Schleswig-Holsteinischer Kanal

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Der Schleswig-Holsteinische Kanal (auch Eiderkanal genannt) wurde zwischen 1777 und 1784 erbaut. Er gilt als eines der bedeutendsten historischen Technikbauwerke in Schleswig-Holstein. Der 43 Kilometer lange Eiderkanal verband die Kieler Förde mit der unteren Eider bei Rendsburg. Über die Eider selbst führte der Wasserweg weiter über die Hafenstadt Tönning bis in die Nordsee. Bis zur Inbetriebnahme des Nord-Ostsee-Kanal im Jahre 1895 galt der Schleswig-Holsteinische Kanal als eine der wichtigsten Wasserstraßen Europas.[1] Der Kanal ist ein technisches Denkmal von Weltrang.[2] Für den von 1887 bis 1895 gebauten Nord-Ostsee-Kanal wurde ein großer Teil des Eider-Kanals verwendet. Drei der insgesamt sechs Schleusen sind teilweise restauriert und werden vom Canal-Verein e.V. unterhalten.

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1 Hintergrund

Das heutige Schleswig-Holstein war und ist bis heute eine natürliche Barriere zwischen Nord- und Ostsee. Der große Umweg über Skagen war zeit- und geldaufwändig sowie gefährlich. Selbst die Wikinger mieden den Umweg über Skagen. Sie luden ihre Boote an der Schlei oder der Treen aus und transportierten ihre Waren ca. 16 Kilometer weit bis nach Hollingstedt zur Treene. Die Siedlung Haithabu ist so entstanden. 1398 wurde bereits der erste Kanal in Holstein gebaut: Der Stecknitz-Kanal verband Lübeck mit Lauenburg.

2 Planung und Bau

Im 16. und 17. Jahrhundert planten die Landesherren von Holstein eine direkte Schiffsverbindung zwischen Nord- und Ostsee. Vorbilder waren der 1504 fertiggestellte französische Canal de Briare und der 1681 eröffnete Canal du Midi zwiwschen Mittelmeer und Atlantik. Jedoch blieb es, aufgrund der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bestehenden kriegerischen Auseinandersetzungen bei Plänen.
Erst als Andreas Peter Graf Bernstorff in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den dänisch-deutschen Gesamtstaat aus allen europäischen Zwistigkeiten heraushalten konnte, waren die Voraussetzungen für die Fertigstellung des Eiderkanals gegeben. Graf Bernstorff leitete von 1773 bis 1780 und von 1784 bis zu seinem Tode 1797 die Deutsche Kanzlei in Kopenhagen und prägte die dänische Außenpolitik. Der Ingenieur Wilhelm Theodor Wegener (1724–1792) legte im Februar 1774 einen ersten Kanalbauplan vor: Somit konnte 1774 eine hochrangig besetzte Kanalkommission, der unter anderem Bernstorff und der dänische Schatzmeister Heinrich Carl Graf Schimmelmann angehörten, mit der Detailplanung beginnen.
Zunächst wurde geprüft, ob mehrere Trassen für einen Kanal, der Kiel und die Elbe verbinden sollte, umsetzbar waren. Jedoch überstiegen die Kosten eines derartigen Kanalnetzes die finanziellen Möglichkeiten des damaligen Königs Christian VII. von Dänemark.

Schließlich wurde sich für eine Trasse zwischen Kiel und Rendsburg mit Weiterführung über die Untereider nach Tönning entschieden. Es wurden hierzu ca. 10% des damailigen dänischen Jahresetats, 620.000 Reichsbanktaler veranschlagt. Bei der Endabrechung kam jedoch heraus, dass der Kanal 2,3 Millionen Reichtaler (das 3,7fache) gekostet hatte.

Der Bau verlief von Osten her in vier Abschnitten:

  • 1777: Kieler Förde bis Gut Knoop.
  • 1778: Gut Knoop bis Neuwittenbek.
  • 1780: Neuwittenbek bis Flemhuder See.
  • 1781: Flemhuder See bis Obereider.

