder Tanzsaal zurück.
Dort aber, wo der unschuldige Student verscharrt wurde, wuchs eine Linde empor. Sie spaltete kurz über dem Boden ihren Stamm in fünf Teile.
Genau so, wie eine zum Schwur erhobene linke Hand aussieht.
[4]

Die Fünffingerlinde im Riesewohld.

Verortung der Fünffingerlinde im Riesewohld/ Kreis Dithmarschen

4 Röwerlöwe [5]

„172. Röwerlöwe
Der Dithmarschen Volk liebte von Urväterzeiten her seine Freiheit über alles. Große Kämpfe hat es bestanden und blutige Schlachten geschlagen, und viele siegreich, bis es zuletzt noch überwunden ward. Aber immer noch ist in ihm die Erinnerung an seinen alten Ruhm lebendig, wie die Hoffnung auf seiner Freiheit Wiederkehr.
Kaiser Karl der Große schon hatte mit den Dithmarschen zu kämpfen. Nun lebte zu Windbergen ein starker und tapferer Kampfheld, genannt Röwerlöwe, der trat in des Kaisers Dienst, und Karl setzte ihn zu einem Herrn über das Dithmarschenland und -volk als einen Vogt, der die Unterjochten im Zaume halten und zum Christentume zwingen sollte. Aber die Dithmarschen ließen sich mitnichten im Zaume halten, sie empörten sich gegen den Röwerlöwe, nahmen ihn gefangen und räderten ihn. Von diesem Röwerlöwe soll das berühmte Geschlecht derer von Reventlowen abstammen, er soll dessen Ahnherr gewesen sein. Lange Zeit wohnten seine Nachkommen noch in Dithmarschen, aber immer glimmte im Volk ein alter Groll gegen dasselbe fort, da hat es sich endlich hinweggewendet und sich über Holstein, Schleswig und Dänemark verbreitet.“

Ludwig Bechstein:
: "Deutsches Sagenbuch - Mit sechzehn Holzschnitten nach Zeichnungen von A. Ehrhardt; Leipzig, Verlag von Georg Wigand, 1853"; ebd.: S. 155 bzw.
[6]

Die Zinnen in der offizielle Flagge von Windbergen/ Kreis Dithmarschen könnten auf "Reventlo" hinweisen.

Windbergen/ Kreis Dithmarschen

5 Die Isemanschlacht

„In Büsum war die Isemanschlacht [7] unter den bauern vor Zeiten die größete und gewaltigste, also daß der Priester in der Kirche seine Ceremonien nicht eher beginnen durfte, als bis sie gekommen. Einen, der durch ihre muthwillige Verzögerung sich nicht länger aufhalten wollte und gleichwol anfing, haben sie vor dem Altare getötet.
Neocor. I. 225, vgl. Ro. 56. 95.[8]

St. Clemens in Büsum/ Dithmarschen

Büsum/ Kreis Dithmarschen

6 Das Heilige Kreuz zu Windbergen [9]

„Vormals war Windbergen zu Meldorf eingepfarrt, aber ein wunderbarer Umstand, so erzählt Hans Dethlefs, gab der ersten Capelle, wie der nachherigen Kirche ihr Daseyn.
An der Stelle der jetzigen Kirche pflügte ein Mann und plötzlich stehen seine Ochsen still, weil sie den Pflug nich zu ziehen vermögen. Bei genauer Untersuchung findet er vor dem Pflugeisen ein kleines ehernes Crucifix, wofür man das noch jetzt auf dem Altar befindliche ausgiebt. Dieses Crucifix verbirgt er als ein Heiligthum, verschließt es in einen Kasten, findet es aber zu seinem Erstaunen alle Morgen wieder oben auf liegen.
Noch will er dieses Heiligthum keinem zeigen, allein er kommt von Sinnen, und wie er nun den Vorfall offenbart, kehrt auch sein Verstand zurück. Jetzt errichtet er auf jener geheiligten Stelle ein großes Kreuz, und daneben eine kleine hölzerne Zelle.
Das Wunder wird bekannt, und das Kreuz kommt in großen Ruf. Andächtige wallfahren aus dem ganzen Lande und anderen benachbarten Orten dahin, und noch zu Heinrich von Zütphens Zeit wird dem Kreuze, wobei der Wunder viele geschehen, große Ehre erwiesen. Die Wallfahrenden kommen aber nicht mit leerer hand, sondern bringen reichliche Opfer dar, und von diesen erbaut man in der Folge eine Capelle.“[10]

