Bionik im Management - Management Bionik
Bionik im Management verbindet die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Bionik mit Methoden in der Unternehmensführung (Management). „Bevor Du ein Problem zu lösen versuchst, schau in der Natur nach, ob sich dort schon etwas entwickelt hat“, so lautet eine Aussage zur Bionik, den Fredmund Malik formulierte.
Inhaltsverzeichnis
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1 Grundlagen
Bionik ist ein Kunstwort, das die beiden Begriffe Biologie und Technik miteinander verbindet und ursprünglich auf der Idee basiert, die Natur als Ideenquelle zu nutzen. Daher ist auch die am meisten verbreitete Anwendung von Bionik zunächst bei der Innovation von Produkten zu finden. Ob es sich dabei um Sonnencreme mit Quallenschutz, einen Sportreifen mit dem Prinzip von Katzenpfoten basiert, die Fassadenfarben mit Selbstreinigungskraft nach dem Lotuseffekt, die strömungsgünstigen Oberflächen bei Flugzeugen nach dem Haifischhautprinzip oder das Automobil nach dem Kofferfischdesign handelt, immer war das nahezu unerschöpfliche Lösungsreservoir der Natur Vorbild.
Das ist der eigentliche Grund, warum Unternehmen auf Bionik bei der Entwicklung von Produktinnovationen setzen, weil nämlich die Lösungen, welche die Natur in Jahrmillionen der Evolution entwickelt hat, immer optimal für ein bestimmtes Umfeld oder eine bestimmte Situation sind und höchste Funktionssicherheit aufweisen. Diese Lösungen und die dahinterliegenden Prinzipien sind ein immenser Fundus an Anregungen und Gestaltungsimpulsen, die man auch für die Lösung komplexer Fragen im Management nutzen sollte. Es gibt aber keine bionischen Produkte, sondern immer nur bionisch inspirierte Produkte oder Lösungen.
2 Erkennung von Mustern
Die Erkennung von Mustern, englisch pattern recognition ist dabei eine bewährte Methode.
Gute Bionik oder bionisches Arbeiten entspricht aber einem einfachen Motto, das man beherzigen sollte: Kapieren, nicht kopieren! Es geht also, wie das nachfolgende Schema nach Prof. Hill zeigt, immer über die Bildung von Analogien zur Mustererkennung zum Entdecken und Begreifen der dahinterliegenden Prinzipien der evolutiv entwickelten Lösungen der Natur. Dann bei der Anwendung des Prinzips, es kann sich aber auch um eine Kombination von Prinzipien handeln, wird zwingend eine wissenschaftliche Basis benötigt; ob es sich dann um Statik bei der Konstruktionsbionik oder Baustatik in der Architektur bei den Baumstrukturanwendungen, oder eben wie im Falle der Kybernetik, als Wissenschaft von der Information und Kommunikation in Mensch und Maschine (Norbert Wiener,1942) oder wie Fredmund Malik, sagt, - die Wissenschaft vom Funktionieren handelt - ist situativ auf den Anwendungsfall bezogen.
Zusammenfassend: Man muss immer über Analogien zu Mustern kommen und dann versuchen, die dahinterliegenden Prinzipien zu verstehen. Bei der generellen Anwendung auf unterschiedliche neue Problemsituationen ist dann immer eine wissenschaftliche Fundierung im Spiel, egal ob es sich um Konstruktionsbionik, Oberflächenbionik oder eben Managementbionik mit der Kybernetik als Wissenschaft im Hintergrund handelt. Wenn man nicht so vorgeht, entstehen sogenannte „flache“ Analogien in der Managementbionik, wie z.B. Managen wie ein Löwe. (d.h. tue möglichst wenig, brülle ab und zu mal in die Runde, lass Spezialisten für dich Arbeiten) Solche „bionisch“ inspirierten Führungsstile die man immer wieder mal als Rezepte in der Literatur findet sind derart beliebig und nichtssagend, dass man besser darauf verzichten sollte.
3 Trial & Error bei evolutiven Innovationsprozessen
Einige weitere Anwendungen von Bionik im Management finden sich auch in der Gestaltung von evolutiven Innovationsprozessen. Rechenberg und Schwefel in Berlin konnten anhand einer Optimierung des Wirkungsgrades einer Festkörperdüse nachweisen, dass das Mutations-/Selektionsprinzip angewendet als gezieltes Versuch-Irrtum-Prinzip der Natur mathematischen Optimierungsalgorithmen überlegen ist.
