Diskriminierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz

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Eine Studie aus dem Jahr 2014 belegt, dass in Deutschland lebende Jugendliche mit Migrationshintergrund bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz deutlich diskriminiert werden.

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1 Details

  • Oft wird Migranten von der Boulevardpresse und von ausländerfeindlicher Seite ihre etwas höher als im gesamtdeutschen Durchschnitt liegende Arbeitslosenquote vorgehalten.
  • Dass dies aber nicht ihre Schuld, sondern auch das Versagen der deutschen Gesellschaft ist, belegt eine Studie. Es liegt häufig an schlechter bzw. fehlender Ausbildung.
  • Die Bundesregierung schreibt dazu u.a.:
"Anhand des Mikrozensus 2006 lässt sich zeigen, dass Personen mit Migrationshintergrund deutlich häufiger über keinen beruflichen Bildungsabschluss verfügen als Personen ohne Migrationshintergrund. Besonders gut beruflich qualifiziert sind die Männer ohne Migrationshintergrund, besonders schlecht schneiden dagegen die Frauen mit Migrationshintergrund ab." [1]
  • Im Jahr 1999 erhielten z.B. zwei Drittel der deutschen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz, aber nur 39% der Jugendlichen ohne einen deutschen Pass. [2]
  • Susan Seeber kommt für Hamburg zu ähnlichen Ergebnissen, und schreibt u.a.:
“Auch in Hamburg spiegelt sich die bundesweite Tendenz einer deutlichen Unterrepräsentanz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den vollqualifizierenden Berufsgängen. Besonders auffällig sind jedoch ihr geringer Anteil im dualen System mit rund 16 % und ihre Überrepräsesentanz in den teilqualifizierenden Berufsfachschulen mit etwa 51 %.“ [3]
  • Dies schlechtere Ausbildungsniveau kommt u.a. von Diskriminierung bei der Ausbildungsplatzsuche. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) konnte mit einer Studie im Jahr 2014 erstmals belegen, dass es auf dem deutschen Ausbildungsmarkt zu einer deutlichen Diskriminierung von Jugendlichen mit Migrationhintergrund kommt und bestätigt damit verschiedene Thesen von Fachleuten.
  • Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen deutlich mehr Bewerbungen als Biodeutsche schreiben, bis sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Menschen mit Migrationshintergrund haben besonders in „Büroberufen“ sehr schlechte Chancen. In anderen Berufen, wie z.B. im Bergbau, der Textilindustrie oder als Friseurin sind Migrantenkinder dagegen überrepräsentiert.
  • Diese Diskriminierung empfinden auch die Betroffenen deutlich. 50 bis 56 % der türkischstämmigen Personen mit Migrationshintergrund in Nordrhein-Westfalen fühlen sich z.B. bei der Suche nach einem Arbeits- bzw. einem Ausbildungsplatz stark diskriminiert. [4]
  • Mehr als zwei Drittel der Ausbildungsbetriebe in Deutschland beschäftigen überhaupt keine Auszubildenden mit Migrationshintergrund. Ein Teil davon kann laut der Erhebung auf Diskriminierung zurückgeführt werden.
  • Die Gründe für die Diskriminierung von Bewerbern mit ausländisch klingenden Namen sind vielfältig. Ein wichtiger Punkt seien häufig unbewusste Assoziationen, Vorurteile oder Erwartungen, die auf bestimmen Vorurteilen gründen. Die Studie schreibt z.B.:
"Eine Analyse betrieblicher Auswahlprozesse, die sozialpsychologische Erkenntnisse berücksichtigt, legt nahe, dass Ungleichbehandlung häufig aus unbewussten Assoziationen, stereotypen Zuschreibungen oder der Bevorzugung der eigenen Bezugsgruppe resultiert. Ferner folgt sie aus Erwartungen und Risikoeinschätzungen, die zum Teil ebenfalls auf Vorbehalten basieren – z. B. kann ein Personalverantwortlicher befürchten, dass ein Auszubildender mit einem türkischen Namen von Kunden oder in der Belegschaft nicht akzeptiert wird."
  • Die Wissenschaftlerin Sarah Fürstenau nennt drei Gründe für die Benachteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Ausbildungsplatzsuche:
    • Ethnische Diskriminierung, d.h. Vorbehalte von Arbeitsgeber aufgrund der Zugehörigkeit von Jugendlichen mit Migrationshintergrund aufgrund einer vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer anderen Kultur.
    • Die mangelnde Repräsentation von Migrantenfamilien in den Führungsebenen und mittleren Ebenen von meist Großbetrieben, in denen Arbeitsplätze oft über Beziehungen vergeben werden.
    • Die Diskriminierung von Muslimen in von der Kirche betriebenen, bzw. dieser nahestehenden Betrieben, wie z.B. kirchlichen Kindergärten. [5]
  • Nach Fürstenau haben Migranten besonders in „Büroberufen“ sehr schlechte Chancen. In anderen Berufen, wie z.B. im Bergbau, der Textilindustrie oder als Friseurin sind Migrantenkinder dagegen überrepräsentiert.
  • Die Diskriminierung tritt am stärksten im ersten Schritt der Ausbildungsplatzsuche, bei der Bewertung der schriftlichen Bewerbung, auf. Die Studie hat dazu u.a. festgestellt:
"Forschungsergebnisse zur Arbeitsmarktdiskriminierung legen nahe, dass besonders an der ersten Schwelle eines Bewerbungsprozesses, also bei der Auswahl geeigneter Kandidaten aus allen Bewerbern für ein Vorstellungsgespräch, das Risiko von Benachteiligungen am höchsten ist; im weiteren Bewerbungsverfahren nimmt die Diskriminierungswahrscheinlichkeit ab."
  • Die Studie zieht ein Fazit:
"Der SVR-Forschungsbereich hat mithilfe eines Korrespondenztests erstmals statistisch nachgewiesen, dass ein diskriminierungsfreier Zugang zur Ausbildung im dualen System in Deutschland noch nicht gewährleistet ist."
  • Die Diskriminierung ist allerdings nicht extrem stark und auch nicht anders als in anderen Ländern. Hierzu meint die Studie u.a.:
"Setzt man die Ergebnisse der vorliegenden Studie in Beziehung zur internationalen Diskriminierungsforschung im Bereich des Arbeitsmarktzugangs, so zeigt sich – trotz aller Vorbehalte gegen Vergleiche von unterschiedlich konzipierten Studien –, dass das Ausmaß der Diskriminierung am deutschen Ausbildungsmarkt nicht exorbitant ist. Weder rechtfertigt es eine pessimistische Dramatisierung, wonach Jugendliche mit Migrationshintergrund praktisch chancenlos seien, noch eine Entdramatisierung, die Ungleichbehandlung kleinredet."
  • Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen, um der Diskriminierung entgegenzuwirken:
    • Programme zur Vermittlung interkultureller Kompetenz sowie Maßnahmen, die die interkulturelle Öffnung und die Wertschätzung von Diversität in Institutionen fördern.
    • Interkulturelle Komponenten in der Fachqualifikation von Ausbildern verankern
    • Ausbildungs- und Personalverantwortliche mit eigener Migrationserfahrung stärker einbinden
    • Software zur Anonymisierung von Bewerbungen entwickeln
    • Unternehmen die sich besonders verdient bei der Einstellung von Auszubildenden mit Migrationshintergrund machen, sollen sich als Diversity-Unternehmen zertifizieren können.
  • Auch die Süddeutsche Zeitung und der DGB berichten von dieser Diskriminierung. [6] [7]
  • Die Ausbildungsbeteiligung junger Migranten ist nach Herkunftsland unterschiedlich. So stellt eine Studie der Bundesregierung u.a. fest:
"Ein deutlicher Rückgang der Ausbildungsbeteiligung zeigt sich vor allem bei den jungen Menschen aus Serbien und Montenegro. Auch bei jungen Türken vor allem bei den Männern – geht die Ausbildungsquote seit 2000 vergleichsweise stark zurück. Ein durchgängiger Anstieg der Ausbildungsbeteiligung zeigt sich im Beobachtungszeitraum dagegen bei den jungen Menschen aus der Russischen Föderation."
"Diskriminierung darf es nicht geben. Jeder hat eine Chance (oder auch eine zweite und dritte Chance) verdient. Wir fordern gleich Chancen für alle, gleich ob männlich oder weiblich, dick oder dünn, intelligent oder weniger intelligent, weiß oder farbig, hetero- oder homosexuell, Christ oder Muslim, ob aus aus Deutschland, der Türkei, Nigeria, Syrien, Afghanistan, Vietnam, Grönland oder Timbuktu stammend. Die Regierung und die Betriebe müssen hier viel stärker gegen Diskriminierung aktiv werden."

