Mode der Frau des späten 18. Jahrhunderts

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Marie-Antoinette von Österreich-Lothringen (1762) im Alter von sieben Jahren

Die Mode der Frau des späten 18. Jahrhunderts wurde vom Rokoko geprägt und fand ihren Ausdruck hauptsächlich in der Kleidung der herrschenden Gesellschaftsschichten. Das Bürgertum ahmte diese Mode nach, wobei als Vorbild oft einzelne Personen des königlichen Herrscherhauses dienten. In den Herrscherhäusern wurden schon die Kinder in die entsprechende Kleidung der Erwachsenen gesteckt.

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1 Epocheneinteilung

Es ist relativ schwierig, im späten 18. Jahrhundert im Bezug auf die Mode von Barock zu sprechen, da die modischen Veränderungen von 1615-1780 relativ weitgreifend sind. Daher wird die Bezeichnung Rokoko (1720-1760) gewählt, wobei auch diese Epoche von starken Entwicklungen in der Mode gekennzeichnet ist. Die Stilrichtung Rokoko entstand in Frankreich. Schwere, prunkvolle und pathetische Formen des Barocks wandelten sich ins Leichte, Zierliche, Durchscheinende. Die Gebilde sind rätselhaft, unverständlich, phantasievoll. War die französische Mode bis ca. 1770 allein für den Adel bestimmt, so etablierte sie sich durch Emanzipationsbestrebungen auch in bürgerlichen Kreisen und wurde zur Alltagsmode. Die Bevölkerung war teilweise überzeugt, dass Kleider den besten Teil des Menschen ausmachten. Die Zeit des Rokoko gilt als Epoche der Gegensätze. Die typische Kleidung der adeligen Dame bestand aus dem Manteau (Mantelkleid) mit Oberteil, einem zurückgerafftem Rock und tiefem Dekollté (Ausschnitt). Hohe Turmfrisuren und der Reifrock (siehe unten) kennzeichnen jene Zeit. Die Jahre ab ca. 1760 bis 1793 kann man als Spätrokoko bezeichnen, in welcher sich viele Änderungen abzeichneten und sich die Mode hin zur typischen Directoire (siehe unten) mit Hinwendung zur klassischen Antike entwickelte.

„Die Kleidung der Gesellschaft war im 18. Jahrhundert überall die gleiche, nämlich die französische (...)“ (Boehn 1989, 36). Marquise von Maintenon (Françoise d’Aubigné, geb. 1635; gest. 1719, letzte Mätresse des Ludwig XIV.) gab in jener Zeit den Ton am französischen Hof an und war maßgeblich bei der Entwicklung der französischen Mode beteiligt. Frankreich war zu jener Zeit maßgeblicher Vorreiter in Sachen Mode. Luxusartikel und Sonderwaren, Samt und Seide wurden in französischen Manufakturen hergestellt bzw. verarbeitet.

Madame de Staël (1766-1817)

2 Kleidungsstücke

2.1 Kleider

2.1.1 Reifrock

Reifröcke haben einen Durchmesser von bis zu 2,5 m und sind im Aufschnitt rechteckig, halbrund oder trapezförmig, im Querschnitt nierenförmig, oval oder fast rechteckig konstruiert. Die Ärmel des Kleides enden mit üppigen Rüschen, die Robe war meist von der Taille abwärts zugenäht. Der Reifrock galt als Gala- und Zeremonienkleid. Bei Nichtbeachtung der Regelung, dass das Kleid nur zu formellen Anlässen von adeligen Frauen getragen werden durfte, kam es oftmals zu Strafen. Das Geräusch, das das Wachstuch beim Tragen verursachte, gab den Trägerinnen den Namen Criardes (Kreischerinnen). Im Laufe der Jahrzehnte blieb bei den Kleidern das Oberteil gleich (Hals und Unterarm frei), die Röcke veränderten jedoch ihre Form. Die Mode des doppelten Rocks behielt man im 18. Jahrhundert bei, wie früher der untere Rock, wurde nunmehr der Reifrock sichtbar getragen. Anfangs wurde er nicht gehoben, sondern geöffnet (vorn in Dreiecksform). In den 1750er Jahren verlor der Reifrock an Umfang, das Kleid wurde kürzer und schließlich völlig fußfrei. Der obere Rock wurde in drei großen Bäuschen rückwärts und an den Seiten gerafft.

Das Postillon d’amour (Schleife, Masche) ist eine Verzierung, welche im Laufe der Zeit immer beliebter wurde. In mehreren Etagen umzogen den Stoff des Überkleids Volants (kreisförmig geschnittener Besatz), Rüschen, Bänder, Blumen, Festons (Ornamente), Tressen (gold oder silber), Spitzen, Borten, Pompons (wollene Knöpfe), Stickereien etc.

