Schlacht bei Hemmingstedt

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1 Vorgeschichte

Im Februar 1500 wollten König Hans von Dänemark und sein Bruder Friedrich, Herzog von Schleswig und Holstein die Dithmarscher (heute Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein) unterwerfen. Sie hatten sich für diesen Zweck eine Söldnertruppe, die "Schwarze Garde" angeheuert. Es waren insgesamt 12 000 Mann, die in Dithmarschen eingefallen waren. Die Dithmarscher Geschlechter konnten bestenfalls 6000 bis 7000 Bauern dagegen stellen.

2 Die Schlacht (Nacherzählung)

Sehr leicht war es für die "Schwarze Garde" bis Meldorf zu kommen. Am 17. Februar befahl der König den Abmarsch nach Richtung Norden. Er meinte, die Dithmarscher seien schon besiegt und wollte durch die Bauernrepublik einen Siegeszug veranstalten.
Doch er hatte seine Rechnung ohne Wulf Isebrand von Oldenwöhrden (heute: Wöhrden) gemacht. Unter seiner Führung entwickelten die Bauern eine Strategie:
Sie warfen an dem damaligen Verbindungsweg zwischen Meldorf und Heide eine Schanze auf. Gleichzeitig gab Isebrand den Befehl, sämtliche Siele an den Deichen zu öffnen. Tauwetter hatte eingesetzt.
Da war die "Schwarze Garde"!
Sie staute sich vor der Schanze, von der aus die Dithmarscher den ersten Angriff gegen das übermächtige Heer wagten. Anfangs lagen hinter der Schanze nur wenige Hundert Mann. Einige Feuergeschütze hatten sie in Stellung gebracht. Dann erfolgte der erste Ausfall der Dithmarscher. Er endete in den Spiessen der Landsknechte.
Doch ein zweites Mal hatte Isebrand Erfolg: Die angreifende Artillerie war ausgeschaltet. An Nachschub der Garde war nicht zu denken, stand doch der andere Teil der Artillerie noch in Meldorf, aber der Weg dorthin war mit den kämpfenden, verwundeten und toten Männern voll.
Das Wasser stieg immer mehr an, als die Landsknechte die Schanze auf der Ostseite umgehen wollten. Die Verteidiger erkannten die Gefahr. Um sich besser bewegen zu können, legten sie alles überflüssige ab. Halbnackt stürzten sie sich dem Königsheer entgegen. Sie wurden abgeschlagen. Isebrand sammelte seine zurückkommenden Männer und setzte mit neu hinzukommenden Bauern aus Heide zu einem zweiten Angriff an.
Die Schlacht schien bereits verloren, als Isebrand noch mehr Verstärkung bekam. Im letzten Augenblick gewannen die Bauern die Überhand. Die Landsknechte, deren Offiziere schon gefallen waren, gaben auf. Wer noch konnte, bahnte sich den Weg zurück nach Meldorf. Das übrige Heer war bewegungsunfähig auf der aufgeweichten und von beidseitig tiefen Gräben begrenzten Straße zusammengepfercht.
Die Flut, die durch die Siele hereinbrach, verwandelte in wenigen Minuten die Wiesen und Äcker in eine unbegehbare Wasserwüste. Wer sich hineintraute ertrank.
Doch die Dithmarscher kannten das Gelände! Sie hatten ihre Springstöcke, sie kannten die tiefen Stellen, die Gräben und Wasserlöcher. Sie waren, im Gegensatz zur Truppe des Königs Hans, abgehärtet und trugen nichts ausser ihre Hosen und ihre Waffen. Die "Schwarze Garde", ausgebildet im Kriegshandwerk und 12 000 Mann stark, wurde von 7 000 Bauern besiegt!


Tausende der Landsknechte verloren ihr Leben. Ihre gesamte Ausrüstung fiel den Bauern in die Hände. Auf dem Schlachtfeld wurden später die gefallenen Fußknechte des feindlichen Heers in rasch aufgeworfenen Massengräbern bestattet, die adligen Toten unter ihnen blieben aber unter dem freien Himmel liegen, "ein Raub für Raben und Hunde", wie der Historiker Lammers schrieb.

3 Antiquariatisches Wissen über die Schlacht

3.1 J. Greve

„Die Schlacht bei Hemmingstedt 1500.

