Unternehmens(selbst)steuerung

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Unternehmens(Selbst)steuerung ist ein Konzept der Unternehmenssteuerung. Es hat sich u.a. aus der Selbstregulation, Kybernetik und Homöostase entwickelt. Das Konzept der Unternehmens-(Selbst)Steuerung beschreibt auch ein etwa ab 2005 entwickeltes systemtheoretisch-konstruktivistisches Managementmodell. Es basiert auf den zentralen Annahmen der neueren Systemtheorie Niklas Luhmanns[1], dass Organisationen Systeme sind, die auf Entscheidungen basieren. Sie beziehen sich in ihren Handlungen nur auf sich selbst (Selbstreferenzialität). Diese Geschlossenheit des Systems bewirkt, dass es durch Impulse von außen nur irritiert, jedoch keinesfalls linear gesteuert werden kann.[2] Jedes soziale System und jeder lebende Organismus nimmt aufgrund seiner inneren Strukturen nur gewisse Impulse von außen auf und andere nicht. Die Verarbeitung der wahrgenommenen Impulse erfolgt entsprechend der inneren Muster des Unternehmens und ist von außen weder vorhersehbar noch eindeutig bestimmbar.

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1 Grundannahmen

Die systemtheoretische Betrachtung von Unternehmen als auf sich selbst referenzierende, geschlossene soziale Systeme, führt zu einer paradoxen Situation für Manager. Das Erleben und die Erwartungen des Managers, eine wichtige und einflussreiche Steuerungsrolle auszufüllen, stehen der Annahme gegenüber, dass Unternehmen durch Außenimpulse (von Managern) nur verstört, aber nicht gesteuert werden können. Nach dem Modell der Unternehmens(Selbst)Steuerung ist das Konzept der linearen Steuerung für Manager hinfällig.[3] An ihre Stelle tritt das Auffinden und gezielte Beeinflussen von Mustern der Selbststeuerung. Durch das Erkennen durchgehender Muster entlang des Lebensweges eines Unternehmens ist es möglich, Stellhebel für die Beeinflussung seiner Selbststeuerung zu finden.

Die Vorstellung, Unternehmen nur zu irritieren, aber nicht steuern zu können, widerspricht dem subjektiven Gefühl des Managers, der sich in der Rolle des Gestalters empfindet. Das Modell geht jedoch davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher bzw. wirkungsvoller Aktionen entsprechend der Zielsetzung des Managers steigt, wenn er von den Grundannahmen der Unternehmens(Selbst)Steuerung ausgeht. Als eine wesentliche Kompetenz für erfolgreiches Managen gelten daher die Fähigkeiten einen bewussten Wechel zwischen:

  • Beobachtung des Unternehmens („Vogelperspektive“), um die internen Abläufe möglichst genau zu erfassen.
  • Zielgerichteten Handeln des Managers unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit des Unternehmens.

2 Das Modell

Die zentralen Elemente des Modells sind:

  1. Bilder von Organisation
  2. Zwei Formen der Unternehmenssteuerung
  3. „Passung“ Manager-Unternehmen

2.1 Bilder von Organisation

Für das Modell bedeutend sind drei Bilder um Organisationen zu beschreiben:


Das Modell beschreibt Unternehmen als ein hoch komplexes soziales System, das von Natur aus einem kontinuierlichen Prozess der Selbststeuerung folgt. Die Reflexion des Lebensweges eines Unternehmens, so die Annahme des Modells, liefert Hinweise auf dessen identitätsstiftende Steuerungsmuster.

Als Metapher wird der lebendige Organismus gewählt, der folgende Eigenschaften eines sozialen Systems ausdrücken soll:

  • Lebendige Organismen lassen sich nicht von außen steuern – höchstens (ver)stören.
  • Sie reagieren zwar auf Reize und Irritationen von außen – sie steuern sich allerdings auf Basis ihrer inneren Muster selbst.
  • Steuerung in lebendigen Organismen ist nicht an einer bestimmten Stelle zu verorten, sie geschieht vernetzt an vielen Orten gleichzeitig.
  • Jeder lebendige Organismus hat primär ein Ziel: Er will sinnerfüllt leben und ist damit von seinem primären Zweck außer für sich selbst für niemanden anderen da.
Datei:Unternehmens(Selbst)Steuerung.jpg
Unternehmensgeschichte bestimmt durch die zwei Steuerungsformen.

Als Beispiel für diese Metapher wird als Bild das Biotop gewählt, welches das Eigenleben und die Nicht-Steuerbarkeit verdeutlicht.

