Dermaroller
Der Dermaroller® ist ein nach dem Medizin-Produkte-Gesetz zugelassenes und CE gekennzeichnetes Medizinprodukt. Es soll zur Behandlung bei verschiedenen lokalen Hauterkrankungen eingesetzt werden und besteht aus einer mit Mikronadeln besetzen Rolle, die mit einem Handgriff verbunden ist.
Das Gerät wurde von Horst Liebl erfunden und 2000 patentiert. Die Nadelrolle hat einen Durchmesser von 20 mm, und, je nach Indikation, eine Breite von 10-20 mm. Sie ist mit 90 bis 190 Mikronadeln unterschiedlicher Länge besetzt. Die feinen Spitzen haben am maximalen Eindringpunkt einen Durchmesser von 0,05 bis 0,20 mm. Die Nadellängen variieren, je nach Anwendung, von 0,1 bis 3,0 mm. Der Dermaroller® dient zur Einschleusung von Wirkstoffen durch die Hautbarriere, dem Stratum Corneum (SC), sowie zur Stimulation neuer körpereigener Collagenstrukturen (Neo-Collagenese) und neuer Blutgefäße (Neo-Angiogenese).
Inhaltsverzeichnis
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1 Vorgeschichte
Transdermales Einschleusen: Basierend auf der Erkenntnis, dass das SC eine außerordentlich wirksame Barriere bildet und selbst das Eindringen von Salben oder Cremes nur im Zehntelprozentbereich zulässt, stand bei der Entwicklung des Dermarollers das transdermale Einschleusen von Wirkstoffen im Vordergrund. Ziel war es, einen effizienten Einschleusweg von Wirkstoffen zu Krankheitsherden in der Haut zu finden, die sich oft nur Bruchteile von Millimetern unter der äußersten Hautschicht befinden. Damit sollte die systemische Verabreichung, intravenös oder oral, vermieden werden, zumal Medikamente durch die Leber oder den Verdauungstrakt in ihrer Zusammensetzung verändert werden. Ebenso war mit dem transdermalen Einschleusen die Hoffnung verbunden, dass eines Tages chirurgische Maßnahmen zur Entfernung von malignen Hautveränderungen obsolet werden könnten. 2000 wurde das pharmakologische Institut der Universität Marburg beauftragt, eine entsprechende Studie zum Nachweis der Theorie durchzuführen. Eines der Studienziele war herauszufinden, welche Rolle dabei unterschiedliche Nadellängen, von 0,15 bis 1,5 mm, spielen würden. Eingeschleust wurden Flufenamin-Säure in hydrophiler und Vitamin A in lipophiler Formulierung. Die Einschleusergebnisse in Bezug auf normales Eincremen übertrafen die Erwartungen im Bereich von mehreren tausend Prozent. Damit war der Nachweis erbracht, dass sich Mikronadeln für das transdermale Einschleusen bestens eignen. Dabei spielen zwei Faktoren eine wesentliche Rolle. Ein Teil der Wirkstoffe wird auf der Oberfläche der Nadeln in tiefere Gewebsschichten transportiert. Der andere Teil wird vom perforierten SC aufgenommen, das dann noch über Stunden als Depot dient, von dem aus weitere Wirkstoffe durch das Konzentrationsgefälle in tiefere Hautschichten diffundieren. Eine Studie der Charité erbrachte 2009 mittels konfokaler Laserfotografie den Nachweis, dass die Einstiche im SC nach 10 bzw. nach 15 Minuten, je nach dem ob der Wirkstoff vor oder nach dem „Nadeln“ aufgetragen wurde, wieder geschlossen sind. Durch den sehr schnellen Verschluss der Hautbarriere sind postoperative Entzündungen so gut wie ausgeschlossen und wurden auch nie berichtet.
2 Collagen-Induktion
Der kanadische Arzt P. Camirand berichtete in den neunziger Jahren, dass er mit Nadeln Narben perforierte, um ihnen die Spannung zu nehmen. Er beobachtete, dass die Narben flacher wurden und zum Teil wieder die Pigmentierung des umgebenden gesunden Gewebes annahmen. Das „Nacharbeiten“ von Operationsnarben mit eher statisch bzw. vertikal eingesetzten Nadeln erwies sich aber als zu zeitraubend und geriet wieder in Vergessenheit. Der Erfinder des Dermarollers besetzte eine kleine Walze mit Mikronadeln von 0,5 bis 1,5 mm Länge und dynamisierte so den Prozess der Narbenperforation. Dadurch reduzierte sich die Behandlungsdauer auf einen Bruchteil der früher aufgewendeten Zeit. Es wurde der Begriff des Medical Needling geschaffen.
2005 wiesen Schwarz und Laaff in einer Doppelblindstudie nach, dass die Mikronadeln des Dermarollers die Proliferation unterschiedlicher Hautzellen stimulieren. Histologisch konnten neue Collagen- und Elastinfasern mit einer durchschnittlichen Zunahme von 206% nachgewiesen werden. Es entstand der Begriff Collagen-Induktions-Therapie. Andere Wissenschaftler nannten dieses Phänomen auch Perkutane Collagen Induktion. Tierversuche durch Aust et al. und Studien von Owen et al. an Hautmodellen von MatTek® bestätigten die massive Ausschüttung von Keratinozyten und Collagenen, was wiederum zu einem Aufbau der Epidermis im Bereich von 40% führte.
