Drei Lieder ohne Worte (Komposition von Paul Ben-Haim)
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Die Drei Lieder ohne Worte (op. 30) sind ein im Jahr 1952 enstandenes Werk des jüdischen Komponisten Paul Ben-Haim.
Inhaltsverzeichnis
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1 Entstehung
- Ben-Haim Ben-Haim komponierte seine Drei Lieder ohne Worte im Januar 1952. Vorbild dafür waren nicht etwa Felix Mendelssohns gleichnamige Klavierstücke, sondern eher Maurice Ravels Vocalise. [1]
- Er verfasste die Komposition ursprünglich für Gesangsstimme mit Klavierbegleitung. [2] Später erstellte er auch verschiedene Instrumentalfassungen für Flöte mit Harfe, Flöte oder Oboe oder Violine mit Klavier, Fagott mit Klavier, Klarinette oder Tenorsaxophon mit Klavier sowie Altsaxophon mit Klavier.
2 Musik
- Die drei Lieder sind folgendermaßen benannt:
- Arioso
- Ballade
- Sephardische Melodie
- Die Komposition erfüllt etliche Forderungen des von den späten 1930er- bis in die 1950er-Jahren in Israel populären Mittelmeerstils, als dessen bekanntester Vertreter Ben-Haim galt: Eine klare und durchsichtige Textur bzw. Instrumentierung, Vorrang der Melodie vor komplexen harmonischen Gestaltungen, die Verwendung von nahöstlichen Modi, Kirchentonarten oder Pentatonik anstatt klassisch westlicher Tonleitern, Bevorzugung von Holzblasinstrumenten (häufig Flöte oder Oboe) und Saiteninstrumenten und Bezug auf biblische bzw. historische Themen des Judentums und/oder die Landschaften Israels.
- Ben-Haim bezeichnete die Lieder als "Tonbilder in orientalischer Stimmung" und schrieb dazu u.a.:
- "Wessen Vorstellung zusätzliche Anregung benötigt, der mag daran denken, dass die langatmigen Melodien des Arioso von der Stimmung eines Sommertages in den kahlen judäischen Bergen inspiriert sind. Die Ballade stellt das monotone Gebrabbel eines orientalischen Geschichtenerzählers dar, während das letzte Lied auf einer traditionellen Volksmelodie sephardisch-jüdischen Ursprungs basiert - eine wahre Perle, die ich nur instrumentiert habe." [3]
- Das Handbook of Literature for the Flute schreibt, dass Ben-Haims op. 30 mit seinem "rein melodischen Ausdruck die Erfahrung des Flötisten in Tonfärbung, Vibratovarianten und die Fähigkeit zum Ausdruck im tiefen Register erfordert". [4]
2.1 Arioso
- Die Melodie des Arioso ist sehr einfach und klar gehalten. Sie besteht aus drei Hauptmotiven (siehe Notenbild 1): Das in a-Moll stehende Motiv A besteht aus im Tonumfang einer Quarte diatonisch auf- und absteigenden Tönen. Es beginnt mit fünf Vierteln denen vier Achtel folgen. Daran schließen sich dann punktierte Notenwerte an. Das kurze Motiv B über h-Moll besteht nur aus einem Terzsprung abwärts und einem Quartsprung aufwärts. Das Motiv C ist in gleichmäßigen Vierteln gehalten, und beginnt mit einer Dreiklangsbrechung, der ein Quintsprung aufwärts zum d und ein Quartsprung abwärts zum a folgt. Die Begleitstimme ist fast über das ganze Stück in durchgehenden Halben gehalten. [5] Die Begleitung beginnt in C-Dur, wobei die Verwendung des h allerdings Verwirrung schafft und an Cmaj7 denken lässt. Nach Takt 4 wechseln die Begleitharmonien immer schneller, bis sie sich in fast taktweise ändern. Die Takte 2 bis 7 bringen zweimal Thema A. Es folgt in den Takten 8 bis 11 das einmal wiederholte das Motiv B und ab Takt 12 beginnt Motiv C, dass variiert - rhythmisch verändert (das c punktiert und das e als verkürzte Achtel) und mit einem weiten Tonsprung nach oben sowie einer mehrmals repetierten Verzierung - wiederholt wird. Die Musik wird dramatischer und wechselt über fis-Moll zu cis-Moll ab Takt 24. Von Takt 24 bis 35 wird das Thema A in vier Varianten präsentiert. Dabei werden die Töne h, d und g des Themas ab Takt 30 um einen Halbton nach unten zu b, des und ges versetzt, was dem Thema einen deutlichen orientalischen Touch verleiht (siehe Notenbild 2). Derselbe Effekt wird dann wieder ab Takt 43 eingesetzt. Nach den vier Varianten des Themas A bringen die Takte 36 bis 41 eine Variante des Themas B, gefolgt von zwei neuen Varianten des Themas A (Takt 42 bis 47). Das Lied klingt dann über den Harmonien C+/Cm aus.