Christian I. hatte im Jahre 1470 den Bund der Dithmarscher mit dem Schleswig-Holsteinischen Adel bestätigt, darauf im Jahre 1473 ein Schutz- und Trutzbündniß mit Dithmarschen auf 3 Jahre geschlossen, somit also die Unabhängigkeit des kleinen Freistaats anerkannt. Im Jahre 1474 aber, auf seiner Reise nach Rom, bewog er den Kaiser Friedrich III, Dithmarschen dem zu einem Herzogthum erhobenen Holstein und Stormarn einzuverleiben und dem König über Dithmarschen einen Lehnsbrief zu ertheilen. Als die Dithmarscher die gethanen Schritte des Königs erfahren, schlossen sie sich näher an ihr Titularoberhaupt, den Erzbischof von Bremen an, schickten eine Gesandtschaft nach Rom und erwirkten vom Papst eine Bulle, nach welcher Dithmarschen unter Bremen verbleiben solle. Im Jahre 1480 ließ der König Bevollmächtigte der Landschaft Dithmarschen auf einen Landtag nach Rendsburg entbieten, ihnen den Jnhalt des Kaiserlichen Lehnsbriefes anzeigen und sie auffordern, ihm als ihren Landesfürsten zu huldigen. Die Dithmarscher wandten ein: Der Kaiser wäre falsch berichtet gewesen, wenn er sie ein herrenloses Volk genannt, sie wären Unterthanen des Erzbischofs von Bremen, und bei St. Peter wollten sie leben und sterben. Königlicher Seits nannte man dies eine Ausflucht, doch wurde den Dithmarschern durch Bermittelung der anwesenden Lübecker und Hamburger noch zwei Jahre Bedenkzeit eingeräumt, um die Sache näher zu überlegen. Innerhalb dieser Frist erwirkten die Dithmarscher in Verbindung mit dem Erzbischof einen Kaiserlichen Befehl an den König, als Herzog von Holstein, Dithmarschen in seiner Verbindung mit dem Bremer Erzbischof ungehindert zu lassen, oder falls er rechtliche Einwendungen habe, solche innerhalb 63 Tagen bei dem Kaiserl. Gerichte einzubringen, alsdann die Antwort der Dithmarscher zu vernehmen und die Kaiserl. Erklärung zu gewärtigen. Doch der König erfuhr den Widerruf des Kaisers nicht mehr, er starb ehe die Verfügung ausgestellt wurde. Die Dithmarscher aber unterließen es auf die Zurücknahme der Belehnung weiter zu dringen.

König Johann mußte wegen seiner Norwegischen und Schwedischen Angelegenheiten die Sache einstweilen ruhen lassen, ohne sie darum aufgegeben zu haben; denn in der Theilung der Herzogthümer mit seinem Bruder 1490 blieb Beiden das angebliche Recht auf Dithmarschen vorbehalten. Die Dithmarscher ihrer Seits erneuerten 1493 mit Lübeck ihr zehnjähriges Schutzbündniß, Lüneburg und sogar Hamburg traten bei. Es stand zu erwarten, nachdem die Union der nordischen Reiche wieder hergestellt war, daß die beiden Brüder aus die Unterjochung des längst ersehnten Landes bedacht sein würden, und ein Anlaß zur Einleitung eines Unterwerfungskrieges gegen Dithmarschen war bereits vorhanden.

Jn der erwähnten Theilung der Herzogthümer war dem Herzog Friedrich die Insel Helgoland, als ein Theil Nordfrieslands, zugefallen. Die Jnsel hatte aber neuerdings für den Handelsstand Wichtigkeit gewonnen, weil der Häring seinen Zug in die Westsee verlegt hatte und sich in großer Menge am Ausflusse der Elbe blicken ließ. Die Städte Bremen, Hamburg und Stade trieben daher um diese Zeit hier einen bedeutenden Häringsfang und hatten auf Helgoland große Niederlagen, wozu sie eigene Speicher erbaut hatten. Als nun Herzog Friedrich seinen Anspruch auf die Insel (die in einer Reihe von Jahren hindurch in einer von aller Oberhoheit unabhängigen Lage sich befunden zu haben scheint) geltend machen wollte und einen Zoll auf den Handel legte, suchten die Städte ihrer Handelsgeschäfte wegen die Insel in ihrer Unabhängigkeit zu schützen. Sie behaupteten, die Insel sei ganz frei und unabhängig, könne nichts weniger als zum Gebiete des Herzogs gerechnet werden, sondern sei noch eher für ihr Eigenthum anzusehen. Der Streit führte zu lebhaften Feindseligkeiten; der Herzog ließ die Packhäuser der Stadt Bremen auf dieser Insel anzünden; die Hanseaten rächten sich und legten des Herzogs Zollhaus mit allen Häringsbüsen (Fahrzeugen zum Häringsfang) in Asche. Die Dithmarscher aber machten mit den Städten gemeinschaftliche Sache und begünstigten dadurch einen Plan, der zur Ausführung reif war, ehe sie nur eine Ahnung davon hatten.