2 Video

3 Links und Quellen

3.1 Siehe auch

3.2 Weblinks

3.2.1 Bilder / Fotos

3.2.2 Videos auf Youtube

3.3 Quellen

3.4 Literatur

3.5 Naviblock

3.6 Einzelnachweise

  1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Integrationsreport - Berufliche und akademische Ausbildung von Migranten in Deutschland, 2009
  2. Sara Fürstenau: Mehrsprachigkeit als Kapital im transnationalen Raum, Waxmann Verlag GmbH, Münster, 2004, S. 71
  3. Susan Seeber: Einmündungschancen von Jugendlichen in eine berufliche Ausbildung – Zum Einfluss von Zertifikat, Kompetenzen und sozioökonomischem Hintergrund; in Mono Grato, Dieter Münk und Reinhold Weiß (Hrsg.): Migration als Chance – Ein Beitrag der beruflichen Bildung, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, 2011, S. 62
  4. Andreas Goldberg und Martina Sauer: Perspektiven der Integration der türkischstämmigen Migranten in Nordrhein-Westfalen, LIT Verlag, Münster, 2003, S. 120
  5. Sara Fürstenau: Mehrsprachigkeit als Kapital im transnationalen Raum, Waxmann Verlag GmbH, Münster, 2004, S. 71 und 72
  6. Türkischer Name schmälert Chance auf Ausbildungsplatz auf www.sueddeutsche.de
  7. Diskriminierung bei der Bewerbung auf www.dgb-jugernd-muenchen.de

4 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Diskriminierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz) vermutlich nicht.




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