Himmelclub

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Der Himmelclub (1998-2009) war ein unabhängiges und selbstverwaltetes Musik- und Kulturlokal in Schwyz.

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1 Geschichte

1.1 Die ersten Jahre

Der Himmelclub (oder schlicht Himmel) öffnete Ende März 1998 seine Tore. Da Schwyz einem Teil der lokalen Jugend und Junggebliebenen kulturell nichts zu bieten hatte, mussten diese es halt selbst in die Hand nehmen: „irgendwann wurde mit dem himmel begonnen, weil es hier auf dem land halt nichts gab, das uns interessierte, "also muss mensch das wohl selber machen", dachten wir uns“[1]. Im Himmel soll (fast) alles möglich sein und alles spielen, „was keinen rang und keinen namen hat“[2].

Gemäss der Homepage spielten am ersten Konzert die beiden Hardore-Bands George aus Schwyz und G.U.R.K. aus Luzern[3]. Im ersten Jahr spielten im Himmel nur Schweizer Bands, viele davon Lokalbands, wie Fuego, Rain, Blun, Verwaint und die Delegates. Ende Jahr spielte zudem noch die mittlerweile ziemlich bekannte Zürcher Thrash-Metal-Band Cataract, die mit ihrer ersten Demo-CD unterwegs war. Zudem gab es von Anfang an in regelmässiger Unregelmässigkeit Lesungen, Diskussionsabende oder andere kulturelle Anlässe. Auch 1999 stand hauptsächlich Punk und Hardore auf dem Programm, wobei die Anlassfrequenz mit etwas mehr als 15 im gesamten Jahr noch immer relativ tief war. Mit Sounds of Outer Space und Luna Lounge hatten auch wieder zwei Lokalbands Gelegenheit für ein Konzert vor heimischem Publikum.

Ein Jahr darauf fanden dann schon mehr als 25 Anlässe statt und das Programm wurde immer abwechslungsreicher. Natürlich kamen Hardore- und Punk-Liebhaber mit Konzerten von Bands wie Lack, Complete, JR Ewing, Nothing to Prove, Snitch oder Belli cosi wie gewohnt auf ihre Kosten. Daneben gab es aber auch Lesungen und musikalische Anlässe jeglicher Couleur, Liedermacher wie Sarbach oder der Sepp aus Zürich, Goa-Partys und Bands die kaum in eine Kategorie passen, wie die Lokalmatadoren Rank, Roy & the Devils Motorcycle oder NNY. Seit Mitte 1999 erschien darüber hinaus das Himmelheft[4], von welchem es bis Frühling 2002 fünf Ausgaben geben sollte. Darin wurden Musik oder Politik diskutiert, Kochgeheimnisse offenbart oder einfach nur Anekdoten erzählt.

1.2 Immer mehr Kultur, Konzerte und Konflikte

2001 fanden im Himmel bereits 40 Anlässe statt, darunter immer noch viele Konzerte von Bands wie Something like Elvis, Yage, Zorg oder Fuckadies. Ausserdem wurde über Kurdistan informiert, an der 2. Thomy's Movie Night einmal mehr selbst gedrehtes gezeigt und an Weihnachten eine offene Bühne durch diverse Einlagen belebt. Dieses bunte Treiben gefiel jedoch nicht allen: Am 28. Juni 2001 erreichte das (gegen aussen anonyme) Betreiberkollektiv ein Schreiben der Gemeinde betreffend feuerpolizeilichen und gastgewerblichen Auflagen[5]. Auch die folgenden Monate suchte die Gemeinde immer wieder den Kontakt[6]. Die Lage schien sich gegen Ende Jahr beruhigt zu haben, aber neue Probleme mit den Paragrafen waren zu erwarten.