Die Theilnahme der Dithmarscher an diesen Feindseligkeiten gab den Herzögen einen Grund, die Unterwerfung der Dithmarscher mit Ernst zu betreiben. Schon während der Fehde hatten die Herzöge 1497, in einer Zusammenkunft mit Abgeordneten derselben zu Jtzehoe, die Landschaft aufgefordert, sich jetzt ohne fernere Widerrede zu unterwerfen. Allein die Dithmarscher waren weit entfernt, den Anträgen der Fürsten Gehör zu geben. Die Schwedische Unternehmung des Königs hatte die Angelegenheit einstweilen unterbrochen, nach Beendigung derselben fand eine abermalige Zusammenkunft mit Dithmarschens Abgeordneten zu Rendsburg Statt, die aber ebenfalls erfolglos blieb. Jetzt sollte die Gewalt der Waffen entscheiden, ob die freie Bauerngemeinde länger in ihrer Unabhängigkeit schmächtigen Nachbaren trotzen solle oder nicht.

Beide Fürsten rüsteten sich und die Stände bewilligten ihnen eine Beede für zwei Jahre. Die große Sächsische Garde, deren der König sich bereits in dem Kriege mit Schweden bedient hatte, wurde in Sold genommen; (stehende Kriegsheere zu halten war damals noch nicht üblich). Diese Garde war ein Kriegshaufen unter selbstgewählten Anführern (8 Compagnien mit eben so viel Capitainen), im Ganzen 2760 Mann stark und "bestand aus allerlei Volk das unter dem Himmel ist." Tapferkeit und Grausamkeit hatte den rohen Hausen in einen großen und furchtbaren Ruf gebracht. Die Fürsten nahmen ihn gern in Sold, denn der Schrecken ging vor ihm her, und die Völker bebten vor einem Heere, dem Nichts heilig war; das nach dem Siege seinen Weg mit Mord, Brand und Plünderung bezeichnete. Der Anführer der Garde hieß Thomas Slenz (Slenitz), ein Deutscher Ritter aus Köln, gewöhnlich Junker Slenz genannt, berühmt durch Kriegskunde, Muth und Verwegenheit, vor Allem durch seine Riesengröße. Mit diesem Heere vereinigten sich Dänen, Friesen und Schleswig-Holsteiner, nebst einigen tausend Deutschen, die von den Grafen von Oldenburg, Adolf und Otto (Gerhards Söhnen) geführt wurden. Die ganze Kriegsmacht wird zu 24, 30, ja zu 40000 Mann angegeben. Wenn diese Zahl auch überschätzt ist und man etwa 13500 Mann, ohne die Bedienung beim Geschütz und bei den unzähligen Karren und Wagen, nur annehmen darf, so war die Zahl auf jeden Fall groß genug, um gegen eine Bauerngemeinde geführt zu werden, die etwa 6000 waffenfähige Männer entgegen stellen konnte. Der Sieg schien unfehlbar zu sein.