Das "Heilige Kreuz" zu Windbergen.
Die, wahrscheinlich, einzigste mittelalterliche, 'wundertätige' Reliquie, welche nahezu ununterbrochen seit der Reformation in einer ev. Kirche Schleswig-Holsteins ihren Platz hat.
Pilgergruppen aus Schleswig-Holstein wallfahren zur Windberger Kirche um vor dem Kreuz zu beten.
Seit 2011 führt ein neuer Jakobus-Pilgerweg an der Kirche vorüber.

Windbergen/ Kreis Dithmarschen

7 Der Geldsot

„Zwischen dem Dorfe Hopen und dem St. Michaelisdonn (bei Marne in Süderdithmarschen) findet man an dem dürren Abhange der Geest, dem Kleve, eben über der Marsch eine immer hellfließende Quelle, die der Geldsot genannt wird. Vor vielen jahren lag in der Nähe ein reiches Dorf; das starb aber aus, oder wurde im Moskowiter Kriege verödet, so daß nur ein Hirte nachblieb, dem Geld und Gut nun zufiel. Ehe er aber starb, versenkte er alles in den Brunnen, weil er keinen Erben hatte; und dieser erhielt davon seinen Namen. Stößt man mit einem Stocke hinein, so klingt es ganz hohl und oft hat man auf dem Grunde des klaren Wassers einen grauen (kleinen schwarzen) Mann mit einem dreieckigen Hute gesehen, der ein brennendes Licht in der Hand trug und es immer hin und her leitete. Kam einer herzu und griff darnach, verschwand alles.
Oft hat man versucht, den Schatz zu heben. Einmal machten sich mehrere in einer Nacht auf und gruben stillschweigend die Quelle auf, bis sie auf einen großen Braukessel trafen. Da legten sie einen Windenbaum quer über das Loch und befestigten Seile an dem Kessel, um ihn herauf zu ziehn, als zu ihrem Schrecken ein ungeheures Fuder Heu, mit sechs weißen Mäusen davor, den Kleve spornstreichs hinauf an ihnen vorbei sauste. Doch behielten sie so viel Besinnung, daß keine einen Laut von sich gab, und der Kessel war schon so hoch hinaufgezogen, daß sie ihn mit der Hand reichen konnten, als der graue Mann mit seinem dreieckigen Hut auf einem dreibeinigen Schimmel heraufgeritten kam und den Leuten guten Abend bot. Aber sie antworteten nicht. Als er nun aber fragte, ob er nicht noch das Fuder Heu einholen könnte, rief einer: "Du Schroekel (hinkender Krüppel), mags den Deuwel!" Da versank augenblicklich der Kessel, der Windenbaum brach und der graue Mann verschwand. Viele haben es nachher noch wieder versucht, aber alle sind durch ähnlichen Spuk gestört und zum Sprechen gebracht.
Mündlich. - Es ist eine in der ganzen Marsch, selbst in der Wilstermarsch berühmte Quelle; sie selbst hat bekanntlich keine Quellen. - Der graue Mann mit dem dreieckigen Hut und dem Schimmel ist sonst in Volkssagen Wodan. vgl. zu 277[11]

Der Geldsot im August 2013

St. Michaelisdonn und Hopen/ Kreis Dithmarschen

8 Der Holunderstrauch in Süderhastedt

Nicht weit von Süderhastedt sah man früher oft einen König auf seinem Schimmel reiten.