Am 13. Januar 2002 wurde daraufhin der Kulturverein Himmel gegründet[7], um nicht als Restaurant behandelt zu werden. Am 23. August 2002 entschied die Gemeinderatssitzung trotzdem die Bewilligungspflicht für den Himmel, wogegen Rekurs eingelegt wurde[8]. Das gleiche Spiel wiederholte sich im November[9]. Am 21. November stellten die Vereinsmitglieder in einer auch an die „Behörden von Ingoldau“ adressierten Pressemitteilung ihren Standpunkt klar:

„Wir haben lange über eine Betriebsbewilligung diskutiert und sind zu der Ansicht gelangt, dass uns eine solche Bewilligung, die uns in den selben Topf wirft, wie kommerzielle Treffpunkte, so stark beeinträchtigen würde, dass die Freude, die im Himmel steckt, verloren ginge. Wir würden einem Regelwerk unterstellt, das jegliche Eigenverantwortung und Selbstverwaltung zunichte macht. Dazu kommt, dass wir der Meinung sind, das der Kulturverein Himmel ein soziales Experiment darstellt, in welchem jede/R Einzelne lernen kann selbstbestimmt zu arbeiten und dabei gleichzeitig Verantwortung für sich und andere übernimmt. Der Himmel ist eine kreative Alternative zu Konsumzwang und Einheitsbrei, etwas, was wir uns nicht einfach wegnehmen lassen.“

Pressemitteilung vom 21. November 2002[10]

Trotz aller Bürokratie war auch 2002 im Himmel gewaltig viel los. Zum ersten Mal wurden in einem Jahr über hundert Anlässe organisiert, darunter Konzerte von nicht ganz unbekannten Bands, wie zum Beispiel Honey for Petzi, Knut, Houston Swing Engine, Standstill, Amanda Woodward, Zu, Kafkas, Shora oder Vialka. Infoveranstaltungen fanden ebenfalls wieder einige statt, sei es über das WEF, Mumia Abu-Jamal, die Chaostage in Hannover oder Palästina. Zur Häufung dieser Infoveranstaltungen trug auch das Infocafé Café Kabul dar, das sich irgendwann gegen Ende 2001, Anfang 2002 in einem kleinen Raum im oberen Stock des Himmels installierte. Es organisierte regelmässig Lesungen, Filmabende oder Solidiscos.

1.3 Unruhige Zeiten

In der Nacht auf Sonntag 19. Januar 2003 verübten Rechtsradikale massive Sachbeschädigungen am Gebäude des Himmels[11]. Schon im Sommer 2002 war es zu Provokationen seitens Rechtsradikaler gekommen[12]. Da immer wieder der antifaschistische, antirassistische und antisexistische Charakter des Himmels betont wurde, war er ein beliebtes Angriffsziel der rechtsradikalen Schwyzer Szene. So enthielt auch die Pressemitteilung zum Vorfall ein klares Statement gegen jegliche Form der Diskrimierung:

„Wir rufen die Bevölkerung von Schwyz auf sich gegen rechte Gewalt zur Wehr zu setzen und fremdenfeindlichem und diskriminierendem Gedankengut keinen Raum zu lassen, das schlussendlich den Nährboden für solche Angriffe, wie den gestrigen liefert. Wir lassen uns durch solche Übergriffe nicht einschüchtern und stehen weiterhin ein für ein selbstverwaltetes Kulturzentrum, dass sich gegen jegliche Form von Unterdrückung und Diskriminierung einsetzt.“

Pressemitteilung vom 19. Januar 2003[13]

Der Konflikt mit den Behörden war ebenfalls noch nicht beigelegt. In einem Gespräch zwischen Vertretern des Himmels und der Gemeinde am 7. Mai 2003[14] insistierten letztere auf die Bewilligungspflicht für den Himmel. Die Vereinsmitglieder hatten allerdings immer noch kein Interesse, den Himmel im Rahmen einer gastgewerblichen Bewilligung als Restaurant weiterzuführen. Am 15. Juni 2003 schockierten sie die Öffentlichkeit mit einer Pressemitteilung, in welcher die Auflösung des Vereins und das Ende des Himmels angekündigt wurde:

