FFA P-16

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FFA P-16

P-16 Mk.III
Typ: Erdkampfflugzeug
Entwurfsland: SchweizSchweiz Schweiz
Hersteller: Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein
Erstflug: 28. April 1955
Indienststellung: Wurde nie in Dienst gestellt
Produktionszeit: Wurde nie in Serie produziert
Stückzahl: 5
P-16 vor der Halle der FFA in Altenrhein
FFA P-16 Mk.III im Flieger-Flab-Museum Dübendorf
P-16 ECM Version
SAAC-23 und P-16T

Die FFA P-16 ist ein ab 1950 in der Schweiz entwickeltes und gebautes strahlgetriebenes Erdkampfflugzeug, das jedoch letztlich nicht bei der schweizerischen Flugwaffe eingeführt wurde.

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1 Allgemeines

Die P-16 war 1950 aufgrund einer gewissen Skepsis gegenüber der anspruchsvollen Entwicklung des Flugzeuges N-20[1] begonnen worden. Die Entwicklung war somit der zweite Versuch der Schweiz, ein eigenes Kampfflugzeug zu entwickeln, zu bauen und es in den eigenen Luftstreitkräften in Dienst zu stellen. Die Maschine war als ein freitragender Tiefdecker in Ganzmetallbauweise ausgelegt, erreichte im Stechflug Überschallgeschwindigkeit und benötigte wegen der erstmaligen Verwendung von Krügerklappen (Slats) äusserst kurze Start- und Landebahnen. Mit dem Einsatz von Bremsschirm, Radbremsen und Bremsklappen kam die P-16 mit einer Landebahn von nur 330 m aus, was damals Weltrekord für ein Flugzeug dieser Grösse war. Da das Fahrwerk über sechs Räder verfügte, war die P-16 in der Lage, auf Graspisten zu starten und zu landen.

Die Bewaffnung der P-16 bestand aus zwei internen 30-mm-Bordkanonen von Hispano-Suiza mit jeweils 250 Schuss. Ferner boten die Pylone an den Tragflächen Platz für ungelenkte Raketen, Bomben und Napalmbehälter. Eine Besonderheit war auch der Matra-Raketenautomat, der ungelenkte Raketen durch vier Schlitze im unteren Vorderrumpf (hinter dem Cockpit und der Munition für die Bordkanone) ausfahren und abfeuern konnte. Die P-16 wurde so konzipiert, dass sie sich ohne Probleme aus den Flugzeugkavernen betreiben liess.

Ein Weiterleben des Entwurfs fand in der ersten Version des Geschäftsreiseflugzeugs Learjet 23 statt – deren Tragflächen wurden modifiziert von der P-16 übernommen. Dem Learjet 23 ging das Projekt mit der Bezeichnung SAAC-23 voraus.

2 Geschichte

Aufgrund sich abzeichnender Probleme des Kampfflugzeugprojekts N-20 konzentrierten sich nach dem Jahr 1953 die Schweizer Bemühungen um ein eigenes Kampfflugzeug auf die P-16, die bei den Flug- und Fahrzeugwerken Altenrhein am Bodensee entwickelt wurde. Ab 1950 waren, unterstützt von Fachhochschulen diverse Projekte und Entwürfe untersucht worden. Schlussendlich setzte sich das Projekt-16 (P-16) durch. Die Konzeption wurde dabei massgeblich von Mitarbeitern der Dornier-Werke Altenrhein unter der Leitung von Hans Luzius Studer erarbeitet. Das Werk war mittlerweile in Schweizer Besitz übergegangen und 1949 unter der Leitung des Schweizer Unternehmers Claudio Caroni in FFA umbenannt worden.[2]

Es wurden zwei Prototypen gebaut. Sie unterschieden sich von den Vorserien- und Serienflugzeugen (P-16 Mk.III) in den folgenden Punkten:

  • leistungsschwächeres Triebwerk
  • kleinere Düsenauslassöffnung
  • kein Radar
  • andere Cockpithaube
  • andere Luftbremse ohne Schlitze

Am 25. April 1955 absolvierte der erste Prototyp der P-16 mit dem militärischen Kennzeichen „J-3001“ und dem Testpiloten Hans Häfliger am Steuer seinen Erstflug. Bei einem späteren Testflug wurde der Prototyp durch ein Bremsversagen bei einer Landung erheblich beschädigt, konnte jedoch repariert werden. Bei einem Testflug am 31. August 1955 kam es zu einer Störung im Treibstoffzufuhrsystem und das Triebwerk fiel aus. Eine Landung auf dem Flugplatz war nicht mehr möglich, und die Maschine stürzte in den Bodensee. Der Pilot konnte sich mit dem Schleudersitz retten. Dies war in der Geschichte der Schweizer Luftfahrt der erste erfolgreiche Einsatz des Schleudersitzes. Das Flugzeug wurde anschliessend geborgen und verschrottet.