Bei jedem seiner Besuche betete bei einem Holunderstrauch, der neben der Kirche stand.
Es soll, der sage nach, der König gewesen sein, der den Dithmarschern die Freiheit genommen hatte:
In der Nähe des Dorfes, auf dem Heideviert, wird zukünftig eine Schlacht stattgefinden. Eine Partei wird dann so stark bedrängt werden, dass sie immer näher zum Dorf Süderhastedt getrieben wird. Eben dieser König wird dann in das Dorf kommen, seinen Schimmel an den Holunderstrauch binden, niederknieen und beten. Alsdann werden dreihundert mit Dreschflegeln, Forken, Sensen und anderen Gerätschaften bewaffnete Dithmarscher hinter der Kirche hervorkommen. Einer wird hervortreten, den König seine Hand auf die Schulter legen und ihn ermutigen: Er soll sein Pferd wieder besteigen; er hääte zwar den Dithmarschern die Freiheit genommen, dennoch wollten sie ihm im Kampfe beistehen. Der König wird dann sein Pferd besteigen und sich, gefolgt von den dithmarscher Bauern wieder in das Schlachtgetümmel stürzen. Nach langem und blutigem Kampfe wird die Schlacht, die der König bereits verloren sah, gewonnen werden. In Dithmarschen wird dann eine sehr lange Zeit des Friedens sein.
[12]

Die sonst wenig beachtete Rückseite der St. Laurentiuskirche in Süderhastedt.
Die St. Laurentiuskirche in Süderhastedt ist eine der ältesten Kirchen Dithmarschens.
Sie wurde im Jahre 1140 erstmalig erwähnt. Seit 1726 besteht ein Anbau durch eine unvollständige Kreuzform.
Vor der Kirche befindet sich ein Gedenkstein für Pastor Ewald Dittmann. Er wurde 1945 im Konzentrationslager Kiel-Hassee ermordet.
Sehenswert ist die Inneneinrichtung der Kirche:
- Ein gotisches Kruzifix, vermutlich aus dem 13. oder 14. Jahrhundert.
- Dier Flügelaltar und das Triumphkreuz wurden zwischen 1470 und 1480 hergestellt.
- Die Granittaufe und die Kanzel sind aus dem 16. Jahrhundert. Sie wurden etwa um 1650 mit hölzernen Deckeln versehen.
- Die Marcussen-Orgel ist 1860 eingebaut worden.
- Die zwei Glocken mit den Texten "Jauchzet dem Herrn alle Welt" und Dienet dem Herrn mit Freuden" sind aus dem Jahre 1962.
[13]
Süderhastedt/ Kreis Dithmarschen

9 Die drei Weiber bei Windbergen

Einst erzählte ein Dienstmädchen in Meldorf folgendes: Sie war in Diensten ihrer Tante und diese hätte, als sie morgens von Windbergen aufgebrochen waren, um die Kühe zu melken, dass sie drei alte Weiber auf einem dreibeinigen Pferd quer über das Feld haben reiten gesehen. Das Pferd soll dabei so geschwitzt haben, dass man das Wasser in Rinnsalen am Pferdekörper zu Boden hat fließen sehen. Als sie dann vom Melken zurückgekommen waren, sahen sie einen braunen Hengst eines Bauern, der in der Nähe einer Stalltüre angebunden gewesen sei. Auch er sei ganz naß und voller Schaum gewesen. Ihm seinen Schweif und Mähne geflochten gewesen.

[14]


Meldorf/ Kreis Dithmarschenaus der Ferne.
(Aufnahme vom "Windberger Feld" zwischen Windbergen und Meldorf.)
Windbergen/ Kreis Dithmarschen

10 Der Ziegenbock

„Als der Pastor Moldenhauer in Alversdorf gestorben war, enstand im Pastorat ein entsetzliches Gepolter in jeder Nacht und der unruhige Geist plagte besonders die Dienstbiten sehr, so daß zuletzt niemand mehr im hause dienen wollte. Ein vertriebener Student kam endlich dahin und überwand den geist, band ihn in ein Schnupftuch und brachte ihn nach dem Hademarscher Gehege. Seit dieser Zeit sah man das Gespenst lange da in gestalt eines Ziegenbocks und oft hat es Reisende, die den Weg durch das Gehölz bei Nacht nahmen, irregeführt und geprellt.
Mündlich aus Dithmarschen.[15]