„Die Mitglieder des Kulturvereins Himmel haben stets viel Arbeit und Mühen auf sich genommen – freiwillige und unentlöhnte Arbeit, ohne die die zahlreichen und vielfältigen Anlässe nicht möglich gewesen wären. Seit geraumer Zeit belastet der Rechtsstreit mit der Gemeinde die Stimmung im Verein. Anstatt mit kulturellen Fragen, mussten wir uns vordringlich mit rechtlichen und administrativen Problemen auseinandersetzen. Eine gastgewerbliche Bewilligung würde den Tod des Kulturvereins Himmel bedeuten, dessen Sinn in Frage stellen und den dahinter stehenden Ideen widersprechen. Deshalb wurde der Kulturverein am 9. Juni 2003 mit dem benötigten Zweidrittelsmehr aufgelöst. Die Entscheidung zu diesem Schritt wurde keinesfalls leichtfertig, sondern nach einer mehrstündigen, engagiert geführten Diskussion, getroffen. Niemand von uns möchte ein Restaurant führen. Niemand hat Lust, sich um den mit einer Bewilligung verbundenen Mehraufwand zu kümmern, welcher nichts mit Kulturarbeit zu tun hat.“

Pressemitteilung vom 15. Juni 2003[15]

Mit der Auflösung des Vereins verloren die Behörden ihren Ansprechpartner, während der Himmel - entgegen der Schliessungsankündigung - weiterhin fleissig Anlässe organisierte. Ein Artikel des Boten der Urschweiz liess schon einen Tag später vermuten, dass das Ende vielleicht doch noch nicht das Ende sein würde: „Der Betrieb des «Himmels» scheint nun auf privater Basis weiter zu gehen“[16]. Tatsächlich ging es am 28. Juni 2003 mit dem Konzert von Greis weiter als ob nichts gewesen wäre. Schliesslich fanden also auch 2003 wieder 68 Anlässe im Himmel statt, darunter Konzerte von Bands wie Analena, Daïtro, Mihai Edrish, Mundartisten, The Dragon Rapide, Snail Racing, RIFU, Raein oder Ed Mudshi, Lesungen von Autoren wie P.M. oder Rodrigo Rey Rosa, sowie zahlreiche Infoveranstaltungen, Film- oder Diskussionsabende und Voküs.

1.4 Der zweite Frühling

Kurioserweise ist nach der Pressemitteilung vom 15. Juni 2003 keine Kontaktaufnahme seitens den Behörden mehr dokumentiert. Der Himmel organisierte weiterhin Anlässe, hatte immer noch keine Gastgewerbebewilligung und blieb eine (sub)kulturelle Oase jenseits bürokratischer und kommerzieller Logiken. Die Öffentlichkeitsarbeit 2002/2003[17] erwies sich als fruchtbar, denn vermutlich war die breite Unterstützung für die Behörden mit ein Grund, das Dossier fallen zu lassen und sich mit der rein inoffiziellen Existenz des Himmels abzufinden. Somit konnte sich das Betreiberkollektiv endlich wieder auf kulturelle Fragen konzentrieren und im Himmel war weiterhin häufig etwas los. Das Angebot wurde immer breiter, das Kollektiv TEK:NOW! machte den Himmel zum Eldorado der Schwyzer Electroszene, ausserdem zeichnete sich das Konzertangebot immer mehr durch eine grosse Bandbreite von Stilen aus. Wie sich's gehört, wurde auch das fünfjährige Bestehen im Sommer 2003 mit einem zweitägigen Fest gefeiert.