Der zweite Prototyp mit dem Kennzeichen „J-3002“ war im Frühjahr 1956 fertiggestellt, und die Testflüge wurden wieder aufgenommen. Im Rahmen dieser Testflüge durchbrach die „J-3002“ am 15. August 1956 während eines Bahnneigungsflugs erstmals die Schallmauer.

Es folgte eine Erprobung der Maschine durch die Schweizer Flugwaffe. Vom 28. Februar 1957 bis zum 12. März 1957 fanden zahlreiche Praxistests statt. Obwohl man grundsätzlich mit den Flugeigenschaften zufrieden war, wurde die zu schwache Leistung des Triebwerks bemängelt. Daraufhin wurde das Vorserien-Modell „J-3003“ mit einem leistungsfähigeren Aggregat ausgestattet. Jetzt zeigte die Maschine gute Unterschallflugleistungen. Die Überschallfähigkeiten blieben jedoch wegen des relativ dicken Flügelprofils von 8 % und der Nichtbeachtung der Flächenregel bei der Konstruktion des Flugzeuges hinter den Erwartungen zurück. Weitere Tests mit diesem Modell führten im März 1958 zur Bestellung von 100 Maschinen für die Schweizer Flugwaffe. Der Nationalrat stimmte mit 111 gegen 36 Stimmen für den Auftrag an die Flug- und Fahrzeugwerke AG (FFA) in Altenrhein. Ein Entwurf für ein zweisitziges Trainingsflugzeug wurde ebenfalls in Angriff genommen.

Kurz nach diesem Kaufentscheid stürzte eine Vorserienmaschine am 25. März 1958 bei Rorschach in den Bodensee ab. Ein Leck in der Steuerhydraulik brachte das Flugzeug ausser Kontrolle; da es sich bereits im Landeanflug befand, hatte der Pilot Jean Brunner keine Zeit mehr, auf die mechanische Notsteuerung umzuschalten und musste den Schleudersitz betätigen. Nach diesem Absturz wurde die Bestellung der 100 Flugzeuge storniert. Der Bundesrat sprach sich am 2. Juni 1958 gegen den Kauf aus. Die Schweiz gab die Entwicklung eines eigenen Kampfflugzeugs auf und orderte stattdessen 100 Maschinen des Typs Hawker Hunter aus britischer Produktion. Mit der Stornierung des Auftrags über 100 P-16 wurde die einmalige Möglichkeit vergeben, ein Flugzeug aus eigener Fertigung zu besitzen, das zudem zu den besten europäischen Jagdbombern gehört hätte.[1]

Nach diesem Rückschlag versuchte der Hersteller FFA, das Projekt in eigener Regie zu retten und stellte in den folgenden Jahren die weiterentwickelten und verbesserten Vorserienexemplare „J-3004“ und „J-3005“ fertig. Trotz erfolgreicher Testflüge gelang es nicht, Käufer für das Flugzeug zu finden. Auch bei einem weiteren Beschaffungsvorhaben der Schweizer Luftwaffe ging die FFA P-16 erneut ins Rennen. Die P-16 konnte sich jedoch nicht für die Endauswahl, das Vergleichsfliegen, qualifizieren, sodass das Projekt im Jahr 1969 endgültig aufgegeben wurde. Bei besagtem Beschaffungsprojekt kamen die Vought A-7G und die Dassault Milan in die Endauswahl, die jedoch mit einem Nullentscheid endete.[3] Fast alles, was mit der Entwicklung und Fertigung der P-16 zu tun hatte, wurde verschrottet, auch bereits gefertigte Rumpfsegmente für das sechste Flugzeug, das erste Serienflugzeug. Lediglich einige Dokumente und Windkanalmodelle haben überdauert. Die zwei verbliebenen P-16 wurden dem Flieger-Flab-Museum in Dübendorf zugesprochen. Der X-HB-VAC wurden einige Bauteile entnommen und das Flugzeug anschliessend verschrottet. Die X-HB-VAD wurde mit einigen dieser Teile (vor allem Wartungsdeckel) wieder komplettiert und ist heute ausgestellt.

