Aggregat 4

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Aggregat 4 (kurz A4) war eine einstufige Flüssigkeitsrakete, die im Auftrage der Wehrmacht innerhalb der „A"-Raketen-Serie seit 1940 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde entwickelt und am 3. Oktober 1942 erstmals erfolgreich gestartet wurde. Dabei erreichte sie 90 km Höhe und eine Entfernung von 190 km bei 296 Sekunden Flugzeit. Später betrugen die Flugweite 300-320 km, die Gipfelhöhe 85 km und die Reichweiten teilweise mehr 285 km. Die drei letzten Versuchsstarts in Peenemünde waren:

  • 13. Juni 1944: Mit einer Reichweite von 300 km und einer Brennzeit von 62,8 Sekunden wurde ein Rekord erreicht; die Rakete stürzte jedoch in Schweden ab.[1]
  • 18. Juni 1944: Bei einer Höhe von ca. 127 km konnte erstmals die Kármán-Linie, die später international festgelegte Grenze des Weltraums, überschritten werden.
  • 20. Juni 1944: Senkrechtschuss, Rekordhöhe von 174,6 km

Weitere Versuche erfolgten in Blizna (SS-Truppenübungsplatz Heidelager) und der Tucheler Heide (SS-Truppenübungsplatz Westpreußen). Walter Dornberger seit Juli 1941 für das neue Waffensystem, indem er auf die „nicht mehr vorhandene Luftüberlegenheit“ und damit auf die verlorene Luftschlacht um England hinwies. Die Rakete kam ab 8. September 1944 zunächst von den Niederlanden und später von Stellungen in Deutschland (Eifel) aus als Angriffswaffe gegen London (Stadtteil Chiswick), Brüssel, Antwerpen u. a. Städte zum Einsatz, jedoch ohne jede Aussicht auf kriegsentscheidende Wirkung. Propagandaminister Joseph Goebbels nannte das A4 in V2 um und bezeichnete es als „Vergeltungswaffe“ V2. Insgesamt wurden etwa 3200 A4-Raketen abgefeuert, die meisten davon auf London (1358) und Antwerpen (1610). Zwar war die Treffergenauigkeit gering, aber die plötzlichen Einschläge ohne jegliche Vorwarnung übten eine vorher unvorstellbare terrorisierende Wirkung (Demoralisierung) auf die Bevölkerung aus.

Der ehemalige Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion Albert Speer schrieb später zur Bewertung des A4-Projektes: „Unser aufwendigstes Projekt war zugleich unser sinnlosestes. Unser Stolz und zeitweilig mein favorisiertes Rüstungsziel erwies sich als einzige Fehlinvestition.“[2] Die Kosten für das gesamte V2-Programm werden auf rund zwei Milliarden Reichsmark geschätzt.[3]

Von 1943 bis zum Kriegsende 1945 beschäftigte man sich in Peenemünde mit der Entwicklung einer Interkontinentalrakete. Diese war als zweistufige Fernrakete ausgelegt und trug die Bezeichnung A9/10. Sie war in Umfang und Höhe etwa doppelt so groß wie das A4.

Nach dem Kriege verwendete man einige „A 4“-Raketen bei Cuxhaven (siehe Operation Backfire), in den USA und in der UdSSR für Versuchs- und Studienzwecke als Höhenraketen. Dabei erreichte eine auf eine „A 4" aufgesetzte „WAC-Corporal" Stufe (zusammen als „Bumper" bezeichnet) in den USA Anfang 1949 eine Höhe von rund 400 km. Das „A 4" stellte seinerzeit einen beträchtlichen Fortschritt in der Entwicklung von großen Flüssigkeitsraketen dar. Viele der technischen Grund- und Detaillösungen sind in abgewandelter Form auch heute noch in der Raketentechnik zu finden. Die Rakete hatte eine Länge von 14 m und einen größten Durchmesser von 1,95 m. Sie wies vier große Heckflossen mit einer Spannweite von 3,55 m auf, die mit je einem Luftruder für die Lenkung versehen waren. Die Zellenkonstruktion, ein mit Stahlblech beplanktes Stringer-Spanten-Gerüsr, ergab allerdings noch eine ziemlich große Leermasse. Die Startmasse des Geräts betrug rund 13.000 kg, wovon 8.930 kg auf die Treibstoffe (Alkohol und Flüssigsauerstoff) und Hilfsstoffe für das Turbopumpenaggregat (Wasserstoffperoxid und Kalziumpermanganat), 980 kg auf die Sprengladung entfielen. Das Triebwerk (Brenndauer bis zu 68 Sekunden) lieferte einen Startschub von 260.000 N. Die Brennschlussgeschwindigkeit betrug 5.600 km/h. Als Hauptlenkorgane dienten Strahlruder aus Graphit und zur Steuerung (Funkkommando/automatisch) ein Kreisel-Referenzsystem.

1 Andere Lexika





  • Transpress Lexikon Raumfahrt

2 Einzelnachweise

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserfall_(Rakete)
  2. Albert Speer: Erinnerungen. Ullstein-Verlag, 1969.
  3. Falko Bell: Britische Feindaufklärung im Zweiten Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn, 2016. S. 198.

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