Eltern-Kind-Entfremdung
Der Begriff Eltern-Kind-Entfremdung, auch elterliches Entfremdungssyndrom (englisch Parental Alienation Syndrome, kurz PAS) beschreibt das Verhalten eines Kind, das dauerhaft einen Elternteil ablehnt, herabsetzt und zum Teil auch beleidigt. Eine entsprechende Theorie wurde 1985 von dem US-amerikanischen Kinderpsychiater Richard A. Gardner formuliert. Als Hauptursache werden die Ehescheidung sowie die Indoktrinierung seitens des alleinerziehenden Elternteils angegeben.[1] Ein ähnliches Verhalten wird auch infolge eines Kindesmissbrauchs oder einer tatsächlichen Vernachlässigung beobachtet.[2][3] Das Verhalten wird von der WHO als psychische Störung erfasst und ist in der neuen Auflage des ICD-11 unter "QE52.1: Loss of love relationship in Childhood" enthalten.[4] Eine Evaluation sollte aufgrund von Berichten der Mitgliedsstaaten ab 1. Januar 2022 erfolgen.
Als Spätfolgen kann es im Erwachsenenalter zu Essstörungen, Süchten, posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen psychischen und psychosomatischen Erkrankungen kommen.[5] Laut Gardner tritt das Syndrom dann auf, wenn im Zusammenhang mit einem Sorgerechtstreits ein Elternteil bewusst oder unbewusst versucht, das Kind vom anderen Elternteil zu entfremden.[6] Mit dem Erstarken der Väterrechts- und Männerrechtsbewegung wird das elterliche Entfremdungssyndrom gelegentlich im Rahmen von Umgangsrechtsstreitigkeiten, vor allem bei Umgangsverweigerung thematisiert.[7][8] Mit dem Thema befasst sich auch der deutsche Fernsehfilm „Weil du mir gehörst“ von 2019, der am 12. Februar 2020 in der ARD gezeigt[9] und inzwischen mehrmals wiederholt wurde.[10]
1 Einzelnachweise
- ↑ RA Gardner: Parental Alienation Syndrome (PAS): Sixteen Years Later. In: Academy Forum. 45, Nr. 1, 2001 , S. 10–12
- ↑ JA Hoult: The Evidentiary Admissibility of Parental Alienation Syndrome: Science, Law, and Policy. (pdf) In: Children's Legal Rights Journal. 26, Nr. 1, 2006 , S. 1–61
- ↑ RA Gardner: Recommendations for Dealing with Parents who Induce a Parental Alienation Syndrome in their Children. In: Journal of Divorce & Remarriage. 28, Nr. 3/4, 1998 , S. 1–21. doi:10.1300/J087v28n03_01
- ↑ ICD-11 - Mortality and Morbidity Statistics. Abgerufen am 12. Januar 2020.
- ↑ Wilfrid von Boch-Galhau: Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome/Disorder - Eine ernst zu nehmende Form von psychischer Kindesmisshandlung. VWB - Verlag für Wissenschaft und Bildung, Berlin 2012, ISBN 978-3-86135-178-8, S. 29.
- ↑ Peter G. Jaffe, Lemon, Nancy K. D., Poisson, Samantha E.: Child Custody & Domestic Violence, S. 52–54, SAGE Publications 2002, ISBN 978-0-7619-1826-4
- ↑ Maud Zitelmann: Kindeswohl und Kindesrechte in Gerichtsverfahren bei häuslicher Gewalt. In: Barbara Kavemann und Ulrike Kreyssig (Hrsg.): Handbuch Kinder und häusliche Gewalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften/ GWV Fachverlage, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-15377-3, S. 154–155.
- ↑ MA Adams: Framing Contests in Child Custody Disputes: Parental Alienation Syndrome, Child Abuse, Gender, and Father's Rights. In: Family Law Quarterly. 40, Nr. 2, 2006 , S. 315–338
- ↑ https://www.daserste.de/unterhaltung/film/filmmittwoch-im-ersten/weil-du-mir-gehoerst-gaestebuch-100~_page-5.html
- ↑ 16. Mai 2020 und 24. Juli 2020
2 Weblinks
- World Health Organization – ICD-11 – International Classification of Diseases 11th Revision: QE52 Problem associated with interpersonal interactions in childhood
- Walter Andritzky: Parental Alienation Syndrome: Nicht instrumentalisieren lassen. In: Deutsches Ärzteblatt, 2003.
- TM Houchin et al.: The Parental Alienation Debate Belongs in the Courtroom, Not in DSM-5. In: Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law Online. 40, Nr. 1, Januar 2012, S. 127–131.
- Irmgard Rathsmann-Sponsel, Rudolf Sponsel: PAS – Parental Alienation Syndrome nach Richard A. Gardner. Kernphänomen, Syndrom und Diagnostik, Ätiologie und Therapie, Darstellung, Beurteilung, Bewertung.
- Wera Fischer: Das Parental Alienation Syndrome (PAS) und die Interessensvertretung des Kindes. Ein Interventionsmodell für Jugendhilfe und Gericht.
- KiMiss-Projekt der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen
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