4 Schwarmintelligenz
Die oft zitierten Ameisen oder Bienenvölker - „Vorbilder“ sind für die Management Bionik nur insofern als „Blaupausen“ wichtig, als man versucht hinter die „Steuerungsprinzipien“ zu kommen, um dann diese Erkenntnisse für die Erklärung des Verhaltens von Menschenansammlungen (siehe dazu die Experimente von Prof. Jens Krause) zu gewinnen. Diese Erkenntnisse werden dann auf das Design und die Gestaltung komplexer für die Steuerung solcher Menschenansammlungen wichtiger Instrumente angewendet (z.B. bei Fussballspielen in Stadien).
Diese oft als Schwarmintelligenz bezeichneten Phänomene lassen sich auch für das Konzept der „kritischen“ Masse für die minimal notwendige Anzahl überzeugter Menschen bei Veränderungsprozessen in Unternehmen nutzen, speziell aber sind diese Erkenntnisse wichtig bei der Erklärung der durchschlagenden Wirkung von [1].
5 Distributionslogistik
Eine andere, interessante Anwendung der Schwarmintelligenz - wie man sie bei der „Routenplanung“ der Ameisen entdeckt hat - wurde bei der Lösung von Distributionslogistik-Problemen der amerikanischen Liquid Gas Company schon 2007 gefunden. Dabei waren das Verhalten und die Strategie der Ameisen, gemeinsam den besten Weg zu finden, um Nahrung ins Nest zu schaffen Vorbild und Prinzip.
Routenplaner berechnen die Strecken, die mit dem geringsten Energieverbrauch am schnellsten zum Ziel führen; („elektronische“ Pheromone, zusätzlicher Optimierungsalgorithmus mit Lager, Preis und Kundensituation). Diese Lösung brachte ein Einsparungspotential von über 250 Mio. US$ im ersten Jahr
6 Komplexe Systeme
Die Systemtheorie geht von der Vorstellung aus, dass sich komplexe Systeme wie ein Biotop oder ein Ökosystem wie ein lebender Organismus verhalten. Demnach kann auch eine menschliche Gemeinschaft, ein Unternehmen, eine Stadt oder Region als ein Organismus betrachtet werden. So könnten die vom Menschen geschaffenen Systeme im Hinblick auf ihre Lebensfähigkeit an den Grundprinzipien der Natur ausgerichtet werden.
7 Ganzheitliches Denken
Im Wesentlichen besteht der grosse Vorteil dieser bionischen Denkweise darin, dass wir den „Lösungsraum“ von der ursprünglichen reduktionistisch zerlegenden mechanistischen Denkweise, auch des Denkens in einfachen Ursache-Wirkungs-Beziehungen und der Planbarkeit durch Zerlegen zugunsten eines ganzheitlich systemischen, vernetzten Denkens in Kreisläufen erweitern; d.h. also davon auszugehen, dass der Störfall die Regel ist. Das ist in der heutigen Zeit der zunehmenden „Komplexifizierung“ und der zunehmenden Vernetzung in Wirtschaft und Gesellschaft die einzig valable Alternative, wirksam Komplexität zu nutzen und erfolgreich zu meistern.
Die folgenden vier Anwendungen in Bezug auf Struktur- und Funktionsmodelle stehen beispielhaft für Management Bionik Konzepte:
7.1 Kommunikation
Die vom englischen Managementkybernetiker Stafford Beer entwickelte optimalste Kommunikationsarchitektur nach dem Vorbild der Natur (sie baut immer im 60 Grad Winkel ihre robustesten Strukturen) wurde nicht nur von Buckminster Fuller für die geodätischen Dome verwendet, sondern ist die wirksamste Möglichkeit 40 Teilnehmer, die 12 Themen zu einer Schlüsselfrage so diskutieren zu lassen, dass sie wie ein „Supergehirn“ in nur 3 ½ Tagen über 90% ihres Wissens und ihrer Erfahrung austauschen und zu einer gemeinsamen Willensbildung kommen.