Mit schwerem Herzen sahen die Dithmarscher dem drohenden Ungewitter entgegen; sie waren auf sich allein beschränkt ohne fremde Hülfe (Lübeck und Hamburg wagten es nicht, die Waffen für sie zu ergreifen), und Miethlingen durften sie nicht ihr schönstes Kleinod, ihre Freiheit und Unabhängigkeit in die Hände geben nur einige derselben nahmen sie in Sold zur Besetzung der festen Plätze. Viele riethen daher zum Frieden, allein dieser war nur mit dem Verlust ihrer Unabhängigkeit zu erkaufen, und dieser Preis schien ihnen doch zu theuer zu sein. Sie suchten sich daher zu stärken durch fromme Andachtsübungen und stellten ihre Sache dem Lenker der Schicksale anheim. Im Anfange des Jahres 1500 ging die Kriegserklärung der Fürsten ein und zugleich eine Aufforderung, sich ohne Widerstand zu ergeben. Viele fingen an zu wanken und riethen zum Frieden, doch der größte Theil des Landes war fest entschlossen, Gut und Blut für die Freiheit zu wagen. Besonders waren es die Weiber, die ihr Männer ermuthigten, nicht so leichten Kaufes ein Kleinod wegzugeben, was weder sie noch ihre Kinder, so lange die Welt stände, je wieder erlangen könnten. Man wies daher die Friedensvorschläge zurück und bat nur um einen Waffenstillstand auf drei Monate, der denn auch durch die Vermittelung der freien Städte bewilligt wurde.

Doch ehe der Stillstand abgelaufen war, nahm die Fehde ihren Anfang. Die große Garde kam eher an, als man erwartet hatte und der längere Aufenthalt des fremden raubgewohnten Kriegsvolks mochte für die Ruhe der Einwohner bedenklich sein; auch verursachte die Verpflegung einer so zahlreichen Mannschaft dem Könige und dem Herzoge große Kosten. Das vereinigte Kriegsheer rückte im Anfange des Februars heran. Die Fürsten Johann und Friedrich wollten den Feldzug personlich mitmachen. Als Junker Slenz die große Zurüstung sahe und erfuhr, auf welches Ländchen es abgesehen sei, fragte er den König ob Dithmarschen etwa im Himmel liege? er versicherte, wenn nur hinein zu kommen sei, wolle er es ihm ohne alle Sorge liefern. Er nannte Dithmarschen nur einen Bissen, den er auf einmal hinunter schlucken wolle. Die andern sahen diesen Krieg mit eben so verächtlichen Augen an. Der Holsteinische Adel stellte sich ein, als ob es zu einem Tanze oder zu einer Hochzeit ginge, geschmückt und geputzt, und redete von nichts anderem, als von der Theilung der Beute; viele hatten nicht einmal ein Gewehr und trugen statt des Harnisches goldene Ketten. Manche führten eine Menge Goldes bei sich, um Beute zu kaufen und leere Wagen folgten dem Heere, um die Beute mit sich zu führen. Jedermann sah auf die Beute, Niemand auf die Gefahr. Der Ueber muth ging so weit, daß verschiedene der Großen schon an geistliche Ehrenämter dachten, die ihrer warteten, wenn sie mit dem Siege nach Dänemark zurück kehrten, und sich desfalls schon gegenseitig mit Amtstiteln, Herr Abt Herr Prior etc., begrüßten. Doch: der Mensch denkt, Gott lenkt.

An der Gränze von Dithmarschen blieb das Heer einige Tage stehen und wartete dort in steter Hoffnung, die Bauern sollten vor Schreck ohne Schwertschlag sich ergeben. Allein die Dithmarscher getrösteten sich ihrer gerechten Sache und waren entschlossen, für ihre Freiheit zu kämpfen; selbst Frauen und Jungfrauen traten wider ihre Natur in die Reihe der kampfgerüsteten Männer. Am 11. Februar rückte das Heer ins Dithmarsische Gebiet ein und hielt sein erstes Nachtlager in Albersdorf. Hier waren Alle geflohen, so wie überhaupt die meisten Bewohner der Geest sich mit ihren beweglichen Gütern in die Marsch begeben hatten. Die Zugänge zu derselben hatte man stark besetzt, besonders die Nordhamme, auf welchem Wege die Holsten einzudringen pflegten. Hier erwartete man auch jetzt das feindliche Heer. Doch dieses zog am folgenden Tage nach Windbergen. Die wenigen Einwohner, die hier geblieben waren, feierten gerade bei Trommeln und Pfeifen eine Hochzeit als der Feind anlangte; sie ergriffen eiligst die Flucht, doch wurden mehrere erschlagen. Am 13. Februar führten einige treulose Dithmarscher, welche den Feinden ihres Vaterlandes für Sold dienten, die Mannschaft auf einem Fußsteige nach Meldorf. Die offene Stadt ward mit stürmender Hand leicht eingenommen. Die wenigen fremden Miethsoldaten, aus denen die Besatzung bestand, thaten ein paar Schüsse, nahmen dann die Flucht und verbreiteten durch ihre Nachrichten allenthalben Furcht und Schrecken. "Alles ist verloren!" hieß es. Von Meldorf lief, wer laufen konnte. Die zurück gebliebenen Greise, Weiber und Kinder wurden ohne Erbarmen niedergemacht. Schrecken sollte die Unterwerfung erzwingen. In und um Meldorf lag das Heer drei Tage stille, und das Kriegsvolk benutzte diese Zeit zum Plündern; die Flamme von drei Dörfern leuchtete in die Marsch hinein. Die Anführer ließen inzwischen durch Spione das Land auskundschaften und suchten von den Vcttheidigungsmaßregeln der Gegner sich Kunde zu verschaffen.