Albersdorf/ Kreis Dithmarschen

11 Klaus Nanne

„Von Hamburg aus ward Klaus nanne aus Lunden auf seiner Reise nach Jerusalem mit Geld und Wechseln versehen. In Jerusalem aber traf sein Wechsel nicht ein zur bestimmten Zeit. Der Ritter kam in Verlegenheit, wußte und wagte in der fremden Stadt keinen Menschen anzusprechen und gieng traurig umher. Da redete ihn ein Bettler an und fragte, warum er so traurig sei. "Du kannst mir doch nicht helfen," erwiderte Nanne. "Das kannst du doch nicht wissen," sagte der Bettler, "sag mir nur deine Noth." Da gestand ihm Nanne, daß sein Wechsel ausgeblieben sei, und der Bettler langte in seine Tasche und gab ihm einen großen Beutel mit Goldstücken mit den Worten: "Brauchst du mehr, so hab ich mehr." Voll Erstaunen fragte nanne, wie er dazu käme und ihm das Geld gäbe ohne ihn zu kennen. Der Bettler antwortete:" Ich bin in deinem hause gewesen, du heißt Klaus Nanne und wohnst in Kleinlehe nahe bei Lunden in Ditmarschen und ich komme in ein paar Jahren wieder zu dir in dein Haus, das Geld selber abzuholen." Mehrere Jahre vergingen und Klaus Nanne war längst wieder zu Hause. Da trat endlich der Bettler bei ihm ein, an einem Tage und zu einer Stunde, da er gerade mit vornehmen Gästen bei Tisch saß. Nanne erkannte ihn schon an der Thür und gieng auf ihn zu, führte ihn auf den besten Platz, legte ihm reichlich vor und erzählte den verwunderten Gästen die ganze seltsame Geschichte. Bleibens aber hatte der Bettler nicht bei ihm, soviel er auch gebeten ward: er nahm sein Geld wieder und ließ von dem dankbaren Nanne sich nicht ein Mehreres aufdringen. Die Gäste fragten ihn, wie er doch bei solchem Reichthum eine solche Lebensart führen möchte." Die soll nun auch aufhören," antwortete er, gieng damit fort und niemand hat erfahren, wohin er gegangen ist.
Harms Gnomon S. 177. aus patriot. Nachlaß.[16]

Die "Nannen-Stele" auf dem Geschlechterfriedhof Lunden bestätigt:
Klaus Nanne war Jerusalemsritter.

Lunden/ Kreis Dithmarschen

12 Neujahrsnacht

„In der Neujahrsnacht sprechen die Kühe und Pferde mit einander. Ein Bauer, der nicht daran glauben wollte und doch neugierig war, legte sich an dem Abend in die Raufe und horchte. Um Mitternacht fieng das eine Pferd an und sagte zu dem anderen: "Dit Jaer maet wy noch mit unsen Buer los;"[17] da erschrak der Bauer so, daß er krank ward und nicht lange darauf starb; die Pferde zogen ihn zum Kirchhofe.

In derselben Nacht oder irgend einer andern festnacht ist um zwölf Uhr alles Wasser in Wein verwandelt. Eine Frau war so dummdreist und gieng in der Nacht zu einem Brunnen. Als sie sich nun hinüberbeugte und schöpfen wollte, kam da einer und sagte: "All Water ist Wyn, unn dyn beiden Ogen sünt myn."[18] Und damit nahm er ihr beide Augen, daß die Frau Zeitlebens geblendet war. Andere aber sagen von einer anderen Frau, das er gesagt habe: "All Water is Wyn, unn wat dar by is myn"[19], und darauf sei er mit der Frau verschwunden.
Mündlich aus Marne.[20]