7.2 Kybernetik
Der Biokybernetiker Frederic Vester gilt als Vater des vernetzten Denkens und hat die Bedeutung der Interdependenzen und gerichteten Beziehungen,(Regelkreise oder Feedback Loops) kurz die kybernetische „Steuerungslogik“ komplexer Systeme für ihr Verhalten und die Lenkung – also das Management von komplexen Systemen mit seinem Sensitivitätsmodell[1] erkannt. Entscheidend sind dabei nicht die Oberfläche und die Kenntnis der Elemente eines Systems, sondern die Kenntnis der Beziehungen, welche zwischen ihnen bestehen. Aus der Fragestellung heraus, was macht Ökosysteme lebensfähig, entwickelte sich die Theorie der „verschachtelten“ Systeme – die sich übrigens in den Rekursionsebenen des Modells lebensfähiger Systeme VSM bei Stafford Beer wiederfindet– und in der Folge ein Denkwerkzeug mit dem man heute computerunterstützt, komplexe Systeme modellieren und ihr Verhalten simulieren kann (komplexe Systeme sind prinzipiell nicht punktgenau prognostizierbar). Sowohl die Ableitung der 8 biokybernetischen Regeln zur Beurteilung der Nachhaltigkeit - also der Robustheit und „Gesundheit“ eines komplexen Systems - gehören zu diesem Ansatz als auch die Erkenntnisse über den Dichtestress lebensfähiger Systemstrukturen.
7.3 Das Nervensystem als „Blaupause“
Das vom englischen Managementkybernetiker Stafford Beer entwickelte optimalste Funktionsmodell für lebensfähige Organisationsstrukturen nach dem Vorbild der Natur wurde aufgrund des Steuerungssystems des am höchsten entwickelten Lebewesens konzipiert. Es umfasst alle hinreichenden und notwendigen Steuerungsfunktionen, die eine Struktur aufweisen müssen, um sich rechtzeitig sich veränderten Umfeldentwicklungen anpassen zu können und nachhaltig lebensfähig zu sein. Es dient heute als „Blaupause“ für die Diagnose und das Design von Organisationsstrukturen aller Arten und Grössen von Institutionen.
Wenn man dieses bionisch inspirierte Modell lebensfähiger Systeme als Blaupause für nachhaltig anpassungsfähige Organisationen und deren Entwicklung zugrunde legt, findet man alle strategischen und operativen Funktionen in der richtigen „Zusammensetzung“ und Gewichtung wieder; vor allem werden aber viele Fragen der traditionellen Organisationslehre und ihrer Widersprüchlichkeiten wie z.B. Zentralisation versus Dezentralisationgrad, operative versus strategische Ausrichtung, Stab-Linie-Konflikte, Kern versus Supportprozesse, etc. aufgelöst.
Auch einzelne Mitarbeiter, welche in einer derart gestalteten Organisation tätig sind, üben mehrere Funktionen aus und leisten einen wesentlich wirksameren Beitrag zum Resultat für das Ganze, als wenn sie nur in einer Funktion/Aufgabe in einer funktionalen Organisation optimierend tätig sind.
8 Der Ansatz von Mewes
Mewes entwickelte die Grundlagen für die Engpasskonzentrierte Strategie bereits in den 1950er Jahren, zuerst als persönliche Karrierestrategie aufgrund der Fragestellung: „Was macht bestimmte Schüler erfolgreicher als andere, bei gleicher Begabungsausgangslage?“ und dann in der Folge auch für Unternehmen. Die Zielsetzung ist immer: „der beste Problemlöser einer Zielgruppe zu werden …... und zu bleiben“. Entscheidend ist von den vier Prinzipien das vom Vorbild der Düngung von Pflanzen abgeleitete Minimum-Gesetz von Justus von Liebig, dass es immer einen Engpassfaktor zu überwinden gilt, um das Wachstum zu ermöglichen. Daraus entwickelt sich auch die Frage in der Strategieentwicklung, welches sind meine speziellen Stärken, was wäre daraus abgeleitet das beste Spezialgebiet in dem sich welche Zielgruppen mit welchem brennendsten Problem befinden, das ich durch Innovation oder Kooperation am besten lösen kann. Zahlreiche Unternehmen – wie sie auch im Buch der Hidden Champions von Hermann Simon erwähnt wurden - sind mit dieser bionisch inspirierten Strategielehre Weltmarktführer in ihrer Nische geworden.
Aus der Verbindung der Gedanken von Mewes und Hans Hass ergab sich auch eine Betrachtung der Frage, warum es wesentlich mehr Finken auf den Galapagos-Inseln gibt, als auf den ersten Blick zu erwarten wäre: weil sich die Schnäbel „spezialisiert“ haben und jede der spezialisierten Vogelarten daher noch imstande ist, Nahrung zu finden.
9 Andere Lexika
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Erster Autor: Dr. Karl-Heinz Oeller angelegt am 31.03.2010 um 14:17, weitere Autoren: Drahreg01, Schlesinger, Xocolatl, Wo st 01, 32X
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