Unterdeß erwarteten die Herzöge, die Dithmarscher möchten sich noch entschließen, sich freiwillig zu unterwerfen. Diese waren auch wirklich dermaßen in Schrecken gesetzt, daß Viele bereit waren, das Leben mit der Freiheit zu erkaufen; andere den Rath gaben, das feste Land zu verlassen und nach Büsum zu ziehen; ja es fehlte selbst nicht an Verräthern, die den Feind von der Stimmung und den Entwürfen ihrer Landsleute benachrichtigten, die Meisten erklärten aber: Des Landes Freiheit sei Tapferkeit; noch sei nichts verloren, als was man selbst von Anfang her verloren gegeben. "Unser sind die Hammen, wo jede Manneslänge die Leiche eines Edelmannes getragen hat, unser die Schleusen in den Deichen, die, zur Ebbezeit geöffnet, das überflüssige Wasser der Gräben so friedlich ausströmen lassen; aber in der Fluthzeit dringt durch diese Oeffnungen, sobald wir wollen, die wilde salzige See ein zum Verderben von Menschen, die die Welt mit Worten fressen möchten. Die haben sich bisher nur in dem Morde von Wehrlosen hervorgethan, sie, die es mit Kaiser und Papst aufnehmen wollen, ja mit Gott selber, der unnöthige Kriege straft. Und diese wollen uns unsere angeerbte, mit theurem Blute besiegelte Freiheit nehmen, unsere freigebornen Kinder nicht freie Hälse und Helden sein lassen, sondern Knechte und leibeigen. Wer in Unterthänigkeit oder Leibeigenschaft geboren ist, trachtet nach allen Kräften sich frei zu machen, und wir, die wir frei und zur Freiheit geboren sind, sollten uns zur Knechtschaft überliefern? Der Schande, einer Herrschaft anzugehören, vor der ein Bauer und ein Jagdhund gleichen Preis haben!" Durch solche Gründe ermuthigt, entschlossen sie sich, lieber rühmlich zu sterben, als die Freiheit ohne Gegenwehr aufzuopfern. Die wenigen Söldner wurden entlassen, weil man erkannte, daß nur Söhne des Vaterlandes den Muth besäßen, einen solchen Kampf zu wagen.