In den darauf folgenden Jahren trat das Betreiberkollektiv des Himmels nicht mehr an die Öffentlichkeit. Da es offiziell sowieso nicht mehr existierte und die Behörden sich nicht mehr zu Wort meldeten, war das auch nicht mehr nötig. Stattdessen wurden weiterhin rege Anlässe organisiert und das sollte bis Mitte 2009 so weitergehen. Im September 2008, anlässlich des zehnjährigen Jubiläums, wurde ein viertägiges Fest organisiert mit Vokü, diversen Konzerten und DJs, sowie einem Brunch am Sonntag. Als die Betreiber Anfang 2009 erfuhren, dass das ihnen zur Verfügung gestellte Gebäude verkauft werden konnte und sie somit die kulturelle Obdachlosigkeit erwartete, war der Frust gross. Am 30. Mai 2009 war es schliesslich so weit: Es kam zum letzten Anlass im Himmel, es gab nicht mal mehr Strom und überall lag Traurigkeit in der Luft. Bald würden die Bagger auffahren und Schwyz wieder zu dem machen, was es schon immer war - ein langweiliges Kaff.

1.5 Epilog?

Seit der Schliessung hörte die Öffentlichkeit nichts mehr vom ehemaligen Betreiberkollektiv. In der Erinnerung vieler ist der Himmel nach wie vor lebendig und sein Verschwinden hat eine riesige kulturelle Lücke gelassen. Auch Leute von ausserhalb Schwyz kamen ab und zu in den Himmel, das intime Ambiente und die tiefen Preise wurden häufig positiv hervorgehoben[18]. Sogar in einen Online-Reiseführer schaffte es der Himmel mit dem stolzen Score von fünf von sechs Punkten:

„Der Himmel ist schwer zu kategorisieren. Es ist eine sehr kleine Location, bietet aber viele Konzerte von meist ziemlich unbekannten Bands. Billiger Eintritt, Billige Getränke, kein Dresscode (im gegenteil, nicht zu chic) Das Himmelmotto lautet: Wo jeder noch Mensch sein kann.“

Travelfeedback zum Himmel[19]

Wie und ob es weitergeht weiss zur Zeit niemand so genau. Die Homepage kündigt die „wiedereröffnung des himmels mit bodenheizung & spa-bereich“ am 7. Juli 2011 an[20]. Ob dies ernst gemeint ist, wird die Zukunft zeigen.

2 Weblinks

3 Quellen

  1. http://www.himmelclub.ch/abouth.php
  2. Ebd.
  3. Für erwähnte Anlässe, vgl. Liste der Anlässe
  4. http://www.himmelclub.ch/heft.php
  5. Vgl. http://www.himmelclub.ch/presse/gemeindekontaktechronologie-03.pdf
  6. Vgl. ebd.
  7. Vgl. ebd.
  8. Vgl. ebd.
  9. Vgl. ebd.
  10. http://www.himmelclub.ch/presse/PressemitteilungdesKulturvereinHimmelvom21-11-02.pdf
  11. Vgl. https://switzerland.indymedia.org/de/2003/01/2955.shtml
  12. Vgl. http://www.himmelclub.ch/storys.php
  13. https://switzerland.indymedia.org/de/2003/01/2955.shtml
  14. Vgl. http://www.himmelclub.ch/presse/gemeindekontaktechronologie-03.pdf. Die Jahreszahl 02 ist wohl ein Druckfehler.
  15. https://switzerland.indymedia.org/frmix/2003/06/11552.shtml
  16. Ebd., 2. Kommentar.
  17. Vgl. http://www.himmelclub.ch/pics.php. transparente für die rettung des himmels. fotografiert am 6.12.2002.
  18. Vgl. z.B. http://hitparade.ch/forum.asp?todo=viewthread&id=6767
  19. http://www.travelfeedback.com/Tipps/Schweiz/Schwyz/Allgemeines/Himmel_Club
  20. http://www.himmelclub.ch/program.php



4 Init-Quelle

Entnommen aus der:

Erster Autor: Alf Meier angelegt am 09.01.2011 um 18:50,
Alle Autoren: Eingangskontrolle, Nawgen, Wnme, WAH, Alf Meier


5 Andere Lexika

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