- Nach Jehoash Hirshberg, Professor der Musikwissenschaft an der Hebrew University of Jerusalem, verwirklicht Ben-Haim im Arioso eine "durchdachte Balance zwischen zwei musikalischen Parametern: Eine rein modale Melodielinie ohne jegliche Unterstützung vertikaler Harmonik einerseits, und andererseits eine geschlossene Form im westlichen Sinn mit Exposition, Ausarbeitung und Wiederholungen." [6]
2.2 Ballade
- Die Melodie des 2. Satzes schafft eine Verbindung von orientalischem Klang und impressionistischer Farbe. Er beginnt mit einem viertaktigen, orientalisch-motorisch wirkenden Motiv A in f-Moll, das aus einem dreimaligen Terzanstieg in Achteln und eine abschließenden Figur in 16-teln besteht (siehe Notenbild 3). Dies Motiv wird (mit einer kurzen eingeschobenen Episode aus aufsteigenden Achteln) dreimal wiederholt. Ab Takt 17 taucht als Kontrast ein zweites, eher ruhig-impressionistische Motiv (B) auf, das aus einem aufwärts gerichteten Quartsprung in Vierteln und einer abwärts laufenden diatonischen Achtelfigur besteht (siehe Notenbild 3). Ab Takt 25 taucht dann wieder Motiv A auf, bevor mit Takt 39 das neue Motiv C erscheint. An einigen Stellen (z.B. Takt 45 und 57) setzt jetzt die motorische Begleitbewegung aus, und die Flöte spielt allein, wobei sie auch zunehmend längere Notenwerte einsetzt. Es folgen kurze neue Motive (D und E). Gegen Mitte des Liedes (Takt 70) hat das Klavier einen kurzen Soloabschnitt. Wiederholungen der Motive A und B schließen das Stück dann ab. [7] Es ist anzumerken, dass Ben-Haim die Proportionen der einzelnen Motive klar in Viertakter oder Vielfache von ihnen gliedert: Motiv A ist 16 Takte lang und das Motiv B acht Takte lang. Die nächste ab Takt 25 beginnende Phrase ist 32 Takte lang. [8]
2.3 Sephardische Melodie
- Der dritte Satz beruht auf einer sephardischen Volksmelodie. Hauptmerkmal der kaum in einzelne Motivgruppen abgrenzbaren, improvisatorisch-rezitativ wirkenden Melodie ist ihr anfänglich begrenzter Tonumfang und die übermäßige Sekunde (z.B. im 1. Takt vom g zum ais), die dem Stück seinen typisch orientalischen Charakter verleiht. Die vielen Fermate (in den ersten fünf Takte sind es drei Fermate) und Tempoänderungen verstärken den improvisatorischen Charakter der Melodie. Im späteren Verlauf macht der Melodiezug auch größere Intervallsprünge: In Takt 9 springt er um eine Quarte und in Takt 11 um eine Sexte aufwärts. In Takt 13 ist sogar ein Sprung im Intervall einer Undezime vorhanden. Das Lied beginnt in e-Moll, bewegt sich dann aber durch einige mehrdeutige Tonalitäten und etabliert nie eine eindeutige, durchgehaltene Tonart. Ab den Takten 15 und 36 sind Soloeinwürfe des Klaviers eingeschoben. Passend zum improvisatorisch-rezitativischen Charakter des Liedes bringt das Klavier weniger eine Melodie als Ausschmückungen in gebrochenen Dreiklängen. Mit Takt 24 wird die Textur zur Mitte des 48 Takte umfassenden Stücks durch aktivere Beteiligung des Klaviers dichter und das Lied erreicht hier einen Höhepunkt. Dramatisch ist auch die dynamischen Steigerung vom forte zum fortissimo in den Takten 33 bis 36. Danach wechselt die Dynamik in den Takten 36 bis 41 vom fortissimo zum pianissimo.
3 Links und Quellen
3.1 Siehe auch
3.2 Weblinks
3.2.1 Andere Wikis
3.2.2 Bilder / Fotos
3.2.3 Audio und Video
- Version für Flöte und Harfe
- Version für Flöte und Klavier
- Version für Saxophon und Klavier
- Version für Klarinette und Klavier
- Version für Sopran und Klavier
3.3 Literatur
- Hadassah Guttmann: The Music of Paul Ben-Haim - A performance guide, Scarecrow Press, 1992, Seite 75 bis 93
3.4 Einzelnachweise
- ↑ Eckhard John und Heidy Zimmermann: Jüdische Musik? - Fremdbilder, Eigenbilder, Böhlau Verlag, Köln, S. 187
- ↑ Kimberly Veenstra: Paul Ben-Haim - Father of Modern Israeli Music, The Ohio State Online Music Journal, Vol. 1 No. 2, August 2008
- ↑ Aus dem Englischen übersetzt nach Hadassah Guttmann: The music of Paul Ben-Haim - A performance guide, Scarecrow Press, 1992, S. 75
- ↑ James Pellerite: A Handbook of Literature for the Flute, Zalo Publications, Bloomington, 3. Aufl., 1978, S. 95
- ↑ Hadassah Guttmann: The Music of Paul Ben-Haim - A performance guide, Scarecrow Press, 1992, S. 76 bis 79
- ↑ Jehoash Hirshberg: The Vision of the East and the Heritage of the West - Ideological Pressures in the Yishuv Period and their Offshots in Israeli Art Music during the Recent Two Decades, Online auf www.core.ac.uk
- ↑ Hadassah Guttmann: The Music of Paul Ben-Haim - A performance guide, Scarecrow Press, 1992, S. 81, 82 und 85
- ↑ Hadassah Guttmann: The Music of Paul Ben-Haim - A performance guide, Scarecrow Press, 1992, S. 81 bis 84
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5 Andere Lexika
Wikipedia kennt dieses Lemma (Drei Lieder ohne Worte (Komposition von Paul Ben-Haim)) vermutlich nicht.
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