Durch einen aufgegriffenen Spion erfuhren die Dithmarscher, daß die Fürsten nächsten Montag ihren Weg über Hemmingstedt nach Heide zu nehmen beschlossen hätten, und schnell wurde dieser Weg von den drei Kirchspielen, Oldenwöhrden, Hemmingstedt und Neuenkirchen, - in der Nacht vom Sonntag auf den Montag mittelst einer Schanze gesperrt, auf den Vorschlag eines klugen und tapfem Mannes, Wolf Isebrand's, (wahrscheinlich ein Oberst, der auswärtig gedient hatte). Diese Befestigung wurde mit einigem Geschütz versehen und eine Besatzung (gewiß nicht unter 1000 Mann) legte sich hinein. Ein betagter Mann eilte aus dem 3 Meilen fernen Lunden mit fünf Söhnen in die Schanze, unter ihnen der Vater des Achtundvierzigers und Geschichtschreibers Johann Russe. In frommer Begeisterung und in Hoffnung auf die Hülfe der heiligen Maria ließ der Stttithaufen sich von einer kühnen und frommen Jungfrau von Hohenwöhrden, welche von diesem Tage an Gott ihr Leben weihte, als Panierführerin mit Vortragung des Crucifixes andächtig in die Schanze führen mit der Losung: Hilf Maria milde! Am 17. Februar brach das Heer von Meldorf auf, obgleich Viele riethen, noch stehen zu bleiben, wenigstens nur noch einen Tag zu warten, weil eben Thauwetter eingetreten, auch fei es ja möglich, daß die Dithmarscher sich freiwillig ergäben, zudem sei es auch ein Montag, ein unglücklicher Tag, den man nimmer wählen müsse; besonders war es Ritter Hans Ahlefeld, der zum Aufschub rieth, und auch Junker Thomas Slenz, der die bösen Marschwege kannte, war derselben Meinung, doch die andern Capitäne der Garde meinten, man müsse keine Zeit verlieren, das Wetter könne sich vielleicht aufheitern, es könnte auch sogar vortheilhaft sein, den Feind unter Begünstigung dunkler Luft zu überfallen, nach Heide könne man am Ende wol kommen. Der König gab den Letztern seine Zustimmung und der Aufbruch ging vor sich. Mit klingendem Spiel und fliegender Fahne und unter Lösung des Geschützes setzte sich der Zug auf dem Wege nach Hemmingstedt in Bewegung. Voran die große Garde und an der Spitze derselben Junker Slenz mit einem Harnisch angethan, der von Gold glänzte und über demselben ein Panzerhemd. Dann folgte die Infanterie, woran sich die Reuter und an diese die Fürsten schlossen. Vom Geschütz wurde ein Theil voran und der übrige hinterher geführt. Eine unzählige Menge von Wagen und Schlitten mit Kriegsbedürfnissen und Kostbarkeiten, zum Theil auch zur Fortschaffung der Beute bestimmt, machte den Beschluß. Eine sehr kleine Besatzung blieb in der Stadt Meldorf zurück. Nach Blut und Beut dürstend, und mit dem Feldgeschrei: "Wahr di Buer, de Garde de kumt!" ging's in die Marsch hinein. Doch bald sank der Muth. Ein scharfer Nordwestwind wehte ihnen Regen und Hagel ins Gesicht, so daß sie kaum die Augen öffnen konnten und fast vor Kälte und Nässe erstarrten. Der Weg war schmal und tief, ja fast grundlos und nur langsam und mit großer Mühe konnte das Heer fortschreiten; bis an's Knie sanken die Rosse hinein. Doch belebt von der Hoffnung, bald an die Geest zu kommen, ging der Zug langsam vorwärts. Man hatte etwa die Hälfte des bösen Weges zurück gelegt, als die Vordersten plötzlich in dem wüsten Nebel des Tages von einem rauhen Gruß aufgeschreckt wurden, der eine furchtbare Ueberraschung hervor brachte. Die neuaufgeworfene Schanze sandte ihnen aus großem und kleinem Geschütz ihre Kugeln entgegen, die auf die dichtgeschlossene Menge eine gräßliche Wirkung thaten. Um aus dem Gedränge zu kommen, legte der Vortrab seine langen Spieße über die Gräben, warf Bretter und Flechtwerk darauf um so nach beiden Seiten sich auszudehnen und die Schanze zu umgehen, allein die Menge der Settengräben hinderte jegliche Schlachtordnung, man blieb in der Enge. Das Geschütz des Herzoglichen Heeres wurde zwar gegen die Schanze gerichtet, doch der strömende Regen machte es fast unbrauchbar, nur wenig Steinkugeln wurden entsendet. Ermuthigt durch die Verwirrung des Feindes machten einige Dithmarscher einen Ausfall und versuchten das feindliche Geschütz umzuwerfen, mehre fielen, zum Theil von dem Feuer der Ihrigen, die übrigen wichen in die Schanze zurück, und begnügten sich nun, aus diesem Hinterhalt in die dichten Reihen der Feinde zu feuern. In dieser äußersten Verlegenheit bemühte sich die Garde abermals, die Schanze zu umgehen, um aus ihrer gefährlichen Stellung heraus zu kommen. Allein Wolf Jsebrand stürzte an der Spitze ihrer drei- oder vierhundert langbärtiger Männer aus der Schanze hervor, die Jungfrau voran mit dem Bilde des Gekreuzigten und der Lanze, und warf sich auf die Männer der Garde. Zweimal zurückgeschlagen brachen sie zum dritten Mal mit dem umgekehrten Feldgeschrei der Garde: "Wahr di Garde, de Buer de kumt!" in diese ein. Den schweren Brustharnisch, den Eisenhut, den Schild und selbst die Schuhe abgeworfen, sprangen sie barfuß mittelst ihrer Springstöcke (Kluv-, Klot- oder Pullstaken) über die Gräben und stürzten unzählige ihrer Gegner in's Wasser. Junker Slenz suchte die Ehre seiner Garde zu retten und scheute keinen Kampf; vom Rosse herab rief er den Dithmarschern zu, es solle nur einer kommen und es mit ihm aufnehmen. Der lange Reimer von Wiemerstedt ersah sich den Anführer, schlug mit seiner groben Hellebarde den langen Ritterspieß zur Erde, traf den Junker, daß die Waffe im Panzer festblieb und er mit dem Pferde stürzte. Reimer sprang mit dem Fuße auf die Hellebarde, daß sie tief in die Brust eindrang, und schleppte dann mit Anderer Hülfe Mann und Roß in den nächsten Graben. Furchtbar wuchs die Gefahr. Die Wachen auf den Deichen hatten, als sie an dem Kanonendonner aus der Schanze die rechte Stunde erkannten, die Schleusen geöffnet und vom Nordwestwind landeinwärts getrieben, schwoll das Wasser schnell an, so daß bald für Keinen, der des Landes nicht kundig, eine Spur vom Wege mehr sichtbar war. Verzweiflung bemächtigte sich des unglücklichen Heeres; Alles war verloren, selbst in der Flucht keine Rettung. Nachdem die Garde zersprengt war, warfen sich die erbitterten Dithmarscher, die fortwährend von herbei eilenden Männern und Weibern verstärkt wurden, auf das übrige Fußvolk. Doch dies konnte keinen Widerstand mehr leisten, alle Kraft war dem Schrecken gewichen; die Niederlage wurde bald allgemein; wer dem Schwerte entging, fand in den Wellen sein Grab. Unthätig und in sicherer Erwartung des unvermeidlichen Untergangs mußten die tapfern Reuter dem Erschlagen und Ersäufen des gesammten Fußvolks zusehen, bis das Gemetzel auch in ihrer Mitte begann. Aus beiden Seiten tiefe Gräben, hinterwärts die Rüst- und Proviantwagen, die von Leuten und Pferden verlassen, eine Wagenburg bildeten, war an ein Entkommen nicht zu denken. Von beiden Seiten eilten die Dithmarscher mit langen Spießen, Geschütz und Bogen heran und riefen sich gegenseitig zu, nur die Pferde, nicht die Reiter zu verwunden; und schrecklich war die Wirkung. Die verwundeten Pferde sprangen, schlugen, wurden wüthend, warfen die Reiter ab, oder stürzten sich mit ihnen in die Gräben. Das Wiehern der Pferde, das Geklirre der Waffen, das Getümmel der Fliehenden, das Rufen der Sieger, untermischt mit einem furchtbaren, herzzerreißenden Geschrei der Sterbenden und Verwundeten erfüllte die Luft. Pulver- und Pferdedampf, Schlamm, Schnee und Nebel bewirkten eine Dunkelheit, in der kaum Freund und Feind sich unterscheiden konnten. Wenige entkamen; und binnen drei Stunden (von 1 bis 4 Uhr Nachmittags) war ein Heer vernichtet, vor dem Schweden gezittert hatte.