Marne/ Kreis Dithmarschen

13 Peter Swyn

„In dem Krieg des Jahres 1500[21] machten die Dithmarschen große beute. Zu keiner Zeit waren die Holsten mit so viel Kleinoden und Edelsteinen geschmückt und in so prächtigen Kleidern und kostbaren Rüstungen in den Krieg gezogen. So kriegten die Dithmarschen so viel geld und Gut, als sie nie zuvort begehrt noch gewünscht hatten, also daß sie nicht groß darauf auchteten, noch es ordentlich provieren ließen. Güldene Ketten, dieweil si schwarz geworden waren, hielt man für Eisen und legte Hunde daran, bios man sie erst beim Abschlefen erkannte.
Aus der Beute hatte Peter Swyn in Lunden, einer der acht und vierzig Regenten des Landes, ein kostbares sammtenes Wamms gewonnen. Damit erschien er auf einem Fürstentage in Itzehoe und trug dabei ein paar weiße Webbeshosen[22] . Ihn begleitete Junge Johanns Detlef; beide waren ein paar beredte scharfsinnige Männer von geschwindem Wort. Als nun die holsteinischen Herrn den wunderlichen Anzug sahen, lachten sie darüber; aber Junge Johans Detlef sprach alsbald zu ihnen: "Lachet doch nicht; denn wo der Wamms geholt ward, hätte man auch wohl die Hosen kriegen können, hätte es Ehre und Zucht nicht gehindert." Auch erzählt man, man habe Peter Swyn selbst um seine Kleidung gefragt, worauf er geantwortet: "Das sammente Wamms trage ich, dieweil ich ein Landesherr bin; die Webbeshosen aber, weil ich ein Hausmann."
Neocor. (und Hans Detleff) I. 229. 230.[23]

Lunden/ Kreis Dithmarschen

14 Unse Leve Fru up dem Perde

„Als die Kirche zu Delve in Norderditmarschen gebaut werden sollte und man keinen Platz wußte, ward man eins, daß man ein Marienbild auf ein buntes Mutterpferd binden und das ausgehen lassen wollte; wo man es aber des anderen Morgens fünde, da sollte gebaut werden. Das Pferd stand am anderen Morgen in einem dichten Bruch von Gebüsch und Dornen. Nachdem man diesen mit vieler Mühe Niedergeworfen und hinweggeschafft, baute man das Dorf dahin und nannte die Kirche: Unse leve Fru up dem Perde.
Neocor. I. 228.[24]

15 Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 38
  2. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 45
  3. s. a. PlusPedia-Artikel Riesewohld
  4. Nacherzählung aus: "Museum für Archäologie und Ökologie Dithmarschen: Der Riesewohld - Dithmarschens KultUrwald"
  5. s. a. PlusPedia-Artikel Windbergen
  6. "SAGEN.at - Sagen und Datenbanken zur Europäischen Ethnologie / Volkskunde: RÖWERLÖWE"
  7. gemeint ist das Dithmarscher Geschlecht der Isemannen. Der Hauptautor.
  8. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 57
  9. s. a. PlusPedia-Artikel Kirche zum Heiligen Kreuz zu Windbergen/ Kreis Dithmarschen
  10. J. Hanssen/ H. Wolf aus: "Chronik des Landes Dithmarschen von J. Hanssen und H. Wolf; Langhoffsche Buchdruckerei; Hamburg 1833"; ebd.: S. 32-33
  11. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 101
  12. Nacherzählung aus: "G. Hubrich-Messow: Sagen und Märchen aus Dithmarschen",Husum Druck- und Verlagsges. mbH u. Co. KG; 1989; ebd. S. 10
  13. "Kirchenkreisverwaltung Dithmarschen; Meldorf: Kirchengemeinde Süderhastedt (Süderdithmarschen)"
  14. Nacherzählung aus: "G. Hubrich-Messow: Sagen und Märchen aus Dithmarschen",Husum Druck- und Verlagsges. mbH u. Co. KG; 1989; ebd. S. 20
  15. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 197
  16. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 159
  17. Übers.: "Dieses Jahr noch werden wir unseren Bauern los sein."
  18. Übers.: "Alles Wasser ist Wein, und deine beiden Augen sind mein."
  19. Übers.: "Alles Wasser ist Wein, und was dabei ist ist mein."
  20. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 169
  21. Gemeint ist die Schlacht bei Hemmingstedt. (Der Hauptautor)
  22. Grob gewobene Wollhosen. (Der Hauptautor)
  23. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 64 f.
  24. "Sagen, Märchen und Lieder der Hezogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg - Herausgegeben von Karl Müllenhoff + -- Kiel, Schwerssche Buchhandlung - 1845"; ebd. S. 111

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