3 Logbuch

Die P-16 absolvierten insgesamt 508 Flüge mit einer Totalflugzeit von 233 Stunden.

  • J-3001: 25. April 1955 bis 31. August 1955 – 22 Flüge – Flugzeit: 12 h 38 min (Absturz)
  • J-3002: 16. Juni 1956 bis 7. März 1958 – 310 Flüge – Flugzeit: 130 h 37 min (verschrottet)
  • J-3003: 15. April 1957 bis 25. März 1958 – 102 Flüge – Flugzeit: 55 h 07 min (Absturz)
  • X-HB-VAC (erst J-3004): 8. Juli 1959 bis 27. April 1960 – 55 Flüge – Flugzeit: 27 h 25 min (verschrottet)
  • X-HB-VAD (erst J-3005): 24. März 1960 bis 26. Juni 1960 – 19 Flüge – Flugzeit: 7 h 14 min (mit einigen Teilen von X-HB-VAC komplettiert nun im Flieger-Flab-Museum Dübendorf)

4 Versionen

4.1 P-16.04

Die Geschichte der P-16 begann 1948 mit der Ausschreibung für einen auf die schweizerischen Verhältnisse zugeschnittenen Jagdbomber. Insbesondere sollte die Maschine von kleinen alpinen Flugplätzen operieren können. Durchgeführt wurde das Projekt durch die Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein (FFA) am Flugplatz Altenrhein.

Am 28. April 1955 absolvierte der Prototyp mit der Bezeichnung P-16.04 den Erstflug. Schnell zeigte sich, dass der Entwurf grundsätzlich den Anforderungen entsprach. Im August 1955 kam es bei einem Testflug zum Ausfall des Triebwerks und die Maschine stürzte in den Bodensee. Im darauffolgenden Frühjahr stand neben der geborgenen Maschine ein weiterer Prototyp zur Verfügung, der verschiedene Verbesserungen an den Tragflächen und den Lufteinläufen aufwies. Mit diesem wurden ausgedehnte Waffenerprobungen, Trudelversuche und Leistungsmessungen vorgenommen. Am 15. August 1956 wurde beim 18. Flug erstmals die Schallmauer (im Stechflug) durchbrochen.

Nach Abschluss der Testflüge konnte mit dem Flugzeug J-3002 in der Konfiguration „Interceptor“ in der Zeit vom 28. Februar bis 12. März 1957 die Truppenerprobung durchgeführt werden, Die dabei erzielten Resultate waren positiv, die Flugleistungen dagegen befriedigten nicht.

4.2 P-16 Mk.II

Das erste von drei mit einem stärkeren Triebwerk ausgerüsteten Vorserienflugzeugen, P-16 Mk.II, flog erstmals am 15. April 1957. Weitere Testflüge folgten und führten 1958 nach einigen Verbesserungen zur Serienversion P-16 Mk.III.

4.3 P-16 Mk.III

Im März 1958 erfolgte die Bestellung von 100 Maschinen der Serienversion P-16 Mk.III durch die schweizerische Flugwaffe. Nach einem weiteren Unfall wurde allerdings die bereits angelaufene Serienfertigung gestoppt und der gesamte Auftrag storniert. Im Rahmen der Flugerprobung wurde in insgesamt 508 Flügen eine Gesamtflugdauer von 233 Stunden erreicht.

4.4 P-16 Trainer

In der Bestellung von 100 Stück P-16 waren auch einige zweisitzige Trainingsflugzeuge vorgesehen (Anzahl unbekannt basierend auf Vergleichen mit anderen Flugzeugtypen und Stückzahlen in der Schweizer Luftwaffe zwischen 8 und 12 Stück). Der Hauptunterschied zum Einsitzer wäre ein Tandemcockpit gewesen, wovon das hintere Cockpit (Fluglehrer) den Platz des Matra-Raketenautomaten eingenommen hätte. Die Trainingsversion des P-16 hätte im Gegensatz zum Einsitzer über keine Bordkanonen (2 × 30 mm) verfügt.[4] Aufgrund der Stornierung des Auftrages für die Schweizer Luftwaffe kam es nicht zum Bau der P-16-Trainerversion.[5]