König Johann und Herzog Friedrich hatten, man weiß nicht auf welche Weise, den Rettungsweg nach Meldorf gefunden. Hier boten sie die Besatzung auf zur Hülfe des geschlagenen Heeres, als aber die Männer des Süderstrandes erschienen und ihr Geschütz vor Meldorf auffuhren, da eilten sie mit den Trümmern des Heeres sogleich über die Gränze nach Holstein und die Stadt wurde schon am Montage von den Bauern wieder besetzt.

Die Zahl der Gefallenen von denen der größere Theil den Tod im Wasser gefunden hatte, war groß. Die Hälfte des Fürstlichen Heeres war umgekommen, nach mäßiger Schätzung 6000 Mann. Die Garde allein verlor 1426 Mann; 5O Bürger von Rendsburg blieben. Beide Grafen von Oldenburg, über 250 Mitglieder des Dänischen und Schleswig- Holsteinischen Adels, dazu 50 Edelleute aus der Mark, ein paar aus Mecklenburg, Lüneburg, Hildesheim waren gefallen. Schleswig Holstein verlor die Blüthe seines Adels. Die Dithmarscher zählten 52 Todte von den Ihren, 8 von den Söldnern. Uebergroß war die Beute, die den Siegern in die Hände fiel, unter andern auch die berühmte Dannebrogsfahne, die der Marschall Hans Ahlefeldt nicht früher als sein Leben dahingegeben hatte. Der Ort der schrecklichen Niederlage liegt zwischen Hemmingstedt und Meldorf und führte wegen mancherlei Spuks den verrufenen Namen Dusentdüvelswarf.

