Heilpraktiker als Physiotherapeuten
Es ist möglich, mit einer sachlich beschränkten (sektoralen) Erlaubnis als Heilpraktiker die Physiotherapie auszuüben. Das gilt derzeit nur in der Bundesrepublik Deutschland. Die amtliche Bezeichnung lautet Heilpraktiker für Physiotherapie.
Inhaltsverzeichnis
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1 Geschichte
Das Heilpraktikergesetz regelt nur die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der (umfassenden) Heilkunde, ohne eine Approbation als Arzt zu besitzen. Aus den Wunsch heraus, die Psychotherapie nicht nur als weisungsabhängigen Heilhilfsberuf neben den ärztlichen Psychotherapeuten ausüben zu dürfen, hatten Diplompsychologen Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts begehrt, angelehnt an das Heilpraktikergesetz eine nur für das Gebiet der Psychotherapie geltende Tätigkeitserlaubnis zu erhalten. Aus der Idee heraus, dass das Heilpraktikergesetz solches zwar nicht regele aber auch nicht verbiete, hat das Bundesverwaltungsgericht schließlich 1993 Regelungen aufzeigt, nach denen jedermann ohne Rücksicht auf die Vorbildung eine sektorale Heilpraktikererlaubnis erhalten kann. Das entsprechende Psychotherapeutengesetz (PsychThG) trat jedoch erst 1999 in Kraft. Damit war in begrenztem Rahmen eigenständiges Arbeiten möglich.
Im Jahre 2004 begehrten Physiotherapeuten mit entsprechender vorgegebener Berufsausbildung und Abschluss ebenfalls, eigenständig behandeln zu dürfen. Das, beschränkt nur auf das Gebiet der Physiotherapie, allerdings ohne Führung der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“. Dabei nahmen sie Bezug auf die Regelungen in der Psychotherapie, bei der Personen, die über eine entsprechende qualifizierte Vorbildung verfügten, keine Überprüfung mehr ablegen mussten und nach Aktenlage die ausdrücklich beschränkte Erlaubnis erhielten.
Nach anfänglicher Ablehnung bekamen sie 2996 vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz[1] Recht. Die Erteilung einer gegenständlich beschränkten Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz auf dem Gebiet der Physiotherapie wurde zumindest in Rheinland-Pfalz damit möglich. Weil die Titelführungsvorschrift „Heilpraktiker“ sich bei ihrer verfassungskonformen Auslegung auf den Personenkreis der Heilpraktiker ohne spezielle heilkundliche Berufsausbildung, konzentriert, brauchte diese Bezeichnung nicht geführt zu werden. „Einen sachlichen Grund, die Berufsbezeichnung ohne Ausnahme auf das gesamte Berufsfeld der nicht approbierten Heilbehandler anzuwenden, gibt es nicht.“ Das auch, weil das „aus Gründen des Verkehrsschutzes angezeigt sein, wenn der Berechtigte nur über eine eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis verfügt und dieser Umstand in der Berufsbezeichnung mangels geeigneter Zusätze keinen entsprechenden Niederschlag finden kann.“
Auf eine auch sachlich beschränkte Überprüfung im Tätigkeitsgebiet Physiotherapie wurde verzichtet, weil nur die Befugnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ eine entsprechende Ausbildung und staatliche Prüfung voraussetzt und damit Mindestkenntnisse erwartet werden können, die eine Gefahr für die Volksgesundheit, die vom Tätigsein ausgehen könnte, ausschließen können.
Nicht alle Bundesländer wollten dem folgen, so dass schließlich das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden hatte. Im Urteil vom 26. August 2009 (- BVerwG 3 C 19.08) wurde bestätigt, dass eine solche sektorale Heilpraktikererlaubnis erteilt werden kann. Das Gericht hat dabei seine Überlegungen für alle möglichen künftigen sektoralen (gegenständlich beschränkten) Heilpraktikererlaubnisse allgemeingültig gemacht.
Jedoch bestand es darauf, dass auch nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz eine beschränkte Überprüfung abzulegen sei. Es sei keine Befreiung davon nur aufgrund einer Physiotherapeutenausbildung vorgesehen. Es hob in diesem Bereich das Urteil des OVG Koblenz auf. Jedoch darf sich diese Überprüfung nur darauf beziehen:
„Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Physiotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen.“
Eine ganze Reihe von Physiotherapeuten macht von dieser Möglichkeit Gebrauch, um eigenständig im Berufsbild Physiotherapie als Heilberufler tätig zu sein. Jedoch können sie diese Tätigkeiten dann nicht mit gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Diese Kassenabrechnung setzt weiterhin voraus, dass die Behandlung aufgrund und nur im Umfang einer ärztlichen Verordnung stattfindet. Die Kassenzulassung für diesen Tätigkeitsbereich wird wohl durch die sektorale Heilpraktikererlaubnis nicht aufgehoben. Die Kostenerstattung durch private Krankenkassen sind vertragsabhängig möglich.
Da auch gegenständlich beschränkte (sektorale) Heilpraktikererlaubnisse keine spezifische Berufsausbildung voraussetzen, wird es wohl auch zu einer Nachfrage danach von Personen kommen, die keine abgeschlossene Physiotherapeutenausbildung haben. Diese müssen sich dann einer Überprüfung stellen, die auch die für die Ausübung der Physiotherapie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten überprüft. Ziel ist es dabei, wieder sicher zu stellen, dass von der Tätigkeit des Antragstellers keine Gefahr für die Volksgesundheit ausgehen wird. Das darf keine Fachprüfung sein und ist fachlich weitaus „anspruchsloser“ als das Staatsexamen als Physiotherapeut.
Die letzte Änderung des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes erfolgte im Jahr 2021.
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2 Mögliche Berufsbezeichnung
Da immer die Beschränkung der Erlaubnis klar erkennbar sein muss, bietet sich z.B. an, „Sektoraler Heilpraktiker, (Bereich) Physiotherapie“ - kurz SHP - oder „Teilgebietsheilpraktiker (Gebiet) Physiotherapie“ als Bezeichnungen zu verwenden. Durchgesetzt hat sich die einfachere Bezeichnung Heilpraktiker für Physiotherapie (SHP).
3 Siehe auch
4 Andere Lexika
- Dieser Artikel wurde in der Wikipedia gelöscht.
Erster Autor: Karlo14 angelegt am 31.08.2010 um 12:06
- Hochspringen ↑ Urteil OVG Koblenz vom 21.11.2006, 6 A 1027/06
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