4.5 AJ-7

AJ-7 war die Bezeichnung für die Exportversion der P-16 Mk.III für die USA, die sich jedoch von der Mk.III in einem geänderten, gekürzten Triebwerksauslass und einer Finne unter dem Heck unterschied sowie mit einem Nachbrennertriebwerk GE-J-79-11A ausgerüstet gewesen wäre. Es kam zu keiner Bestellung und es blieb nur bei einem projektierten Vorschlag.[5]

4.6 FFA P-16 ECM

Vorgeschlagene Version der P-16 zur Elektronischen Kriegsführung. Dabei wäre der obere Vorderrumpf verbreitert worden So das Pilot und der Bediener der Störbehälter nebeinenander platziert sind. Diese Version hätte über keinen Raketenwerfautomat und nur über eine Bordkanone verfügt. Abgesehen vom verbreiterten Cockpit wären die Abmessungen, Länge, Spannweite und Höhe gleich wie bei den Einsitzern der FFA P-16 ausgefallen.

5 Technische Daten

Kenngrösse Daten der P-16 Mk.III
Länge 14,24 m
Spannweite 11,14 m
Höhe 4,26 m
Flügelfläche 30 m²
Höchstgeschwindigkeit 1115 km/h (auf Meereshöhe), mit dünnerem Flügelprofil (6 % statt 8 %) knapp überschallfähig (gemäss Schweizerische Strahlflugzeuge von Georges Bridel)
Startrollstrecke 560 m bei 500 m Höhe ü. M.
Landerollstrecke 300 m auf 500 m Höhe ü. M. mit Bremsschirm (420 m ohne Bremsschirm)
Leermasse 7.040 kg
max. Zuladung 4.560 kg
max. Startmasse 11.720 kg
Dienstgipfelhöhe 14.500 m ü. M.
Reichweite 700 km in Bodennähe
1400 km normale Reichweite
2120 km mit zwei Zusatztanks
Triebwerk ein Düsentriebwerk Armstrong Siddeley Sapphire ASSA-7 mit 48,95 kN Standschub
Bewaffnung zwei 30-mm-Kanonen Hispano Suiza H.S. 825,
ein Matra-Raketenwerfer Typ 1000 im Rumpf mit 44×68-mm-Raketen,
vier Flügelracks zum Mitführen von Luft-Luft- und Luft-Boden-Lenkwaffen
totale Waffenlast 2.590 kg

Quelle: Die Flugzeuge der Welt (1960)

6 Siehe auch

7 Literatur

  • William Green, Gerald Pollinger: Die Flugzeuge der Welt. Werner Classen Verlag, Zürich und Stuttgart 1960.
  • Georges Bridel: Schweizerische Strahlflugzeuge und Strahltriebwerke. Verkehrshaus der Schweiz, Luzern 1975, ISBN 3 85954 902 2.
  • Hanspeter Strehler: Das Schweizer Düsenflugzeug P-16. 2004, ISBN 3-033-00051-7.
  • Roman Schürmann: Helvetische Jäger. Dramen und Skandale am Militärhimmel. Rotpunktverlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-85869-406-5.
  • Luc Leonardi: P-16, prototypes suisses d'avions à réaction, N-20, Lear Jet, Piranha. Editions Secavia, Genève, 2011, ISBN 2-88268-015-5.
  • Jakob Urech: Die Flugzeuge der schweizerischen Fliegertruppe seit 1914. Herausgeber: Abteilung der Militärflugplätze Dübendorf, 1974 Verlag Th. Gut, 8712 Stäfa ZH.

8 Weblinks

 Commons: P-16 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

9 Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Der gescheiterte Schweizer Kampfjet P-16. Ein militärisch-industriell-politischer Rückblick. In: nzz.ch. 2. Januar 2006, abgerufen am 12. Mai 2015.
  2. Hans-Luzius Studer, der geistige Vater des legendären Lear-Jets, Ostschweiz am Sonntag, 26. Mai 2013
  3. Die Schweizer Militärluftfahrt Die Schweizer Filmwochenschau erzählt. Vol7/Nr VII, Schweizer Filmarchiv
  4. John Fricker: Switzerland's P-16: Father of the Learjet. In: AIR International März 1991, S. 145
  5. 5,0 5,1 Georges Bridel: Schweizerische Strahlflugzeuge und Strahltriebwerke. Verkehrshaus der Schweiz, Luzern 1975, S. 61, ISBN 3 85954 902 2.

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