2.2 Zwei Formen der Unternehmenssteuerung

Zwei Steuerungsmustern, welche die Identität und Lebensfähigkeit des Systems aufrecht erhalten, sind zu unterscheiden (siehe Bild):

  • Die Steuerung des naturwüchsigen Laufes (die „grüne Schleife“)
  • Die (ver)störende Steuerung (das „rote Band“).

Die naturwüchsige Selbststeuerung umfasst Entscheidungen, die dazu dienen, das Unternehmen auf seinem Pfad zu halten z.B. durch Strategiearbeit oder Reorganisationsprojekte, wenn sie schon zu einem Teil der Routine geworden sind (Systemtheoretisch entspricht dies der Änderung kognitiver Strukturen, auch als Wandel 1. Ordnung bezeichnet). [6][7]

Die (ver)störende Selbststeuerung hingegen versucht festzustellen, ob die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der Zukunft gefährdet ist, wenn es weiterhin durch die Steuerungsmuster der grünen Schleife gesteuert wird. Führt diese Reflexion am roten Band (Manager) zu diesem Schluss, versucht das rote Band die bestehenden Muster durch gezielte Irritationen zu verstören. Das Unternehmen wird dadurch in eine chaotische Phase gebracht, aus der neue Steuerungsmuster der grünen Schleife entstehen können, die für die Lebensfähigkeit in der Zukunft funktionaler sind (Systemtheoretisch entspricht dies der Änderung normativer Strukturen, auch als Wandel 2. Ordnung bezeichnet). Im Modell wird davon ausgegangen, dass diese Umbruchphasen am Lebensweg deutlich erkennbar sind.

2.3 „Passung“ Manager-Unternehmen

Manager werden im Modell der Unternehmens(Selbst)Steuerung als relevante Umwelten verstanden, über die sich Unternehmen „Handlungsträger“ und Reflexionsfähigkeit zukaufen.[8] Die Persönlichkeit von Managern kann den Mustern des Unternehmens eher entsprechen oder nicht. Gibt es zwischen dem Persönlichkeitsstil des Managers und der naturwüchsigen Steuerung hohe Ähnlichkeit, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er seine Aktionen auf der grünen Schleife setzt. Die Annahme des Modells ist, dass z.B. Aktionen eines stark analytisch orientierten Managers in einem Unternehmen, dessen naturwüchsige Steuerung sehr ruhig und gleichmäßig abläuft, tendenziell wenig Verstörung bedeutet. Ist keine Passung gegeben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er automatisch auf das rote Band wechselt. Daraus ergibt sich als wichtige Qualifikation für Manager die Reflexionsfähigkeit über den eigenen Persönlichkeitsstil, die grüne Schleife des Unternehmens und deren Passung ab. Dadurch sollen Aktionen bewusster und gezielter auf das jeweilig besser passende Steuerungsmuster gesetzt werden können.

3 Anwendung des Modells in der Praxis

Der Manager entwickelt auf Basis des Lebensweges, der Unternehmensidentität und den spezifischen Formen der Steuerung ein Bild „seines Unternehmens“.[9] Vor diesem Hintergrund gibt er den durch ihn zu erledigenden Aufgaben die höchste Priorität. Dafür schlägt das Modell drei zentrale Priorisierungskriterien vor:

  1. Ist die Lebensfähigkeit gefährdet?
  2. Ist das ganze Unternehmen oder nur Teile betroffen?
  3. Können erforderlich erscheinende Managementaktionen auf der naturwüchsigen Steuerung oder müssen sie auf der (ver)störenden Steuerung angesetzt werden?


Als Grundregel des Modells gilt: höchste Priorität hat gefährdete Lebensfähigkeit des Unternehmens, die Aktionen am roten Band erfordert.[10]

4 Abgrenzung zu anderen Modellen

Das Modell der Unternehmens(Selbst)Steuerung beschreibt Unternehmen, die Koppelung Unternehmen-Manager sowie Steuerungseingriffe durch Manager auf Basis einer systemtheoretisch-konstruktivistischen Grundhaltung. Insofern versteht es Management nicht als lineare Steuerungsversuche, sondern als Interventionen zur Irritation von Selbststeuerungsmustern des Unternehmens. Das Modell der Unternehmens(Selbst)Steuerung erweitert bisherige systemtheoretische Modelle auch um die Dimension der Passung Manager-Unternehmen.