34 der insgesamt 43 Kilometer musste der Kanal ergraben werden. An der Oberfläche war er 28,7 Meter breit, an der Sohle 18 Meter und hatte eine Tiefe von 3,45 Metern. Damit war er tiefer, als manche moderne Kanäle späterer Zeit.
Bis zu 2.600 Arbeiter waren am Kanalbau beschäftigt. Sie hausten in Baracken, in Zelten oder bei Einheimischen in Notquartieren, wo sich bis zu 60 Mann einen Raum teilten. Es ist kaum verwunderlich, dass sich damals unhaltbare hygienische Zustände entwickelten. So schreibt der Arzt Wenzel im Jahr 1781 an die Kanalkommission:
„... das die meisten hier entstehenden Krankheiten durch die schlechten Quartiere der Arbeitsleute entstehen, und entweder langwierig oder gar unheilbar werden.“[3]

Er fährt fort:
„Entweder sind die Arbeiter bey den Bauern im Quartier, bekommen da gewöhnlicher Weise im Knechtenhaus(?) Platz der im Hause ist, und werden sogar delogiert, sobald sie dem Bauer durch Krankheit lästig fallen, oder liegen in ganz neuen von frischer Erde und in selbige aufgewühlten Zustand, müssten alles Ungemach der Kälte und Zugwindes über sich ergehen lassen, und werden hierdurch die natürlichsten Folgen .... .in die bösartigsten Fieberungen und anderer Krankheiten leicht gestürzt. In beiden Fällen ist es beinahe ohnmöglich, das bey dem noch überdies gewöhnlichen Mangel der Wartung, Arzeneymittel, und wenn es auch die besten sind, gehörige Würkung thun können.“[3] Die Folgen: 1783 brach eine Epidemie aus, die als "Faulfieber" beschrieben wurde, und zwang gut 1.400 von 2.600 Arbeitern auf das Krankenlager.

Dem 10 Meter hohen Unterschied beim Wasserstand zwischen der Kieler Förde und der Untereider trat man mit sechs Schleusen entgegen: Holtenau, Knoop und Rathmannsdorf hoben in kurzem Abstand entsprechend dem geologischen Profil den Wasserlauf auf 7 m ü. NN; Königsförde, Kluvensiek und Rendsburg senkten ihn auf das Niveau der Untereider. Die Schleusenzeit pro Schleuse betrug im Durchschnitt 10 Minuten.
Der Verwaltungsbeamte, Diplomat und Publizist August von Hennings (1746-1826) schrieb 1785 begeistert über den Kanal:
„Soviel ist gewiss, dass der Kanal und die Schleusen Werke sind, die in der Vollkommenheit der Ausführung nicht übertroffen werden können. Sie verdienen in der Tat mehr als die Pyramiden Ägyptens und die Gärten der Semiramis unter die Wunder der Welt gesetzt zu werden“[3]

Jede Schleuse bestand aus zwei Kammern:
Der Schiffschleuse mit einer Innenabmessung von 35,0 x 7,8 Metern und 3,5 Metern Tiefe, die Schiffe bis zu 160 Tonnen Ladegewicht aufnehmen konnte, und einer zweiten Kammer zur Regulierung des Wasserstands mit einer Breite von 5 Metern. Die Schleusen waren von den Gebrüdern Holler aus Wilster nach holländischem Vorbild konzipiert, aber mit etlichen technischen Neuerungen ausgestattet.
Neben dem Kanal entstanden zahlreiche Gebäude, die dem Betrieb des Kanals dienten. An jeder Schleuse gab es Wohnhäuser für die Schleusenwärter, in Kluvensiek auch eine Gaststätte und eine Pferdestation. In Kiel, Rendsburg und Tönning wurden Packhäuser errichtet, besonders große an den Endpunkten des Kanals in Kiel und Tönning, weil die Planer von einem erheblichen Aufschwung des Binnen- und Außenhandels durch den Kanalbetrieb erwarteten.
Beide Ufer des Kanals wurden mit 5 Meter breiten, teils gepflasterten Treidelwegen[4] gesäumt, da die Schiffe, wenn kein achterlicher Wind wehte, von Menschen oder Pferden getreidelt werden mussten. Pferdestationen gab es in Holtenau, Landwehr, Kluvensiek und Büdelsdorf. Den Betrieb der Pferdestationen hatte die Kanalverwaltung Subunternehmern übertragen, die zu jeder Zeit eine ausreichende Anzahl an Pferden bereithalten mussten. Da der Bedarf an Pferden naturgemäß schwankend und unkalkulierbar ist, bedienten sich die Subunternehmer bei den Bauern, die hier gern ein gutes Zubrot verdienten. Das ging so weit, dass nach zeitgenössischen Berichten die Ernte liegen blieb, weil die Bauern lieber gutes Geld mit Treideln verdienen wollten.