Anfangs verfolgten die Dithmarscher ihren Sieg. Jm Norden ihres Landes lag die Tielenburg, die ihnen sehr verhaßt war. Von vier Kirchspielen: Hennstedt, Delve, Tellingstedt und Albersdorf wurde das Schloß angegriffen, erobert und geschleift und das Land, die Tieler Hemme, in Besitz genommen. Das Kirchspiel Hennstedt verschenkte seinen Theil an die Kirche, die ihn noch bis auf diese Stunde besitzt. Auch in dem Kirchspiel Hademarschen und in der Wilstermarsch verheerten sie einige Gränzdörfer, doch nach einem erlittenen Verluste im Kirchspiel St. Margarethen waren sie zum Frieden geneigt, und am 15. Mai 1500 wurde zu Hamburg ein vorläufiger Vertrag unterzeichnet. Dithmarschen blieb in seinem vorigen Stande und den Herzögen blieb ihr Recht vorbehalten, bis die Zwistigkeiten überhaupt könnten abgethan werden. So endigte dieser Dithmarsische Krieg und das Land behielt noch reichlich ein halbes Jahrhundert seine Freiheit. Die Hemmingstedter Schlacht hat besonders die Dithmarscher berühmt gemacht.“

J. Greve aus
: "Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein von J. Greve

Mit einem Vorwort von Dr. N. Falck

Etatsrath ordentlichem Professor der Rechte an der Universitat zu Kiel, Ordinarius im Spruchcollegium, Commandeur des Danebrogordens und Danebrogsmann, der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen und anderer gelehrten Gesellschaften Mitglied.

Kiel.
Schwers'sche Buchhandlung
1844"

ebd
§25, S. 212-220

4 17. Febr. 1900: 500 Jahre später

500 Jahre nach diesen Begebenheiten errichtete man zum 17.2.1900 eine Monumentalplastik mit der Aufschrift "Wahr die Gahr, de Bur de kumt!" (Sieh dich vor Garde, der Bauer kommt!) s.a.: Abschnitt: Bildergalerie.

5 17. Febr. 2000

Seit der 600-Jahrfeier, im Februar 2000, befindet sich vor der Monumentalplastik ein auch für Rollstuhlfahrer befahrbarer Informationspavillion, wo die Schlacht plastisch und detailgetreu nachgebildet ist.

6 Bildergalerie

St Georg Brunnen Schlacht PP.JPG St. Georg-Brunnen in Heide/ Holstein im Kreis Dithmarschen: Darstellung der Schlacht bei Hemmingstedt
Dusenddüwelswarf PP.JPG "Wahr die Gahr, de Bur de kumt!"

Das Landesdenkmal der Dithmarscher:
Die "Dusenddüwelswarf" (Tausendteufelswarft) bei Epenwöhrden im Kreis Dithmarschen erinnert an die Schlacht bei Hemmingstedt.

Das Denkmal auf OpenStreetMap:
Dithmarschen Schlacht00.jpg

Der Weg des Heeres des Dänenkönigs Johann I. im Febr. 1500 in der Gesamtübersicht.
Projiziert auf einer OpenStreet-Map-Karte des heutigen Dithmarschens.

Dithmarschen Schlacht01.jpg

Der Weg des Heeres des Dänenkönigs Johann I. im Febr. 1500.
Das Ziel war Lunden.

Schlacht-Hemmingstedt01-Pluspedia.jpg Schlacht-Hemmingstedt02-Pluspedia.jpg
Schlacht-Hemmingstedt03-Pluspedia.jpg Schlacht-Hemmingstedt04-Pluspedia.jpg
Auszüge aus dem Modell der Schlacht im Ausstellungspavillion bei der "Dusendüwelswarf" (zwischen Hemmingstedt und Meldorf an der B5)

7 Quellen/ Weblinks

8 Vergleich zu Wikipedia




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