Ab 1770 kam der Reifrock ab und die Robe à la chemise (Hemd aus weißem Leinen oder Baumwolle) wurde Mode. Dies war angeblich bedingt durch das Umstandskleid von Marie Antoinette.

2.1.2 Contouche – Robe à l’Anglaise – Robe à la Polonaise

Eine Skizze von Antoine Watteau (um 1720) zeigt die Contouche (eine lange Robe, welche in Falten fällt). Diese war im frühen 18. Jahrhundert modern und aus dieser Form entwickelten sich in weiterer Folge die Robe à l’Anglaise (ab 1790er Jahre) und die Robe à la Polonaise (zu welcher sich Nannerl Mozart in einem Brief äußerte und auch auf dem Familienporträt mit dieser Robe zu sehen ist). Die späten 1780er Jahre waren geprägt von weit aufklaffenden Anglaise- oder Chemisenkleider mit langen Ärmeln und großen Fichus (Tuch).

Die Robe à la Turque kommt in Mode (Überkleider mit engen kurzen Ärmeln, vorn breit geöffnet und mit Gürtel gehalten).

2.1.3 Directoiremode

Ende des 18. Jahrhunderts rutscht die Taille nach oben unter die Brust. Es erfolgt mit der neuen Directoiremode eine Hinwendung zur klassischen Antike (der Begriff leitet sich von Direktorium her, das das nachrevolutionäre Frankreich regierte). Die Kleider waren aus weißer Baumwolle oder Leinen. Der Stoff war dünn, teilweise fast durchsichtig, die Ärmel kurz, die Taille hoch und gegürtelt. Die Ornamente wurden sparsam und nach antiken geometrischen Mustern eingesetzt. Die Schuhe zu dieser Zeit waren flach und weich.

2.1.4 Empire

Die weitere Entwicklung (Empire) richtete sich nach der Directoiremode, es wurden jedoch leuchtendere Farben und schwerere Stoffe eingesetzt (nach der Hinwendung zur klassischen griechischen Antike in der Directoiremode könnte man hier eine Hinwendung zu nachfolgenden römischen Traditionen vermuten).

2.2 Negligé

Ein Negligé ist im Gegensatz zu heute „jedes Kleid, welches nicht für die große Gala bestimmt war, also auch jedes Haus-, Straßen- und Reisekleid“ (Boehn 1989, 46). Oberteil und Rock wurden in einem geschnitten. Das Negligé war lang und umhüllte die Trägerin lose.

2.3 Korsett

Als Korsett (von frz. corset, ursprünglich Diminutiv von altfrz. cors = Körper) wird ein steifes, meist mit Schleifen verziertes, galantes, zur Unterkleidung gehöriges Kleidungsstück bezeichnet, das eng am Oberkörper anliegt und diesen der jeweils geltenden Modelinie entsprechend formen soll. Aus dem Grund wurde die Form des Korsetts immer wieder verändert, außerdem wandelten sich die Versteifungsmethoden. Von Korsett spricht man heute, früher bezeichnete man das Stück als steifes Mieder, Leibstück oder Schnürleib /-brust. Der gesundheitsgefährdende Einfluss des Korsetts war früh bekannt, wurde jedoch ignoriert. Erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Korsett heftiger kritisiert.

2.4 Unterwäsche

Unterwäsche war unschicklich zu tragen, nur alte Damen oder Fenster putzende Mägde trugen Hosen. Unterröcke gehörten zur Garderobe, der oberste war besonders aufwendig gestaltet. Sauberkeit oder das Wechseln der Unterwäsche war im Gegensatz zu kostbarer Ausstattung und beispielsweise Spitzen von geringerer Bedeutung.

3 Frisur und Make-up

Hohe Turmfrisuren (z.B. Fontange – bis 1,20 m hoch) mit Haarteilen und Drahtgestellen, Schmuck, Bänder, Federn, Perücken, Pomade (üblicherweise aus Äpfel gewonnener Vorläufer des Haargels) und weiß gepudertes Haar prägten die Zeit des Rokoko. Das Haar wusch man selten und die Frisuren wurden wegen des schwierigen Aufbaus über längere Zeit weggetragen, dadurch konnte sich Ungeziefer entwickeln – die grattoires (Kopfkratzer aus Gold oder Elfenbein) waren chancenlos. Später kamen Hüte in Mode, eigentümliche Hutkreationen waren besonders schick.