3 Der Betrieb

Am 18. Oktober 1784 wurde der Kanal in Betrieb genommen. Die Kanal-Ausführungskommission berichtete von der ersten Fahrt mit zwei Schiffen durch den Kanal:[3]

„Jedes Schiff, ca. 3,1 m tief beladen, wurde von 4 Pferden gezogen, das Paketboot war 23 m lang und 6,8 m breit. Der Wind war gerade entgegen, aber nicht stark. Das Kanalschiff ‚Rendsburg’, auf welchem sich die Ausführungs-Kommission befand, ging voran, das Packetboot folgte. Den 18. Oct., Morgens 6 Uhr, nahm die Fahrt ihren Anfang. Des Gegenwindes wegen konnte das Schiff nur langsam vorwärts gebracht werden, namentlich wurde das Kanalschiff wegen seiner hohen Takelage nur sehr langsam fortbewegt ...
Der Schiffer und die Mannschaft waren erst zusammengebracht und mit der Fahrt unbekannt, das Schiffstau, woran dir Pferde zogen, riß öfters in Stücken ...
Durch diesen Aufenthalt veranlaßt, mußte eine halbe Meile östlich von Kluvensiek übernachtet werden. ...
Am 19. October Morgens 6 1⁄2 Uhr wurde die Fahrt fortgesetzt. ...
Beide Schiffe langten 1 1⁄2 Uhr Nachmittag bei der Rendsburger Schleuse an.“

Der neue Kanal erbrachte gegenüber der Passage über Skagen eine durchschnittliche Streckenersparnis von 160 bis 180 Seemeilen (ca. 296 bis 330 Kilometer). Eine Zeitersparnis gab es jedoch nicht. Aufgrund der vielen Windungen des Kanals, ungünstiger Windrichtungen oder weil getreidelt wurde. Eine Fahrt über Skagen dauerte durchschnittlich 3,5 tage, durch den Eioder-kanal jedoch ca. 6 Tage. Dennoch wurde der Kanal von den Schiffsreedern angenommen. Es war eine sichere, geschützte Passage.

Aus wirtschaftlicher Sicht war der Kanal in der ersten Zeit seines bestehens ein Misserfolg. Er stand zunächst nur für Schiffe aus dem dänischen Gesamtstaat zur Verfügung. Der dänische König Christian VII wollte ihn nur als "Geschenk an seine Landeskinder" sehen. Erst im Mai 1785 wurde der Kanal zur Nutzung aller Nationen geöffnet. Er begann sich zu rentieren: Er war damals der einzigste direkte Wasserweg zwischen Nord- und Ostsee. Stetig nahmen die Passagen zu: 88 Jahre nach der Eröffnung, 1872, waren es 5.222 und 1883 immerhin noch 4.510 Schiffe, die den Kanal nutzten.

Für die Kanalfahrt waren mannigfaltige Gebühren zu entrichten: Schiffe mit mehr als 25 Kommerzienlasten (1 KL = 2,6 t) waren lotsenpflichtig; kleinere Schiffe durften ohne Lotsen segeln, mussten aber das halbe Lotsengeld zahlen. Gezahlt wurde nach Tiefgang, nicht nach Länge der Reise.
Kuriosum am Rande: Die Schiffer waren verpflichtet, für den Lotsen eine „reinliche Schlafstatt“ bereit zu halten. Denn nicht immer war es mit drei bis vier Tagen Durchfahrtszeit getan. Bei schlechtem Wetter oder widrigen Winden konnte sie bedeutend länger werden – bis zu zwei Wochen. Da sollte der Lotse schon gut untergebracht sein. Er war darüber hinaus nicht nur für die Navigation, sondern auch für die Einhaltung der Zollvorschriften verantwortlich. Inländische Waren waren vom Kanalzoll befreit, soweit sie über Kopenhagen liefen. Für alle anderen Waren betrug der Satz durchschnittlich 1,5 Prozent vom Warenwert.

