Schweizer Junikrise 1940

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Die Schweizer Junikrise von 1940 war eine besondere Staatskrise innerhalb der ohnehin kritischen Zeit des Zweiten Weltkriegs, wo dieser neutrale und - mit gewichtigen Ausnahmen - nach wie vor demokratisch orientierte Kleinstaat mit einem Einmarsch von Hitlers Wehrmacht rechnen musste. Der schnelle Fall des militärisch stark eingestuften Frankreich, des einzigen noch demokratischen umliegenden Landes, führte zu einer "verworrenen Krisenphase und dem Ruf nach Führung" (Jakob Tanner). Die vorliegenden Fakten - vor allem auch bezüglich der damals zentralen Figur, des Kriegs-Oberkommandierenden der Armee Henri Guisan - werden von Schweizer Historikern unterschiedlich interpretiert: Der mittlerweile verstorbene Militärhistoriker Hans Senn attestierte dem General hohen Wehrwillen und einzig taktisch motiviertes Entgegenkommen gegenüber dem Reich, während der erwähnte Tanner von teilweisem Defätismus sprach. Nachstehend die wichtigsten Ereignisse dieser Junikrise:

  • 19. Juni (während des deutschen Feldzugs gegen Frankreich): Diplomatische Drohnote des Reichs, die zur Unterbindung des ziemlich erfolgreichen Kampfes der Schweizer Luftwaffe#Im Zweiten Weltkrieg gegen luftraumverletzende deutsche Bomber durch General Guisan führt.
  • 21. Juni (kurz vor der französischen Kapitulation): Aufruf in der Presse durch den Geschäftsführer des gewichtigen Gotthard-Bundes, Christian Gasser (eines vorher rechtsgerichteten Frontisten und nach dem Krieg erfolgreichen Unternehmers): ...Der Augenblick, das Neue zu verwirklichen, ist gekommen. Tausende sind bereit!...
  • 22. Juni: Definitive Kapitulation Frankreichs. Vor der Schweizer Grenze postiert sich das Panzerkorps unter Heinz Guderian mit mehreren hundert Panzern.
  • 23. Juni: Guisans Befehl, die militärischen Barrikaden in den Städten abzubauen
  • 25. Juni: Radiorede Bundespräsident Marcel Pilet-Golaz', am Vortag in Absprache mit Guisan entworfen: Unter anderem Ankündigung einer stufenweisen Demobilisierung von zwei Dritteln der die Grenzen bewachenden Armee. Unabhängig davon wird gleichentags das Panzerkorps Guderian abkommandiert
  • 28. Juni: Guisan erklärt das gegen Deutschland hin geografisch besonders exponierte Basel zur "offenen Stadt", die nicht mehr verteidigt werde
  • 2. Juli: Interner Armeebefehl Guisans, der sich gegen den im Land um sich greifenden Defätismus ausspricht
  • 3. Juli: Die Demobilisierungen sind im Gang
  • 6. Juli: Das Korps Guderian wird vor der Schweizer Grenze durch Infanterieeinheiten des Generals List ersetzt
  • 9. Juli: In Deutschland wird der faktische Vollzug des Handelsabkommens mit der Schweiz registriert. Es wurde seit Juni verhandelt und enthält als wichtigsten Bestandteil ein absolutes Exportverbot von Rüstungsgütern zu den Alliierten - sämtliche in der Schweiz für das Ausland produzierte Rüstungsgüter, die den Ruf hoher Qualität haben, müssen an die Achsenmächte geliefert werden.
  • 25. Juli: Im Wissen um dieses Abkommen, das von den Deutschen sozusagen erpresst wurde, zeigt Guisan am öffentlichen Rütlirapport der Armee Widerstandsgeist: Man müsse weiter auf der Hut sein, ein deutscher Angriff könne weiterhin jederzeit erfolgen (gleichzeitig verkündet er den teilweisen Rückzug der Armee ins Alpen-Reduit). Dies stiess in Deutschland erneut auf harsche diplomatische Kritik. Der deutsche Fokus hatte sich aber bereits von der Schweiz weg auf den bevorstehenden Angriff auf England (und danach die Sowjetunion) verschoben; man konnte sich im Gewissen fühlen, in der vorderhand noch selbständigen Schweiz eine wertvolle Rüstungsschmiede für den weiteren Kriegsverlauf gewonnen zu haben, für die man keine Besatzungstruppen verschwenden musste.

Literatur

  • E. Bonjour: Geschichte der schweizerischen Neutralität
  • J. Fink: Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches
  • A. Meyer: Anpassung und Widerstand
  • H. Senn: Das Schicksalsjahr 1940 (Aufsatz)
  • J. Tanner: Réduit national und Aussenwirtschaft (Aufsatz)
  • ders.: "Die Ereignisse marschieren schnell" (Aufsatz)

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