Die Frauen schminkten sich gerne auffällig, es sollte künstlich wirken. Weißer Puder, Lippenrot, Rouge in grellen Tönen und rauen Mengen wurden verwendet. Für die noble Blässe (als Zeichen von Freizeitkultur) wurde vieles gegeben. Die Frauen schreckten auch nicht davor zurück, härtere Mittel zur Unterstreichung ihrer Schönheit anzuwenden. So wurden beispielsweise Drogen genommen (Atropin = Gift der Tollkirsche), welche schmachtende Rehblicke auf den Gesichtern der Frauen hervorzauberten.

4 Das Beispiel Salzburg und die Familie Mozart

Familie Mozart (von links): Schwester Anna, Mozart selbst, Bild der Mutter, Vater Leopold

Zu einem Geschenk von Maria Theresia schrieb Mozarts Vater: „Es ist weiß brochierter Tafet mit allerhand garnierungen. Es ist schade, daß man nichts anders als einen gottillion (=Unterröckchen) hat darausmachen können, allein ein Miederl ist auch darbey.“ (Leopold Mozart, 19. Oktober 1762) Schwester Anna (genannt Nannerl) trug dieses Kleid nie, es war zu klein, der Maler setzte nur ihren Kopf auf das Bild. Zu Wolfgang Amadeus Mozart hieß es: „Offenes Justeaucorps (etwa knielanger, taillierter Rock), darunter die prächtige mit Goldborsten verzierte, lange Weste, Ärmelrüschen, schwarze Halsbinde und Spitzenjabot (eine Art Lätzchen). Auf dem Kopf trägt er eine weiß gepuderte Zopfperücke, den Dreispitz unterm Arm. Der kleine Degen komplettiert die höfische Galakleidung.“ (Ammerer 2007, 229) Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ähnelte die Mode noch der des beginnenden 18. Jahrhunderts, Salzburg erreichte die französische Mode verspätet.

Mozart war sich der Wirkung der Mode durchaus bewusst. Er war geprägt von der höfischen Mode seiner Zeit, „hegte eine Vorliebe für schöne Kleidung und modische Neuheiten und gab viel Geld für seine Garderobe aus. Er wollte ‚alles haben was gut, ächt und schön ist!’ (...)“ (Ammerer 2007, 229; Zitat: W.A. Mozart, Wien 28. September 1782). Viele Briefe bezeugen die „Vernarrtheit“ der Mozarts in Kleidung und Mode. Auch Vater Leopold war großzügig, wenn es um die Kleidung der Familie ging. Nannerl, die als modebewusst bekannt war, ließ sich von hochgetürmten Frisuren und beispielsweise der Robe à la polonaise inspirieren, sie brachte Pariser Mode nach Salzburg.

5 Literatur

5.1 Monografien und Lexika

  • Gerhard Ammerer (Hg.): Mozart interdisziplinär. Beiträge aus den Salzburger Ringvorlesungen zum Mozart-Jahr 2006, Anif – Salzburg 2007.
  • Gunda Barth-Scalmani / Brigitte Mazohl-Wallnig / Ernst Wangermann (Hgg.): Genie und Alltag. Bürgerliche Stadtkultur zur Mozartzeit, Salzburg – Wien 1994.
  • Max von Boehn: Bekleidungskunst und Mode. München 1918 (überarbeitete Auflagen 1986 und 1989).
  • Anja Magdalena Ehart: Zur Geschichte der männlichen Kleidung. Mode von 1750 bis zur Gegenwart, Salzburg (Diplomarbeit) 2009.
  • Ingrid Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon, Stuttgart 1987.
  • John Peacock: Männermode – das Bilderhandbuch, London 1996 (übersetzt von Hilde D. Kathrein).
  • Georg Simmel: Philosophie der Mode (u.a.), Frankfurt am Main 1995 (Gesamtausgabe in 24 Bänden, hg. von Behr Michael).

5.2 Ausstellungskataloge

  • Das Ewigweibliche. Accesoires der Mode vom Barock bis Heute. Eine Ausstellung des Marchfelder Schlösservereins in Zusammenarbeit mit dem Salzburger Museum Carolino Augusteum (Schloß Niederweiden im Marchfeld 12. April bis 2. November 1997), Ausstellungskatalog, Engelhartstetten: 1997.
  • Birgit Hörzer / Irmgard Trummler': Mode im politischen Wandel. In der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Ein Spiegel weiblicher Emanzipation?, Ausstellung an der Universitätsbibliothek Graz (24. November 2000 - 4. Jänner 2001), Ausstellungskatalog, Graz: 2000.

5.3 Weblinks


6 Andere Lexika

  • Dieser Artikel wurde in der deutschen Wikipedia gelöscht.

Erster Autor: Kiwi1706 angelegt am 22.02.2011 um 11:22, weitere Autoren: Xls, MannMaus, Michileo, Eingangskontrolle, AHZ

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