Der Eider-Kanal entwickelte sich im Laufe der Jahre immer weiter. Es wurde Zucker, Rum, Branntwein, Kaffee, Tabak, Reis, Rosinen, Tee und Essig. Oder Salpeter, Zink, Hanf, Pech, Getreide, Saaten, Rübenöl, Kartoffeln. Baustoffe wie Holz, Dach- und Ziegelsteine darüber transportiert. Aus Russland kamen Leinen, Holz, Flachs, aus Schweden Eisen, Stahl, Teer und getrocknete Fische.

In Nübbel, Tönning, Rendsburg und Friedrichstadt wurden die speziell für den Kanal konstruierten Spezialschiffe gebaut: Eiderschnigge, Eidergalioth und der Typ Pfahlkuff.
Im Juni 1881 unternahm der Schriftsteller Jules Verne mit seiner extra für den Kanal gekürzte Damopfyacht "Saint Michel III" eine Reise von Rotterdam nach Kopenhagen[5].
Erst nach der Fertigstellung des Nord-Ostsee-Kanals im Jahr 1895 verlor der Eiderkanal seine Bedeutung, da nur über diesen neuen Kanal größere Dampf- und Segelschiffe fahren konnten.

Heute, 2013, gibt es nur noch einige wenige Abschnitte und drei der ursprünglich sechs Schleusen des alten Kanals. Der "Canal-Verein e.V." restaurierte sechs Jahre lang die Schleuse Klein Königsförde. Sie wurde am 3. Juni 2012 wiedereröffnet.[6]

4 Antiquariatisches Wissen

„..
Zu den Gewässern des Landes gehört auch der schleswigholsteinische Kanal, welcher eine künstliche Wasserverbindung der Ostsee mit der Westsee bildet, und in den Jahren 1777 bis 1784 mit einem Kostenaufwande von fast 2 1/2 Millionen Thaler angelegt wurde. Er beginnt am Kieler Hafen, in der Nähe von Holtenau, die Lebensau, ihren Ausfluß hatte, geht von der östlichen Mündung bis zum Flemhuder See und von da bis zum Gute Steinwehr. Vom Flemhuder See an folgt er größtentheils dem Laufe der Eider, und von Steinwehr an geht die Schiffahrt weiter auf der Eider bis zur Westsee. Der Kanal hat eine Länge von reichlich vier Meilen, geht durch fünf Schleusen, ist oben ungefähr 100, am Boden ungefähr 50 Fuß breit und 10 bis 16 Fuß tief. Die Schleusen sind 26 Fuß breit. Die Zahl der Schiffe, welche durch den Kanal gehen, beträgt jährlich im Durchschnitt 2500, doch nehmen meistens nur kleinere Schiffe diesen Weg.“

J. Bremer:
"Kurzgefasste Beschreibung und Geschichte von Schleswigholstein, für den Bürger und Landmann und zum Gebrauche in Schulen.
Eine gekrönte Preisschrift
von J. Bremer
Ober= und Landgerichtsadvokaten in Flensburg.
Preis netto 12 Pf. Cour.
Oldenburg und Schleswig
Im Verlage von C. Fränkel und R. Bruhn.
1844"; ebd: S. 14f.

5 Einzelnachweise

  1. "Canal-Verein e.V."
  2. Quelle: Mir (Benutzer:Funker) vorliegendes PDF-Dokument: J. Rohweder: "121001 JR Der Eiderkanal - techn. Denkmal von Weltrang mit Abb.", dessen Grundlage der folgende Abschnitt bildet. Teilweise wird von dem Dokument zitiert. (Download der PDF-Datei: "wikerbucht.de: Eiderkanal-Technisches Denkmal (J. Rohweder)"(Für das zur-Verfügung-stellen herzliches Dankeschön an H. Rohweder.)
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 J. Rohweder: Der Eiderkanal - techn. Denkmal von Weltrang mit Abb.; S. 9
  4. treideln: Einen Lastkahn vom Treidelpfad aus (durch Menschenkraft oder durch Tiere) stromaufwärts schleppen.
  5. "Holtenau-info.de: Jules Vernes Fahrt auf dem Eiderkanal"
  6. "Canal-Verein e.V.: Wiedereinweihung der Schleuse Klein Königsförde am 3. Juni 2012"

6 Weblinks

7 Vergleich zu Wikipedia




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