5 Kommentare zum Modell

„Die angeregte Selbstreflexion der ManagerIn-Identität ("Wie ticke ich als Managerin und wie beeinflusse ich dadurch die Organisation?") empfinde ich als gute Idee. Naturgemäß ist sie mir als Personalentwicklerin etwas zu oberflächlich betrachtet.[11]

Iris Schatzl, Persönlichkeitsentwicklerin und Autorin

„Ein höchst praktisches Modell für all jene, die mit Steuerungsaufgaben betraut sind.[12]

Peter Wagner von Leaders-Circle.at, einer Know-How Plattform zum Thema Führung [13]

„Die theoretische Grundlage des Buches – die soziologische Systemtheorie – wird gut nachvollziehbar und leicht verständlich erläutert. Ergänzt wird dies mit vielen praktischen Beispielen und „Übersetzungen“ in die Welt des Managements. Der Anspruch der praktischen Anwendbarkeit wird großteils erfüllt.[14]

Ruth Simsa, Unternehmensberaterin und Proffessorin für Soziologie an der WU Wien

6 Literatur und Einzelnachweise

Die Informationen dieses Artikels entstammen aus Exner et al. (2009)[15], darüber hinaus wird folgende weiterführende Literatur zitiert:

  • Baecker, Dirk: Organisation und Management. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 2003.
  • Exner, Alexander: Unternehmensidentität. In: Königswieser, Roswita / Lutz (Hrsg.). Das systemisch-evolutionäre Management. Orac Verlag, Wien 1990. S. 195-207.
  • Exner, Alexander / Exner, Hella / Hochreiter, Gerhard: Selbststeuerung von Unternehmen. Ein Handbuch für Manager und Führungskräfte. Campus, Frankfurt/Main u.a. 2009.
  • Kuhn, Thomas: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1979.
  • Levy, Amir / Merry, Uri: Organizational Transformation: Approaches, Strategies, Theories. Praeger, New York u.a. 1986.
  • Wagner, Peter: Selbststeuerung von Unternehmen. In: Leaders Circle, http://www.leaders-circle.at/selbststeuerung.html, Datum des Zugriffs: 24.11.2009.
  • Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1984.
  • Maturana, Humberto / Varela, Francisco: Der Baum der Erkenntnis. Goldmann, München 1987.
  • Schatzl, Iris: Bücher im Blick: Selbststeuerung von Unternehmen. In: personalmanager 03/2009 unter http://www.personal-manager.at/content/e504/e341/e3382/index_ger.html, Datum des Zugriffs: 24.11.2009
  • Simsa, Ruth: Rezension vom 05.05.2009 zu: Alexander Exner, Hella Exner, Gerhard Hochreiter: Selbststeuerung von Unternehmen. Campus Verlag (Frankfurt) 2009. 252 Seiten. ISBN 978-3-593-38825-0. In: socialnet Rezensionen unter http://www.socialnet.de/rezensionen/7748.php, Datum des Zugriffs: 24.11.2009.
  • Willke, Helmut: Systemtheorie Band III: Steuerungstheorie. Lucius & Lucius, Stuttgart 2001.
  1. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1984
  2. Willke, Helmut: Systemtheorie Band III: Steuerungstheorie. Lucius & Lucius, Stuttgart 2001
  3. Exner Alexander, Michael Patak: Die Ohnmacht der Mächtigen, S. 26
  4. Maturana, Humberto / Varela, Francisco: Der Baum der Erkenntnis. Goldmann, München 1987
  5. Exner, Alexander: Unternehmensidentität. Königswieser/Lutz (Hrsg.): Das systemisch evolutionäre Management. Orac Verlag, 1990, S. 195-207
  6. Levy, Amir / Merry, Uri: Organizational Transformation: Approaches, Strategies, Theories. Praeger, New York u.a. 1986
  7. Kuhn, Thomas: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1979
  8. Baecker, Dirk: Organisation und Management. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 2003
  9. Patak, Michael/Schönleitner Erich: Das Konzept der Selbststeuerun in der Praxis. In GDI Impuls 2/2008 S 105-109
  10. Exner, Alexander, Fischer-Ledenice Katharina: Konzentration auf das Wesentliche – Wie Sie Ihr Unternehmen mit Leadership steuern.In: Hernsteiner, 2/2007, S. 18-22
  11. Schatzl, Iris: Bücher im Blick: Selbststeuerung von Unternehmen. Personalmanager 03/2009. S. 56.
  12. http://www.leaders-circle.at/selbststeuerung.html. Zugriff: 24.12.2009.
  13. http://www.websitewiki.de/Leaders-circle.at
  14. http://www.socialnet.de/rezensionen/7748.php, Zugriff: 24.12.2009.
  15. Exner, Alexander / Exner, Hella / Hochreiter, Gerhard: Selbststeuerung von Unternehmen. Ein Handbuch für Manager und Führungskräfte. Campus, Frankfurt/Main u.a. 2009


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7 Init-Quelle

Entnommen aus der:

Erster Autor: Robi313 angelegt am 31.12.2009 um 13:20

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