3 Wirkmechanismus von Mikronadeln
Auch wenn dieser noch nicht restlos in allen Einzelheiten erklärt werden konnte, so bestätigen auch die Untersuchungen von Owen et. al. 2010, dass es beim Penetrieren von Mikronadeln durch die Haut zur Hochregulierung von Genen (Genexpression) kommt. Dies geschieht auf elektrischem und chemotaxischem Weg dergestalt, dass die Membranen der negativ geladenen Hautzellen in Richtung Zellzwischenraum permeabel werden und die Ausschüttung von Kalzium- und Natriumionen den Elektrolyt des Interstitiums verändern. Das Zurückfließen der Ionen in die Zellen und das wiederholte Ausstoßen führt im Millisekundenbereich zur Ionenpumpe und somit zu einem schnell wechselnden Spannungsaufbau- und Abfall innerhalb und außerhalb der Zellen. Es liegt der Schluss nahe, dass auf epigenetischem Weg die wechselnden elektrischen Felder das Anschalten bestimmter Gene in den Stammzellen der Dermis und Epidermis in Gang setzen. Dies wiederum führt zur massiven Proliferation u.a. von Fibroblasten, Keratinozyten, etc. und zur Ausschüttung von Wachstumsfaktoren (TGF). Mikronadeln hinterlassen interessanterweise keine Verletzungen im klassischen Sinn und es bilden sich auch keine Narben in Form von parallel angelagerten Collagenbündeln wie z.B. nach einer Schnittverletzung. Bei der Integration neuer Collagenfasern in die vorhandene Hautstruktur spielt offensichtlich der TGF-β3 die entscheidende Rolle. Dies haben auch Dunkin et al. in einer klinischen Studie an 130 Patienten mit absichtlich gesetzten schrägen Schnittwunden von 6 cm Länge und einer Tiefe von 1,5 bis 0 mm nachgewiesen. Dabei zeigte sich, dass Wunden mit einer Schnitttiefe > 0,6 mm durch Narbengewebe und die Wachstumsfaktoren TGF- β1 und β2 „repariert“ werden. Wunden oberhalb dieser Grenze verschließen sich durch Zellerneuerung. Bestätigt wurden diese Beobachtungen auch durch die histologischen Untersuchungen von Schwarz und Laaff. Auf allen Biopsien ist zu erkennen, dass sich nach dem Mikronadeln neue Collagenstrukturen nur in dem Bereich unterhalb der Epidermis bis in eine Tiefe von ca. 0,6 mm bilden.
4 Indikationen für das Medical Needling
4.1 Hauterkrankungen
Dermaroller mit sehr kurzen Nadeln von ca. 0,2 mm Länge werden im Rahmen der Photo-Dynamischen-Therapie zur Behandlung der aktinischen Keratose, eine Vorstufe des Hautkrebs, eingesetzt. Die Nadeln schleusen den Wirkstoff ALA (Aminolävulinsäure) in die Epidermis, der nach rund einer Stunde mit dem Licht einer bestimmten Wellenlänge aktiviert wird. Bedingt durch die Sperre des SC kann die Wirkung der ALA nach herkömmlichem Auftragen erst nach 3 bis 6 Stunden einsetzen. Ähnlich verhält es sich bei Basaliomen und oft behandlungsresitenten Stechwarzen. In diesem Fall wird die ALA punktuell mit dem Dermastamp eingeschleust. Hierbei handelt es sich um ein kleines Nadelgerät in das 6 Mikronadeln vertikal eingesetzt sind.
4.2 Narbenbehandlungen
Darunter fallen alle Narben, unabhängig davon, ob sie hypotroph oder hypertroph ausgebildet sind, ausgenommen sind Keloide. Verbrennungsnarben können ebenso behandelt werden wie Striae (Schwangerschaftszeichen). Der Wirkmechanismus bei der Narbenbehandlung basiert im Wesentlichen auf der Perforation des fibrotischen Gewebes durch die Mikronadeln. Einerseits kommt es durch die vielen Einstiche zu einer Entspannung der Narbe, andererseits werden Kapillaren zum Aussprossen neuer Nebenäste stimuliert, die durch die Perforationskanäle in die Narbe einwandern und somit für eine verbesserte Blutversorgung und Repigmentierung sorgen. Aust et al. haben in ihren Veröffentlichungen über das Medical Needlung den Beweis erbracht, dass bei Verbrennungsnarben wesentliche Verbesserungen erreicht werden können.
4.3 Pigmentstörungen
Besondern bei dunkleren Hauttypen bilden sich um abgeheilte Hauterkrankungen wie Aknenarben ästhetisch störende Pigmentansammlungen. Nach 2 bis 4 Aknenarbenbehandlungen mit dem Dermaroller bilden sich diese Pigmentansammlungen meist wieder vollständig zurück. Die Ursachen dafür sind noch nicht erforscht, es wird jedoch angenommen, dass die Mikronadeln in diesem Fall eine gen-regulierende Wirkung auf die Melaninproduktion haben.
5 Literatur / literature “Transdermal delivery”
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Verma 2001. Studie für die Wirksamkeit eines neuartigen Geräts zur verbesserten Einschleusung von Wirkstoffen in die Haut: Dermaroller®.
Verma 2001. Confocal laser scanning microscopy study using pipophilic fluorescent porbe…: Dermaroller®.
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Banga 2009. Skin deep. Enabling technologies fro transdermal delivery of biopharmaceuticals.
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Literature and articles about Microneedling
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Fabbrocini et al. 2009. Acne scarring treatment using skin needling.
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Aust et al. 2009. Medical needling, improving the appearance of hypertrophic burn-scars
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Related arcticles
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Dunkin et al. 2007. Scarring Occurs at a Critical Depth of Skin Injury: Precise Measurement in a Graduated Dermal Scratch in Human Volunteers
Langevin et al. 2010. Mechanical signaling through connective tissue: a mechanism for the therapeutic effect of acupuncture
6 Andere Lexika
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Erster Autor: Zapware angelegt am 21.09.2010 um 16:36, weitere Autoren: Hyperdieter, Lutheraner
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